• Keine Ergebnisse gefunden

In Absprache mit dem assoziierten Partner RWE wurden zwei Konzepte für Meerwasserentsalzung analysiert. Da an vielen Standorten, an denen

Trink-wasser aus MeerTrink-wasser gewonnen wird, hohe solare Einstrahlung vorliegt, soll diese erneuerbare Energiequelle berücksichtigt werden. Die beiden Konzep-te orientieren sich an unKonzep-terschiedlichen EntsalzungsKonzep-techniken, die verfügbar sind.

Abbildung 4.4: Schema des modellierten RO-Systems (Reverse Osmosis)

Das erste System (Abbildung 4.4) nutzt das Verfahren der Umkehrosmose (engl. Reverse Osmosis - RO). Dieses Entsalzungsverfahren benötigt elektrische Energie, die mit PV-Anlagen bereit gestellt wird. Da bei RO-Anlagen tägliches An- und Abfahren aus verfahrenstechnischen Gründen zu vermeiden ist, muss ein Teil der elektrischen Energie für den Nachtbetrieb über einen Speicher gepuffert werden.

Abbildung 4.5: Schema des modellierten MED-Systems (Multi-Effekt-Destillation)

Im zweiten System wird das Wasser mit dem Verfahren der Multi-Effekt-Destillation (MED) entsalzt (Abbildung 4.5). MED ist ein primär thermisches Verfahren, für das zusätzlich ein elektrischer Eigenbedarf zu berücksichtigen ist. Hier kommt für dieses Entsalzungsverfahren ein solarthermisches Kon-zept zur Anwendung. Die elektrische Energie wird von einem solarthermischen Kraftwerk bereitgestellt. Als thermische Antriebsenergie für die MED wird zu-nächst die Abwärme des Kraftwerks genutzt. In Ergänzung kann zusätzlich die von den Kollektoren gewonnene Wärme direkt genutzt werden. Da die-se auf einem höheren Temperaturniveau vorliegt als von der MED benötigt wird, ist hier ein Wandler vorgesehen, der die Energie auf das Temperaturni-veau der Abwärme des Kraftwerkes wandelt. Diese Wandlung wird verlustfrei angenommen, da es sich um einen Wärmeübertragungsprozess handelt.

Der vom Kraftwerk erzeugte Strom wird entweder für die Entsalzung genutzt oder aus dem System abgeführt und ins öffentliche Netz eingespeist. Auch das MED-Verfahren erfordert aus verfahrenstechnischen Gründen einen Dauerbe-trieb, so dass für die Nachtstunden Wärme in einem Speicher vorzuhalten ist.

Im Modell werden zusätzlich zu den bereits genannten Komponenten noch Speicher für Strom und Wasser berücksichtigt.

Die Modelle beider Systeme werden mit identischen Randbedingungen unter-sucht, die in Absprache mit dem assoziierten Partner RWE festgelegt wur-den:

• Der Wasserbedarf ist vorgegeben und muss immer erfüllt sein. Es wird exemplarisch ein maximaler Tagesbedarf von 100.000 Kubikmetern ent-salztem Wasser angenommen, und es wird eine übliche saisonale Cha-rakteristik für Monatswerte zugrunde gelegt.

• Alle Komponenten werden in der Untersuchung in ihrer Dimension durch das Modell optimiert (Zielfunktion: Gesamtkosten).

• Der erforderliche Dauerbetrieb der Entsalzung wird durch eine vorgege-bene Mindestlast von 50 % sowohl für RO als auch für MED berückich-tigt.

• Es wird kein zusätzlicher Netzbezug für elektrische oder thermische Ener-gie zugelassen. Überschüsse an elektrischer EnerEner-gie werden geringfügig vergütet (1 EURct/MWh).

• Die solare Einstrahlung wird exemplarisch vom Standort Andasol über-nommen. Obwohl dies kein geeigneter Standort für Meerwasserentsal-zung darstellt, werden die Daten als ausreichend repräsentativ angese-hen, um den Systemvergleich vorzunehmen. Aufgrund der Lizenzierungs-bedingungen der Daten werden hier (wie bereits in bei der Validierung des Parabolrinnen-Kollektors, vgl. Kapitel 3.3) summierte Tageswerte dargestellt.

• Es wird ein einheitlicher kalkulatorischer Zinssatz von 8 % angenommen.

Die Modellierung der Energiesysteme nach Abbildung 4.4 und 4.5 sowie al-le weiteren Eingangsparameter (z. B. spezifische Kosten, Lebensdauern, Wir-kungsgrade) sind frei zugänglich und finden sich unter https://github.com/

oemof-heat/solar_models. Die Rechnungen können mit eigenen Annahmen und eigenen Standort-spezifischen Strahlungsdaten durchgeführt werden.

