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Häufiger identifizierter Beweggrund zur Nutzung alterna-tiver Finanzierungsmethoden ist die Chance der flexiblen Kapitalgewinnung und die Möglichkeit, das betriebliche Kapital erhöhen zu können. Hinsichtlich der Relevanz der Kapitalgewinnung in landwirtschaftlichen Betrieben lässt sich allgemein festhalten, dass laut dem Situationsbericht 2016/17 des Deutschen Bauernverbands (DBV) im Hin-3.3 Auswirkungen auf den landwirtschaftlichen Betrieb

Abhängig von Form und Umsetzung der alternativen Fi-nanzierungsmethoden, nimmt entsprechend in unterschied-lichem Maße nach Meinung aller ExpertInnen der Verwal-tungsaufwand zu. Bei allen Methoden steigen, insbesondere durch den zunehmenden KundenInnenkontakt, die damit einhergehenden Büroarbeiten an. Bei Gesellschaftsformen wie der Aktiengesellschaft oder der Kombinationen von mehreren Rechtsformen auf einem Betrieb ist der Verwal-tungsaufwand sehr hoch. Gleichzeitig entsteht ein neues Verhältnis zwischen VerbraucherIn und AnwenderIn, in dem sich die Beteiligten als Co-ErzeugerIn sehen, was zu stei-gendem Umsatz pro VebraucherIn führen und sich auch in Bereichen wie dem des „Cross-Sellings“ zeigen kann. Hier kaufen die KundInnen neben den bisherigen, für gewöhn-lich gekauften, auch weitere, thematisch passende oder gar aus anderen Betriebszweigen stammende Produkte, was den Umsatz für den Betrieb insgesamt steigert.

Für den Betrieb ist laut einiger ExpertInnen weiterhin von Vorteil, die Auszahlung der Gewinnanteile, Boni etc.

in Naturalien vorzunehmen. In diesem Fall wird nicht der bereits besteuerte Gewinn für die Auszahlung verwendet, sondern Produkte, die mit einer Marge versehen sind. So können nach Angabe der ExpertInnen aus der Beratung auch Betriebe mit geringer Gewinnspanne, die von Banken als wenig kreditwürdig eingestuft werden, an Kapital gelangen.

In diesem Zusammenhang wird von AnwederInnen auch auf das Kulanzverhalten verwiesen, das Banken nicht in gro-ßem Maße zugesprochen wird. KundInnen können hier in der Regel als verständnisvoller eingestuft werden. In Bezug auf die Liquidität werden besonders Vorauszahlungen bei Genussgutscheinen oder die regelmäßigen Leasingraten des Tierleasings als vorteilhaft beschrieben – auch für Verbrau-cherInnen, die so beispielsweise den monetären Gegenwert für das Tier nicht auf einmal aufbringen müssen.

Aus Sicht der Betriebe als eher problematisch zu werten sind, je nach Ausgestaltung der Finanzierungsmethoden, sogenannte Mitspracherechte der Beteiligten, die zu verlän-gerten, bis hin zu konfliktionären Entscheidungen führen können. Auch sind Beteiligte in den seltensten Fällen in der Lage, fundierte unternehmerische Entscheidungen zu tref-fen, da ihnen Einblick und Fachwissen fehlt.

Ein spezifisches Problem, nach Angabe der Tierleasingan-wenderInnen, kann auch die enge Beziehung zwischen Ver-braucherInnen und deren Leasing-Tieren darstellen. Verbrau-cherInnen können sich nach Leasingende häufig nicht für die Schlachtung des Tieres entscheiden. Teilweise verfügen sie auch nicht über ausreichend Kühlmöglichkeiten für das an-fallende Fleisch. Dies kann andererseits laut der ExpertInnen gleichzeitig zum Vorteil genutzt werden, wenn sich mehrere Personen zusammenschließen und somit weitere potentielle KundInnen gewonnen und Informationen gestreut werden.

Die antwortenden ExpertInnen aus der Beratung geben in Bezug auf die Auswirkungen zu bedenken, dass die alterna-tiven Finanzierungsmethoden in jedem Einzelfall rechtlich, steuerlich und betriebswirtschaftlich sorgfältig geprüft

wer-22 DOI 10.15203/OEGA_27.4 Wenz, Gindele, Adams und Doluschitz

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zeitliche Aufwand, der bei der Nutzung alternativer Finan-zierungsmethoden zur Kapitalbeschaffung betrieben werden muss, ist daher tendenziell eher höher einzuschätzen als die Pflege einer guten Geschäftsbeziehung zur Hausbank.

