• Keine Ergebnisse gefunden

Schreiben für die Serie aus André Marx´ Sicht

4. André Marx und die drei ???

4.3 Schreiben für die Serie aus André Marx´ Sicht

André Marx als der wichtigste deutschsprachige Autor der Serie äußerte sich in den Frageboxen zu vielen Aspekten des Schreibprozesses. Er beantwortete fast jede Frage und es lässt sich relativ gut nicht nur der Schreibprozess rekonstruieren, sondern auch Beziehung zwischen dem Autor ( nicht nur Marx) und dem Verlag.

Eine der ersten Fragen an Marx lautete, wie viel Geld verdient er eigentlich pro ein Buch.

Marx reagierte ein bisschen überreizt und bezeichnete die Frage als „dreiste“ und gab keine genaue Summe auf.82 Später äußerte er sich in dem Sinne, dass er so viel wie ein

78 Fragebox mit André Marx, Frage 760

79 125 Fragen an André Marx, Frage 4

80 siehe Anm. 75

81 Einige Jahre später wurde auch dieses Buch im standardisierten Format herausgegeben.

82 Fragebox mit André Marx, Frage 3

28

durchschittlicher deutscher Arbeitnehmer verdiene.83 Autoren, die für die Serie schreiben, haben keinen festen Vertag im Sinne „in fünf Jahren sieben Bücher“, sondern für jedes einzelnes Buch gibt es ein einzelner Vertrag. Das erste Geld bekommt der Autor nach dem Unterschreiben des Vertrags, das zweite Geld, wenn er das Manuskript an Lektorat abgeliefert hat. Bei Erstausgaben gibt es kein Honorar für verkaufte Exemplare des Buches. Das ändert sich bei der zweiten ( und weiteren) Ausgabe.84 Der Autor bekommt vom Verlag auch sog. Belegexemplare – bei Erstausgebe 15 Stück, bei weiteren weniger. Beispielsweise für die slowakische Übersetzung des Buches Das leere Grab hat er 8 Belegexemplare bekommen ( nicht direkt vom slowakischen Verlag, sondern über Kosmos, der die Rechte besitzt).85 Und was macht Marx mit allen Exemplaren? Er hat zu Hause einen Bücherschrank mit allen Romanen von allen Autoren der Serie in der Reihenfolge, dann ein Schrank nur mit seinen eigenen Büchern und der Rest landet in einer großen Kiste, aus der jeder Besucher etwas mitnehmen kann.86 Weiteres Geld bekommt man für Lizenzen für Taschenbücher. Was einen Dreiteiler betrifft: für ihn bekommt man weniger Geld als für drei selbständige Bücher.87 Wichtig ist, dass mit dem Unterschreiben des Vertrags der Schriftsteller seine Geschichte an Kosmos verkauft und damit gehört sie nicht mehr dem Autor. Das führt dazu, dass Kosmos kann Rechte auch für Übersetzungen ins Ausland verkaufen, ohne Zustimmung des Autors. So wusste Marx gar nicht, dass seine Romane Geheimsache Ufo, Meuterei auf hohem See und Das leere Grab ins Slowakische übersetzt und herausgegeben worden waren. Marx war sehr überrascht, als eine Frage nach slowakischen Übersetzungen gestellt worden war, und hat vesprochen (in seinem eigenen Interesse) im Verlag nachzuhaken.88 Wie funktioniert die ganze Kommunikation Autor – Verlag? Ganz am Anfang muss betont werden, dass aus Seite des Verlags keine feste Vorschriften für einzelne Geschichten sind. Keine Regel ohne Ausnahme: ein absolutes Tabu ist in den Romanen Gewalt, sexuelle Beziehungen, Mord usw.89 Es lässt sich sagen, dass sich die meisten Vorgaben und Beschränkungen aus dem gesunden Menschenverstand ergeben. Jeder, der die Reihe kennt, weiß, was man einfach machen kann und was ist zu viel.90 Trotzdem kann es geschehen, dass ein Autor ab und zu ins Fettnäpchen tritt. Bei Marx ist das der Ausdruck „du Hurensohn“ (Der finstere Rivale). Später Marx sagte, es sei ein Fehler gewesen und er werde das Wort nie wieder

83 Fragebox mit André Marx, Frage 835 und 839

84 Fragebox mit André Marx, Frage 73

85 125 Fragen an André Marx, Frage 44

86 siehe Anm. 78

87 Septemberfragebox, Frage 6

88 Fragebox mit André Marx, Frage 646

89 Fragebox mit André Marx, Frage 20

90 125 Fragen an André Marx, Frage 55

29

benutzen.91 Der Verlag selbst hat keine konkrete Ideen, bevorzugt werden aber trendige Themen wie Fußball oder Computer, denn diese Titel verkaufen sich laut Verkaufszahlen am besten.92 André Marx hat aber selbst nie ein Buch mit solchem Thema geschrieben, er ist nach eigenen Worten gegen Trendthemen.93 Als nicht erwünscht gelten aktuelle Bezüge, denn die Romane verlieren dadurch sehr schnell ihre gewisse Zeitlosigkeit und das wäre gegen einem der Prinzipien der Serie.94 Es ist sehr schwer zu sagen, wann genau sich die Geschichten abspielen, es fehlen einfach klare Indizien. Der Roman Tödliche Spur ist in diesem Hinsicht anders. Die normalen Menschen ein Geheimnis, der Verlag gibt keine genaue Zahlen und die Auflagehöhe steht in den Büchern nicht mehr ( im Gegensatz zu den Büchern aus den 70er und 80er Jahren).

