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1. Einleitung und Forschungsstand

1.3 Schlafprobleme und Substanzkonsum

Bei Kindern und Jugendlichen haben diverse Studien einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Schlafstörungen und dem Konsum psychotroper Substanzen hergestellt. Dazu zählen Substanzen wie Tabak, Alkohol, Marihuana (Shibley et al.

2008; Gromov und Gromov 2009; Pasch et al. 2012) und Koffein (Manni et al. 1997;

Pollak und Bright 2003; Ohida et al. 2004; Orbeta et al. 2006; Chung und Cheung 2008; Yen et al. 2008; Calamaro et al. 2009; Huang et al. 2010; Drescher et al. 2011;

Warzak et al. 2011; Zhang et al. 2011; Calamaro et al. 2012).

Der schlafstörende Einfluss vor allem von Rauchen und Alkoholgenuss konnte bereits in mehreren Studien gezeigt werden. Allerdings ist bislang wenig über die Auswirkungen von Kaffeekonsum auf den Schlaf von Kindern und Jugendlichen bekannt. Dabei fehlen insbesondere Studien, die Kaffeekonsum auf seine Rolle als potenziellen Confounder hin überprüfen, welcher möglicherweise die Assoziation der anderen Substanzen mit Schlafstörungen beeinflusst. Dies ist bedeutsam wenn angenommen wird, dass Jugendliche, die mehr rauchen und/oder Alkohol zu sich nehmen, auch mehr Kaffee konsumieren. Es gilt dabei zu beachten, dass Koffein die weltweit am häufigsten konsumierte ZNS-Stimulanz ist und von Erwachsenen (Roehrs und Roth 2008) und Jugendlichen (Temple 2009) häufig konsumiert wird.

Folglich hat die Nichtberücksichtigung von Kaffeegenuss in einigen früheren Kinderschlafstudien möglicherweise zu einer Überschätzung der Effekte des Rauchens und Alkoholkonsums geführt.

1.3.1 Forschungsstand Rauchen

In einer Übersichtsarbeit von Jaehne et al. zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen subjektiven und objektiven Parametern von Schlafproblemen und dem Konsum von Tabak bzw. Nikotin (Jaehne et al. 2009). Gleichermaßen ergab sich in

täglich oder mehr signifikant mit allgemeiner Schlafunzufriedenheit assoziiert (Ohayon und Zulley 2001). In einer weiteren in den USA durchgeführten Studie konnte gezeigt werden, dass der regelmäßige Konsum von Zigaretten und Alkohol bei 12- bis 17-jährigen Schülern signifikant mit Schlafproblemen in Verbindung stand (Johnson und Breslau 2001). Dieser Zusammenhang blieb in der Studie konsistent, nachdem für die Variablen Alter, Geschlecht, Ethnizität und familiäres Einkommen kontrolliert wurde. Unter Berücksichtigung externaler und internaler psychiatrischer Probleme war die Assoziation jedoch nicht mehr signifikant (Johnson und Breslau 2001). Einige Longitudinalstudien zu diesem Thema ließen zudem kausale Zusammenhänge zwischen Rauchen und dem Auftreten von Schlafproblemen bei Jugendlichen vermuten (Patten et al. 2000; Wong et al. 2009; Zhang et al. 2011;

Pasch et al. 2012).

Darüber hinaus zeigten auch weitere epidemiologische Studien eindeutige Zusammenhänge zwischen dem Zigarettenrauchen und dem Auftreten von Schlafproblemen bei Kindern und Jugendlichen, mit oder ohne Beeinträchtigung der Tagesbefindlichkeit (Tynjala et al. 1993; Manni et al. 1997; Tynjala et al. 1997;

Vignau et al. 1997; Huang et al. 2010; Mak et al. 2010). Von den oben aufgeführten Studien berücksichtigten jedoch nur einige den Konsum von Kaffee bzw. Koffein (Manni et al. 1997; Tynjala et al. 1997; Ohayon und Zulley 2001; Ohida et al. 2004;

Chung und Cheung 2008; Huang et al. 2010; Zhang et al. 2011). Keine einzige Studie hat bislang die Frage gestellt, ob Kaffeekonsum die Stärke der Assoziation der anderen Substanzen mit dem Auftreten von Schlafstörungen beeinflusst.

