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Das NFP 69 war ein Versuch, den Herausforderungen im Schweizer Ernährungssystem zu begegnen. Es wurde entworfen, um die Schnittstelle zwischen nachhalti-ger Lebensmittelproduktion, Gesundheitszustand der Bevölkerung und Ernährung zu erforschen. Die geför-derten Projekte lieferten substantielle Ergebnisse und schufen neues Wissen in den Bereichen Lebensmittel-produktion und -verarbeitung, gesunde Ernährung und Umweltschutz.

Das Programm verdeutlichte ausserdem die Komplexi-tät des Ernährungssystems. Landwirtschaft, Verarbei-tung und Verteilung von Produkten, die Gesundheit der Bevölkerung und Veränderungen der Umwelt sind wichtige gesellschaftliche, wirtschaftliche und gesund-heitliche Problematiken. Es bestehen komplizierte Wech-selwirkungen, so dass jeder Eingriff möglicherweise ungewollte Auswirkungen auf andere Bereiche des Sys-tems hat.

Entsprechend deckten die Kernfragen des NFP 69 ein sehr breites Spektrum ab. Trotzdem untersuchten viele Projekte – insbesondere in der ersten Forschungsphase – eher eng abgesteckte Fragen. In ihren jeweiligen The-menbereichen lieferten die einzelnen Forschungsgrup-pen substanzielle neue Erkenntnisse, entwickelten Empfehlungen für die Praxis und identifizierten For-schungslücken und Defizite bei der Umsetzung.

Die Breite des Themas und die komplexen Wechselwir-kungen erfordern ausgeklügelte Lösungsansätze für die Schaffung eines optimalen Schweizer Lebensmittelsys-tems. In diesem System müssen gesunde Nahrungsmittel zu erschwinglichen Preisen verfügbar sein und mit mög-lichst geringen Umweltauswirkungen produziert werden.

Die Schweiz entwickelte in den Bereichen öffentliche Gesundheit, Umwelt und Landwirtschaft politische Strategien, die umgesetzt werden. Aber für das Ernäh-rungssystem fehlt bisher eine Strategie, die hinsichtlich Umweltstrategien, nachhaltiger Lebensmittelproduktion und menschlicher Ernährung auf einer Reihe von auf-einander abgestimmten Zielen basiert.

Dementsprechend lautet die wichtigste übergreifende Empfehlung des NFP 69: Wir brauchen eine Strategie für das Schweizer Ernährungssystem. Diese Strategie soll Eine Strategie für die

Zukunft der Ernährung

Dieses letzte Kapitel umfasst ein Schlusswort und eine Empfeh-lung, basierend auf den Ergebnissen der Projekte, die im Rahmen des NFP 69 gefördert wurden. Es berücksichtigt aber auch andere nationale und internationale wissenschaftliche Erkenntnisse über Ernährung und Umwelt, die sich im letzten Jahrzehnt rasch wei-terentwickelt haben.

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kohärente Massnahmen identifizieren und umsetzen.

Sie sollte das Ziel haben, in der Schweiz eine gesündere Ernährung und eine nachhaltigere Lebensmittelproduk-tion zu erreichen. Die Strategie sollte etwaige Zielkon-flikte von Lebensmittelproduktion, gesunder Ernährung und anderen sozio-ökonomischen Faktoren wie Beschäf-tigung, finanzielle Stabilität des Ernährungssektors oder kulturelle Schranken berücksichtigen.

Das übergeordnete Ziel dieser Strategie sollte ein rei-bungsloser Übergang von der heutigen Situation des Schweizer Ernährungssystems zu einer gesunden und nachhaltigen Ernährung sein.

Für die Erarbeitung und Umsetzung dieser Strategie gilt es, eine Gruppe mit verschiedenen Interessensvertretern (Beirat) zur Beratung der Regierung zu bilden. Dieser Beirat sollte Vertretende der Sektoren Lebensmittelpro-duktion und -verarbeitung, der Grossverteiler, des Ein-zelhandels, Experten für öffentliche Gesundheit sowie Vertretende der Konsumierenden beinhalten.

Viele Instrumente und Empfehlungen, die im Rahmen des NFP 69 entwickelt wurden, können diesem Beirat von Nutzen sein. Dank einem engeren Austausch mit der Lebensmittelindustrie könnten weitere Forschungs-resultate berücksichtigt werden.

