2.2 HANDLUNGSFELD ERZIEHUNG UND BILDUNG
2.2.2 Schulische Bildung und Bildungsübergänge
Auch im Bereich der schulischen Bildung wird gemeinsame Bildung, gemeinsames Lernen entspre-chend den Fähigkeiten, Leistungen und Neigungen angestrebt. Im Schuljahr 2014/2015 lernten ca.
45,9 Prozent der Schüler/innen mit Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht und sind damit in all-gemeinbildenden Schulen integriert.
Der Anteil der Schülerinnen und Schüler im gemeinsamen Unterricht liegt im Barnim etwas über dem Durchschnitt des Landes Brandenburg.
2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 Anteil an der
Gesamtschüler-schaft
Landkreis Bar-nim
8,9 9,1 10,1 10,2 10,3 10,3 9,2
Land Branden-burg
7,1 7,2 7,3 7,2 7,2 7,1 6,9
im gemeinsamen Unterricht (GU)
Landkreis Bar-nim
47,2 40,5 43,3 44,9 45,8 48,4 45,9
Land Branden-burg
36,4 36,5 38,8 40,0 42,0 43,9 45,2
Abb. Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Quelle: Landkreis Barnim – Bildungsmonitoring
Eine Grundvoraussetzung für die Durchführung eines gemeinsamen Unterrichts ist der barrierefreie Zugang von Bildungseinrichtungen bzw. der barrierefreie Bildungsübergang von einer Bildungsein-richtung in die darauffolgende BildungseinBildungsein-richtung. Der barrierefreie Zugang ist dann gegeben, wenn Gegenstände, Medien und Einrichtungen so gestaltet sind, dass sie von jedem Menschen unabhän-gig von einer eventuell vorhandenen Behinderung uneingeschränkt benutzt werden können.
Insofern gilt es, auf der einen Seite Barrieren zu identifizieren, die sich vielen Menschen beim Zu-gang von Lern- und Ausbildungsmöglichkeiten stellen und auf der anderen Seite Ressourcen bereit-zustellen, um diese Barrieren zu überwinden.
Daraus ergeben sich notwendige Veränderungen in den Inhalten, Ansätzen, Strukturen und Strate-gien im Bildungswesen.
Schuleingangsuntersuchung im Landkreis Barnim
Die heilpädagogische Frühförderung bzw. medizinisch-therapeutische Versorgung (Logopädie, Ergo-therapie oder PhysioErgo-therapie) von Kindern vor der Einschulung wird im Rahmen der ärztlichen Schu-leingangsuntersuchungen des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes (KJGD) der Gesundheitsämter dokumentiert.
Die Ärzte/Ärztinnen untersuchen im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung die Entwicklung und den Gesundheitszustand der Kinder. Betrachtet werden dabei u. a. Entwicklungsbereiche wie Moto-rik, Wahrnehmung, Sprache, soziale-emotionale Entwicklung sowie Seh- und Hörvermögen. Ange-wandt wird ein landeseinheitliches Untersuchungsscreening (SOPESS).8 Bei Entwicklungsstörungen des Kindes geben die Ärzte Empfehlungen zu Fördermaßnahmen. Die Untersuchungen werden jähr-lich bei allen Kindern vor Schuleintritt durchgeführt und sind gesetzjähr-lich verpfjähr-lichtend (Brandenbur-gisches Schulgesetz § 37).
8 SOPESS (Sozialpädiatrisches Entwicklungsscreening für Schuleingangsuntersuchungen)
Im Landkreis Barnim wurden im Jahr 2015 1.785 Kinder untersucht. 10,6 Prozent der Kinder erhielten Förderung in Sozialpädiatrischen Zentren, Frühförderstellen oder Integrationskindertagesstätten. Der Anteil der Kinder mit medizinisch-therapeutischen Maßnahmen lag bei 25,4 Prozent.
