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Serving People: Zusammenarbeit von Industrie und öffentlichen Auftraggebern

Im Dokument 11. Nationale Maritime Konferenz (Seite 62-65)

Die deutsche Schiffbauindustrie ist im Beschaffungsbereich – bei Neubau, Wartung und Instandsetzung sowie im Rah-men der Komponentenbeschaffung und weiterer Dienst-leistungen – wichtiger Partner des öffentlichen Auftrag-gebers . Die öffentlichen Auftraggeber, zivil wie militärisch, stellen für viele Unternehmen der deutschen maritimen Industrie eine entscheidende Kundengruppe dar und sor-gen für hohe Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte . Gleichzeitig dienen realisierte Projekte des öffentlichen Auftraggebers als unerlässliche Referenzprodukte, um auch international neue kommerzielle und öffentliche Kunden zu gewinnen .

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Wir empfehlen deshalb für eine moderne Flotte der öffentlichen Auftraggeber:

effiziente und nach Risikosphären ausgewogene sowie auf den deutschen Mittelstand ausgerichtete Beschaf-fungsverfahren;

die Wahl passgenauer, vergaberechtlich möglicher Ver-gabeverfahren und -kriterien, um als Auftraggeber Ent-scheidungsspielräume für die beste technologische und volkswirtschaftliche Lösung zu haben; je innovativer ein Projekt, desto weniger passt beispielsweise das offene Ausschreibungsverfahren;

die grundsätzliche Einbeziehung qualitativer, innova-tiver, sozialer und umweltbezogener Aspekte bei der Beschaffung von Behördenfahrzeugen;

die verlässliche Durchführung von Vergabeverfah-ren; kurzfristige Änderungen bei der Gewichtung von Zuschlagskriterien vor Zuschlagserteilung und techni-sche Standardabsenkungen nach Zuschlagserteilung sind grundsätzlich auszuschließen, um durchgehend fairen Wettbewerb zu gewährleisten;

die vorrangige Berücksichtigung des „Funktionali-täts“-Grundsatzes in den Leistungsbeschreibungen öffentlicher Ausschreibungen, um ein Höchstmaß an Innovationen und Praxistauglichkeit zu erreichen;

die Umsetzung innovativer Technologien in Beschaf-fungsvorhaben, um diese als Referenzprodukte zu nut-zen und Vorbildfunktion hinsichtlich Schiffssicherheit, Umweltschutz oder Bedienfreundlichkeit auszuüben;

die Ausrichtung der Ausschreibungs- und Vergabepraxis an nationalen strategischen Interessen, um die vorhan-denen technologischen und industriellen Fähigkeiten zu sichern;

die regelmäßige Bereitstellung von Informationen über die mittel- und langfristigen Beschaffungs- und Erhal-tungsplanungen für die bundeseigenen Flotten an die heimische Industrie;

den kontinuierlichen vorwettbewerblichen Dialog zwi-schen Auftraggebern und Industrie über technische Ent-wicklungen und Anforderungen, den Stand der Technik sowie allgemeine rechtliche, technische und finanzielle Rahmenbedingungen zwischen den Beteiligten;

die realistische Budgetierung öffentlicher Beschaffungs-vorhaben durch Informationsaustausch und Wissens-vermittlung zwischen Auftraggebern und Industrie im vorwettbewerblichen Dialog;

eine Vereinheitlichung der Beschaffungs- und Aus-schreibungsverfahren der einzelnen öffentlichen Auf-traggeber nach Best-Practice-Erfahrungen, soweit dies sinnvoll ist;

die Schaffung einer geeigneten Koordinations- und Clearing-Einrichtung, um die zeitnahe Entwicklung und Abstimmung von Projektideen bis hin zur Geneh-migungsreife zu begleiten und zu beschleunigen . Das Deutsche Maritime Zentrum bietet hierfür die geeignete Plattform .

Marineschiffbauindustrie

Neben Handel, Transport und Verteidigung ist eine Viel-zahl weiterer industrieller Wertschöpfungsketten mittelbar oder unmittelbar von Fragen der maritimen Sicherheit betroffen . So gehören der Schutz kritischer maritimer Infrastrukturen wie Häfen und Hafenansteuerungen, See- und Binnenverkehrswege, Offshore-Förder- und Trans-porteinrichtungen, Offshore-Energieerzeugung oder der maritimen – lebenden wie mineralischen – Rohstoffe zum Anwendungsspektrum maritimer Sicherheitstechnologien . Die grundsätzlich stärkere Berücksichtigung von Innova-tionen bei öffentlichen Beschaffungen und gezielte Projektförderung haben wesentliche Bedeutung für die maritime Industrie . Nationale Referenzprojekte und Demonstratoren sind hierfür unabdingbar . Die Beschaf-fung innovativer Technologien entfaltet vielfache Signal-wirkung in den internationalen Märkten . Diese Chance muss häufiger und konsequenter ergriffen werden bei gleichzeitiger Vermeidung zu komplexer Ausschreibungs-verfahren . Eine Verknüpfung geeigneter F&E-Förderinstru-mente, Innovationsprogramme und Sonderbeschaffungen von Demonstrationssystemen bietet hier bei geeigneter Kombination verschiedener Instrumente vielfältige Mög-lichkeiten, die Situation nachhaltig zu verbessern . Die deutsche Marineschiffbauindustrie liefert innovative und wettbewerbsfähige Lösungen sowohl für die Deutsche Marine als auch für internationale Kunden, die besonde-ren Wert auf hohe Qualität und Systemkompetenz legen . Als spezialisierte Systemhäuser integrieren die

