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orschung ist ihrer Natur nach in ständiger Entwicklung begriffen, und auch die Rahmenbedingungen und Handlungsnotwendigkeiten im wis-senschaftlichen, gesellschaftlichen und wissenschaftspolitischen Umfeld wan-deln sich. Das Forschungszentrum Jülich begreift die aktuellen Veränderungen als Chance zur konstruktiven Weiterentwick- lung seiner Forschungs- und Entwick-lungsaktivitäten und seiner Strukturen.Hauptziele sind dabei:
• die Fokussierung der Forschungs- aktivitäten
• ein effektiver Beitrag der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur dauerhaft wirksamen Lösung großer gesellschaftli-cher Herausforderungen
Schritte zur Fokussierung der Forschung Das Forschungszentrum Jülich wird sich zukünftig auf die beiden strategischen Schwerpunkte „Information“ und „Ener-gie“ konzentrieren. Es orientiert sich dabei an den großen gesellschaftlichen Heraus-forderungen, wie sie die Bundesrepublik Deutschland und das Land Nordrhein-West-falen in verschiedenen Strategiepapieren zur Energiewende und zur digitalen Agenda formuliert haben. Als strategisches Zu- kunftsthema wird ferner der Strukturwan-del von einer erdöl- zu einer biobasierten Wirtschaft an Bedeutung gewinnen – daher strebt das Forschungszentrum einen Aus-bau des Themas nachhaltige Bioökonomie in Jülich an.
Im Rahmen der strategischen Fokussie-rung sollen bestehende Kompetenzen und die Methodenvielfalt gebündelt und, wo sinnvoll, in Forschungsinfrastrukturen neu organisiert werden. Durch eine enge Koope- ration von Forschungsgruppen und die Ver-zahnung ihrer jeweiligen fachspezifischen Ansätze und Instrumentarien werden unter- schiedliche Forschungsfelder – insbesonde- re der Physik, Ingenieur- und Lebenswissen-schaften – gewinnbringend vereint.
So führt das Institut für Neurowissen- schaften und Medizin alle Bildgebungs-geräte in der neuen „Imaging Core Facility“ (ICF) zusammen. Ziel ist es, ein Nutzerzentrum zu etablieren, in dem Ver-fahren standardisiert und Messzeiten an interne und externe Nutzer vergeben wer-den. Mittelfristig soll die ICF ausgebaut werden und in eine „National Biomedical Imaging Facility“ übergehen. Das For-schungszentrum hat gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg einen entsprechenden Antrag im Verfahren zur Nationalen Roadmap für Forschungsinfrastrukturen gestellt.
Das Ernst Ruska-Centrum für Mikrosko-pie und Spektroskopie mit Elektronen wurde zum 1. Januar 2017 aus dem Peter Grünberg Institut herausgelöst und als Institut neu gegründet. Es wird zu einem nationalen Nutzerzentrum ausgebaut, das neben dem bisherigen Partner RWTH Aachen auch die Heinrich-Heine-Univer- sität Düsseldorf einbezieht. Um die An-wendung von Geräten und Technologien
Projektgruppen berieten über die Jülicher Strategie.
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Forschungszentrum Jülich Jahresbericht 2016 83 Beschäftigte des Forschungszentrums
aus Wissenschaft und Administration zu-sammenwirkten. Die AGs „Vernetzung und Kooperation“, „Arbeitsbedingun-gen /Prozessmanagement Optimierung“,
„Karriereentwicklung / wissenschaftli- cher Nachwuchs“ und „Identität des For-schungszentrums“ bearbeiteten Fragen des Unternehmensprofils und der Unter-nehmenskultur. Dabei wählten sie die Themen aus, die in Interviews und bei ei-ner Mitarbeiterbefragung sowie während einer Strategiekonferenz im Vorjahr als besonders wichtig für die Zukunft des For- schungszentrums bewertet worden wa-ren. Der Vorstand befasste sich mit diesen erarbeiteten Vorschlägen und beschloss Prioritäten für die Umsetzung.