Auf der Grundlage des NFP 69 wurden drei Ansätze identifiziert, die für die Veränderungen im Bereich Ernährung zentral sind: (i) die Beteiligung der Konsu-mierenden am politischen Entscheidungsprozess zum Ernährungssystem, um Akzeptanz zu schaffen und deren Bedürfnissen und Vorlieben Rechnung zu tragen;

(ii) ein nationaler Aktionsplan gegen Lebensmittelver-schwendung und (iii) Verbesserungen in der Produktion, Verarbeitung und Verteilung von Nahrungsmitteln. Die Struktur dieser Empfehlungen ist im folgenden Kasten zusammengefasst.

Empfehlung

Eine ganzheitliche Strategie für das Schweizer Ernährungssystem entwickeln

Die Schweiz benötigt eine eigene Strategie für das Ernährungssystem der Zukunft. Diese Strategie sollte kohärent sein und eine gesunde Ernährung sowie eine nachhaltige Lebensmittelproduktion entlang der ganzen Nahrungs-mittelkette berücksichtigen.

Das übergeordnete Ziel dieser Strategie ist die Sicherstellung einer ausrei-chenden, gesunden und nachhaltig produzierten Ernährung für die Schweizer Bevölkerung. Darüber hinaus sollte diese Strategie die politischen Instrumente und Massnahmen identifizieren und beschreiben, die notwendig sind, um den Übergang zu einem intelligenteren, gesünderen und nachhaltigeren Ernäh-rungssystem zu ermöglichen.

Die Ergebnisse des NFP 69 brachten verschiedene Elemente hervor, die in die-ser Strategie dazu beitragen können, diesen Übergang zu verwirklichen:

Die Konsumierenden haben nach wie vor nur begrenz-ten Einfluss auf politische Entscheide, die das Ernäh-rungssystem betreffen. Damit alle betroffenen Parteien gleichberechtigt behandelt werden, sollten Verwaltung und politische Entscheidungsträger die Vertretenden der Konsumierenden bei der Gestaltung des zukünftigen Schweizer Ernährungssystems auf der gleichen Ebene miteinbeziehen wie etwa die Vertretenden der Lebens-mittelproduzenten oder der Industrie.

Das NFP 69 schlägt mehrere Stossrichtungen vor, um den Einfluss der Verbraucher auf den Entscheidungs-prozess im Bereich Ernährung zu vergrössern: So könnte beispielsweise das Beschwerderecht auf Organisationen des Konsumentenschutzes ausgedehnt, das Recht auf Sammelklagen für Konsumierende eingeführt oder die Zusammenarbeit zwischen Verbrauchern, Lebensmittel-produzenten und Industrie gestärkt werden.

Würden die Interessen der Konsumentinnen und Kon-sumenten im politischen Prozess stärker berücksich-tigt, hätte dies wahrscheinlich positive Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit des Schweizer Ernährungssys-tems. Damit Verbraucherinnen und Verbraucher fun-diert entscheiden können, benötigen sie Informationen, die auf wissenschaftlichen Fakten basieren. Darüber hinaus würde eine umfassende Strategie die Akzeptanz der Konsumierenden für notwendige Veränderungen im Ernährungssystem vergrössern.

Die Konsumenten in die Gestaltung des

Ernährungssystems einbeziehen

1. Vertretende der Konsumierenden gilt es eng in den politischen Entscheidungs-prozesse entlang der ganzen Nahrungsmittelkette einzubeziehen. Dies fördert deren Akzeptanz und trägt den Bedürfnissen und Vorlieben der Konsumierenden Rechnung. Die Vertretenden der Konsumenten sollten auf der gleichen Ebene stehen wie Vertretende der Nahrungsmittelproduzenten und der Industrie.

2. Ein grosser Anteil der produzierten Lebensmittel geht für den Konsum ver-loren. Es gibt vielversprechende Ansätze, wie Lebensmittelabfälle reduziert wer-den könnten. Verschiewer-dene Ansätze sollten in einem nationalen Aktionsplan gegen Lebensmittelverschwendung koordiniert werden.

3. Die Produktion, Verarbeitung und Verteilung von Nahrungsmitteln sollten verbessert werden. Auf allen Ebenen des Ernährungssystems – von der Pro-duktion bis zum Verbraucher – gilt es, innovative Technologien zu nutzen, um gesunde Nahrungsmittel auf nachhaltige Art und Weise bereitzustellen.

Im Weiteren ist zusätzliches Wissen über das Ernährungssystem erforderlich.