1.3.2 Forschungsstand Alkohol

Der störende Einfluss von Alkohol auf die Schlafarchitektur und die Schlafqualität wurde bereits in einigen umfassenden Übersichtsarbeiten dargelegt (Brower et al.

2001; Roehrs und Roth 2001; Ohayon 2002; Brower 2003; Shibley et al. 2008;

Gromov und Gromov 2009). Der Zusammenhang von Schlafproblemen und

1. Einleitung und Forschungsstand al. 2004; Kaneita et al. 2006; Chung und Cheung 2008; Roane und Taylor 2008;

Roberts et al. 2008; Wong et al. 2009; Zhang et al. 2011; Pasch et al. 2012). Zudem lassen einige bereits zitierte Langzeitstudien auch für die Substanz Alkohol an einen kausalen Zusammenhang mit dem Auftreten von Schlafveränderungen denken (Wong et al. 2009; Zhang et al. 2011; Pasch et al. 2012).

Im Gegensatz dazu ergab eine Studie von Ohayon et al. nur eine Prävalenz von 0,1 % für alkoholbezogene Schlafstörungen in einer Studienpopulation von 15- bis 24-jährigen Jugendlichen und Erwachsenen (Ohayon und Roberts 2001). Darüber hinaus zeigte sich kein Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und allgemeiner Schlafunzufriedenheit in einer weiteren Studie (Ohayon und Zulley 2001). Es muss konstatiert werden, dass nur wenige der oben aufgeführten Studien zusätzlich den Konsum von Kaffee bzw. Koffein als potenziellen Confounder berücksichtigten (Manni et al. 1997; Tynjala et al. 1997; Ohayon und Zulley 2001; Ohida et al. 2004;

Chung und Cheung 2008; Zhang et al. 2011). Zudem gibt es keine Studie, die untersucht hat, ob Kaffeekonsum die Stärke der Assoziation der Substanzen Alkohol, Tabak und Marihuana mit dem Auftreten von Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen beeinflusst.

1.3.3 Forschungsstand Marihuana

Delta-9-Tetrahydrocannabiol ist diejenige Komponente von Marihuana bzw.

Cannabis, welche für die psychoaktiven Effekte dieser Droge verantwortlich gemacht wird (Grotenhermen 2003). Eine Übersichtsarbeit von Schierenbeck et al. zeigte weiterhin, dass Marihuanakonsum einschlaffördernd wirkt und den Tiefschlafanteil erhöht, wobei der REM-Schlafanteil gleichzeitig reduziert wird. Allerdings führt das Absetzen der Droge nach regelmäßigem Konsum zu Rebound-Effekten, wie etwa dem Auftreten von Schlafstörungen und unangenehmen Träumen (Schierenbeck et al.

2008). Ähnliche Auswirkungen wurden ebenfalls in einer Übersichtsarbeit über die

Vergleich zu Nicht-Konsumenten signifikant häufiger mit dem Gebrauch von Marihuana assoziiert (Johnson und Breslau 2001; Roane und Taylor 2008; Wong et al. 2009; Pasch et al. 2012). Dabei zeigte eine Längsschnittstudie, dass frühkindliche Schlafprobleme bei Jungen das Risiko für Marihuanakonsum im Jugendalter erhöhten, nicht aber bei Mädchen (Wong et al. 2009).

Jedoch wurde auch das Fehlen eines signifikanten multivariaten Zusammenhanges zwischen Schlafproblemen und Marihuanakonsum berichtet (Roberts et al. 2004).

Grundsätzlich ist zu konstatieren, dass die internationale Datenlage bezüglich des Verhältnisses von Marihuanakonsum und Schlafstörungen bei Jugendlichen ergänzungsbedürftig ist. Es lässt sich ferner sagen, dass bisher keine Studie den Einfluss von Kaffeekonsum auf die Assoziation von Marihuana und Insomniebeschwerden bei Kindern und Jugendlichen untersucht hat. Außerdem existiert bislang keine verlässliche Angabe darüber, inwiefern Marihuanakonsum einen epidemiologisch relevanten Risikofaktor für das Auftreten von Insomniebeschwerden bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland darstellt.

