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6. Diskussion

6.7. Schlussfolgerung

Die derzeitige Behandlungssituation von an Schizophrenie Langzeiterkrankten wird gegenwärtig von einem Großteil der hier befragten Patienten als positiv erlebt. In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich eine Arbeitsteilung zwischen Hausarzt und Ner-venarzt entwickelt, die auch von den Patienten anerkannt und gewünscht wird.

Die Rolle des Hausarztes hat sich verändert. Er hat in der alleinigen Behandlung von Schizophreniepatienten eine untergeordnete Rolle. Patienten unterscheiden klar zwi-schen somatizwi-schen Beschwerden, für den sie den Hausarzt als Ansprechpartner se-hen, und zwischen psychischen Beschwerden, die vorrangig dem Nervenarzt ange-tragen werden. Der Nervenarzt identifiziert sich mit der Rolle des zuständigen Arztes und wird von Schizophreniepatienten auch so gesehen. Dennoch übernimmt der Hausarzt bei einem Teil der Patienten weiterhin eine Mitbetreuung bei psychischen Problemen.

Die Befragten sehen derzeit Defizite in der fachlichen Kompetenz für die psychiatri-sche Behandlung vermehrt im hausärztlichen Bereich. Um die Erkrankung und ein mögliches Rezidiv rechtzeitig zu erkennen und dadurch eine rechtzeitige fachärztli-che Intervention einleiten zu können, wäre eine entsprefachärztli-chende Intensivierung der hausärztlichen Weiter- und Fortbildung wünschenswert. Grundkenntnisse in der The-rapie (Medikamentenverordnung) wurden ebenfalls vom Hausarzt erwartet und soll-ten häufiger Gegenstand der Ausbildung sein. Die Häufigkeit und die Bedeutung der Schizophrenie erfordern aber genauso vom Nervenarzt eine ständige Auffrischung des Wissens, besonders im Bereich der Früherkennung der Erkrankung.

Um eine hohe Patientenzufriedenheit zu erreichen und auf diese Weise die Compli-ance zu verbessern, ist vor allem die Beziehung zum Patienten bei beiden Arztgrup-pen entscheidend. Entsprechende ärztliche Bemühungen werden von Patienten an-erkannt und positiv bewertet. Den Patienten sind Beratung und Information über die Erkrankung und die Verordnung der Medikamente wichtig. Dies wird von beiden Fachgruppen erwartet und könnte sicher noch verbessert werden. Lücken bestehen hier vor allem in der Beratung von Angehörigen und in sozialen Fragen. Denkbar wä-re hier z.B. eine engewä-re Zusammenarbeit mit sozialen Diensten. Erwä-reichbarkeit des Arztes und Wartezeiten in der Praxis könnten durch bessere Praxisorganisation ver-bessert werden.

Fachwissen und Erfahrung mit der Erkrankung sind die dominierenden Faktoren, weshalb sich die Patienten für die nervenärztliche Behandlung entscheiden. Die Spezifität der Erkrankung erfordert – und fördert – ein besonders hohes Vertrauens-verhältnis zum Nervenarzt. Nicht wenige Schizophreniepatienten wünschen daher, dass der Nervenarzt teilweise hausärztliche Funktionen übernimmt.

Abschließend darf man wohl die momentane Betreuungssituation von Schizophre-niepatienten als zufriedenstellend bezeichnen, sehr wohl aber kann sie durch die ge-nannten und andere Maßnahmen noch optimiert werden. Der Hausarzt ist in die Er-krankung der Schizophreniebehandlung teilweise miteinbezogen. Es sollte von ihm nicht erwartet werden – und es ist auch vom Patienten nicht gewünscht – ,dass er die alleinige Behandlung von Schizophreniepatienten übernimmt. Seine Hauptaufga-be – so sehen es die hier Hauptaufga-befragten Patienten – sollte weiterhin die Behandlung der somatischen Beschwerden bleiben. Ausreichende Grundkenntnisse in der Schizo-phrenieerkennung und Behandlung wären dennoch wünschenswert. Hierzu sollten in der Facharztausbildung der Hausärzte verstärkt auch psychiatrische Krankheitsbilder und vor allem Wege der kooperativen Betreuung, wie sie unter dem Schlagwort „sha-red care“ diskutiert werden (von Korff und Tiemens 2000), vermittelt werden. Dazu könnten eine Verlängerung bzw. Intensivierung des Ausbildungsabschnittes „Psychi-atrie“ sowie regelmäßige Fortbildungen und Publikationen auch in allgemeinmedizi-nischen Zeitschriften beitragen. Der bereits eingeschlagene Weg in der Fortbildung zur Früherkennung der Schizophrenieerkrankung (Aston et al. 2002, Vauth et al.