Forschung und Entwicklung in diesem Bereich sollte daher gestärkt und mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Insbesondere sollten inter- und trans-disziplinäre Forschung mit Beteiligung von Partnern aus der Industrie und der akademischen Forschung gefördert werden.

Die Konsumentinnen und Konsumenten setzen sich zunehmend mit der Not-wendigkeit einer lokalen und umweltfreundlichen Nahrungsmittelproduktion sowie einer gesunden Ernährung auseinander.

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Ein Grossteil der produzierten Lebensmittel gehen für den menschlichen Konsum verloren. Lebensmittelabfälle und Lebensmittelverluste wirken sich negativ auf die Umwelt aus, da sie durch eine Steigerung der Produk-tion ausgeglichen werden. Die Reduzierung von Lebens-mittelabfällen ist daher ein vielversprechender Ansatz, um das Ernährungssystem nachhaltiger zu gestalten.

In diesem Kontext könnten angepasste Qualitätsstan-dards für Lebensmittel die Verluste auf Ebene der Pro-duktion und der Verarbeitung verringern. Das gilt ins-besondere für Kriterien, die ausschliesslich ästhetische Eigenschaften von Produkten betreffen – beispiels-weise die Grösse oder das Aussehen von Produkten wie Gemüse oder Kartoffeln.

Ein anderer Ansatz besteht darin, innovative Praktiken für die Konservierung von Nahrungsmitteln zu fördern.

Ebenso könnten neue Methoden für die Anzeige von Verfallsdaten von Lebensmitteln angewendet werden.

Denn viele Konsumierende neigen dazu, ungeöffnete Esswaren kurz nach Ablauf des Mindesthaltbarkeits-datums wegzuwerfen, obwohl das Produkt vielleicht noch geniessbar wäre. Aus diesem Grund sind Informa-tionskampagnen über die korrekte Auslegung von Ver-fallsdaten in Betracht zu ziehen. Um das bestehende Mindesthaltbarkeitsdatum zu ersetzen, könnten für bestimmte Lebensmittel neue Etiketten entwickelt wer-den, wie etwa im Rahmen des Projekts “Nano-Konser-vierung”a vorgeschlagen.

Die ersten Schritte auf dem Weg zu einem nationalen Aktionsplan gegen Lebensmittelverschwendung wurden bereits eingeleitet. Im März 2019 stimmte der National-rat einem Postulat zu, das den BundesNational-rat mit dem Ent-wurf eines solchen Aktionsplans beauftragt.26

Dieser Plan soll aufzeigen, welche Massnahmen in der Schweiz bereits umgesetzt werden und deren Auswir-kungen untersuchen. Wenn nötig soll dieser Aktions-plan zusätzliche Massnahmen mit verschiedenen Stoss-richtungen vorschlagen. Damit ist sicherzustellen, dass das Ziel erreicht wird, die essbaren Nahrungsmittelab-fälle auf den Ebenen Detailhandel und Konsumierende zu halbieren und die Nahrungsmittelverluste in der Landwirtschaft, im Grosshandel und in der verarbeiten-den Industrie bis im Jahr 2030 zu reduzieren. Im Rah-men des Plans soll dem ParlaRah-ment zudem ein Indikator vorgelegt werden, mit dem sich die Verringerung der Nahrungsmittelverschwendung in den verschiedenen Sektoren regelmässig überwachen lässt.

Das Schweizer Ernährungssystem der Zukunft ist auf Lösungen für eine nachhaltigere Produktion, Verarbei-tung und Verteilung von Nahrungsmitteln angewiesen, die gleichzeitig eine gesunde Ernährung unterstützen.

Produktion, Verarbeitung und Verteilung von

Nahrungsmitteln verbessern

Eine starke und

transdisziplinäre Forschung und Entwicklung im

Ernährungssystem aufbauen

b. Matthias Stolze et al., Sustainable and healthy diets:

Trade-offs and synergies. NFP 69

b. Ebd.

Nationaler Aktionsplan gegen Lebensmittelverschwendung

a. Cornelia Palivan et al., Protein polymer nanoreactors to preserve food quality. NFP 69

Die gute Nachricht aus den Projekten des NFP 69 ist, dass es Massnahmen gibt, die zu einer nachhaltigeren Lebensmittelproduktion beitragen und gleichzeitig eine gesunde Ernährung fördern würden. Wenn zum Beispiel weniger Fleisch und Zucker konsumiert würde, hätte dies sowohl positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für die Nachhaltigkeit der Lebensmittelproduktion. Dies wies das Projekt “Empfehlungen für eine nachhaltige und gesunde Ernährung”b aus.

