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Risikostratifizierung beim akuten Koronarsyndrom

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ESRD Pre-ESRD

4.2 Diskussion der Ergebnisse

4.2.1 Die klinische Anwendung der biochemischen Marker bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom

4.2.1.2 Risikostratifizierung beim akuten Koronarsyndrom

a) Nicht selektionierte Patienten mit akutem Koronarsyndrom:

Myoglobin- und Troponin I-Studie

Wir führten zwei Studien an 200 (Myoglobin-Studie) bzw. 162 (Troponin I-Studie) nicht selektionierten Patienten mit akutem Koronarsyndrom durch. Die prognostische Aussagekraft der Marker wurde in den Tabellen 11, 12, 14 und 15 sowie der Abbildung 11 dargestellt.

Die Tabelle 11a gibt einen Überblick über die Ereignisrate in der Myoglobin-Studie im 6-Wochen-Follow up. Das häufigste kardiale Ereignis war eine weitere Episode instabiler Angina pectoris, möglicherweise als Ausdruck einer Restenose im

interventionell behandelten Gefäß oder einer inkompletten Revaskularisierung mit residualer Ischämie. Die hohe Inzidenz erneuerter kardialer Ischämie im 6-Wochen-Follow up unserer Studie bestätigt, daß eine konsequente Belastungsdiagnostik nach einem AMI erforderlich ist18, um sowohl die negativen Folgen unerkannter residualer Ischämie, als auch die unerwünschten Wirkungen einer aggressiven invasiven Therapie zu vermeiden109.

Aus der logistischen Regressionsanalyse ergab sich ein unabhängiger prognostischer Wert für kardiales Troponin I und die CK-MB-Masse, nicht aber für Myoglobin und die CK-MB-/CK-Aktivität (siehe Tabelle 11b). Der prognostische Nutzen war lediglich unter Verwendung aller über 24 Stunden erhobenen Meßwerte nachweisbar, obwohl andere den Nutzen einer singulären Troponin-Bestimmung bei Aufnahme belegen konnten31. Auch in dieser Studie von Newby et al. werden aber durch eine weitere Bestimmung nach 16 Stunden signifikant mehr Patienten mit hohem Risiko identifiziert. Es sind weitere Studien erforderlich, um zu klären, ob frühe Troponin-Messungen allein ausreichend sind, um eine Risikostratifizierung in einem Kollektiv mit hoher Infarktprävalenz vorzunehmen.

Die logistische Regressionsanalyse in unserer Studie war für Alter, Geschlecht, Art der Therapie und Diagnose AMI kontrolliert. Die Bestimmung von kardialem Troponin verbessert also nicht nur, wie oben ausgeführt, die Diagnosefindung, sondern ermöglicht eine Risikostratifizierung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom. Es konnte gezeigt werden, daß dies für die gesamte Studienpopulation und nicht nur für eine retrospektiv selektionierte Gruppe von Patienten mit instabiler Angina pectoris gilt.

Ein unerwartetes Ergebnis unserer Studie war, daß die Odds ratio in Hinblick auf den primären Endpunkt für den niedrigen, vom Hersteller empfohlenen Troponin I-Cutoff von 1,5µg/L geringer war (OR 2,00; siehe Tabelle 11b), als für den Cutoff von 3,1µg/L (OR 3,31; siehe Tabelle 11b). Auch in der Troponin I-Studie lagen die optimalen Cutoffs deutlich über den gewöhnlich empfohlenen Grenzwerten (siehe Abbildung 11 und Tabelle 15).

NACB und IFCC hatten empfohlen, zwei Cutoffs einzuführen, um eine höhere Zahl von Patienten mit myokardialer Schädigung zu identifizieren, welche noch nicht die WHO-Kriterien des akuten Myokardinfarkts erfüllten37; 108. Das Konsensus-Komittee der ESC und des ACC hatte darauf aufbauend die 99%-Perzentile gesunder

Probanden als Troponin-Grenzwert zur Definition des AMI empfohlen12. Die entsprechenden Daten sind leider bisher nicht verfügbar. In unserer Studie wurde die höhere Odds ratio mit dem für den WHO-AMI gültigen Cutoff erzielt. Zahlreiche Patienten mit geringeren Troponin-Erhöhungen hatten somit keine Ereignisse im Follow up. Die Verteilung der Ereignisse nach Troponin-Status und Diagnose sind in Tabelle 12 zusammengefaßt. Dies bestätigt Ergebnisse von Lindahl et al., die eine positive Korrelation zwischen der Höhe des Troponin-Wertes und der Häufigkeit ungünstiger kardialer Ereignisse fanden110.