Die Etablierung einer Doktorandenplatt-form war einer der Vorschläge aus den Strategie-AGs, die nun priorisiert umge-setzt werden ( S. 70: „juelich_chances“).
Die Plattform soll die Jülicher Doktoran-den institutsübergreifend vernetzen und bildet eine wichtige Schnittstelle zu den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-lern, die Dissertationen betreuen.
In der ersten Projektphase wurde der IST-Prozess von der Rekrutierung bis zum abgeschlossenen Promotionsverfahren für Jülicher Doktoranden erfasst, und es wurden Schwachstellen analysiert. Zudem wurde ein Sprachkonzept für die in- und ex-terne Kommunikation diskutiert, das es der wachsenden Anzahl internationaler Dok-toranden erleichtern soll, Zugang zu allen wichtigen Informationen zu erhalten. Ein weiterer Schritt ist die Vernetzung der Dok-torandenbetreuer in einem sogenannten Betreuerforum und die Entwicklung von Be-treuungsleitlinien. Orientierungsformate zu Karrierewegen innerhalb und außerhalb der Wissenschaft und Angebote für den Erwerb übertragbarer Kenntnisse und Fertigkeiten jenseits rein fachspezifischer Qualifikatio-nen („transferable skills“) für Doktoranden sollen das Angebot abrunden.
Ein weiteres Projekt der Strategie-AGs, das vom Vorstand als besonders wichtig eingestuft wurde, ist die Entwicklung ei- nes neuen Leitbilds für das Forschungs-zentrum Jülich. Hier geht es um das Jülicher Selbstbild: Zu welchen Werten bekennen wir uns? Was sind unsere Auf-gaben und welche Visionen haben wir?
Ab Herbst 2016 arbeitete eine Projekt-gruppe intensiv am neuen Leitbild für das Forschungszentrum. Zahlreiche Kollegin-nen und Kollegen wurden in Gremien und Veranstaltungen eingebunden und haben mitgewirkt. Im Frühjahr 2017 hat der Vor-stand das gemeinsam erarbeitete neue Leitbild des Forschungszentrums in Kraft gesetzt. Es beschreibt wissenschaftliche Exzellenz, Verantwortung für die Gesell-schaft, wissenschaftliche Integrität und Kollegialität im Umgang miteinander als zentrale Werte, denen sich die Beschäftig-ten des Forschungszentrums gemeinsam verpflichtet fühlen. Wandel und Fortschritt in der Gesellschaft will das Forschungs-zentrum nicht nur forschend begleiten, sondern Schrittmacher dafür sein. Das Leitbild ist beschlossen, aber der Leitbild-prozess geht weiter. Nun muss der Text des Leitbildes mit Leben erfüllt werden, damit es in der Arbeitspraxis der Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter wirksam wird.
Lebhaft diskutiert wurde 2016 über das Leitbild des For-schungszentrums.
84 Forschungszentrum Jülich Jahresbericht 2016
Forschung trägt dazu bei, die Nachhaltigkeitsziele der UN zu erfüllen. Zugleich ist das Wissenschaftssystem selbst gefordert, eigene Strukturen, Prozesse und Werte zu überprüfen, um dauerhaft ein hohes Maß an Wertschätzung von der Gesellschaft zu erhalten, zum Beispiel auch beim Umsetzen der Energiewende auf dem Jülicher Campus.
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er Begriff der Nachhaltigkeit bedarf der Konkretisierung, um nicht zur Leerformel zu verkommen. Für ein effektives Nachhal-tigkeitsmanagement wurden daher in den letzten Jahren Standards entwickelt, die jedoch bislang auf Wirtschaftsunter-nehmen, nicht auf Forschungsinstitute ausgerichtet waren. Um diese Lücke zu schließen und ein Verständnis davon zu entwickeln, was nachhaltiges Handeln in der Wissenschaft bedeutet, haben sich die Helmholtz-Gemeinschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft und die Leibniz- Gemeinschaft zusammengetan und imRahmen eines vom Bundesforschungs-ministerium (BMBF) geförderten Ver - bundprojekts „Nachhaltigkeitsmanage- ment in außeruniversitären Forschungs- organisationen“ (LeNa) eine Hand-reichung entwickelt. Diese wurde im Rahmen der Tagung „Sustainability in Science“ im Oktober 2016 in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt und durch die Präsidenten der drei Forschungsorgani- sationen an die Bundesforschungsminis-terin Prof. Johanna Wanka übergeben.
