10.2 Generierung von Singulett-Sauerstoff durch endogene Photosensibi-
10.2.3 Singulett-Sauerstoff-Quantenausbeute Φ ∆ der Flavine
Um zweifelsfrei den Beweis zu f ¨uhren, dass UVA-Sch¨aden im Gewebe von Singu-lett-Sauerstoffstammen k ¨onnen, ist es notwendig, dass die endogenen
Photosensibi-Kapitel 10. Messung bei der Anregungswellenl¨ange von 355 nm
lisatoren Singulett-Sauerstoffmit einer gewissen Effizienz generieren. Die Effizienz der Singulett-Sauerstoff-Erzeugung wird durch die Singulett-Sauerstoff-Quanten-ausbeuteΦ∆beschrieben.
In der Haut ist der Sauerstoffdruck kleiner als 20 mmHg Quecksilbers¨aule (Ge-sicht, [BES87]). Dies entspricht etwa einer Konzentration von 36 µM an Sauerstoff in L ¨osung. Bei Lufts¨attigung betr¨agt der Sauerstoffdruck in w¨assriger L ¨osung etwa 150 mmHg Quecksilbers¨aule bzw. 270µM. Deshalb ist es notwendig die Singulett-Sauerstoff-Quantenausbeute Φ∆ auch bei niedrigen Sauerstoff-Konzentrationen zu bestimmen.
10.2.3.1 Direkte Bestimmung vonΦ∆am Beispiel Riboflavin
Nach Gleichung (3.38) l¨asst sich die Singulett-Sauerstoff-Quantenausbeute Φ∆ di-rekt bestimmen. Aus der Literatur ist die Triplett-Quantenausbeute f ¨ur Riboflavin in H2O bekannt zuΦT1 =0,61 [CMS88] undΦT1 =0,375±0,05 [IPH03]. Der Anteil f∆T1 an T1-Zust¨anden, die durch die Wechselwirkung mit Sauerstoffdeaktiviert werden und dabei Singulett-Sauerstofferzeugen, liegt zwischen 0,25 und 1 [SS01], abh¨angig von der Triplett-Energie ET1 und der Polarit¨at des L ¨osungsmittels. Mit den Raten KT1 und kT1∆ + kT1O2, welche in Abschnitt 10.2.2 bestimmt worden sind, l¨asst sich PT1, der Anteil der T1-Zust¨ande die durch die Wechselwirkung mit Sauerstoffrelaxieren (siehe Gleichung (3.41)), ermitteln.
In Abbildung 10.12 ist der Verlauf vonΦ∆ und PT1 in Abh¨angigkeit von der Sauer-stoffkonzentration dargestellt. PT1 beginnt f ¨ur [O2] bei 0 und steigt bei zunehmender Sauerstoff-Konzentration an. F ¨ur [O2] −→ ∞ n¨ahert sich PT1 =1 an. Die einzelnen Werte wurden auf Basis der Messwerte von Abbildung 10.10 berechnet.
Da sowohlΦT1 als auch f∆T1 nicht eindeutig bekannt sind, l¨asst sich der Verlauf der Singulett-Sauerstoff-Quantenausbeute Φ∆ nur f ¨ur den schraffierten Bereich (Abbil-dung 10.12) angeben.Φ∆,maxentspricht dabei dem Verlauf der maximalen Singulett-Sauerstoff-Quantenausbeute, welche mit der Triplett-Quantenausbeute ΦT1 = 0,61 und f∆T1 = 1 bestimmt wurde. F ¨ur Φ∆,min wurde die Triplett-Quantenausbeute ΦT1
= 0,375 verwendet und f ¨ur f∆T1 wurde f∆T1 = 0,25 angenommen. Der Verlauf von Φ∆ entspricht dem Verlauf von PT1, reduziert um die Faktoren ΦT1 und f∆T1. Bei Lufts¨attigung (270µM) variiertΦ∆von 0,59±0,05 bis 0,09±0,02. Bei einer Sauerstoff-Konzentration von 36µM betr¨agt die Singulett-Sauerstoff-QuantenausbeuteΦ∆von Riboflavin 0,50±0,04 im Maximum und 0,07±0,02 im Minimum.
