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Soziale Infrastruktur

Im Dokument Armutspolitik in Bremen (Seite 78-81)

Neben den eher outputorientierten Betrachtungen der Kapitel 3.1 bis 3.3 lassen sich Kenn-zahlenanalysen auch inputorientiert durchführen. Dabei werden zu den im Armutspräven-tionsbezug stehenden Teilbereichen der Sozialen Infrastruktur die Entwicklungen in der zumeist quantitativen Verfügbarkeit, wenn möglich sozialräumlich differenziert und ideal-erweise ergänzt durch qualitative Betrachtungen analysiert. Ein solches umfängliches und regelmäßiges Input-Monitoring in Hinblick auf die soziale Infrastruktur in Bremen fehlt doch bisher. Eine dezidierte Betrachtung der Entwicklung der sozialen Infrastruktur ist je-doch derzeit sekundäranalytisch kaum möglich, oftmals nur auf Basis einzelner älterer For-schungsprojekte oder recht allgemeiner und teilweise aufgrund der vergleichenden

Per-74 spektive dann wenig aussagekräftiger Bundesstatistiken. Nachfolgend seien daher lediglich einige Teilbereiche exemplarisch für Kurzeinschätzungen ausgewählt.

Frühe Hilfen und aufsuchende Präventionsangebote

In Bezug auf die Angebote im Bereich frühe Hilfen und aufsuchende Präventionsangebote lassen sich kaum quantitative Datenanalysen für den Untersuchungszeitraum vornehmen.

Zum Programm „TippTapp“ des Gesundheitsamts kann dabei bilanziert werden, dass dieses von ursprünglich 13 Ortsteilen auf zunächst 23 Ortsteile ausgeweitet wurde. Im Kontext der Studie „Bremer Initiative zur Stärkung frühkindlicher Entwicklung“ (BRISE) erfolgte eine weitere Ausweitung von „TippTapp“, gleiches gilt für die Programme „Pro Kind“, „Opstapje“

und „HIPPY“.

Kindertagesbetreuung

Der Ausbau der Kindertagesbetreuung ist einerseits durch die Berichterstattung der Statis-tischen Ämter des Bundes und der Länder nachzuvollziehen. Hierzu dienen oftmals in ver-gleichenden Untersuchungen die Betreuungsquote der unter 3-Jährigen als auch die Ganz-tagsbetreuungsquote der 3- bis 6-Jährigen als interessante Untersuchungsgegenstände.

Hier lagen in den Studien von Prigge und Böhme (2014b) die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven viele Jahre lang deutlich unter den Mittelwerten anderer Großstädte. Die Dynamik des Ausbaus war dabei zwar durchaus vergleichbar, jedoch starteten beide Städte 2009 auf einem niedrigeren Niveau als viele andere Großstädte. In der letzten Veröffentli-chung der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zum Stand 01. März 2016 lagen die Städte Bremen und Bremerhaven weiter eher im unteren Mittelfeld, was die Betreu-ungsquote der unter 3-Jährigen betrifft. Bei der Quote der Ganztagsbetreuung der 3- bis 6-Jährigen lagen Bremen und Bremerhaven gar in der Schlussgruppe. Dabei werden aber die zahlreichen Plätze des hineinwachsenden Jahrgangs in der bundesweit einheitlich berech-neten Betreuungsquote nicht einbezogen, was Vergleiche grundsätzlich erschwert. Auch wird lokal eine Versorgungsquote und bundesweit eine Betreuungsquote berechnet. Je-doch ist unabhängig von der Bundesstatistik festzustellen, dass gerade 2017 und 2018 mit dem Sofortprogramm Mobil-Bau als auch mit zahlreichen weiteren Ausbauprojekten die Zahl der Betreuungsplätze – jedoch auch die Zahl der unter 6-Jährigen – in Bremen erheb-lich zugenommen hat. Weitere erheberheb-liche Ausbauschritte sollen bis 2020 folgen. Eine dar-über hinaus gehende sekundäranalytische Auswertung des Betreuungsplatzausbaus im Zeitverlauf mithilfe kommunaler Daten ist jedoch aktuell nicht möglich.

Eine zweite quantitative Analysedimension in Hinblick auf die Kindertagesbetreuung betrifft die sozialräumliche Verteilung. Hier wiesen Prigge und Böhme (2014b) auf eine erhebliche soziale Schieflage hin. Wenngleich die politische Beschlusslage eine Angleichung der Be-treuungsquoten nach Stadtteilen bis 2020 auf ca. 50 Prozent vorsieht und es dementspre-chend zahlreiche Ausbauvorhaben allein bis Sommer 2019 in z. B. Gröpelingen (+12 Grup-pen), Osterholz (+12 Gruppen) und den drei Stadtteilen im Stadtbezirk Bremen-Nord (+31 Gruppen) gibt, so ist aktuell noch zu konstatieren, dass die Betreuungsquote in sozial be-nachteiligten Stadtteilen wie Gröpelingen – nicht zuletzt aufgrund deutlich steigender Kin-derzahlen in diesen Gebieten – nach wie vor deutlich unter den Werten z. B. von Horn-Lehe oder Borgfeld liegt31. Für eine umfassendere sozialräumliche Analyse wären jedoch weitere Primärerhebungen erforderlich.

31 So beträgt den Daten des Status I zum Kindergartenjahr 2017/2018 die Versorgungsquote der unter 3-Jährigen in Gröpelingen 24 Prozent, in Borgfeld 51 Prozent und in Horn-Lehe 69 Prozent.