Zu den Handlungsfeldern gehören Kri- terien für einen gesellschaftlich verant-wortungsvollen Forschungsprozess, der beispielsweise beabsichtigte und nicht-
beabsichtigte Folgen der Forschung re-flektiert, ebenso wie das Berücksichtigen von Nachhaltigkeitsaspekten beispiels- weise bei der Beschaffung, der Baupla-nung oder beim Mobilitätsmanagement.
Der 2. Nachhaltigkeitsbericht des For-schungszentrums wurde erneut nach den aktuellen Richtlinien der Global Repor-ting Initiative zertifiziert und reflektiert Aspekte von LeNa ( http://www.fz- juelich.de/portal/DE/Presse/broschueren/
themenhefte/_node.html).
Ein vielversprechendes Jülicher Praxisbei- spiel für die Umsetzung eines nachhalti-gen Managements ist der Klimaschutzplan des Forschungszentrums, der beim Neu- jahrsempfang 2017 vom Vorstand vorge-stellt wurde. Der Plan verfolgt im ersten Schritt das Ziel, bis 2030 eine klimaneu-trale Zentralverwaltung zu erreichen. Die Energiewende auf dem Jülicher Campus vorantreiben soll die Initiative „Living Lab Energy Campus“ (LLEC). In diesem Realla-bor der Zukunft, dessen Bau 2017 beginnt, werden ressourceneffiziente, dezentrale Energiesysteme untersucht, die auf erneu-erbaren Energien basieren. Dafür werden Datenerfassungs- und Steuerungssysteme implementiert; Demonstrationseinheiten erlauben die Echtzeitanalyse und Be-triebsoptimierung von Energiesystemen.
Damit diese Arbeit erfolgreich ist, müs-sen die Nutzer sensibilisiert werden und Verantwortung beim Umgang mit Energie übernehmen. Dazu wurde schon 2013 ein Dialogforum im Intranet initiiert. Im Jahr 2016 trug der Workshop „Sensibilisierung, Selbstmotivation, Vernetzung: Unsere Campus-Energiewende?“ zur weiteren Entwicklung des LLEC bei.
„Wie können wir die Nachhaltigkeitsziele der UN lokal umsetzen?“ war die zentrale Frage bei vielfältigen Aktionen der Stabsstelle ZC mit hochrangigen Gästen am Tag der Neugier 2016 (v. l. n. r. Prof. G. Bachmann, Generalsekretär des Rats für Nachhaltige Entwicklung, kreative junge Köpfe der Tagesstätte „Kleine Füchse“, Dr. P. Burauel, ZC). Im moderierten Gespräch stellten Institutsleiterinnen und -leiter ihre Sichtweise zum Thema Forschen in gesellschaftlicher Verantwortung dar.
Forschungszentrum Jülich Jahresbericht 2016 85
Das JCNS betreibt Instrumente der For-schung mit Neutronen an den international führenden Neutronenquellen. So bündelt das JCNS die Konstruktions- und Betriebs-aktivitäten der elf Jülicher Instrumente am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum MLZ in Garching bei München sowie weiterer In-strumente am Institut Laue-Langevin ILL in Grenoble, Frankreich, und an der Spal-lationsneutronenquelle SNS in Oak Ridge, USA. Diese Instrumente stehen auch ex-ternen Wissenschaftlern zur Verfügung.
Außerdem entwickelt das JCNS zusammen mit dem Zentralinstitut für Engineering, Elektronik und Analytik (ZEA) und interna-tionalen Partnern mehrere Instrumente für die im Bau befindliche Europäische Spalla-tionsquelle ESS in Lund, Schweden.