Im Vergleich mit verwandten Konzepten wie beispiel-weise der solidarischen Landwirtschaft grenzen sich die betrachteten Methoden voneinander ab. Im Gegensatz zum Konzept der solidarischen Landwirtschaft bleiben bei den untersuchten Methoden der Grund und Boden, das Anlage-vermögen, die Entscheidungshoheit sowie die Verantwort-lichkeiten weiterhin überwiegend bei den selbstständigen LandwirtInnen. Ebenso werden sämtliche strategischen und operativen Belange nach wie vor von den LandwirtInnen überwiegend alleine und selbstbestimmt getroffen. Beim ursprünglichen Konzept der solidarischen Landwirtschaft steht hingegen auch die aktive Teilnahme der gesamten Gemeinschaft an den landwirtschaftlichen Tätigkeiten im Vordergrund (Henderson und van En, 2007, 7). Des Weite-ren werden bei der solidarischen Landwirtschaft sämtlichen blick auf Haupterwerbsbetriebe im Durchschnitt ein

sinken-des Unternehmensergebnis beschrieben werden kann, was gleichzeitig die Bildung von Eigenkapital unterbindet (DBV, 2016, 136 f). In diesem Kontext sind somit Aussagen der In-terviewpartnerInnen als berechtigt einzustufen, sofern diese mit alternativen Finanzierungsmethoden Eigenkapital unter anderem zur Liquiditätssicherung beschaffen möchten. Im Zusammenhang mit der Kapitalgewinnung ist zudem viel-fach der Wunsch nach Unabhängigkeit von Banken erwähnt worden. Alternative Finanzierungsmethoden bieten hier Möglichkeiten für LandwirtInnen bzw. die Landwirtsfami-lien, weiterhin selbstständig und eigenständig ihren Betrieb zu bewirtschaften und gleichzeitig die Vorteile und Chancen zu nutzen, die durch einen stärkeren Einbezug von Verbrau-cherInnen entstehen können. Diese Abkehr von Banken hin zu anderen KapitalgeberInnen geht jedoch mit zusätzlichem Aufwand, insbesondere Informationsaufwand, einher. Hier-durch können sich Entscheidungsprozesse in die Länge zie-hen und immenses Konfliktpotenzial entstezie-hen. Der gesamte

Genuss­

Sehr gering Sehr hoch Mittel

Aufwand

Unterhalt Gering Sehr gering

bis gering

Steuer Sehr gering Sehr hoch Mittel

Erfolgs­

beteiligung

Je nach Ver-trag möglich

Rabatte Nein

möglich Nein Ja Nein.

Zinsen

Hoch Sehr hoch Sehr hoch Hoch

Fixkosten Gering Sehr gering Sehr gering Mittel Sehr gering Hoch Mittel

Flexibilität

(Kapitaländerung) Abh. von

Laufzeit Sehr hoch Abh. von Lauf-/

Mastzeit Gering Abh. von

Lauf-/

emp-fohlen Gering Sehr hoch.

Beratung

bis 100.000 € Sehr gering Mittel Mittel Gering Sehr hoch Mittel

Tabelle 1: Vergleichende Darstellung alternativer Finanzierungsmethoden

Quelle: Eigene Erhebung und Darstellung.

Wenz, Gindele, Adams und Doluschitz DOI 10.15203/OEGA_27.4 23

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verallgemeinernden, abschließenden Folgerungen gemacht werden, sondern lediglich ein erster zusammenfassender Einblick in die Thematik gegeben werden. Um weitere In-formationen aus anderen Perspektiven zu gewinnen, könn-ten ergänzend in weiteren Untersuchungen auch KundInnen, KapitalgeberInnen und BeraterInnen einbezogen werden.

Literatur

Bauer, U. (2014) Solidarische Landwirtschaft – Modell für den Hof der Zukunft? Standort, Band 38, 198-202.

Belsch, S. (2017) Kundenbindung. Effektive Maßnahmen und Instrumente für einen langfristigen Unternehmens-erfolg. Igel: Verlag RWS.

BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirt-schaft) (2016) Grünbuch Ernährung, Landwirtschaft, Ländliche Räume. Berlin.

DBV (Deutscher Bauernverband) (2016) Situationsbericht 2016/17. Berlin.

Froschauer, U. und Lueger, M. (2003) Das qualitative Inter-view. Wien: Facultas Verlags- und Buchhandels AG.

Henderson, E. und van En, R. (2007) Sharing the harvest:

A citizen’s guide to Community Supported Agriculture.

White River Junction, Vt: Chelsea Green.

Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (2018) Wie Bürger*innen die Landwirtschaft von Morgen (fi-nanziell) mitgestalten können. Pressemitteilung vom 29.03.2018. Eberswald:.

Isermeyer, F. (2014) Künftige Anforderungen an die Land-wirtschaft - Schlussfolgerungen für die Agrarpolitik.

Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, Thünen Working Paper 30.

Kaiser, R. (2014) Qualitative Experteninterviews. Wiesba-den: Springer Fachmedien.

LEL (Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der Ländlichen Räume) (2016) Agrarmärkte 2016.