75 Ganztagsschulentwicklung

Mit Ganztagsschulen wird die Hoffnung verbunden, dass eine bessere soziale Integration von sozial benachteiligten Kindern und eine verbesserte schulische Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund und Kindern aus ressourcenärmeren Familien gelingen. Nicht zuletzt deshalb sollen alle Grundschulen in Bremen bis 2025 Ganztagsgrundschulen wer-den. Insofern stellt auch der Ausbaustand an Ganztagsschulen eine wesentliche Analysedi-mension dar. Dass dieser in unterschiedlichen Formen erfolgt und hierbei die Hortangebote mit in die Berechnung einzubeziehen sind, machten Prigge und Böhme (2014a) in ihrer Stu-die deutlich. Sie attestierten Bremen zwar eine im Vergleich vieler alter Bundesländer hohe Ausbaudynamik im Zeitraum 2008 bis 2014, wiesen aber gleichzeitig auf die Versorgungs-unterschiede nach Stadtteilen hin. Auch nach 2014 erfolgten entsprechend der Beschlüsse der Bildungsdeputation weitere Ausbauschritte (z. B. Ganztagsgrundschulen in der Stadt Bremen: 2012: 30; 2017: 41).

Eine umfassende Einordnung des Ganztagsschulausbaus in Bremen ermöglicht die Antwort des Senats auf eine Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE (Drucksache 19/752 S). So be-suchten im Schuljahr 2009/2010 insgesamt 6.548 Schüler/-innen ein Angebot ganztägigen Lernens (3.364 Schüler/-innen im gebundenen Ganztag und 3.184 Schüler/-innen eine Hor-teinrichtung. Bis zum Schuljahr 2017/2018 hat sich die Zahl der Schüler/-innen in Ganztags-angeboten um ca. 65 Prozent auf 10.746 Kinder erhöht (6.325 im gebundenen Ganztag, 1.877 im offenen Ganztag und 2.544 im Hort). Ferner ist eine sozialräumliche Betrachtung erstmals auch auf Ortsteilebene möglich. Dabei zeigt sich, dass eine Vielzahl sozial benach-teiligter Ortsteile bereits ein überdurchschnittliches Ausbauniveau an Ganztagsangeboten erreicht hat (z. B. Gröpelingen, Ohlenhof, Oslebshausen, Tenever, Kattenturm, Mittelshuch-ting, Lüssum-Bockhorn, Kirchhuchting). Ausbaupotenziale in Armutsquartieren bestehen den Daten zufolge allerdings noch z. B. in Blumenthal, Lindenhof und Hemelingen.

Quartierszentren

Der Begriff Quartierszentrum bezeichnet ganz allgemein eine Einrichtung, die Hilfs- und Unterstützungsleistungen bündelt und sich unmittelbar in das Wohnumfeld eines klein-räumigen Gebiets eingliedert. Damit werden v. a. zwei Ziele verfolgt: Zum einen gilt es, durch Interventionen und lokale Aktivitäten die Lebensbedingungen in den Stadtteilen zu verbessern und zum anderen stehen damit wohnortnahe, niedrigschwellige Betreuungs-, Bildungs-, Beratungs- und Freizeitangebote zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund stellen Analysen zum Stand der Quartierszentren einen weiteren Bestandteil einer Input-Analyse im Armutskontext dar. Eine solche Betrachtung legten z. B. Prigge und Schröder (2010) vor.

Darin machten die Autoren einerseits die Vielfalt der Quartierszentren in Bremen (Bürger-häuser, Häuser der Familie, Quartiersbildungszentren, Bürger- und Sozialzentren, Familien- und Quartierszentren etc.), als auch deren Bedeutung und Notwendigkeit für die soziale Infrastruktur in sozial benachteiligten Quartieren deutlich. Seitdem hat es in Bremen aber sowohl den Ausbau weiterer Quartierszentren (z. B. Quartiersbildungszentrum Morgen-land, Quartierszentrum Huckelriede), als auch umfangreiche Investitionen in bestehende Quartierszentren (z. B. Bürger- und Sozialzentrum Huchting) gegeben.

Zwischenfazit Soziale Infrastruktur

Neben einer outputorientierten Betrachtungsweise kann im Armutskontext auch die Analy-se von Inputfaktoren in Hinblick auf die soziale Infrastruktur erfolgen. Hierzu ist jedoch eine

76 regelmäßige Datenanalyse vor dem Hintergrund von Bevölkerungsentwicklung und Versor-gungsangeboten notwendig. Das ist derzeit sekundäranalytisch kaum möglich. Auf Basis einzelner älterer Forschungsprojekte oder entsprechender Bundesstatistiken lassen sich lediglich exemplarisch für eine Reihe von Teilbereichen Ausbauanstrengungen nachweisen, deren quantitative Einordnung jedoch eigene Forschungsvorhaben an sich darstellen wür-den. Tendenziell zeigt sich, dass gerade vor allem im Bereich der Kindertagesbetreuung und teilweise auch beim Ausbau der Ganztagsschulen der aktuelle Versorgungsstand noch von politischen Beschlusslagen abweicht und so gerade für sozial benachteiligte Quartiere bis 2020/2025 noch erhebliche Ausbauanstrengungen erforderlich macht.

Im Dokument Armutspolitik in Bremen (Seite 78-81)