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4.2 Diskussion der Ergebnisse vor dem Hintergrund internationaler Literatur

4.2.2 Sekundäre Zielgröße: FABQ

Die Deutung der Ergebnisse der beiden FABQ-Skalen bezüglich Ursache und Prognostik der Arbeit ist aufgrund der niedrigen Fallzahl in der hier vorgelegten Studie schwierig. In einer Studie von George et al. (George et al, 2008) wurde die Originalversion des FABQs eingesetzt, um zu testen, ob die Angstvermeidungs-Überzeugungen von Patienten das Ergebnis von Physiotherapie mit Aktivitätsanstieg des Patienten, nach sechs Monaten prognostizieren können. In dieser Studie hatten, insbesondere bezüglich der Skala des FABQs zur Arbeit, die Studienteilnehmer eine Verbesserung der Angst-Vermeidungs-Überzeugungen aufzuweisen. Damit auch in diesem Studienrahmen der computerbasierten Beratung in diesen Skalen eindeutige Ergebnisse erzielt würden, wäre, deutlich an den großen Konfidenzintervallen unserer Studie, eine größere Fallzahl erforderlich.

Ein Zusammenhang von Angst-Vermeidungs-Überzeugungen und körperlicher Aktivität wird derzeit diskutiert: In einer Studie von Leonhardt et al. (Leonhardt et al, 2009) wurde dieser Aspekt untersucht und es ergab sich kein Zusammenhang zwischen Aktivität und Angst-Vermeidungs-Überzeugungen. In dieser Studie wird vielmehr ein Zusammenhang zwischen der Vermeidung von bestimmten Bewegungen (also der Bewegungsqualität) und den Angst-Vermeidungs-Überzeugungen vermutet. Es wurden 787 Rückenschmerzpatienten mit Hilfe des FABQ und eines Aktivitätsfragebogens untersucht. Zwar konnte kein direkter Nachweis eines Zusammenhanges in der Studie nachgewiesen werden, jedoch erfolgte auch nicht wie in dieser CBCS-Studie eine spezifische Aufklärung der Patienten zur Bedeutung von körperlicher Aktivität und Angst-Vermeidungs-Überzeugungen, als vielmehr eine motivationale Beratung

Veränderung im Aktivitätsverhalten der Patienten in der CBCS-Studie hätte festgestellt werden können und ob diese im Zusammenhang steht mit Punktewerten im FABQ.

In einer randomisiert kontrollierten Studie von Bücker et al. (Bücker et al, 2010) wurden in 12 hausärztlichen Praxen, Patienten mit akuten, unkomplizierten Rückenschmerzen befragt. Die Interventionsgruppe erhielt Patienteninformation in Form eines von der Arbeitsgruppe eigens erstellten Faltblattes, welches inhaltlich auf den gleichen Aspekten aufbaute wie „Das Rücken-Buch“. Die Kontrollgruppe erhielt ebenfalls eine Informationsbroschüre, jedoch ohne spezifische Rückenschmerzinhalte.

Als Fragebogen wurde unter anderem der FABQ eingesetzt. Die Interventionsgruppe zeigte tendenziell bessere Funktionalität auf als die Kontrollgruppe. Im Vergleich zur CBCS-Studie ist dies interessant, da die Patienten inhaltlich vergleichbar aufgeklärt wurden und die Tendenz einer klinischen Veränderung in der Studie von Bücker et al.

sichtbar ist. Dies lässt ähnliche klinische Erfolge für die CBCS-Aufklärung wahrscheinlich erscheinen.

4.3 Methodenkritik

Es gibt einige Verzerrungen, die das Ergebnis der Studie vielleicht beeinflusst haben.

Manche dieser Einflussfaktoren wurden aus Gründen der Praktikabilität vor Durchführung der Datenerhebung in Kauf genommen, andere sind erst im Nachhinein als Störfaktoren sichtbar geworden. Im Folgenden wird auf einige dieser beeinflussenden Faktoren eingegangen.

Soziale Erwünschtheit

Da die Patienten in Arztpraxen rekrutiert wurden, jedoch einige bereits bei diesem oder anderen Ärzten mit ihren Rückenschmerzen in Behandlung waren, waren einige zum Zeitpunkt der ersten Datenerhebung über die Ursachen und Therapiemöglichkeiten bereits aufgeklärt. Auch ist für viele dieser Patienten die Bedeutung von Aktivität bei Rückenschmerzen nicht neu. Mit diesen Vorkenntnissen, könnten viele Patienten die Fragen nicht entsprechend ihrer Meinung oder Einstellung, aber entsprechend der wie sie meinen, erwünschten Antwort beantwortet haben. Ihre angegebenen Einstellungen und Überzeugungen würden in dem Fall besser, als der

Überzeugung zum Zeitpunkt T0; was wiederum auch die Veränderung zu T1 verfälschen würde. Viele Patienten haben bei Durchführung der Befragung betont, bereits über die Bedeutung von Aktivität aufgeklärt zu sein, was diese Verfälschung wahrscheinlicher macht. Ein hieraus resultierender Fehler wirkt sich allerdings gleichermaßen auf alle Studienarme aus, da die Zuteilung zu den Gruppen randomisiert erfolgte. Somit könnten ohne diesen Fehler eher stärkere Effekte als die Gemessenen zu erwarten sein.

