• Keine Ergebnisse gefunden

In Schleswig-Holstein gibt es an einem Standort (Geesthacht) ein Zwischenlager, dort befindet sich auch die Landessammelstelle. An den AKW Standorten werden ebenfalls radioaktive Abfälle gelagert, aber bisher keine Zwischenlager betrieben.

4.10.1 Zwischenlager am Forschungszentrum Geesthacht und Landessammelstelle

Auf dem Gelände des Forschungszentrums Helmholtz-Zentrum Geesthacht – Zentrum für Material- und Küstenforschung GmbH36, befinden sich die Bereitstellungshalle und die HAKONA (Halle für Komponenten Nachuntersuchungen), die in einer gemeinsamen Halle eingerichtet sind, sowie ein Betonschacht zur Lagerung des Reaktordruckbehälters des Nuklearschiffes Otto Hahn als Rohabfall.

Die Bereitstellungshalle wurde nach Strahlenschutzverordnung zum Umgang mit radioaktiven Stoffen mit zeitlicher Beschränkung zur Lagerung von Abfallgebinden mit Betriebsabfällen aus den Forschungsreaktoren und dem Heißen Labor genehmigt. Die HAKONA wurde nach Strahlenschutzverordnung zum Umgang mit radioaktiven Stoffen in 1981 unbefristet zur Lagerung von Abfallgebinden mit Abfällen des in 1979 stillgelegten Nuklearschiffes Otto Hahn genehmigt.

Genehmigte Gesamtaktivität ist 1,48 E16 Bq. Alle Gebinde in der HAKONA wurden 1982 oder 1998 erzeugt und eingelagert. Der Inhalt von 20 Containern wurde 1998 fassgerecht konditioniert, die Rückläufer stehen ebenfalls in der HAKONA. (BACKMANN 2015) Das Forschungszentrum lagerte am 31.12.2017 387 m³ konditionierte Abfallprodukte in 1.144 Fässern sowie 3,2 Mg Rohabfälle und vorbehandelte Abfälle.

Auf dem Gelände des Helmholtz-Zentrums Geesthacht befindet sich auch die gemeinsame Landessammelstelle der vier norddeutschen Länder Hamburg, Bremen, Niedersachsen37 und

36 Es wurde 1956 als GKSS (Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schifffahrt mbH) gegründet.

37 Die Kontingente für Niedersachsen sind seit langem ausgeschöpft.

48 Schleswig-Holstein. Das Lagergebäude fungiert zugleich – basierend auf derselben Genehmigung – als Sammellager für das Helmholtz-Zentrum Geesthacht, welches 62% der Lagerfläche für die Zwischenlagerung nicht kernbrennstoffhaltiger Betriebsabfälle nutzen darf. Auf der verbleibenden (ideellen) Fläche von 38% der Landessammelstelle werden Abfälle aus Medizin, Forschung und Industrie zwischengelagert.38 (BACKMANN 2015) In der Landessammelstelle befanden sich zum 31.12.2017 54 m³ konditionierte Abfälle in 173 Fässern.

Die ältesten Gebinde wurden 1965 in die Landessammelstelle eingelagert; die eingelagerten Abfallgebinde wurden 2000/2001 (bis auf wenige Ausnahmen) saniert, indem die Abfälle in Edelstahlfässer umgepackt und dabei vakuumgetrocknet wurden. Ein kleinerer Teil wurde lediglich getrocknet und in Stahlfässer umgepackt und die nicht sanierten Fässer wurden z.T. in Überfässer eingestellt. Bei der Abfallsanierung fielen unter anderem falsch deklarierte Abfallfässer auf. Die ältesten heute noch dort lagernden Gebinde, die 2000/2001 nicht mit saniert wurden, stammen aus dem Jahr 1971, die neuesten wurden 2012 als Sammelfässer angelegt und zuletzt 2015 teilbefüllt. Regelmäßige Auslagerungen finden nicht statt. In den Jahren 2000 und 2001 erfolgte ein Umpacken des Inhalts von 132 Gebinden aufgrund beginnender Korrosion an den Behältern.

