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Spannungsmessung – Grundlagen

Sicherheit bei HF-Messungen

1 Spannungsmessung – Grundlagen

Die Messung einer hochfrequenten Spannung erfolgt traditionell mit dem Oszillo-skop (kurz: Scope). Wo das nicht möglich oder sinnvoll ist, nimmt man meist eine Spitzenwert-Gleichrichtung vor und misst die Richtspannung. Die möglichen Kon-zepte bzw. Schaltungen reichen vom einfachsten Gleichrichter bis zum Einsatz moderner Schaltkreise mit logarithmischer Anzeige. Nicht vergessen wollen wir hier das gute alte Röhrenvoltmeter, das in üblicher Ausführung einen Röhren-Messver-stärker mit nachfolgendem Röhren- oder Germanium-Gleichrichter enthält und heute zwar nicht mehr Stand der Technik ist, aber immer noch gute Dienste leisten kann.

Die Ermittlung einer effektiven HF-Spannung ist unabhängig von der Kurvenform schließlich über den kleinen Umweg

U2= R x P

auch mit einer Leistungsmessung (P) in einem definierten Widerstand (R) möglich.

1.1 Grundsätzlich zu beachten

Gegenüber der Gleichspannungsmessung gilt es, drei Besonderheiten zu berücksich-tigen:

1. Eine Gleichspannung wird durch Betrag und Richtung eindeutig beschrieben.

Eine Wechselspannung besteht hingegen aus unendlich vielen Augenblickswer-ten, die einer periodischen Funktion der Zeit gehorchen. Soll eine unbekannte Wechselspannung eindeutig bestimmt werden, so müssen alle Augenblickswerte (mindestens einer Periode) über der Zeit dargestellt werden. Dazu dient das Scope. Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, Spannungswerte an dieser Darstel-lung zu definieren:

Spitzenwert, auch Scheitelwert oder Amplitude genannt

Dies ist der höchste vorkommende Augenblickswert. Liefern positive und nega-tive Halbwelle hier unterschiedliche Beträge und meint man den neganega-tiven Spitzenwert, ist dies natürlich zusätzlich anzugeben. Die anderen Bezeichnungen 1 Spannungsmessung – Grundlagen

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werden dann nicht verwendet. Der Spitzenwert wird meist durch den Index S beim Formelzeichen oder selten durch ein Winkelsymbol über dem Formelzei-chen angegeben.

Spitze-Spitze-Wert

Der Spitze-Spitze-Wert wird insofern nicht „erreicht“, als es sich um eine rein akademische Größe handelt. Gemeint ist nur der vertikale Abstand zwischen positivem und negativem Spitzenwert – und diese Werte werden zu verschiede-nen Zeitpunkten erreicht. Für die Spannungsfestigkeit eines Bauteils ist also immer der Spitzenwert maßgeblich. Der Spitze-Spitze-Wert wird gekennzeichnet durch den Index SS am Formelzeichen.

Effektivwert oder quadratischer Mittelwert

Dieser Wert entspricht dem Wert einer Gleichspannung, die an einem ohmschen Widerstand die gleiche Leistung (Wärmeleistung, Wirkleistung) erzeugen würde wie die Wechselspannung. Eine einfache Spannungsangabe, wie 100 mV, bedeu-tet nach allgemeinem Verständnis immer den Effektivwert. Die Angaben U = 100 mV und Ueff= 100 mV sind also identisch. Die Bezeichnung „quadratisch“

kommt daher, weil man diesem Wert unabhängig von der Kurvenform immer näher kommt, je mehr Augenblickswerte einer Periode man im gleichen Abstand erfasst, quadriert, addiert und dann wieder die Wurzel zieht, so dass eine Betrags-bildung erfolgt. Daher auch die Abkürzung RMS (root mean square).

Arithmetischer oder linearer Mittelwert

Betrachtet man die Ladungsmenge, so entspricht dieser Mittelwert dem Wert einer Gleichspannung, bei der über eine Periode zeitgleich die gleiche Ladungs-menge transportiert wird. Da bei einer Sinusspannung während einer Periode die gleiche Ladungsmenge hin- wie zurückfließt, ist dieser Mittelwert hier immer null. Anders bei gleichgerichteten Halbwellen. In der Hochfrequenztechnik spielt dieser Mittelwert praktisch keine Rolle. Man sollte aber wissen, dass ihn ein Drehspulinstrument unabhängig von der Kurvenform anzeigt. Der Zeigeraus-schlag ist also immer proportional zum arithmetischen oder linearen Mittelwert, auch wenn die Skale beispielsweite in Effektivwerten kalibriert ist. Vorausset-zung ist eine Frequenz über etwa 30 Hz, so dass der Zeiger der Kurvenform nicht mehr folgen kann. Es erfolgt eine Integration (Erfassung der Flächendifferenz zwischen positiver und negativer Halbwelle), daher auch die obigen Bezeichnun-gen bzw. die Abkürzung MAD (mean absolute deviation).