Mehrere Projekte des NFP 69 schlagen Lösungen für eine gesündere Ernährung sowie verbesserte Bedingun-gen in der Produktion von gesunden und/oder nachhal-tigen Lebensmitteln vor. Diese Lösungsansätze eignen sich für eine umgehende Umsetzung.

Andererseits zeigte das übergreifende Projekt “Empfeh-lungen für eine nachhaltige und gesunde Ernährung”b auf, dass es Einschränkungen und Zielkonflikte zwi-schen einer gesunden Ernährung und nachhaltiger Lebensmittelproduktion gibt. Um das Schweizer Ernäh-rungssystem zu verbessern, sollten deshalb die ganze Nahrungsmittelkette angesprochen und alle daran betei-ligten Akteure eingebunden werden.

International gibt es viel Forschung im Bereich Lebens-mittel, Gesundheit und Umwelt. Es wird aktiv neues Wissen geschaffen und laufend werden biomedizini-sche, epidemiologische und ökologische Mechanismen entdeckt, die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Gesundheit und Umweltauswirkungen aufweisen.

Der Bericht des World Resources Institute27 aus dem Jahr 2019 betont die grosse Bedeutung von Forschung und Entwicklung (F&E) für die weltweite Zukunft der Ernährung. Im Bericht wird durchwegs betont, dass zusätzliche Forschung notwendig ist, um die vielen Hin-dernisse auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft der Ernährung überwinden zu können. Auch die Notwendig-keit angemessener finanzieller Förderungen wird unter-strichen, damit vielversprechende Forschungszweige weiterverfolgt werden können. Dafür müssten die heute verfügbaren finanziellen Mittel deutlich erhöht werden.

Zudem sind die Anstrengungen für eine direkte Umset-zung der Forschungsergebnisse zu intensivieren und kritische technologische Durchbrüche anzustreben. Die Anstrengungen in F&E sollten sich insbesondere auf die Erhöhung der Produktivität, den Umbau der Inf-rastruktur und die Beiträge der Umweltschutzdienste konzentrieren.

Das NFP 69 ist eine Schweizer Antwort auf diese Aus-sage. Die Ergebnisse der Forschungsgruppen des NFP 69 widerspiegeln die Stärken der Schweizer Forschungsge-meinschaft in den Bereichen Ernährung, Landwirtschaft und Umwelt. Die Leistung der Forschenden bestand darin, wissenschaftliche Kenntnisse und faktenbasierte,

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praktische Lösungsansätze für konkrete Herausforde-rungen des Ernährungssystems der Schweiz zu ent-wickeln. Es wurden neuartige Ansätze für altbekannte sowie auch für neue Probleme erarbeitet. Die einzelnen Projekte, die im Rahmen des NFP 69 gefördert wurden, lieferten relevante Ergebnisse für verschiedene Bereiche der Nahrungsmittelkette (siehe Zusammenfassungen in den Kapiteln 2, 3 und 4). Die Forschungsresultate des Programms wurden in wissenschaftlichen Fachzeit-schriften veröffentlicht (siehe Liste in Anhang 1).

Die Schweiz verfügt sowohl im öffentlichen Bereich als auch im privaten Sektor über hohe wissenschaftliche Kompetenzen; Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forschen auf höchstem Niveau und geniessen in Europa sowie weltweit hohes Ansehen. Die Schweiz verfügt insbesondere über ausgewiesene Kom-petenzen in der Entwicklung von neuen Produkten und bei der Anwendung von Strategien im Privatsektor, die auf Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung basie-ren. Dieses hohe Niveau im Bereich F&E sollte durch die Umsetzung von Querschnittsprojekten erhalten werden.

Das NFP 69 verdeutlicht die Bedeutung von ganzheit-lichen Ansätzen und der Zusammenarbeit aller Akteure entlang der Nahrungsmittelkette. Nur wenige Organisa-tionen arbeiten bei der Umsetzung von Strategien für das ganze Ernährungssystem zusammen; und es gibt noch weniger Einrichtungen, die Forschende sowie Vertretende der Industrie und der öffentlichen Verwaltung an einem Tisch vereinen. Das wird durch die Tatsache unter-strichen, dass im Rahmen des NFP 69 nur wenige For-schungsgruppen interdisziplinäre und transdisziplinäre Projekte einreichten. Forschung und Entwicklung, wel-che verschiedene Perspektiven auf das Ernährungssys-tem miteinander verbindet, ist daher dringend zu fördern.