Die Korrosion von 200-l-Stahlblechfässern ist zuerst bei den Landessammelstellen aufgetreten und dort deutschlandweit ein bekanntes Problem39, das wesentlich aus der überlangen Lagerung der hierfür nicht vorgesehenen Fässer und den bis 1985 nicht geforderten Korrosionsschutzmaßnahmen bei den Fässern resultiert. Das übliche Verfahren bei Landessammelstellen war, korrodierte oder korrosionsgefährdete 200-l-Fässer in 280-l-Überfässer einzustellen. Aufgrund von auffälligen Werten der Luftaktivitätsüberwachung wurden im Jahr 2000 Korrosionsspuren an einzelnen Fässern entdeckt.

Diese ließen den Austritt des Edelgases (Radon) Rn-222 zu. Weitere radioaktive Stoffe sind nicht ausgetreten. Das Überwachungskonzept wurde überarbeitet, insbesondere wurden die visuellen Kontrollen intensiviert und um die Kontrolle eines unabhängigen Sachverständigen erweitert. Bisher sind keine weiteren Korrosionsprobleme aufgetreten. (BACKMANN 2015)

4.10.2 Lagerung an den AKW Standorten Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel

Die BGZ betreibt bisher keine LAW/MAW-Zwischenlager in Schleswig-Holstein. Für die AKWs Brunsbüttel und Krümmel sind die Errichtung von Lagern für die Zwischenlagerung der schwach- und mittelradioaktiven Abfälle für 13.000 m³ bzw. 7.000 m³ geplant. Für den Abbau des AKW Brokdorf ist der Bau einer Transportbereitstellungshalle (TBH-KBR) geplant.

Auf dem Gelände des AKW Brunsbüttel befinden sich die Transportbereitstellungshallen (TBH) I und II. Es sind separate Gebäude, die jeweils für eine Gesamtaktivität von 1 E17 Bq genehmigt sind. Sie verfügen über eine Lüftungsanlage, die für eine gerichtete Luftströmung und Klimatisierung sorgt. Die Raumluft wird durch kontinuierliche Aerosolprobenahmen mit wöchentlicher Auswertung überwacht.

Bei Bedarf ist eine Abluftfilterung möglich. Genehmigungen nach Strahlenschutzverordnung wurden 1982 sowie 1995 zeitlich beschränkt erteilt und in der Folge jeweils verlängert, zuletzt bis zum 31.12.2021. Zum Stichtag 31.12.2017 waren dort 220,8 Mg Rohabfälle und vorbehandelte Abfälle, 44 m³ konditionierte Abfallprodukte in 119 Fässern sowie 2.477 m³ Abfälle in 650 Endlagergebinden gelagert.

Am Standort des AKW Krümmel befinden sich Lagerkapazitäten von ca. 1.700 m³. Zur Zwischenlagerung werden ebenfalls Kavernen und ein Fasslager genutzt. Das älteste Gebinde wurde

38 Die Einlagerungskapazitäten Niedersachsens sind ausgeschöpft, so dass Niedersachsen daneben eine eigene Landessammelstelle eingerichtet hat.

39 Neben den Erörterungen auf fachlicher Ebene ist das Thema auch wissenschaftlich aufgearbeitet worden.

Sowohl im Rahmen der Ist-Erhebung für das „Anforderungskonzept zur langfristigen Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle aus Landessammelstellen“ (ISTeC-A 595, 2002) als auch im Bericht „Untersuchungen zur Sicherheit gegen Behälterkorrosion in Langzeitzwischenlagern (Institut für Werkstoffkunde Leibniz Universität Hannover, 2007) wird die Problematik bei bundesweit rund 1.000 Gebinden mit korrosiver Schädigung aufgearbeitet.

49 1986 befüllt und seitdem im Fasslager aufbewahrt. Das Einlagern von neuen Gebinden unterliegt einem betrieblichen Prozess und wird nach Bedarf durchgeführt. Es erfolgt ein regelmäßiger Abtransport von radioaktiven Abfällen zu externen Konditionierungsstätten oder zu externen Aufbewahrungsmöglichkeiten (Brunsbüttel TBH 2, Zwischenlager Ahaus, Zwischenlager Gorleben).

Alle Räume des Kontrollbereichs sind Bestandteil des nuklearen Lüftungssystems und werden gemäß den Vorgaben aus dem Betriebshandbuch betrieben. Es gab keine mit Brunsbüttel vergleichbaren Probleme. Dies haben u.a. Kamerainspektionen aller Fässer in den Kavernen und im Fasslager ergeben.