2. Ist die Funktion der Wechselspannung (z. B. Sinus) bekannt, so kann durch Mes-sung eines bestimmten Werts eine eindeutige Aussage getroffen werden, die anderen Werte lassen sich dann daraus errechnen. Dieser gemessene Wert ist meist der Spitzenwert, aber auch der Effektivwert kommt in Betracht. Die Bezie-hungen zwischen diesem gemessenen Wert und den anderen Werten sind von der

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grundsätzlichen Kurvenform (Sinus, Dreieck, Rechteck) abhängig. Da in der Hochfrequenztechnik die Sinusform dominiert, ist das eher ein nebensächliches Problem. Man muss sich aber auch beim Sinus immer vergewissern, welcher Wert gemeint ist bzw. muss eindeutige Angaben machen.

3. Der ohmsche Anteil am Eingangswiderstand eines als „hochohmig“ geltenden Hochfrequenz-Messgeräts weicht ab ungefähr 1 MHz immer mehr vom Nenn-wert (in der Regel 1 MOhm beim Geräteeingang und 10 MOhm bei der Kombi-nation Gerät plus Tastkopf) ab. Korrekt auch bei höheren Frequenzen ist die Messung meist nur „an 50 Ohm“. Dies kann ein Widerstand in der Schaltung, wie eine Dummy Load, aber auch der Eingangswiderstand eines 50-Ohm-Mess-geräts oder -Tastkopfs sein, der dann gleichzeitig als 50-Ohm-Last wirkt. Hier sind in erster Linie Spectrum Analyzers zu nennen. Sie bieten reelle 50 Ohm Ein-gangswiderstand und sind in dBm kalibriert (eichen darf nur ein Amt), eine Angabe, die man leicht in „Volt an 50 Ohm“ umrechnen kann.

1.2 Wichtige Zusammenhänge der Werte bei Sinus- und Rauschspannung

Mit Wurzel aus 2, also 1,414 (rund 1,4), ist das Verhältnis von Spitzen- zu Effektiv-wert einer Sinusspannung allgemein gut bekannt:

US= 1,414 x Ueff

Den Proportionalitätsfaktor nennt man auch Crest-Faktor (Formfaktor, Scheitel-faktor). Umgekehrt gilt:

Ueff= 0,707 x US

Im Allgemeinen ist die Skale eines Wechselspannungsmessers mit Zeigerinstru-ment in Effektivwerten für Sinusspannung kalibriert. Bei anderen Kurvenformen kommt es zu Abweichungen, denn die obige Beziehung gilt eben nur für Sinus-form. Bei Rechteckspannung würde das Gerät 11 % zu viel und bei Dreieckspan-nung 4 % zu wenig anzeigen. Bei kurzen Impulsen wäre der Fehler besonders groß.

Der Effektivwert lässt sich nur von der Kurvenform unabhängig messen, wenn tatsächlich die Leistung die Grundlage der Anzeige darstellt. Einfache Schaltungen verfügen über diese Möglichkeit nicht. Schaltungen mit so genannter echter Effektiv-wertanzeige (erkenntlich an der Bezeichnung True RMS, dies meint die tatsächli-che Mittelwertbildung durch Quadrieren und Wurzelziehen) basieren auf schnellen Multiplizierer-ICs oder auf Temperatur(differenz)messung.

1.2 Wichtige Zusammenhönge der Werte bei Sinus- und Rauschspannung

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Nur am Rande sei erwähnt, dass der Proportionalitätsfaktor zwischen Spitzenwert und arithmetischem Mittelwert für Sinusform 1,11 beträgt.

In der Hochfrequenztechnik ist man jedoch auch bei Rauschspannungen am Effektiv-wert interessiert. Hier kann man leicht aufs Glatteis geraten, der Crest-Faktor scheint weithin unbekannt und ist deutlich vom Wert für Sinusspannung verschie-den, nämlich mit rund 3 mehr als doppelt so groß!

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2 HF-Spannungsmessung mit