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-Rohfettverdauung bei pankreasgangligierten Tieren

Bei pankreasgangligierten Tieren konnte eine noch beachtliche Rohfettverdaulichkeit beobachtet werden. Die Tiere waren in der Lage, 32,5 % des mit der Ration ange-botenen Fettes praecaecal zu verdauen. Dies bedeutet, dass praecaecal 32 - 46,3 g Fett je Tier und Tag verdaut wurden, obwohl Lipasen des Pankreas nicht zur Verfü-gung standen. Dies wirft natürlich die Frage auf, wo und durch welche Mechanismen diese beachtlichen Mengen noch verdaut wurden. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ist die Lipase des Magens hieran ursächlich beteiligt. Die gastrische Lipase greift die Lipide im Magen an und ist unter bestimmten Voraussetzungen auch in der Lage, noch im Dünndarm zu wirken (CARRIERE et al. 1993). Im Dünndarm kommt es bei pankreasgangligierten Tieren zu einem „microbial overgroth“. Dies spiegelte sich im LPS-Gehalt als Maß für den Besatz mit gramnegativen Keimen wider. Untersuchun-gen ergaben, dass eine Vielzahl von Bakterien in der Lage ist, Lipasen zu syntheti-sieren. Aber auch das Vorhandensein von Lipasen des Darms (als an die Darmmu-cosa assoziierte Lipasen) kann zum Fettabbau beitragen (SERRERO et al. 1975).

Trotz einer beachtlichen Fettverdauung ohne pankreatische Enzyme wurden aber noch erhebliche Rohfettmengen mit den Faeces ausgeschieden. Die mit den Faeces ausgeschiedene Rohfettmenge war deutlich höher als die am Ileum gemessene Fettmenge. Diese Zubildung von Fett ist vermutlich Folge einer forcierten bakteriellen

Fettsynthese (Fette und andere Zellwand- / Membran-bestandteile der Bakterien-zelle).

-Auswirkung der Antibiotikagabe bei pankreasgangligierten Tieren

Um die Bedeutung einer hohen Keimdichte im Dünn- und Dickdarm (Folge der feh-lenden Pankreassekrete) für die verschiedenen Verdauungsprozesse näher zu quantifizieren, wurde den pankreasgangligierten Tieren eine hohe Antibiotikamenge (WILLIAMS et al. 1987) verabreicht. Das Ergebnis der Zulage von Antibiotika war die verringerte praecaecale Rohfettverdaulichkeit gegenüber Tieren ohne Antibiose (mi-krobielle Lipasen tragen bei pankreasgangligierten in erheblichem Maße zu einer praecaecale Rohfettverdauung bei). Außerdem „verschwanden“ beachtliche Mengen Rohfett aus dem Dickdarm. Allerdings muß hierbei berücksichtigt werden, dass mög-licherweise die Steigerung der Permeabilität durch die Gabe von Amphotericin B (AMMON et al. 1983) einen Einfluß gehabt haben könnte und ein großer Teil der Fettsäuren als ungesättigte Fettsäuren vorgelegen haben (GROSS et al. 1989).

Die postileale Verdauung von Rohprotein wurde bei massiver Antibiose unterdrückt.

Hohe Mengen an NH3, dem Abbauprodukt des Rohproteins, konnten somit nicht entstehen.

- Was wurde durch die Zulage von mikrobiell hergestellter Lipase erreicht?

Trotz hoher Zulagen an mikrobiell hergestellter Lipase wurde praecaecal noch keine Normalisierung der Fettverdauung erreicht (Kontrolltiere VQ-Rfe 96,4 %, Lipase 1 VQ-Rfe 51 %, Lipase 2 VQ-Rfe 70 %). Im Dickdarmbereich kam es bei Gabe von Lipase zu einer Resorption und nicht wie bei pankreasgangligierten Tieren ohne Be-handlung zu einer Zubildung von Fett (PL-f: Zubildung von 26,7 g; PL-L2: Resorption von 9,0 g).

Die nicht befriedigende praecaecale Rohfettverdaulichkeit könnte evtl. auch durch die mangelnde Säurestabilität des Enzyms bedingt sein. Das verwendete Enzym war nämlich nicht vor dem Einfluß der Magensäure geschützt (coating), somit könnte ein Teil der Aktivität während der Magenpassage verlorengegangen sein. Im Magen werden pH-Werte erreicht, die in der Lage sind, das Enzym zu schädigen.

Andererseits fehlt bei einer Lipase mikrobiellen Ursprungs natürlich die Co-Lipase des Pankreas, welche die Wirkung der Pankreaslipase unterstützt.

Die starke bakterielle Besiedlung (overgrowth) des Dünndarms der

pankreasgangli-hohe Bakteriendichte im Dünndarm sehr schnell zu einer Dekonjugation der Gallen-säuren. Dekonjugierte Gallensäuren bilden erheblich größere Fetttröpfchen, wodurch die Aktivität der Enzyme und die Resorption der Lipide erschwert wird.

- Kapazität der praecaecalen Verdaulichkeit von Stärke und Protein

Intestinale Bakterien spielen bei den Auswirkungen der Pankreasinsuffizienz eine entscheidende Rolle. Um die Kapazität der praecaecalen Verdaulichkeit von Protein und Stärke bei pankreasgangligierten Tieren zu ermitteln, wurden zwei unterschiedli-che Diäten verabreicht.