In diesem Kontext sollte auch die Zusammenarbeit zwischen der industriellen und der akademischen For-schung gestärkt werden. Diese könnten sich allenfalls von den Mustern der Zusammenarbeit zwischen der pharmazeutischen Industrie und der akademisch medi-zinischen Forschung inspirieren lassen.

Eine Möglichkeit, Forschung in dieser Richtung zu fördern, könnte die Schaffung eines Nationalen For-schungsschwerpunkts (NFS) sein. Der Bund nutzt dieses Förderinstrument, um langfristig angelegte Forschungsvorhaben zu Themen von strategischer Bedeutung für die Zukunft der schweizerischen Wissen-schaft, Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern.

Eine andere Möglichkeit bietet eine neue Förderstruktur, die darauf abzielt, vom SNF unterstützte Forschende mit Stakeholder in Kontakt zu bringen. Gemeinsam sollen sie auf der Grundlage von Forschungsresultaten praktische Anwendungen entwickeln. Dieses Förderge-fäss trägt den Namen BRIDGE und wird vom SNF und der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse gemeinsam organisiert.

Zudem sollten Schweizer Hochschulen, die öffentliche Verwaltung sowie die Privatwirtschaft ermutigt werden, enge Kollaborationen mit internationalen Gremien auf europäischer und/oder globaler Ebene aufzubauen und zu pflegen. Besonders wichtig ist die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union, z.B. im Rahmen von Joint Programming Initiatives (JPI), von denen eine demsel-ben Thema gewidmet ist: A Healthy Diet for a Healthy Life (HDHL).

Um die Erfolge der oben beschriebenen Bestrebungen zu quantifizieren und weiteren Handlungsbedarf zu identifi-zieren, sollte ein Monitoringsystem zur Schweizer Ernäh-rungssituation aufgebaut werden. Damit sollen Ver-änderungen von Parametern in der Umwelt und in der Ernährung infolge von spezifischen Eingriffen in das Sys-tem überwacht werden können. Dabei ist zu berücksich-tigen, dass die Schweiz im Vergleich mit anderen Ländern einen Rückstand aufweist: Die erste landesweite Ernäh-rungsstudie wurde erst im Jahr 2013 durchgeführt.

In diesem Kontext sollte die akademische Forschung dazu ermutigt werden, experimentelle oder quasiexpe-rimentelle Ansätze zu entwickeln, um die Wirksamkeit und die Auswirkungen von Systemeingriffen messen zu können. Solche quasiexperimentellen Ansätze wurden in Frankreich für die Einführung des Nutri-Score-Labels eingesetzt.28

Es ist entscheidend, Wissenslücken zu erkennen und diese zu schliessen, damit umfassendes Expertenwis-sen für die Konsumentenmitsprache sowie zuhanden der Entscheidungsträger zur Verfügung gestellt werden kann. Die Ernährung ist vermutlich stärker als andere Bereiche von einer Vielzahl an Vorschriften, Meinun-gen und RatschläMeinun-gen geprägt, die von verschiedensten Akteuren eingebracht werden. Heute fehlt eine klare Unterscheidung zwischen wissenschaftlichen Erkennt-nissen und öffentlicher Meinung. Aus diesem Grund sind klare und gut begründete Empfehlungen notwendig, was eine gesunde Ernährung ausmacht und wie eine nach-haltige Lebensmittelproduktion gefördert werden soll.

In diesem Zusammenhang betont das NFP 69, dass es dringend notwendig ist, eine umfassende, bereichsüber-greifende Strategie für das Schweizer Ernährungssystem zu entwickeln. Diese muss das Ziel verfolgen, gleich-zeitig die menschliche Gesundheit und die ökologische Nachhaltigkeit zu verbessern.

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Glossar

Lebensmittel

Gemäss dem Bundegesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände29 sind Lebensmittel folgender-massen definiert: “Lebensmittel sind alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen sich vernünftigerweise vorhersehen lässt, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbei-tetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.”