LANDKREIS BARNIM EINSCHÜLER/INNEN MIT DERZEITIGEN MAßNAHMEN DER FÖRDERUNG – DATENSTAND 2015
Untersuchte Kinder 1.785
Diagnostik bzw. Behandlung in Sozialpädiatrischen Zentren in Prozent 5,2 Heilpädagogische Frühförderung in Frühförder- und Beratungsstellen in Prozent 5,7
Förderung in Integrationskitas in Prozent 2,9
Kinder in medizinisch-therapeutischen Maßnahmen in Prozent * 25,4
Kinder in Logopädie in Prozent 19,3
Kinder in Ergotherapie in Prozent 11,0
Kinder in Physiotherapie in Prozent 1,6
Kinder in zwei und mehr medizinisch-therapeutischen Maßnahmen in Prozent 6,1
*Logopädie, Physiotherapie und/oder Ergotherapie werden über niedergelassene Kinder- und Jugendärzte verordnet und ambulant durchgeführt
Quelle: Abteilung Gesundheit im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV)
Einschüler/innen mit Behindertenausweis
Im Zusammenhang mit der kinderärztlichen Einschulungsuntersuchung befragt der Kinderarzt die Eltern, ob ein Behindertenausweis vorhanden ist bzw. welcher Grad der Behinderung (einschließlich Merkmale des Nachteilsausgleiches) vorliegt.
Pflegebedürftige im Sinne des Elften Sozialgesetzbuches (SGB XI) – Soziale Pflegeversicherung sind Menschen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Für die Gewährung von Leistungen werden pflegebedürftigen Menschen eine von drei Pflegestufen – neu ab dem Jahr 2017 eine von fünf Pflegegraden - zugeordnet (§ 15 SGB XI).
Im Landkreis Barnim lagen zur Einschulungsuntersuchung 2014 von 1.635 Kindern Angaben zu Be-hinderungen vor. Darunter waren 20 Kinder (1,22 Prozent) mit Behindertenausweis; 1,41 Prozent der Kinder haben eine Pflegestufe I bis III.
Seelische behinderte Kinder und Jugendliche
Leistungen und Unterstützung für seelische behinderte Kinder und Jugendliche gewährt das Jugend-amt. Die gesetzliche Grundlage hierfür ist das Achte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Im Rahmen des § 35a SGB VIII werden u. a. folgende Hilfeformen gewährt: Integrationskindertagesstätten, Tages-gruppen, Schulbegleitung, als Autismus spezifische Förderung. Im Jahr 2016 wurden für diese Ziel-gruppe 247 Hilfen gewährt (Datenquelle: Jugendamt). Im Jugendhilfeplan des Jugendamtes sind alle Hilfen u. a. für seelische behinderte Kinder und Jugendliche beschrieben.
2.2.3 AUSGEWÄHLTE UMSETZUNGSBEISPIELE IM BARNIM Landkreis, Städte und Gemeinden
Der Schulträger Landkreis Barnim unterstützt Projekte, u. a. ein Projekt „Inklusive Grundschule“, an dem sich die Karl-Sellheim-Schule sowie die Johann-Wolfgang-von-Goethe–Schule in Eberswalde seit dem Schuljahr 2012/13 beteiligen. Im gemeinsamen Unterricht werden Schüler/innen mit sonderpä-dagogischem Förderbedarf beschult.
Stadt Eberswalde
In der Stadt Eberswalde steht eine Integrationskindertagestätte der Arbeiterwohlfahrt Bernau zur Verfügung. Die Stadt Eberswalde hat die Kindertagesstätte „Nesthäkchen“ barrierefrei um- und neu-gebaut. Hier wurden alle Aspekte der Barrierefreiheit berücksichtigt.
Die Grundschule „Schwärzesee“ wurde barrierefrei umgebaut. Sie hat die technischen Vorausset-zungen, um Kindern mit unterschiedlichen Behinderungsarten den Schulbesuch zu ermöglichen.
Gemeinde Ahrensfelde
Zur Umsetzung der Inklusion in der Schule stellt die Gemeinde Ahrensfelde finanzielle Mittel bereit, um behinderte Schüler/innen bzw. die Schulräume bedarfsgerecht auszustatten. Im Einzelfall wur-den für eine Schülerin mit Sehstörungen die Treppenstufen im Schulgebäude farblich markiert und eine Lupenlampe angeschafft. Die Turnhalle sowie der Neubau der Schule sind barrierefrei. Zur För-derung von Schülern/innen mit speziellen Schwächen sind an der Schule Förderlehrer beschäftigt.
Gemeinde Schorfheide
In der Gemeinde Schorfheide sind in der Oberschule mit Grundschulteil Finowfurt alle Klassen von 1 – 10 als Integrationsklassen eingerichtet, was es ermöglicht, in kleineren Klassenverbänden Schü-ler/innen mit Teilleistungsschwächen oder auch Behinderungen zu beschulen. Im Ergänzungsbau wurde ein Aufzug installiert und ein barrierefreier Innenausbau realisiert. In der Grundschule im OT Groß Schönebeck können ebenfalls Schüler mit Behinderungen beschult werden. In den Kinderta-gesstätten der Gemeinde können grundsätzlich Kinder mit Teilstörungen/Behinderungen integrativ gefördert werden. Zum Teil sind Erzieher/innen mit heilpädagogischen Hintergründen vorhanden.