Jahresheft Schwäbisch Gmünd: Ministerium für Ländli-chen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Bayerisches Staatsministerium für Ernährung Landwirt-schaft und Forsten.

Maschkowski, G. und Klein, B. (2016) Regional einkaufen.

Ernährung im Fokus, Band 16, 228-231.

Wallhäuser, M. (2013) Crowdfunding for Food: Finanzie-rungsalternativen für landwirtschaftliche Betriebe. In:

Wenzlaff, K., Eisenfeld-Reschke, J. und Gumpelmaier, W. (Hrsg.) Crowdfunding-Studienreihe. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Wellner, M. und Theuvsen, L. (2016) Community Supported Agriculture (CSA): eine vergleichende Analyse für Deut-schalnd und Österreich. Jahrbuch der Österreichischen Gesellschaft für Agraröknonomie, Band 25, 65-74.

Betriebsausgaben gemeinsam im Voraus für das gesamte Wirtschaftsjahr kalkuliert. Dieser Betrag wird dann von der Gemeinschaft vorfinanziert (Bauer, 2014, 199).

Eine besondere Bedeutung weisen die alternativen Finan-zierungsmethoden bezüglich der Intensivierung der KundIn-nenbindung auf, die aus dem sehr direkten, erhöhten Kun-dInnenkontakt, resultiert. Voraussetzung zur Hebung dieses Potenzials ist, dass die Persönlichkeit der AnwenderInnen mit diesem höheren KundInnenkontakt zurechtkommt. Ge-lingt dies, kann parallel die Wirtschaftlichkeit des Unter-nehmens verbessert werden, da nach Belsch (2017, 2 f.) die Profitabilität eines Unternehmens theoretisch um 100 % ge-steigert werden kann, wenn die KundInnenbindung um 5 % gesteigert wird. Nicht zu vernachlässigen ist weiterhin die Medienwirksamkeit alternativer Finanzierungsmethoden, die durch ihre Seltenheit Publizität und Werbeeffekte erzeu-gen und so bei der Akquise von neuen KundInnen unterstüt-zen. Im Gegensatz zu Crowdfunding, wo beispielsweise die Bewerbung von neuen Projekten gegen Gebühren auch an den Plattformbetreiber übertragen werden kann (Wallhäu-ser, 2013, 8 f.), müssen im Fall der betrachteten alternativen Finanzierungsmethoden Arbeitskapazitäten für die Durch-führung und das Marketing der Maßnahmen selbst erbracht werden.

Häufig greifen die alternativen Finanzierungsmethoden auch Wünsche der Gesellschaft, beispielsweise bezüglich artgerechterer Tierhaltung auf (BMEL, 2016, 12). Durch den direkteren Kontakt zwischen ProduzentIn und AbnehmerIn im Rahmen des Tierleasings kann die artgerechte Tierhal-tung detaillierter und transparenter kommuniziert werden.

Hierbei ist jedoch immer das geringe Fachwissen der Ab-nehmerIn im Auge zu behalten, durch welches es auch zu falschen Bewertungen kommen kann. Auch in diesem Kon-text ist die Informationsvermittlung vor Ort, wo Fragen un-mittelbar geklärt und am Objekt erläutert werden, unabding-bar. Dies geht aber wiederum mit zusätzlichem Aufwand einher. Insgesamt stellt der direkte KundInnenkontakt, der sich durch die Nutzung alternativer Finanzierungsmethoden ergibt, somit Chance und Herausforderung zugleich dar.

Da bei den vorgestellten Finanzierungsmethoden die Eigenständigkeit und Selbstständigkeit der LandwirtInnen überwiegend gewahrt wird, könnten diese für eine breite-re Masse an LandwirtInnen intebreite-ressant sein. Hinsichtlich der passenden Wahl einer alternativen Finanzierungsme-thode müssen deren zentrale Eigenschaften in Bezug auf die betrieblichen Ziele, die damit erreicht werden sollen, gegenübergestellt werden. So ist abzuwägen, inwieweit beispielsweise KundInnenbindung, Kapitalgewinnung, Ka-pitaleigenschaften (Bewertung als Eigenkapital) oder Ein-fachheit bei der Umsetzung im Vordergrund stehen sollen.

Die bisher geringe Verbreitung und die zu Beginn be-schriebenen Trends seitens der Bevölkerung lassen alter-nativen Finanzierungsmethoden noch einiges an Potenzial zuzuschreiben, das insbesondere auch durch neue Medien und die zunehmende Vernetzung ausgeweitet werden kann.

Aufgrund des qualitativen Forschungsdesigns und der He-terogenität der Anwendungsbeispiele können jedoch keine

Austrian Journal of Agricultural Economics and Rural Studies, Vol. 27.5 https://oega.boku.ac.at/de/journal/journal-informationen.html

DOI 10.15203/OEGA_27.5, ISSN 1815-8129 I E-ISSN 1815-1027

Wirtschaftliche Bewertung von Heutrocknung