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Schulkultur und Notwendigkeiten innerhalb der Organisationsstruktur

3 Auswirkungen – Übergreifende Prozesse und Ergebnisse

3.4 Soziale Kompetenz als Antwort auf gegenwärtige oder auf zukünftige

3.5.3 Schulkultur und Notwendigkeiten innerhalb der Organisationsstruktur

Die ‚lernende Organisation’ als Konzept der Organisationsentwicklung beschäftigt sich damit, wie kommunikative Strukturen in einer Organisation gestaltet sind. Sie geht von einem Orga-nisationsbegriff aus, der vor allem dynamische Prozesse und nicht die statischen Elemente ei-ner Einrichtung in den Blick nimmt. Über Kommunikationen realisieren sich diese dynami-schen Prozesse, die als ‚Organisationslernen’ begriffen werden (vgl. Wolff 2003: 13ff).26 Übertragen auf Schule heißt das, dass eine ‚Lernende’ Schule sich ihre Lernerfahrungen be-wusst macht. Hintergrund ist die Annahme, dass Schule als ein System angesehen werden kann, in dem durch eine punktuelle Neuerung – wenn auch in kleinem Umfang – Verände-rungen an anderen Stellen auftreten (können). ‚Sozialkompetente Schule’ verstanden als Or-ganisationsziel der Schule heißt, dass diese Veränderungen zugelassen und erwünscht sind und sich in die Organisations- bzw. Schulkultur übertragen. Weil Kompetenz immer an Per-sonen gebunden ist, die kompetent handeln, sind vor allem kommunikative Gestaltungspro-zesse von Interesse. Schule ist in der Perspektive der lernenden Organisation als ein kollekti-ver Handlungsrahmen zu kollekti-verstehen, der eine bestimmte Kultur des Umgangs miteinander wie auch kommunikatives Handeln strukturiert.

Es komme auf die Haltung an, nicht auf einzelne Projekte, betonen die Lehrkräfte innerhalb der Interviews immer wieder. Die Befragten äußern sich übereinstimmend dahingehend, dass sie die ‚Sozialkompetente Schule’ für mehr als ein Set an regelmäßigen Projekten halten. Sie verbinden damit eine Gesamtidee von Schule, die vor allem in kultureller Hinsicht durch die Organisation befördert werden müsse – Vorgaben alleine reichen nicht. Einige Beispiele:

Schulleitung: „Es braucht Kolleginnen und Kollegen, die etwas zu ihrer Sachen machen, das braucht viele Gespräche, es reicht nicht die formale Seite über Konferenzen. Wie gehe ich mit Schüler um, wenn nicht mal die Lehrer miteinander umgehen können.“

Schulleitung: „Die Soziale Kompetenz betrifft alle an der Schule, Lehrer, Eltern. Unsere Haltung ist, das was wir darstellen für die Schüler ist wirklich Vorbild. Ich erwarte als soziale Kompetenz, dass ein Schüler mich grüßt, dann ist der normale Vorgang, dass ich ihn zuerst grüße und dass auch die Art stimmt, wie ich ihn grüße.“

Schulleitung: „Wir sind nicht auf der Stufe zu sagen, wir zwingen jeden irgend eine erlebnispädagogi-sche Geschichte jedes Schuljahr zu machen, aber er wird aufgrund der Motivation vieler gezwungen, darüber nachzudenken.“

Schulleitung: „Wir unterstützen dies durch Leitlinien in der Steuerungsgruppe für „Soko“-Projekte, die wir multiplizieren und kommunizieren. Das braucht ne Weile bis man eine Einigkeit hat. Die Schule or-ganisiert sich so, dass möglichst viel Konsens in Richtung Handlungsmuster da ist.“

26 Damit eine Organisation lernen kann, müssen nach Senge (1996) fünf Aspekte beachtet werden: Frei übersetzt sind das die Förderung persönlicher Kompetenzen bzw. Aspekte der Persönlichkeitsbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Personal Mastery), die Bewusstmachung von Grundannahmen, die mit der Ausübung berufli-chen Handelns in Verbindung stehen (Mental Models), das Finden gemeinsam getragener Ziele einer Einrich-tung (Shared Visioning), bewusstes Teamlernen (Team Learning) und schließlich systemisches Denken, dass da-für sorgt, Wirkungszusammenhänge diskutierbar zu halten und bearbeiten zu können (Systems Thinking).

In der Beschreibung dieser Gesamtideen finden sich zwei Merkmale wieder, zum einen geht es um Strukturen wie eine Steuerungsgruppe, die einführt werden und zum anderen um die Gestaltung von Kommunikation, die – wenn der Kontakt zwischen Schülerinnen und Lehr-kräften gemeint ist – vor allem durch Verbindlichkeit gekennzeichnet sein sollte.

Überlegungen, die vor allem an der Berger Schule und an der GHS Ostheim vertreten sind, gehen in Richtung einer notwenigen Corporate Identity: die Schulen bräuchten eine Broschü-re, lassen sich T-Shirts drucken usf. Die darin anklingende Werbestrategie ziele laut der bei-den Schulen allerdings auf die SchülerInnen, deren Eltern und die Lehrkräfte als bei-den einzigen Werbekunden:

Schulleitung: „Mein Denken war, die Schüler müssen sich identifizieren mit der Schule. Ich weiß dass es eine tolle Schule ist, aber die Schüler, Lehrer und Eltern... (…) Eine Broschüre schafft Identität, auch ein Logo und gemeinsame Feiern“.