2.2.4 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
Im Bereich barrierefreie Zugänglichkeit zu allen Kitas und Schulen im Landkreis Barnim gibt es noch einen erheblichen Bedarf an Maßnahmen, Barrierefreiheit herzustellen.
Eine detaillierte Übersicht wurde im Zuge der Erstellung des Kindertagesstättenbedarfs- und Schul-entwicklungsplans 2017 – 2022 im Band 2 aktualisiert. Folgende Kriterien wurden ermittelt: behinder-tengerechter Parkplatz, Zugang, Aufzug und Toiletten.
Im Landkreis Barnim erfüllen ca. 33 Prozent der entsprechenden Einrichtungen die Kriterien, 32 Pro-zent nur teilweise, und 35 ProPro-zent erfüllen keine der genannten Kriterien. Hier gibt es bei allen Trä-gern den größten Handlungsbedarf, zukünftige Maßnahmenpläne für die Umsetzung aufzustellen.
Nr. Empfehlungen Zuständigkeit Zeitraum Finanzierung
1 Frühkindliche Bildung und Kindertagesbetreuung a) beratende Unterstützung des pädagogischen Personals
bei der Etablierung inklusiver bzw. integrativer Arbeit. Die Arbeit in den Kitas muss dahingehend qualifiziert werden, dass die Einrichtungen mehr und mehr in die Lage ver-setzt werden, Kinder mit Behinderungen aufzunehmen, um so Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam und wohnortnah zu betreuen.
b) Beratung und Qualifikation der Fachkräfte im Bereich der Kindertagesbetreuung und Tagespflege zur individuellen Förderung von Kindern. Dabei ist der individuelle Entwick-lungsstand des jeweiligen Kindes zu berücksichtigen und weiterzuentwickeln.
s. o. s. o. s. o.
c) Verwendung einer differenzierten Beobachtungs- und Entwicklungsdokumentation in allen Kindertagesstätten und Tagespflegestellen
d) Sensibilisierung und Qualifikation von Erzieherinnen und Erziehern für das Thema „Inklusion“ im Rahmen der Pra-xis- und Sprachberatung
e) Erarbeitung von weiteren Praxismaterialien für die Arbeit mit allen Kindern
Landkreis SG Bildung
2018, 2019 Landkreis
Nr. Empfehlungen Zuständigkeit Zeitraum Finanzierung f) Stärkung der Bereitschaft und der Fähigkeiten der
Erzie-herinnen und Erzieher im Umgang mit Kindern mit Beein-trächtigungen
g) Berücksichtigung des inhaltlichen Ansatzes in der künfti-gen Kindertagesstätten- und Schulentwicklungsplanung
Landkreis Amt 10, Amt 51
Mitte 2017 Landkreis
2 Schulische Bildung und Übergang Schule-Beruf
a) Unterstützung des Prozesses der schrittweisen Erhöhung des Anteils der gemeinsamen Beschulung
Schulträger kontinu-ierlich
Schulträger
b) Verbesserung der materiell/technischen und baulichen Voraussetzungen an Schulen und Kindertagesstätten im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten
Schulträger,
d) Entwicklung und Umsetzung von individuellen, bildungs-unterstützenden Leistungen
e) Sensibilisierung der Eltern, Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte für das Thema „Inklusion“ im Rahmen der Umsetzung der Bildungsinitiative
f) Stärkung der Bereitschaft und der Fähigkeiten der päda-gogischen Fachkräfte im Umgang mit Kindern
Staatliches
g) Entwicklung von spezifischen Fortbildungsangeboten Fortbildungs-akademie des Land-kreises
Nr. Empfehlungen Zuständigkeit Zeitraum Finanzierung h) Unterstützung bei der Gewinnung von Praktikumsplätzen
für Schülerinnen und Schüler mit einem Handicap zur Erlangung von Berufspraxis
Landkreis Dezernat III und Dezernat I, Amt 10, SG Bildung
kontinu-ierlich
i) Unterstützung bei der Gewinnung von Unternehmen für ein duales Ausbildungssystem für ausbildungswillige und –fähige Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit Be-hinderung
Landkreis Dezernat III und Dezernat I, Amt 10, SG Bildung
kontinu-ierlich