In den vergangenen Jahren sind außerdem bei Handhabungen der Fässer neben Sichtkontrollen auch Beprobungen der Verdampferkonzentrate durchgeführt worden. Es wurde dabei festgestellt, dass die Trocknung der Fassinhalte ausreichend gewesen war und keine Nachtrocknung erforderlich ist.

(SHLT 2014a)

Im AKW Brokdorf gibt es bisher keine Lagereinrichtung für eine langfristige Zwischenlagerung. Dort bestehen keine mit Brunsbüttel vergleichbaren Probleme (Kavernen, Verweilzeiten, Abfallbehandlungen). Im Aufbereitungsgebäude und im Reaktorhilfsanlagengebäude werden schwach- und mittelradioaktive Abfälle drei bis vier Jahre zum Abtransport (Lagerkapazität 560 m³) bereitgestellt.

(SHLT 2014a) Die Konditionierung der Abfälle erfolgt kampagnenweise z.B. für Verdampferkonzentrate mit einer mobilen Trocknungsanlage durch einen Dienstleister. Anschließend werden diese Abfälle in die Zwischenlager für radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung in Gorleben bzw. Ahaus transportiert. Die Lagerzeit kann in Einzelfällen aber stark abweichen. Das älteste gelagerte Gebinde stammt aus 1986 (Filterkerzen).

Bei einer betreiberseitigen visuellen Inspektion der eingelagerten Gebinde auf Unversehrtheit und Dichtheit gemäß einer internen Prüfanweisung wurde im Jahr 2001 Lochfraß an 4 Edelstahlfässern festgestellt. Es traten geringe Mengen Fassinhalt durch sehr kleine Löcher aus. Dieser Austritt war visuell zu erfassen, allerdings messtechnisch in der Raumluft nicht nachzuweisen. Es wurden von der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde und dem Sachverständigen keine weiteren Maßnahmen festgelegt.

Ein Umpacken von Gebinden aufgrund von Schäden erfolgte nicht. (BACKMANN 2015)

5 Der Vorfall im AKW Brunsbüttel und die Konsequenzen

Anfang 2012 wurde im AKW Brunsbüttel die Wandung eines Fasses mit Korrosionsschäden bei einer Umsaugaktion durch eine ungeplant langandauernde mechanische Belastung nahezu völlig zerstört. Bei der im Anschluss von der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht angeordneten Inspektion der Kavernen (unterirdischen Lagerräumen), aus denen das Fass stammte, fanden sich bis zum Ende 2014 eine Vielzahl weiterer Fässer mit starken und stärksten Schäden bis hin zum Integritätsverlust.

Diese Befunde warfen für die schleswig-holsteinische Atomaufsicht, die Landespolitik und die Öffentlichkeit eine Reihe von Fragen auf. Im Ergebnis erfolgte so erstmals für ein Bundesland eine übergreifende, systematische Betrachtung der Korrosionsproblematik für sämtliche Lagerstätten einschließlich einer historischen Aufarbeitung, der Erstellung eines landesweiten Lagerstättenkatasters und der Überprüfung der bestehenden Kontrollmechanismen.

Von Oktober 2014 bis März 2015 hat sich die Arbeitsgruppe „Vermeidung von Schäden bei der Lagerung von Atomabfällen“ bei der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht mit den Ursachen der Korrosion von Fässern mit vernachlässigbar wärmeentwickelnden radioaktiven Abfällen in Schleswig-Holstein befasst.

Bedeutung im Hinblick auf Sicherheitsbelange erlangt dieser Vorgang dadurch, dass er als Indikator für die vorhandene bzw. nicht vorhandene Sicherheitskultur anzusehen ist. Insgesamt ist dabei festzustellen, dass dem Bereich des radioaktiven Abfalls nicht die angemessene Beachtung beigemessen wurde.

Insbesondere wurden Veränderungen in den Randbedingungen und Perspektiven nicht in angemessener Weise mit den Schutzzielen abgeglichen und keine Handlungsmaßnahmen abgeleitet und umgesetzt.

50 Die Lagerung in Kavernen stellt die Ausnahme dar und findet sich nur in den Siedewasserreaktoren der Baulinie 69 (Brunsbüttel, Krümmel, Philippsburg 1 und Isar 1). (DBT 2012a)