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B. Hauptteil

1. Synthese der Modellguaianolide

1.3 Ringschlussmetathese

Um das aus der Sakurai Allylierung erhaltene Dien 47 in das 5-7-5 Ringsystem zu überführen, bediente man sich der Ringschlussmetathese. In den 1990er und 2000er Jahren wurde intensiv an der Entwicklung von Katalysatoren gearbeitet um die Effizienz dieser wichtigen Reaktion in der organischen Synthese zu verbessern. Besonders durch die Entwicklung von definierten, strukturell einheitlichen Metallalkylid-Komplexen mit hoher Stabilität, Aktivität und Toleranz gegenüber funktionellen Gruppen war es möglich, dass viele neue Anwendungsgebiete erschlossen werden konnten.[123] Die Bedeutung der Metathese wurde 2005 mit der Vergabe des Chemie Nobelpreises an Yves Chauvin, Richard R. Schrock und Robert H. Grubbs für deren ‚Forschungen zur Metathese in organischen Synthesen’ gewürdigt. Letzterer hatte sich um die Entwicklung von Rutheniumalkyliden-Katalysatoren verdient gemacht, die sich durch verbesserte Toleranz in Bezug auf viele funktionelle Gruppen und durch erhöhte Stabilität im Vergleich zu den molybdänhaltigen Katalysatoren von Schrock auszeichnen. Besonders die Einführung heteroleptischer N-heterocyclischer Liganden (NHC-Liganden) brachte hier immense Fortschritte.[124]

Abb. 14: Rutheniumhaltige Ringschlussmetathesekatalysatoren.[125]

Die Aufklärung des Mechanismus der Metathesereaktion begann bereits 1971 durch Yves Chauvin[126] und ist heute dank weiterführender experimenteller Beobachtungen und theoretischer Berechnungen allgemein anerkannt.[127]

Demnach bildet sich nach Dissoziation der PCy3-Gruppe aus A intermediär ein 14-Elek-tronenkomplex an dessen freie Koordinationsstelle sich das Dien B anlagert (Schema 21).

Nach [2 + 2]-Cycloaddition des 16-Elektronenkomplexes C zerfällt das Metallacyclobutan D in einer anschließenden Cycloreversion unter Freisetzung von Ethen zu E, welches nach wiederholter Cycloaddition zu F unter Abgabe des cyclisierten Produkts G zum

B. Hauptteil, 1. Synthese der Modellguaianolide 35 14-Elektronenkomplex H reagiert. Dieser nimmt nach der Bindung von PCy3 erneut am Katalysezyklus teil. Das abgespaltene Ethen kann ebenfalls in einer Nebenreaktion mit dem Katalysator reagieren, so dass das Intermediat I entsteht.[109]

Präkatalysator

Schema 21: Katalysezyklus der Ringschlussmetathese mit dem Grubbs-Katalysator der zweiten Generation 64 (Schema und Erläuterung nach[101]).

Für die Diene 47, 60 und 62 erwies sich der Metathesekatalysator 64 als der Effizienteste.[109]

Obwohl dieser Katalysator allgemein eine hohen Toleranz gegenüber funktionellen Gruppen aufweist,[125] verhinderten die freien OH Gruppen dieser Substrate eine direkte Metathesereaktion, so dass diese störende Funktionalität zuerst geschützt werden musste. Man versuchte dies zuerst mit Hilfe einer Acetylschutzgruppe, die durch Essgisäureanhydrid in fast quantitativen Ausbeuten eingeführt wurde.

Die anschließende Ringschlussmetathese wurde in wasserfreien Toluol bei 80 °C durchgeführt. Dabei waren Ansatzgrößen von bis zu 400mg 67 als Startmaterial möglich. Das

B. Hauptteil, 1. Synthese der Modellguaianolide 36 dabei entstehende Ethen (vgl. Schema 21) wurde durch kontinuierlichen Stickstoffstrom aus dem Reaktionsansatz vertrieben und somit das Gleichgewicht auf die Seite des Produkts verschoben.[128]

Schema 22: Acetylschützung des Diens 47 und anschließende Ringschlussmetathese zu 68.

Reagenzien und Bedingungen: a) abs. DCM, N2, 1.5 Äquiv. NEt3, 0.1 Äquiv. DMAP, 1.5 Äquiv. Ac2O, RT, 6 h, 90 %, dv (1'S/1'R) = 93:7; b) abs. Toluol, 80 °C, N2, 15 mol% (4,5-DihydroIMES)(PCy3)Cl2Ru=CHPh (49), 7 h, 98 %, dv (4S/R) = 93:7.