Weiterhin kann auch die Aufklärung durch das Computersystem bei dem Patienten zum Zeitpunkt T1 dazu führen, dass dieser die seiner Meinung nach erwünschte Antwort gibt. So meint er beispielsweise durch Aufklärung mit dem System oder auch durch die Broschüre zu wissen, welche Einstellungen und Überzeugungen erwünscht sind. Die Antworten zum zweiten Zeitpunkt spiegeln in dem Fall vielleicht sein Wissen über die Zielsetzung der Intervention aber nicht seine wirkliche Einsicht und Umsetzbarkeit der dargestellten Aspekte wider. Diese Verfälschung würde das Ergebnis, hin zu einer Verbesserung der Einstellungen und Überzeugungen, verfälschen und zu einer Überschätzung des gemessenen Effektes führen, da die Interventionsgruppe, nicht aber die Kontrollgruppe, betroffen wäre.

Recall-Bias

Zwischen Zeitpunkt T0 und T1 waren 5 Tage geplant. Da die zweite Befragung schriftlich auf dem Postweg erfolgte, haben manche Patienten sich mehr Zeit gelassen.

Weil 5 Tage nach Erstbefragung jedoch bereits der Fragebogen T1 vorlag, haben einige Patienten diesen auch sicherlich schnell beantwortet und konnten sich gegebenenfalls noch an viele Fragen erinnern. In dem Fall hätte sich keine oder wenig Veränderung bezüglich Einstellung und Überzeugung der Patienten gezeigt. Allerdings ist dieser Bias vermutlich in allen drei Gruppen gleich ausgeprägt. Die gemessenen Effekte würden hierdurch kleiner ausfallen, ein Gruppenunterschied bleibt jedoch erhalten.

Umfeld

Bei der Durchführung der Befragung in den Arztpraxen haben einige Patienten den Arzt noch nicht gesehen und waren deswegen teilweise unruhig, durch die Studienteilnahme ihren Termin zu verpassen. Einige Studienteilnehmer haben gefragt, ob sie die Beratung nicht am Computer von zu Hause über das Internet in Ruhe

machen könnten. Viele Patienten konnten sich in diesem Umfeld nicht ausreichend wohl fühlen, als dass sie sich auf die Darbietung voll einlassen konnten. So scheint die Durchführung in Arztpraxen und häufig im Warteraum dieser, kein geeignetes Umfeld die Beratung mit dem CBCS für Rückenschmerzpatienten zu sein. Unter 4.4.2.1 (siehe Seite 66) wird auf die Studie von Gustafson et al. (Gustafson et al, 1999) eingegangen, darin haben HIV Patienten computerbasierte Beratung von zu Hause genossen. Da die Patienten diese Beratungsform fast täglich genutzt haben und sich die Nutzung von zu Hause als besonders effektiv herausgestellt hat, deutet auch dies darauf hin, dass das CBCS für Rückenschmerzpatienten in einem anderen Umfeld für die Patienten angenehmer hätte sein können und die Informationsdarbietung gegebenenfalls hätte noch effizienter sein können. Welcher Ort und welcher Zeitpunkt zur Nutzung eines solchen Beratungssystems tatsächlich am effektivsten ist, müsste in weiteren Studien geklärt werden.

Außerdem wurde andere Patienten auch erst nach dem Arztgespräch befragt, so dass auch die Patienten der Wartegruppe im Anschluss unter Umständen geringere Angst-Vermeidungs-Überzeugungen aufzeigten. Hielten die Schmerzen jedoch Tage nach dem Gespräch noch an, so könnte ein Anstieg der Angst-Vermeidungs-Überzeugungen in der zweiten Befragung (T1) sichtbar werden. In dem Fall könnte es sein, dass das Beratungssystem eine Verschlechterung der Angst-Vermeidungs-Überzeugungen verhindert hat. Ein Arztgespräch vor Teilnahme an der Studie könnte also das Ergebnis beeinflusst haben.

Fallzahl

Speziell die beiden auf die Arbeit bezogenen Skalen des FABQ zeigten keine signifikanten Ergebnisse, jedoch tendenzielle Veränderungen hin zu besseren Angst-Vermeidungs-Überzeugungen. Ein sicherlich entscheidender Faktor dabei ist die geringere Fallzahl verglichen mit den anderen Skalen, die sich daraus ergibt, dass lediglich die arbeitenden Studienteilnehmer mit einbezogen werden konnten. Die Doch tendenzielle Veränderung lässt darauf schließen, dass eine erneute Durchführung mit höherer Fallzahl klarere Ergebnisse liefern könnte.

Themenbezug

Einen weiteren Grund dafür, dass die Ergebnisse der FABQ-Skalen bezüglich Arbeit nicht signifikant waren, könnte der sein, dass dieses Thema im computerbasierten Beratungssystem wenig angesprochen wurde. Der Umgang mit

thematisiert, was dazu geführt haben könnte, dass dahingehend keine signifikanten Veränderungen festgestellt werden konnten.