Leider ist eine genauere Bestimmung von Φ∆, bez ¨uglich Riboflavin nicht direkt
10.2. Generierung von Singulett-Sauerstoffdurch endogene Photosensibilisatoren
0 50 100 150 200 250
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
P
T1Φ
∆,minSauerstoff-Konzentration [µM]
P ,Φ ∆Τ1
Φ
∆,maxAbbildung 10.12: Singulett-Sauerstoff-Quantenausbeute Φ∆ und PT1 von Riboflavin in H2O versus der Sauerstoff-Konzentration. Schwarze Rechtecke: Einzelne Messungen zu PT1. Kreis:Φ∆ indirekt bestimmt nach Abschnitt 10.2.3.2.
m ¨oglich. Deshalb soll im folgenden AbschnittΦ∆ indirekt bestimmt werden.
10.2.3.2 Indirekte Bestimmung vonΦ∆
Mit Hilfe eines bekannten Photosensibilisators mit bekannter Singulett-Sauerstoff-QuantenausbeuteΦ∆ ist es m ¨oglich,Φ∆des unbekannten Photosensibilisators, ¨uber einen Vergleich der Lumineszenzenergien, zu bestimmen (vgl. Abschnitt 3.7.2). Dazu muss f ¨ur beide Photosensibilisatoren die Energie der Lumineszenz (Integral des Lu-mineszenzsignals ¨uber die Zeit) bei unterschiedlicher absorbierter Laserleistung be-stimmt werden. Das Verh¨altnis der Steigungen der Energie der Lumineszenz gegen die absorbierte Laserenergie ist dann gleich dem Verh¨altnis der Singulett-Sauerstoff-Quantenausbeuten (siehe Gleichung (3.52)).
In Abbildung 10.13 ist die Energie der Lumineszenz gegen die absorbierte Laser-energie f ¨ur PNS und verschiedene Flavine aufgetragen. Der absorbierte Anteil des Laserlichtes (siehe Tabelle 10.1 dritte Spalte) bei einer 1 cm dicken K ¨uvette l¨asst sich mit Gleichung (3.54) bestimmen. F ¨ur alle verwendeten Substanzen wurde das L ¨osungsmittel H2O verwendet und jeweils 4·104Durchg¨ange addiert. Die Referenz-substanz PNS, sowie Riboflavin, FMN und FAD wurden bei einer Konzentration von jeweils 50µM bei Lufts¨attigung untersucht.
In Tabelle 10.1 sind die Ergebnisse der Bestimmung der Singulett-Sauerstoff-Quan-tenausbeuteΦ∆zusammengefasst. In der ersten Spalte sind die verwendeten
Photo-Kapitel 10. Messung bei der Anregungswellenl¨ange von 355 nm
Abbildung 10.13: Lumineszenzenergie von PNS, Riboflavin, FMN und FAD versus der absorbierten Laserenergie. Die untersuchten L¨osungen hatten eine Konzentration von jeweils 50µM.
sensibilisatoren aufgef ¨uhrt. Die zweite Spalte gibt den Absorptionsquerschnitt der einzelnen Photosensibilisatoren bei 355 nm in H2O an. Aus dem Absorptionsquer-schnitt l¨asst sich mit Gleichung (3.54) der absorbierte Anteil des Laserlichtes bei einer 1 cm dicken K ¨uvette bestimmen. Dieser Wert bei einer 50µM-L ¨osung ist f ¨ur je-den Photosensibilisator in der dritten Spalte dargestellt. Die absorbierte Laserenergie l¨asst sich aus der tats¨achlich im Experiment verwendeten Laserenergie, multipliziert mit den Werten der dritten Spalte, geteilt durch 100 %, berechnen. Die Steigungen der Graphen aus Abbildung 10.13, sind in der vierten Spalte von Tabelle 10.1 zu se-hen. Nach Gleichung (3.52) ist das Verh¨altnis der Steigungen der Geraden (Energie der Lumineszenz gegen die absorbierte Laserenergie) der einzelnen Photosensibi-lisatoren dabei gleich dem Verh¨altnis der Singulett-Sauerstoff-QuantenausbeuteΦ∆ der jeweiligen Photosensibilisatoren. Somit l¨asst sichΦ∆, ausgehend vom bekannten Φ∆ von PNS [STD94], f ¨ur jedes Flavin bestimmen. Diese so bestimmten Singulett-Sauerstoff-Quantenausbeuten Φ∆ sind in der f ¨unften Spalte zu sehen. Es f¨allt auf, dass mit zunehmender Komplexit¨at der Struktur der Flavine (vgl. Abbildung 10.1) Φ∆ kleiner wird, d.h. die F¨ahigkeit Singulett-Sauerstoffzu generieren abnimmt.