Durch den schwierigen Aufbau der tetrasubstituierten Doppelbindung benötigte man für diesen Ansatz die verhältnismäßig große Menge von 15 mol% Metathese Katalysator (64), der in drei Tranchen á 5 mol% zugegeben werden musste. Die Reaktionsausbeute war mit 98 % dadurch aber hervorragend. Bedingt durch die Acetylschutzgruppe konnte man den Reaktionsverlauf durch DC-Kontrolle sehr gut verfolgen, da das Startmaterial 67, sowie die beiden acetylierten Diastereomere 68 nach der Metathese unterschiedliches Laufverhalten zeigten. Dies hatte den Vorteil, dass man die Diastereomere nun chromatographisch trennen konnte, so dass man zum Aufbau einer Substanzbibliothek das Dien 67 auch als Diastereomerengemisch einsetzen konnte. Es zeigte sich zudem, dass sich das Diastereomerenverhältnis während der Ringschlussmetathese nicht änderte, die Stereochemie an C-4 also keinen Einfluss auf den Ablauf der Metathese hatte. Die anschließende Entschützung des Alkohols führte allerdings gerade bei Substraten mit unsubstituierten 5-Ring (68) aufgrund einer Umlaktonisierungsreaktion[109, 129]

zu einem Umlagerungsgemisch zwischen gewinkelten (69) und linearen (70) Modellguaianoliden, bei einer für Entschützungen schlechten Gesamtausbeute von nur 49 %.

Schema 23: Umlagerung zum linearen Modellguaianolid 70 durch Umlaktonisierung während der Acetylentschützung.

Reagenzien und Bedingungen: MeOH, 0 °C - RT, 0.4 Äquiv. K2CO3, 15 h, 49 %.

B. Hauptteil, 1. Synthese der Modellguaianolide 37 Auch durch Variation der Entschützungsreagenzien (NEt3, NaOH, tBuOK, Hydrazin) und Lösungsmittel (THF, ACN) konnte diese Umesterung nicht minimiert werden, so dass die Acetyl-Schutzgruppenstrategie aufgegeben werden musste.

Als neue Schutzgruppe wählte man Triethylsilyl (TES) aus. Die Einführung mithilfe von Triethylsilylchlorid lief ebenfalls fast quantitativ ab. Bei der Metathese erreichte man mit dem obig beschriebenen Protokoll allerdings nur 80 % Ausbeute.[109]

Wurde diese Reaktion hingegen in der Mikrowelle bei 300 Watt durchgeführt, so steigerte sich bei 18 mol% (DihydroIMES)(PCy3)Cl2Ru=CHPh (64) die Ausbeute auf sehr gute 92 %.

Auch die Reaktionszeit verringerte sich dadurch von 7 h auf 90 min, wobei nach 25 und 50 min die zweite und dritte Tranche des Metathesekatalysators zugegeben wurde. Allerdings war die Ansatzgröße hier auf 100 mg Startmaterial limitiert.

Schema 24: TES Schützung des Diens 47 und anschließende Ringschlussmetathese zu 72.

Reagenzien und Bedingungen: a) abs. DCM, N2, 2.0 Äquiv. NEt3, 1.25 Äquiv. TESCl, RT, 48 h, 92 %, dv (1'S/1'R) = 93:7; b) abs. Toluol, Mikrowelle, 300 W, 90 min, kontinuierlicher N2-Strom, 18 mol%

(DihydroIMES)(PCy3)Cl2Ru=CHPh (64), 92 %, dv (4S/R) = 93:7.

Die Ausbeute konnte sogar auf 95 % erhöht werden, wenn das Lakton des Diens an der α-Position methyliert war (75, s. Kapitel 1.4).

Die Arbeitsgruppe von Karol Grela entdeckte 2008 die fördernde Wirkung von perfluorierten Lösungsmitteln bei Metathesereaktionen.[130] Gerade die Bildung von tetrasubstituierten Doppelbindungen, die gewöhnlich sehr hohe Mengen an Metathesekatalysatoren benötigen,[131] erbrachten in den Studien von Grela et al. bei Verwendung von perfluorierten aromatischen Lösungsmitteln bessere Ausbeuten, bei deutlich reduzierten Einsatz von Ru-Katalysatoren. Es bot sich deshalb an, diesen Ansatz mit den TES-geschützten Dienen zu erproben, deren Metathesereaktionen zwar sehr gute Ausbeuten lieferten, für einen vollständigen Umsatz aber mit 18 mol% sehr hohe Mengen an Katalysator nötig waren. Als Lösungsmittel wurde kommerziell erhältliches Perfluortoluol verwendet, als Substrat das α-methylierte Dien 75, sowie das acetylgeschützte Cyclohexyllakton 73 die im obig beschriebenen Mikrowellenprotokoll mit (DihydroIMES)(PCy3)Cl2Ru=CHPh (64) umgesetzt wurde. Obwohl sich 73 und 75 nicht optimal in Perfluortoluol zu lösen schienen, erhielt man eine Ausbeute von 93, bzw. 87 % bei einem Einsatz von nur noch 9, bzw. 8 mol% 64.

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Tabelle 7: Übersicht über Substrate von Ringschlussmetathesen mit (DihydroIMES)(PCy3)Cl2Ru=CHPh (49).

Eintrag Substrat Katalysator 49 [mol%] Produkt Ausbeute [%]

1

a konventionell durchgeführte Metathese; b Metathese in der Mikrowelle; c Lösungsmittel: Perfluortoluol

B. Hauptteil, 1. Synthese der Modellguaianolide 39 Das verhältnismäßig teure Perfluortoluol konnte nach der Reaktion durch Re-Destillation teilweise wieder zurück gewonnen werden. Die 5-7-5 trizyklischen Ringsysteme waren durch 64 insgesamt besser zugänglich als die 5-7-6 trizyklischen Ringsysteme 74, und 78 (C15 Körper, s. Kapitel 3.2).

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1.4 Aufbau des Michaelakzeptors durch Einführung einer