2004, Bottlender und Möller 2004, Maurer et al. 2006, Ruhrmann et al. 2003) ist ein gutes Zeichen.

7. Zusammenfassung

Hintergrund: Unterschiedliche und teils nur bedingt voraussehbare Verläufe der Schizophrenie, die oft lebenslang erforderliche Medikation und die Dauerbetreuung der Patienten machen diese Erkrankung für die Betroffenen und die Behandler zu einer ständigen Belastung und Herausforderung. In der Literatur wird die kooperative Betreuung der Patienten durch Haus- und Nervenärzte postuliert. Ziel der Arbeit war es, zu untersuchen, mit welchen Erwartungen Patienten zum Haus- und Facharzt gehen und inwieweit sie mit ihrer derzeitigen Behandlungssituation zufrieden sind.

Methode: Patienten mit Schizophrenie sollten in Form von Einzelinterviews mit ei-nem standardisierten Fragebogen zu den Wünschen an den Haus- und Nervenarzt und zu der Bewertung dieser beiden Arztgruppen befragt werden. Der Fragebogen bestand aus 44 Fragen zu den Wünschen an den Arzt und 44 Fragen, in denen die Befragten ihre derzeitige Betreuung durch Hausarzt und Psychiater bewerten konn-ten. Vier offene Fragen sollten darüber Auskunft geben, in welchen Situationen die Patienten zu welchem Arzt (Hausarzt/Nervenarzt) gehen, ihre Gründe hierfür und welche Eigenschaften bzw. welches Verhalten Hausärzte und Nervenärzte haben sollten. Die Erhebung fand im Raum Eisenach bzw. Bad Driburg statt. In Eisenach wurden die Patienten über ambulante Haus- und Nervenarztpraxen, über Behinder-tenwerkstätten, Tageskliniken und Ambulanzen zur Befragung eingeladen, in Bad Driburg über eine Behindertenwerkstatt, eine Tagesklinik und die Ambulanz.

Ergebnisse: Es wurden 111 schizophrene Patienten (Teilnahmequote 49 %) befragt.

Für 97 % der 111 Befragten war der Nervenarzt der Hauptansprechpartner für seeli-sche Probleme, für 3 Personen der Hausarzt und 22 % der Betroffenen ließen sich gelegentlich vom Hausarzt wegen der psychischen Erkrankung mitbehandeln. Als Hauptgrund für die Bevorzugung des Nervenarztes nannten 46 (42 %) der Betroffe-nen die fachliche Kompetenz. Im Hausarzt sahen 69 % der Befragten vorwiegend den Arzt für körperliche Probleme. Bei beiden Fachgruppen war den Patienten die Arzt-Patienten-Beziehung besonders wichtig, ebenso das Einhalten der Schweige-pflicht und persönlicher Respekt. Die meisten Befragten waren mit beiden Arztgrup-pen in fast allen Bereichen sehr zufrieden, was überwiegend Noten von 8 und mehr auf einer 10-Punkte-Skala belegten. Tendenziell erhielt der Hausarzt in den für ihn typischen Aufgabengebieten wie Hausbesuche und körperliche Untersuchung um 3 Punkte bessere Noten als der Nervenarzt. Der Nervenarzt erhielt dagegen als

psy-chiatrischer Ansprechpartner eine positivere Bewertung (Notenunterschiede im Durchschnitt ebenfalls um 3 Punkte). Handlungsbedarf zur Verbesserung sahen die Patienten vor allem in der Früherkennung der Erkrankung, in der Erreichbarkeit und bei der Beratung und Information zum Krankheitsbild (Noten zwischen 3 und 6).

Schlussfolgerung: Die in den letzten Jahren entstandene Arbeitsteilung zwischen Hausarzt und Facharzt bei der Betreuung von Schizophreniepatienten wird von den Betroffenen größtenteils positiv bewertet. Der Hausarzt übernimmt vorrangig die Be-handlung der körperlichen Beschwerden, ist aber dennoch bei einem Teil der Patien-ten in die Behandlung der psychiatrischen Erkrankung involviert. Das legt eine Opti-mierung der hausärztlichen Ausbildung im Bereich der Psychiatrie nahe, z.B. durch Verlängerung des Ausbildungsabschnittes „Psychiatrie“ oder durch patientennahe Fortbildungen. Besonders wichtig sind hierbei aus Sicht der Patienten vor allem die Früherkennung der Erkrankung und das rechtzeitige Erkennen eines Rezidivs sowie eine bessere Informationsgestaltung und Beratung der Patienten in sozialen Fragen.

Gerade in diesen letztgenannten Bereichen sahen Patienten auch Handlungsbedarf für die nervenärztliche Betreuung.