b) Patienten mit atypischer oder milder Symptomatik: Troponin T-Studie

Troponin T ist ein gut untersuchter biochemischer Marker für die Diagnosestellung eines AMI27; 36; 102; 103; 107; 111-114. Bereits ebenfalls gut belegt ist der prognostische Nutzen von Troponin T bei der schweren instabilen Angina pectoris. Patienten mit erhöhtem Troponin T haben eine höhere kardiale Morbidität und Letalität im Vergleich zu den Troponin T-negativen Patienten29; 30; 83; 105; 115.

Unsere Studie beschäftigte sich mit der speziellen Fragestellung, ob Troponin T-Messungen ergänzende prognostische Aussagen bei Patienten mit atypischer oder milder instabiler Angina pectoris-Symptomatik (Braunwald Klasse I) ermöglichen, bei denen ein akuter Myokardinfarkt nach WHO-Kriterien initial ausgeschlossen worden war. Es konnte gezeigt werden, daß auch in dieser Patientengruppe erhöhte Troponin T-Werte ein gesteigertes kardiovaskuläres Risiko im Krankenhaus sowie nach drei und 6 Monaten anzeigen (siehe Abbildung 12). Eine andere Studie mit einer deutlich höheren Infarkt-Prävalenz (37% verglichen mit 13% in unserer Studie) konnte übereinstimmend belegen, daß Troponin T-Erhöhungen die Langzeitprognose vorhersagen116. Es muß allerdings betont werden, daß die Symptomatik der Patienten117, insbesondere nach Braunwald klassifiziert118, sowie auch nicht-diagnostische ST-T-Strecken Veränderungen im EKG116 eine signifikante prognostische Aussagekraft neben Troponin T haben. Aufgrund der Tatsache, daß unsere Patientengruppe eine vergleichsweise milde Symptomatik aufwies, ergibt die zusätzliche Bestimmung von Troponin T einen substantiellen Zugewinn an Information über die Prognose dieser Patienten, die nicht aus der klinischen Präsentation und dem EKG abzuleiten ist.

Die schlechtere Langzeit-Prognose (siehe Abbildung 12) war im wesentlichen durch die initial höhere Ereignisrate der Troponin T-positiven Patienten bedingt.

Offensichtlich charakterisiert das erhöhte Troponin T ein akutes instabiles Geschehen. Anschließend hatten beide Patientengruppen eine ähnlich hohe Morbidität und bestätigen frühere Einschätzungen der eingeschränkten Prognose von Patienten, die mit dem Verdacht eines AMI im Krankenhaus aufgenommen werden112.

Es ist kritisch anzumerken, daß in unserer Studie nur 11 Patienten Troponin T-positiv waren. Einer dieser Patienten verstarb an einem AMI noch im Krankenhaus. Ein weiterer Patient verzog nach Krankenhausentlassung unbekannt und konnte nicht erneut kontaktiert werden. Ein weiterer Patient verweigerte die Befragung nach 6 Monaten, war allerdings sicher am Leben. Somit war das Follow up bei 9 von 10 lebend entlassenen Troponin T-positiven Patienten nach drei Monaten und bei 8 von 10 nach 6 Monaten vollständig. Ein entscheidender Selektionsfehler ist somit wenig wahrscheinlich, jedoch nicht auszuschließen.

Troponin T ist nicht der einzige geeignete Marker zur Risikostratifizierung bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom. Es war insbesondere interessant, neuere Testsysteme für Troponin I, aber auch die CK-MB-Masse in Hinblick auf ihren prognostischen Nutzen zu untersuchen, da auch für diese Marker ein prognostischer Nutzen gezeigt werden konnte105. Es erscheint allerdings wichtig, die Marker in einer Gruppe von nicht selektionierten Patienten mit akutem Koronarsyndrom zu untersuchen, da insbesondere die instabile Angina pectoris und der kleine, nicht transmurale Myokardinfarkt ohne ST-Streckenhebungen bei Aufnahme eines Patienten nicht sicher zu unterscheiden sind. Die Interpretation von Troponin-Werten unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Therapieoptionen muß aber sofort erfolgen.

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