Die Singulett-Sauerstoff-Quantenausbeuten der endogenen Flavine, insbesondere die von Riboflavin und FMN, sind sehr beachtlich. Im Vergleich dazu hat Photofrin, welches zum Abt ¨oten von Krebszellen eingesetzt wird, bei Lufts¨attigung nur eine Singulett-Sauerstoff-Quantenausbeute von 0,35 [OCO02].
Vergleichen wir nun die erhaltenen Werte mit den Ergebnissen aus Abschnitt 10.2.3.1.
10.2. Generierung von Singulett-Sauerstoffdurch endogene Photosensibilisatoren
Photo- Absorptionsquer- Absorption bei Steigung
sensibilisator schnitt bei 355 nm 1 cm K ¨uvetten- S([O2]) Φ∆ 50µM in H2O in 10−17cm2 dicke [%] in w.E.
PNS 2,6±0,2 54±4 0,29±0,03 0,98±0,08a
Riboflavin 3,6±0,2 66±5 0,16±0,02 0,54±0,07
FMN 3,0±0,2 59±4 0,15±0,02 0,51±0,07
FAD 2,7±0,2 56±4 0,020±0,002 0,07±0,01
Tabelle 10.1:Daten zur indirekten Bestimmung der Singulett-Sauerstoff-Quantenausbeute Φ∆von Riboflavin, FMN und FAD im Vergleich zu PNS.a[STD94].
F ¨ur Riboflavin wurde in Abbildung 10.12 die indirekt bestimmte Singulett-Sauerstoff-Quantenausbeute bei [O2]=270µM eingezeichnet. F ¨urΦT1=0,61 und f∆T1=1 konnte Φ∆ von Riboflavin bei Lufts¨attigung direkt zuΦdirekt∆ =0,59±0,04 bestimmt werden.
In diesem Abschnitt wurdeΦ∆indirekt zuΦindirekt∆ =0,54±0,07 bestimmt. Dieser Ver-gleich zeigt, dass eine Triplett-Quantenausbeute von etwa 0,61 und f∆T1 = 1 (kT1O2
=0) innerhalb der Messgenauigkeit realistische Werte darstellen. Hingegen scheint die Triplett-QuantenausbeuteΦT1 =0,375±0,05 zu niedrig zu sein.
Die Ber ¨ucksichtigung des ansteigenden Verlaufs der Singulett-Sauerstoff-Quanten-ausbeute mit der Sauerstoff-Konzentration ist wichtig. So istΦ∆ von Riboflavin bei einer Sauerstoff-Konzentration von 36µM, wie sie in der Haut herrscht, mitΦdirekt∆ = 0,50±0,04 kleiner als bei Lufts¨attigungΦdirekt∆ =0,59±0,04. Jedoch ist dies noch ausrei-chend um gen ¨ugend Singulett-Sauerstoffin der Haut zu generieren. Zus¨atzlich ist zu beachten, dass Photosensibilisatoren wie Riboflavin neben Singulett-Sauerstoff (Typ-II-Reaktion) auch Sauerstoff-Radikale (Typ-I-Reaktion) generieren (vgl. Ab-schnitt 3.2). F¨allt die Sauerstoff-Konzentration f¨allt auchΦ∆ und somit die Effizienz der Singulett-Sauerstoff-Generierung. Folglich steigt der Anteil der Generierung von Sauerstoff-Radikalen nach der Typ-I-Reaktion an. Genau das wurde im Paper von Minami et al. [MSM99] beobachtet. Unter wenig Sauerstoff produziert Riboflavin mehr toxische Stoffe wie z.B. H2O2als bei Lufts¨attigung.