Ernährungssystem

Das Ernährungssystem umfasst alle Elemente und Aktivitäten, die mit Produktion, Transport, Ver-arbeitung, Verpackung, Lagerung, Handel, Kon-sum, Verlust und Verschwendung von Lebensmitteln zusammenhängen.3/30

Gesunde Ernährung

Unter gesunder Ernährung wird eine angemessene Zufuhr von Kalorien verstanden, die auf vielfältigen pflanzlichen Lebensmitteln basiert, mit geringen Mengen an tierischen Nahrungsmitteln, ungesättigten anstatt gesättigten Fetten sowie nur geringe Mengen von raffi-niertem Getreide, stark verarbeiteten Lebensmitteln und zugesetztem Zucker.30

Öffentliche Gesundheit

Öffentliche Gesundheit ist definiert als die Wissenschaft, angemessene Lösungen für gesundheitliche Bedürfnisse der Bevölkerung zu entwickeln und umzusetzen.

Nachhaltige Entwicklung

Gemäss der Ernährungs- und Landwirtschaftsorga-nisation der Vereinten Nationen (FAO) ist nachhaltige Entwicklung definiert als Bewirtschaftung und Erhalt der natürlichen Ressourcenbasis und Ausrichtung des technologischen und institutionellen Wandels in einer Weise, welche die Befriedigung und dauerhafte Erfül-lung menschlicher Bedürfnisse für gegenwärtige und künftige Generationen gewährleistet. Eine solche nach-haltige Entwicklung schont Land, Wasser, sowie die genetischen Ressourcen von Pflanzen und Tieren. Sie ist ökologisch unbedenklich, technologisch angemessen, wirtschaftlich tragfähig und sozial verträglich.32

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Lebensmittelabfälle

Unter Lebensmittelabfälle versteht die FAO die Entsor-gung oder alternative (nicht für die Ernährung bestimmte) Verwendung von Lebensmitteln, die sicher und für den menschlichen Konsum nahrhaft und geeignet sind.33

Lebensmittelverluste

Als Lebensmittelverluste gelten laut FAO alle Nahrungs-mittel, die entlang der Verarbeitungskette zwischen Pro-duzenten und Markt verloren gehen.33

Ernährungssicherheit

Ernährungssicherheit beschreibt einen Zustand, in dem alle Menschen physisch, gesellschaftlich und wirtschaft-lich Zugang zu ausreichend, sicheren und nahrhaften Lebensmitteln haben, die ihren Bedürfnissen und Präfe-renzen entsprechen.3

Lebensmittelverarbeitung

Die FAO definiert Lebensmittelverarbeitung als jegliche Veränderung von Lebensmitteln, die das Ziel verfolgen, deren Essqualität oder Haltbarkeit zu verändern. Die NOVA-Gruppen31 für Lebensmittel nutzen den Grad der Verarbeitung als Einteilungskriterium. Gruppe 1 umfasst unverarbeitete oder minimal verarbeitete Lebensmittel, Gruppe 2 beinhaltet verarbeitete kulinari-sche Zutaten, in Gruppe 3 gehören verarbeitete Lebens-mittel und Gruppe 4 beinhaltet hochverarbeitete Nah-rungsmittel und Getränke.

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Bibliographie

1. Bundesamt für Statistik [BFS], Bevölkerung – Neues im Thema, 2019).

2. Lang Tim, Barling David, Caraher Martin, Food Policy: Integrating Health, Environment and Society, Oxford, OUP, 2009.

3. United Nations Environment Programme [UNEP], International Resource Panel, Global Resources Outlook 2019: Natural Resources for the Future we want, 2019.

4. Bundesamt für Statistik [BFS], Landwirtschaft und Ernährung: Taschenstatistik, 2019.

5. United Nations, Department of Economic and Social Affairs, News, World population to reach 9.8 billion in 2050, 2017.

6. Food and Agriculture Organisation of the UN [FAO], Agriculture to 2050 - The challenges ahead, 2009.

7. Food and Agriculture Organisation of the UN [FAO], Agricultural development Economics Division, State of food security and nutrition in the world, 2019.

8. McMichael Anthony J, Powles John W, Butler Colin D, Uauy Ricardo, Food, livestock production, energy, cli-mate change, and health, Lancet 2007; 370: 1253–63.

9. Food and Agriculture Organisation of the UN [FAO], Fats and fatty acids in human nutrition; report of an expert consultation, 2010.

10. Food and Agriculture Organisation of the UN [FAO], Global Food Losses and Food Waste - Extent Causes and Prevention, 2011.

11. Bundesamt für Umwelt [BAFU], Lebensmittelabfälle in der Schweiz, 2018.

11. Bundesamt für Umwelt [BAFU], Lebensmittelabfälle in der Schweiz, 2018.