Bei der stärkereichen Diät konnte ein Anstieg der Keimflora praecaecal nicht beob-achtet werden. Auch die Verdaulichkeiten von Rohfett und Rohprotein wurden von der hohen Stärkemenge nicht beeinflußt. Die Kapazität der praecaecalen Verdau-lichkeit von Stärke lag bei pankreasgangligierten Schweinen und diesem Fettgehalt in der Diät (30 %) bei etwa 60 g Stärke je Mahlzeit. Die große Menge an Stärke, die den Dickdarm erreichte, führte zu einer erheblichen Fettsynthese und zu einer for-cierten faecalen Fettausscheidung (Steatorrhoe). Die proteinreiche Diät führte, über den gesamten Verdauungstrakt gesehen, zu einer scheinbaren Verbesserung der Proteinverdaulichkeit. Dies ist aber nur bei vordergründiger Betrachtung von Nutzen für das Tier, denn die Hälfte des Proteins wurde im Dickdarm vermutlich in Form von NH3 resorbiert, was bei derart großen Mengen zu einer Belastung der Leber führen dürfte. Die Nettoabsorption von Fett im Dickdarm bei proteinreicher Fütterung (kal-kulatorisch abgeleitet 8,43 g ± 6,17) könnte darauf zurückzuführen sein, dass es beim Einstrom von Kohlenhydraten in den Dickdarm zu Gärungsprozessen und bei Einstrom von Proteinen zu Fäulnisprozessen kommt (GROSS et al. 1989). Bei derar-tigen Fäulnisprozessen kommt es zu einer Umschichtung der Flora im Dickdarm, es liegen vornehmlich katabole Stoffwechselzustände vor. Die Vermehrung von Clostri-dien wird gefördert, dies zeigt sich tendenziell auch in den entsprechenden Keim-zahlen der Faeces. Nach BECKMANN und RÜFFER (2000) sind insbesondere Clostridien in der Lage, Lipide zu spalten.

Aber auch der pH-Wert könnte zu einer Resorption beigetragen haben, bei einem geringen pH-Wert kommt es zur Verseifung von Fett und bei einem höheren pH-Wert liegen sie eher in dissoziierter Form vor.

Die Frage nach der Ursache für eine Resorption bzw. eine Synthese von Fett im Dickdarm bleibt letztlich offen, zumindest konnte keine widerspruchsfreie Erklärung gefunden werden.

- Empfehlung zur Rationsgestaltung

Die Kapazität der praecaecalen Rohfettverdaulichkeit ist im Falle einer Pankreasin-suffizienz gering, daher sollte der Fettgehalt in der Nahrung unter diesen Bedingun-gen auf das notwendige Maß reduziert werden. Für die Rohproteinmenge in der Ra-tion gilt gleiches, jedoch ist Protein für die Ernährung unerläßlich, aus diesem Grund sollte ein hochwertiges Protein gewählt werden, das nur in geringem Umfang einge-setzt wird. Für Stärke konnte eine maximale praecaecale Verdauungskapazität von 60 g je Mahlzeit, bei einem Fettgehalt von 30 % uS ermittelt werden. Somit stellt Stärke den Nährstoff dar, der bei exokriner Pankreasinsuffizienz noch am besten verdaut wurde. Deshalb sollte versucht werden, über eine Versorgung mit Stärke und Zucker einen Großteil des Energiebedarf zu decken. Fett und Protein müßten dann nur noch in dem Rahmen eingesetzt werden, wie sie unbedingt notwendig sind.

-Empfehlung zur Therapie

Die noch vor wenigen Jahren in der Literatur propagierte ausschließliche Therapie der exocrinen Pankreasinsuffizienz mit Lipasen ist nach den hier vorgenommenen Untersuchungen nicht empfehlenswert. Sie stammt aus einer Zeit, in der nur über die Analyse der Faeces Aussagen über die Verdaulichkeit der Nährstoffe getroffen wur-den. Mittlerweile ist man durch die Gewinnung von Ileumchymus in der Lage, detail-lierte Aussagen über die praecaecale Verdaulichkeit der Nährstoffe zu machen.

Nur der Einsatz von Präparaten, die parallel Amylase, Protease und Lipase enthal-ten, ermöglicht die gewünschte hohe Verdaulichkeit der Nährstoffe im Dünndarmbe-reich. Diese praecaecale Verdaulichkeit ist wichtig für eine ausgewogene Ernährung und kann eine Synthese von Fett im Dickdarm und somit die Steatorrhoe verhindern.

Somit sind Monopräparate zur Therapie der exokrinen Pankreasinsuffizienz nicht mehr zeitgemäß, weil eben nicht nur die praecaecale Fettverdaulichkeit reduziert ist, sondern auch die Verdauung von Protein und Kohlenhydraten. Es muß eine Verbes-serung der Verdaulichkeit aller Nährstoffe erreicht werden, nicht zuletzt um den Ein-strom von unverdautem Substrat in den Dickdarm so niedrig wie möglich zu halten.