Abbildung 4.6: Akkumulierte Energie (links) und Wassermengen (rechts) je Kalendertag für das RO-System. Anteil zwischengespeicherter elektrischer Energie am RO-Gesamtbedarf (links). Anteil zwi-schengespeicherten Wassers am Tagesbedarf (rechts).

Die Modellierungsergebnisse sind in den Abbildung 4.6 und 4.7 dargestellt.

Folgende Beobachtungen können festgestellt werden:

Beim RO-System schwankt der Strombedarf für die Entsalzung jahreszeitlich nur wenig. Da kein Netzbezug zugelassen wird, richtet sich die Dimensionierung nach dem strahlungsärmsten Tag. Somit ergeben sich im Sommer erhebliche

Überschüsse an elektrischer Energie, die ins Netz eingespeist werden können.

Zwischen 40 und 60 % des Strombedarfs der Entsalzung wird über den Spei-cher gepuffert. Der Wasserbedarf ist im Sommer maximal. Die Entsalzungs-anlage ist so dimensioniert, dass die Bedarfsspitze über den Wasserspeicher gepuffert wird. Damit läuft die RO-Entsalzung zwischen Tag 120 und 240 im Nennbetrieb. Im Winter dient der Speicher zum Ausgleich schwankender Ta-gesproduktion, die z. B. bei geringer Einstrahlung zu verzeichnen ist.

Abbildung 4.7: Akkumulierte Energie (links) und Wassermengen (rechts) je Kalendertag für das MED-System. Anteil zwischengespeicher-ter thermischer Energie am MED-Gesamtbedarf (links). Anteil zwischengespeicherten Wassers am Tagesbedarf (rechts).

Beim MED-System läuft das Kraftwerk über fast das ganze Jahr hinweg in Grundlast. Die Abwärme des Kraftwerks reicht jedoch nicht, um den Wärme-bedarf der MED zu decken. Daher wird kontinuierlich Hochtemperaturwärme aus dem Kollektorfeld bzw. Wärmespeicher der Entsalzung zur Verfügung ge-stellt. Ein erheblicher Teil der Wärme wird über den Speicher gepuffert. Das dargestellte Verhältnis in Abbildung 4.7 geht sogar an manchen Tagen über 100 % hinaus. Dies sind Tage mit geringem Ertrag aus dem Kollektorfeld. Das Verhätltnis gibt die Relation zwischen der Wärmemenge, die dem Speicher im Tagesverlauf entnommen wird, und dem Bedarf der Entsalzung an. Das Kraft-werk sorgt jedoch an Tagen ohne Einstrahlung für zusätzliche Entnahme aus dem Speicher, so dass Werte über 100 % plausibel sind.

Tabelle 4.2: Dimensionierung des RO- und MED-Systems anhand der wesent-lichen Komponenten

Parameter Einheit System RO System MED

Fläche PV ha 104

Kollektorfläche ha 997

Nennleistung Power-Block MW 26,6

Entsalzung m3/h 4064 4032

Elektrische Speicherkapazität MWh 265 6

Thermische Speicherkapazität GWh 27

Kapazität Wasserspeicher Mt 274 1483

Wassergestehungskosten Euro/m3 1,1 7,9

Tageswerte für die Wärmeentnahme aus dem Kollektorfeld liegen an den meis-ten Tagen bei ca. 8 GWh. Einzelne Werte liegen deutlich darüber. Diese Abwei-chungen treten auf, um nachfolgende Tage mit geringerer Einstrahlung durch Speicherbeladung zu kompensieren. Es deutet aber darauf hin, dass das Kol-lektorfeld an den meisten Tagen nur im Teillastbereich betrieben wird. Da sich die Auslegung auf den strahlungsärmsten Tag ausrichtet, ist dies zu erwarten.

Im Gegensatz zum RO-System können die Überschüsse im Sommer hier nicht in gleichem Maße genutzt werden, da das solarthermische Kraftwerk aufgrund der geringen Stromvergütung hier klein dimensioniert wurde.

Der Wasserbedarf ist bei MED identisch mit dem RO-System. Der Wasser-speicher wird hier ebenfalls für Ausgleiche der Tagesproduktion verwendet.

Zusätzlich erfolgt ein saisonaler Ausgleich.

Tabelle 4.2 zeigt abschließend die Dimensionierung der beiden Systeme an-hand der wesentlichen Komponenten und die daraus resultierenden Wasserge-stehungskosten. Es zeigt sich, dass das System RO den Wasserbedarf deutlich günstiger decken kann. Der Unterschied dürfte noch zu verringern sein, wenn die Wasserproduktion vorrangig mit Kondensationswärme aus dem Power-Block erfolgt. Hierfür müsste in zukünftigen Untersuchungen die Vermarktung der elektrischen Energie genauer abgebildet werden.

4.5 Solare Kühlung eines Campusgebäudes im