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Zum Schluss kann man sagen, dass man in den ausgewählten Texten Annette von Droste-Hülshoffs vielfältige und sehr unterschiedliche Natur- und Frauendarstellungen wie auch implizite Anspielungen auf religiöse und biografische Motive finden kann. In allen ihren Texten unterscheidet die Autorin ständig zwischen ihrer idyllischen Heimat und der von progressiven Einflüssen geschadeten Fremde. In der Novelle Die Judenbuche findet man religiöse wie auch politische und literaturhistorische Deutungen und Motive, die die Autorin mehr oder weniger implizit im ganzen Text benutzt. Diese Motive dienen auch einer tieferen Darstellung der realistischen Geschehnisse und bringen die Autorin in eine Position zwischen dem Realismus und der mystischen Romantik. Typisch für die Literatur der Autorin ist auch die dämonische Darstellung des Paderborns, in welches sie auch die Handlung dieser

Kriminalgeschichte setzt.

In der Novelle werden die Natur und ihre Eigenschaften sehr oft als Antizipation der Geschehnisse dargestellt und damit erreicht die Autorin die für Kriminalgeschichte typische düstere Stimmung. Damit verbunden ist auch die Darstellung von Natur als eines gefährlichen Ortes, der wegen seiner von Gesellschaft und Gesetzen weit entfernten Lage ideal für

Kriminal zu sein scheint. Die Natur kommt aber nicht immer als gefährlich vor, sondern wird oft auch als Opfer der Menschen und ihrer progressiven kapitalistischen Tendenzen

geschildert. Am meisten beschäftigt sich die Autorin in der Novelle mit einer gänzlich charakterisierten weiblichen Figur – Margreth Semmler, die auch als einzige weibliche Figur in der Novelle namentlich vorgestellt wird. Die Figur von Margreth wird realistisch

dargestellt und zwar als eine den Männern in ihrem Leben untergeordnete Frau. Ihre Religionszugehörigkeit wird in der Novelle immer wieder angesprochen wie auch die

Tatsache, dass sie sich, wie andere typische Bäuerinnen, mit der Feldarbeit und dem Spinnen beschäftigt. Am wichtigsten für ihre Charakterisierung sind aber ihre familiären Beziehungen, die sie zu ihrem endgültigen Verkümmern bringen.

In ihrem Fragment Bei uns zu Lande auf dem Lande beschäftigt sich die Autorin mit einer imaginierten Reisebeschreibung, in der sie die Position eines männlichen Erzählers einnimmt, der seine Familie im Land seiner Vorfahren besucht. Dieser Text enthält eine starke

Differenzierung zwischen dem religiösen und idyllischen Münsterland und dem dämonischen und progressiven wie auch zugleich gefährlichen Paderborn. Die Autorin betrachtet die Natur und stellt sie auf eine völlig unterschiedliche Weise als die in der Judenbuche dar. Immer

Klepo 46 wieder kommt in diesem Fragment das Motiv der Idylle vor, welches ein von der Revolution noch intakt gebliebenes Westfalen darstellt. Die Natur als gefährlicher Ort kommt im

Unterschied zu der Novelle Die Judenbuche hier eher selten vor. Die Autorin setzt aber noch eine zusätzliche neutrale Naturdarstellung in diesem Text ein – die Natur kommt als ein Gegenstand leidenschaftlicher naturwissenschaftlichen Forschung vor, was typisch für das 19.

Jahrhundert ist.

Es wird im Text Bei uns zu Lande auf dem Lande ein ganzes Kapitel den Frauen gewidmet, in welchem die Autorin mit einer Darstellung landadeliger Frauen einsetzt. Sie differenziert zwischen der verheirateten älteren Frau, die sie im Unterschied zu Margreth Semmler als die ihrem Manne gleiche Persönlichkeit vorstellt. Diese Figur ist auch äußerst positiv charakterisiert, wobei die unverheirateten jüngeren Frauen mit allen ihren Vor- und Nachteilen dargestellt sind. Im Unterschied zu den paderbornischen Bäuerinnen in der Judenbuche, werden diese adeligen Frauen nicht als verkümmerte weibliche Figuren dargestellt. Sie leben in idyllischen Umständen und beschäftigen sich mit damals typischen Tätigkeiten der Adelsschicht wie der Haushaltsleitung oder dem Singen und Klavierspielen.

Diese Figuren werden also auch zum größten Teil realistisch vorgestellt, wobei ihre Charakterisierungen stets mit den subjektiven Kommentaren der Autorin ergänzt werden.

Bilder aus Westfalen sind wie auch Bei uns zu Lande auf dem Lande in Form eines Fragments geblieben. Im Unterschied zu Bei uns zu Lande auf dem Lande und der

Judenbuche, beschäftigt sich die Autorin hier mit einer fast dokumentarischen Reportage aus Westfalen. Auch hier kommen die typischen idyllischen Eigenschaften des Münsterlandes vor; wie auch ihre Abgrenzung von den negativen Eigenschaften des Paderborns. Es geht in diesem Fragment also über einen Versuch, verschiedene Landschaften einer Gegend objektiv darzustellen und damit auch die Sitten und Bräuche ihrer Leute zu schildern. Diese objektiven Beschreibungen werden aber immer wieder um die subjektiven und generalisierten

Darstellungen ergänzt, sowohl in den Naturdarstellungen als auch in den Darstellungen der Leute. Im Unterschied zu den ersten zwei Texten, beschäftigt sich die Autorin in diesem Text nicht mit einem spezifischen (Frauen)Typus, sondern schildert bestimmte Frauengruppen vor allem mit Hilfe der Schilderung verschiedener Sitten der beschriebenen Gegenden. In diesem Sinne kommen die Münsterländerinnen im Fragment positiv vor und die Paderbornerinnen werden eher negativ dargestellt.

Klepo 47 Letztlich kann man sagen, dass Annette von Droste-Hülshoff in ihren Texten eine neue erweiterte Dimension der Realität bildet, indem sie oft vom Allgemeinen zum Besonderen geht und sich mit den unübersehbaren Details beschäftigt. Ihre Literatur enthält Symbole ihrer eigenen Heimat, Kultur und Religion, aber deutet auch oft die für sie negativen

politischenVeränderungen der Moderne an. Die Beziehungen ihrer Protagonisten zur Natur und den Frauen schwanken zwischen Idylle und Trauma. Die Abgrenzung ihrer idyllischen Heimat von der Fremde scheint eine der wichtigsten Prämissen zu sein, was hier als

traditionell und biedermeierlich gedeutet wird. Ich würde mir wünschen, die Ergebnisse eines ausführlichen Vergleichs ihrer religiösen Lyrik und ihrer Prosawerke zu sehen.

Klepo 48