Neben diesen organisationskulturellen Aufmerksamkeiten entwickelt sich auch eine Sensibili-sierung für Notwendigkeiten innerhalb der Organisationsstruktur, die zwar nicht ursächlich auf die ‚Sozialkompetente Schule’ zurückzuführen ist, aber sich an sie anlehnt. Erstens zählt dazu die Anforderung an eine für Schülerinnen und Schüler teilhabefreundlich gestaltete Strukturierung von Schule. Einige Beispiele:

„Interviewerin: Was hat das Lernziel mit dem Organisationsziel zu tun?

Schulleitung: Es gehört gar nicht getrennt für mich. Die Schüler sind Teil unserer Organisation und or-ganisieren letztendlich mit, die bilden ja auch Gruppen und haben Bedürfnisse. Deswegen sind wir heu-te auch immer wieder auf die Schülerseiheu-te gekommen, weil das unsere tägliche Arbeit ist, deswegen funktioniert ja auch das aus der freien Wirtschaft stammende Organisationsentwicklungsmodell an Schulen so nicht, nur in Abänderung. Das ist ein ständiger Austausch, diese Linie27 müsste jedes Mal durchbrochen sein, wir kriegen immer rückgespiegelt, war erfolgreich war nicht erfolgreich oder Schü-ler bringen Vorschläge ein, das ist einfach übergangslos.“

Lehrerin (mit Bezug auf das Sozialpraktikum): „Da muss immer eine Kommunikation laufen. Dann ha-be ich zwei Klassenlehrer, die die siebten Klassen ha-betreuen, da muss ich mindesten jeden Mittwoch reingehen und fragen, wer fehlt. Und jetzt machen die Schüler das schon freiwillig, die haben keinen Auftrag bekommen: von der einen Klasse schreiben mir immer zwei Schülerinnen aus liebevoller Hin-gabe heraus auf, wer fehlt heute. Dann kriege ich das bis 10Uhr auf den Tisch und dann setze ich mich hin und entschuldige die.“

Schulleitung: „Es gibt so vieles. Das was wir im Kleinen anlegt, dass man Schüler mit einbezieht findet bei uns jährlich statt und täglich, dass man z.B. als GTS den Freizeitbereich mit Schülern organisieren, dass wir sie einbinden. Die üben praktisch das gesamte Schuljahr soziale Kompetenz ein, z.B. Geträn-keverkauf, dass die durch ein Dienstesystem täglich in diese Kompetenzen eingebunden sind. Wir zei-gen diese Kompetenz, dass wir das den Schülern zutrauen, dass sie eine Kasse unter sich haben.“

Schulleitung: „Es ist auch gut, wie die Schüler im „Soko“ mitarbeiten, es gibt auch in der Steuergruppe immer wieder Schüler, die mitarbeiten obwohl es schwer ist für sie. Das eine ist eine Sechstklässlerin, die sich aber wirklich bemüht, die Haltung der Schüler reinzubringen“.

27 Hier wird auf Abbildung 1 im Anhang Bezug genommen.

Ein weiteres strukturelles Element bezieht sich auf die Personalentwicklung. Die Schulen, die selbst Stellen ausschreiben können, nehmen die ‚Sozialkompetente Schule’ in die entspre-chende Ausschreibung auf und prüfen BewerberInnen auch auf ihre diesbezügliche Bereit-schaft bzw. loten den ‚Beitrag’ aus, den sie für eine Angebotserweiterung im Ergänzungsbe-reich leisten könnten.

Schließlich liegt eine dritte Aufmerksamkeit, die im Kontext der ‚Sozialkompetenten Schule’

angesprochen wird, in dezidierten Qualifizierungsimpulsen, denen auf unterschiedliche Weise nachgegangen werden soll – drei abschließende Beispiele: 28

Schulleitung: „Ich glaube, wir brauchen die Darstellung in der Öffentlichkeit, damit wir diskutieren können, auf welchem Weg wir das gehen, warum wir diesen Weg gehen und wir brauchen es gleichzei-tig damit die Schüler und die Eltern sehen, was wir da tun.“

Schulleitung: „Wir haben uns überlegt, ob wir für solche Sachen, wie die Kooperation mit dem Heide-hofgymnasium nicht professionelle Hilfe von Außen holen müssten, einen Coach, Supervision, der die Sache von einer anderen Warte aus sieht, weil wir kochen ja doch mit dem eigenen Sud“.

Schulleitung: „Was wir ganz dringend brauchen sind Fortbildungen im Bereich Kommunikation mit schwierigen Eltern, wie führt man Gespräche, in welche Richtung kann das gehen, wie sind sie zielge-richtet, was kann ich dort machen, wann höre ich ein Gespräch mit Eltern vielleicht auf, weil es nicht weiterführt.“

28 An dieser Stelle sei auf ein interessantes Modell der Praxisbegleitung verwiesen, das derzeit an der Stuttgarter Uhlandschule in Kooperation mit dem Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Tübingen umgesetzt wird. In einer Art Forschungswerkstatt lernen schulische Projektverantwortliche in dem ebenfalls über den Pro-jektmittelfonds geförderten Projektrahmen ‚Fit für das Leben’ aus der Nutzerperspektive, d.h. anhand der Inter-pretation von Schülerinterviews ihre Projektarbeit zu bewerten. Die angeleitete Auswertungsphase reicht noch bis Sommer 2008.