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unternehmen Produkte und Dienstleistungen der mittel-ständisch geprägten heimischen Zulieferindustrie . Die Innovations- und Produktionsfähigkeiten der deutschen Marineschiffbauindustrie sind für die Bundesrepublik Deutschland von essentieller strategischer Bedeutung . Große industrielle Bau- und Reparaturkapazitäten in wich-tigen europäischen Wettbewerbsländern befinden sich unter maßgeblichem staatlichem Einfluss . Dies erweist sich für die ausschließlich privatwirtschaftlich organisierte deutsche Marineschiffbauindustrie immer wieder als erheblicher Wettbewerbsnachteil .

Nur mit gleichen Rahmenbedingungen für alle Wirt-schaftsteilnehmer in Europa kann nachhaltig eine Marine-schiffbauindustrie geschaffen werden, in der sich die inno-vativsten und wettbewerbsfähigsten unternehmerischen Kräfte durchsetzen . Unter diesen Voraussetzungen kann die deutsche Marineschiffbauindustrie einen wesentlichen technologischen Beitrag zur Stärkung der heimischen industriellen Fähigkeiten und somit auch zur Sicherheits-architektur in und außerhalb Europas leisten . Dadurch ist Deutschland mit seiner Industrie in der Lage, auch künftig die Führungsrolle bei internationalen industriellen Koope-rationsvorhaben als Lead-Nation zu übernehmen .

Um militärische Fähigkeiten im Rahmen von NATO oder EU abbilden zu können, werden Kooperationsvorhaben zunehmend wichtiger . Wesentlich scheint in diesem Zusammenhang, dass echte Rüstungskooperationen nur mit einheitlichen Spezifikationen für die Nutzer-Nationen, gegebenenfalls unter Leitung einer Führungsnation und in Verantwortung eines ausführenden Industrie-Konsortiums, erfolgreich sein werden . Eine Vertiefung der europäischen Zusammenarbeit wird durch das Fehlen einheitlicher euro-päischer Standards und Genehmigungsprozesse entschei-dend behindert .

Wir empfehlen deshalb:

die umgehende Verankerung des Marine-Überwasser-schiffbaus in der Liste verteidigungsindustrieller Schlüs-seltechnologien, wie im Koalitionsvertrag festgelegt;

die Unterstützung industrieller Kooperationsvorhaben unter Führung der deutschen Marineschiffbauindustrie;

die Sicherung und Stärkung nationaler Kompetenzen und deutlicher Wertschöpfungsanteile der deutschen Schiffbauindustrie in europäischen und internationalen Beschaffungskooperationen durch deutschen „Lead“;

die Sicherstellung deutscher industrieller Neubau- und Instandsetzungskompetenz unter maßgeblicher Ein-beziehung der inländischen Zulieferindustrie durch verlässliche langfristige strategische Beschaffungspla-nung des öffentlichen Auftraggebers; realisierte Beschaf-fungsvorhaben sind unerlässliche Exportreferenzen der Industrie;

eine praxisgerechte, lösungsorientierte Modernisierung und Anpassung der Beschaffungsprozesse für Neube-schaffung und Instandsetzung der vorhandenen Flotte;

die Bereitstellung angemessener Beschaffungs- und For-schungsmittel unter besonderer Beachtung nationaler Systemfähigkeiten, Schlüsseltechnologien und strategi-scher Versorgungssicherheit;

eine verlässliche, kontinuierliche Exportflankierung unter Berücksichtigung strategischer sicherheits- und beschaffungspolitischer Voraussetzungen, um die Betei-ligungschancen der deutschen Marineschiffbauindustrie bei ausländischen Beschaffungsvorhaben zu erhöhen;

die politische Unterstützung der privatwirtschaftlichen Unternehmen der deutschen Marineschiffbauindustrie hinsichtlich des Zugangs zu europäischen Fördermitteln, der politischen Exportflankierung oder der bedarfs-gerechten Verfügbarkeit von Ausbildungsunterstützung für internationale Auftraggeber;

die Harmonisierung der Exportkontrollpolitiken auf Grundlage des gemeinsamen Standpunktes der EU aus 2008 hin zu einer einheitlichen EU-Rüstungsexportkon-trollpolitik mit gleicher praktischer Umsetzung in allen Mitgliedstaaten (bis zu deren Umsetzung: die Gewähr-leistung einer verlässlichen nationalen Rüstungsexport-politik);

die Begleitung bei der Erstellung einheitlicher hoher Standards, um Kooperationen auf Industrie- und Regie-rungsseite zwischen den Nationen zu erleichtern und somit eine effizientere Beschaffung und Nutzung zu erreichen .

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Kernaussage: Schulterschluss von Industrie und öffent-lichen Auftraggebern für Sicherheit, Wertschöpfung und Beschäftigung.

Im Dokument 11. Nationale Maritime Konferenz (Seite 62-65)