Allgemein lässt sich sagen, dass in den letzten Jahren die Verkaufszahlen leicht steigen.95 In der Gegenwart schreiben für die Serie verschiedene Autoren und der Verlag will natürlich wissen, worum es im nächsten Buch geht, damit mögliche thematische Kollisionen verhindert werden können. Es sind keine seitenlange Exposés notwendig, es genüngt zu sagen: etwas mit einem Geisterschift.96 Die Absprache unter den Autoren läuft durch das Lektorat und es gibt keine feste Abmachung.97 Eine wichtige Änderung in der Welt der drei ??? muss von allen Autoren berücksichtigt werden.98 Wenn André Marx im Buch Feuermond schreibt, der Hauptquartier der drei ??? ist wieder unter Tonnen alter Schrott begraben, müssen dieses veränderte Schema (in diesem konkreten Fall neue Zugänge in die Zentrale) andere Autoren respektieren.99 André Marx hat für seine Arbeitskollegen sog. Serienbibel zusammengestellt.100 Es handelt sich um ein Hilfsbuch für Autoren der Serie, das alle wichtige Grundinformationen ( welche ist Peters Haarfarbe usw.) enthält. Nachdem der Autor das Buch beendet hat, ist an der Reihe Lektorat. Für jedes Buch sind zwei Lektoren zuständig, aber nur einer lektoriert im engsten Sinne des

91 125 Fragen mit André Marx, Frage 87

92 Fragebox mit André Marx, Frage 501

93 Fragebox mit André Marx, Frage 773

94 125 Fragen an André Marx, Frage 124

95 125 Fragen an André Marx, Frage 32, 55

96 Fragebox mit André Marx, Frage 566

97 125 Fragen an andré Marx, Frage 101

98 125 Fragen an André Marx, Frage 89

99 siehe Anm. 98

100 Fragebox mit André Marx, Frage 26

30

Wortes.101 Daneben lesen das Manuskript viele andere Leute vom Verlag, aber wie erwähnt, nur einer lektoriert (d. h. macht Änderungs-/Kürzungsvorschläge, korrigiert mögliche logische Fehler…). Trotz akribischer Korrekturen bleiben einige Fehler unbeseitigt. Wahrscheinlich der bekannteste Fehler findet sich im Buch Todesgefahr. Die drei ??? sind konfrontiert mit der Tatsache, dass Morton, der sie gelegentlich im Rolls-Royce fährt, scheinbar ums Leben gekommen ist. Es wird über einem Toten aus Atlantik ( statt Pazifik) gesprochen, obwohl Morton soll in der Nacht und in der Nebel auf der Fahrt von Rocky Beach nach Los Angeles die Orientierung verloren haben und ins Meer gefallen sein. Auch in den neuen Ausgeben bleibt dieser Fehler unkorrigirt. Die Frage lautet warum. Höchst wahrscheinlich sind der Hauptgrund Finanzen, denn der Text müsste neu gesetzt werden und das kostet natürlich Geld. Der Lektor selbst streicht nie ein einziges Wort, das kann nur der Autor machen, der damit einen Einfluss auf das ganze Buch hat.102 Wichtig ist die 128-Seiten-Regel, der Verlag ist in diesem Hinsicht eisern.103 Dagegen Titel und Coverbild bestimmt der Verlag, der Autor kann nur Vorschläge machen.104

André Marx war unter den deutschsprachgen Autoren der einzige haupberufliche Schriftsteller. Er könnte also schreiben jederzeit zu Hause. In der Wirklichkeit stimmt das nicht.

Zu Hause könnte er sich nicht richtig konzentrieren, er lässt sich immer von irgendetwas ablenken und aus diesem Grunde vermietete er sich einen Arbeitstisch in einem Büro und seine Kollegen waren andere Schriftsteller oder Journalisten, die auch zwischen Zuhause – Arbeitsplatz unterscheiden brauchten.105 Für seine Schreibweise ist typisch, dass er grundsätzlich chronologisch schreibt.106 Und wie lange dauert ein Buch zu schreiben? Toteninsel hat Marx sieben Monate geschrieben und Feuermond neun Monate.107 Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Abgabetermin: spätestens sechs Monate vor Veröffentlichung muss das Buch fertig sein.108 André Marx gab ganz offen zu, dass er nicht alle Titel der Serie, besonders Crimebusters,109 gelesen hatte. Das betrifft aber nur bereits die herausgegebenen Romane, die neuen von seinen Kollegen liest er alle.110 Das ist nämlich wichtig wegen möglichen Veränderungen. Als ein typisches Beispiel kann Feuermond dienen, wo am Ende die Zentrale

101 Fragebox mit André Marx, Frage 632, 646

102 125 Fragen an André Marx, Frage 76

103 siehe Anm. 69

104 Fragebox mit André Marx, Frage 116, 720; 125 Fragen an André Marx, Frage 28

105 125 Fragen an André Marx, Frage 30

106 125 Fragen an André Marx, Frage 105

107 Fragebox mit André Marx, Frage 574; 125 Fragen an André Marx, Frage 12

108 125 Fragen an André Marx, Frage 76

109 Fragebox mit André Marx, Frage 10

110 125 Fragen an André Marx, Frage 57

31

nicht mehr frei zugänglich ist und wieder unter Tonnen alter Schrott begraben ist. Die Serie kehrt in diesem Standpunkt zu ihren Wurzeln, wann die Zentrale nur mithilfe geheimer Zugängen erreichbar war. Die anderen Autoren müssen diese Veränderung von Marx in seinen Romanen reflektieren.111 Die Information, Marx lese nur selten Krimi und Agatha Christie habe er nie gelesen, wirkt bei einem Kinder/Jugendkrimi-Autor gewissermaßen seltsam.112