1.3.4 Forschungsstand Kaffee/Koffein

Als nicht-spezifischer Adenosinrezeptor-Antagonist führt Koffein beim Menschen zu einer erhöhten Einschlaflatenz, einer verminderten Gesamtschlafzeit (TST) und einer Fragmentierung des Schlafmusters (Porkka-Heiskanen 2011).

Aus epidemiologischer Sicht gibt es eindeutige Hinweise darauf, dass sowohl bei Erwachsenen (Roehrs und Roth 2008) als auch bei Kindern und Jugendlichen (Manni et al. 1997; Pollak und Bright 2003; Ohida et al. 2004; Orbeta et al. 2006; Chung und Cheung 2008; Yen et al. 2008; Calamaro et al. 2009; Huang et al. 2010; Drescher et al. 2011; Warzak et al. 2011; Zhang et al. 2011; Calamaro et al. 2012) eine Assoziation von regelmäßigem Kaffee- bzw. Koffeinkonsum und Insomnie-beschwerden besteht. So zeigten sich Zusammenhänge von Koffeineinnahme und verminderter Schlafqualität in einer italienischen Studie mit jugendlichen Probanden

1. Einleitung und Forschungsstand mit kürzerer Nachtschlafzeit, erhöhter Wachzeit nach dem Einschlafen (WASO), sowie vermehrtem Tagesschlaf assoziiert war (Pollak und Bright 2003). Eine weitere Koffein-fokussierte Kinderschlafstudie ergab ebenfalls eine signifikante Assoziation zwischen Schlafschwierigkeiten mit einhergehender morgendlicher Müdigkeit und einer häufigen Koffeineinnahme bei 11- bis 17-jährigen amerikanischen Kindern und Jugendlichen, kontrolliert für Alter, Geschlecht und Ethnizität (Orbeta et al. 2006).

Die oben zitierte epidemiologische Studie von Ohida et al. ergab einen Zusammenhang von Kaffee- und Teekonsum mit verschiedenen Schlafparametern (Ohida et al. 2004).

In einer Studie über eine 12- bis 19-jährige Population von chinesischen Kindern und Jugendlichen war Kaffeekonsum bivariat signifikant mit einigen Schlafvariablen assoziiert (i.e. Gesamtschlafdauer, Schlafqualitäts-Index (SQI), Epworth-Sleepiness-Scale (ESS)). Dabei blieb in der schrittweisen logistischen Regressionsanalyse jedoch lediglich die verminderte Schlafzeit an Schultagen signifikant im Modell erhalten (Chung und Cheung 2008). In einer Longitudinalstudie mit 9-jährigen chinesischen Kindern war Kaffeekonsum von mehr als drei Mal pro Woche assoziiert mit Insomnie sowie deren Persistenz bei der fünf Jahre später durchgeführten Kontrollstudie. Dieses Ergebnis blieb auch unter Berücksichtigung verschiedener Confounder signifikant (Zhang et al. 2011).

Im Gegensatz dazu stand Kaffeekonsum in einigen Studien weder in einem Zusammenhang mit Schlafproblemen (Tynjala et al. 1997; Reid et al. 2002) noch mit allgemeiner Schlafunzufriedenheit (Ohayon und Zulley 2001).

Von allen oben aufgelisteten Studien beschäftigte sich keine mit dem Effekt des Kaffeekonsums auf die Stärke der Assoziation der Substanzen Tabak, Alkohol und Marihuana, verbunden mit dem Auftreten von Schlafbeschwerden. Darüber hinaus waren die meisten Arbeiten, welche sich explizit mit Kaffee- bzw. Koffeinkonsum und Kinderschlaf befassten, in ihrem Spektrum an Substanzen und/oder Confoundern zu limitiert, um allgemeingültige Aussagen zu treffen (Pollak und Bright 2003;