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Resonante Wellenleitergitter in der Wissenschaft

Die angegebenen Referenzen im Abschnitt zuvor machen deutlich, dass die Reso-nanz von DWG bereits seit vielen Jahrzehnten wissenschaftlich untersucht wird.

Bis zur Entdeckung der Resonanzanomalien durch Golubenko u. a. 1985 sind bereits zuvor viele wichtige Grundlagen für das Verständnis dieser Strukturen ge-schaffen worden. Durch Aufzeichnungen nachweisbare wissenschaftliche Untersu-chungen zu Anomalien an optischen Beugungsgittern beginnen vor gut 100 Jah-ren: 1902 veröffentlicht Robert W. Wood eine Arbeit, in der er seltsame Beu-gungsphänomene an feinmaschigen, metallischen Drahtgittern beschreibt, deren Effekt stark von der Polarisationsrichtung des einfallenden Lichts abhängt. Die von ihm beobachteten hellen und dunklen Banden werden in der Wissenschaft als Woodsche Anomalien bezeichnet und ziehen – mit dem Drang sie aufzuklären – viele, zum Teil namhafte Wissenschaftler in ihren Bann: Unter anderem befassen sich der britische Physiker Rayleigh (1907) sowie der Göttinger Wissenschaftler Voigt (1911) mit diesem Phänomen und schaffen die Grundlagen für eine theo-retische Beschreibung. Im Jahre 1942 verfasst der PhysikerKurt Artmann eine Arbeit über die anomale Reflexion von optischen Strichgittern, dessen Inhalt den damaligen Stand zu den theoretischen Arbeiten zusammenfassend wiedergibt.

Einen wissenschaftlichen Wendepunkt zu den theoretischen Arbeiten auf diesem Gebiet markiert der Beitrag von Hessel und Oliner 1965, in dem zum ersten Mal zwischen Beugungsanomalie nachRayleigh, welche auf das Erscheinen bzw.

Verschwinden von propagierenden Beugungsordnungen zurückzuführen ist, und Anomalien, die durch eine resonante Anregung der metallischen Struktur selbst auftreten, unterschieden wird. So können auch die bis dato durch die Beschich-tung von metallischen Gittern hervorgerufenen Anomalien geklärt werden (Hut-ley und Bird 1973). Mithilfe neuentwickelter holographischer Methoden ist es jedoch Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts möglich periodische Strukturen in dielektrischen Schichten zu erzeugen, wodurch erstmals vollständig dielektrische Gitterstrukturen möglich werden.

Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts untersuchen zwei wissenschaftliche Gruppen unabhängig voneinander die Beugungsphänomene an zum Teil mehrfach beschichteten dielektrischen Gittern: Zunächst zeigenMashev und Popov 1984

1.2 Resonante Wellenleitergitter in der Wissenschaft durch spektrale sowie winkelabhängige (angulare) Messungen, dass in Abhängig-keit der Polarisation ein anomales Resonanzverhalten der −1. Beugungsordnung (Littrow-Anordnung) wahrnehmbar ist. Nahezu zeitgleich untersuchen Golu-benko u. a. (1985) das Resonanzverhalten an einfach-beschichteten dielektrischen Gittern und beobachten sowohl in Reflexion als auch in Transmission ein stark al-ternierendes Intensitätsverhalten der 0. Ordnung. Die rein phänomenologische Be-schreibung der Anomalie wird auch von numerischen Berechnungen begleitet, mit deren Hilfe das Resonanzverhalten vorhersagbar wird. In der Veröffentlichung von Mashev und Popov 1985 wird das Resonanzverhalten zum ersten Mal winkel-abhängig bei einer festen Laserwellenlänge von 632,816 nm sowie spektral mithilfe eines durchstimmbaren Farbstofflasers bei einem Resonanzwinkel von etwa 34,8°

vermessen; die dabei gemessenen Reflektivitäten betragen etwa 35 %. In einer ge-meinsamen Publikation werden die theoretischen Überlegungen beider Gruppen vereinigt und sogar erweitert (Golubenko u. a. 1986).

Die Forschergruppe um M. G. Moharam veröffentlicht Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts weitergehende theoretische Betrachtungen auf der Grundlage einer sog. rigorosen Beugungstheorie (engl. Rigorous coupled-wave theory), wel-che die Resonanz der DWG durch die Lösung von Eigenwertgleichungen beschreibt (Wang u. a. 1990). Rasch wird das Potential der DWG als polarisationssensitiver Filter oder als elektro-optisches Schaltelement in der integrierten Optik erkannt (Magnusson und Wang 1992; Wang und Magnusson 1993); die Patentan-meldung durch Magnusson und Wang erfolgt 1993. Dabei gelingt es erstma-lig Reflektivitäten von 94 % für TM-polarisiertes Licht der Wellenlänge 1064 nm (Magnusson u. a. 1998) und sogar von 98 % bei einer Anregungswellenlänge von 860 nm experimentell nachzuweisen (Liu u. a. 1998). Zum besseren Verständnis der DWG-Resonanz wird zudem ein Interferenzmodell entwickelt, welches eine ver-gleichsweise anschauliche Beschreibung der Resonanz sowohl für die GWS (Jacob u. a. 2000, 2001b) als auch für die DGWS (Jacob u. a. 2001a) erlaubt.

Die bereits erwähnte Gruppe umAsher A. Friesembeschäftigt sich ebenfalls mit der theoretischen Beschreibung sowie der experimentellen Untersuchung an reso-nanten DWG (Sharon u. a. 1995). Jedoch konzentrieren sich die Aktivitäten zu-nehmend auf Strukturen, deren Filtereigenschaften auf der Basis von Halbleiterma-terialien (Sharon u. a. 1996a) oder metallischen Schichten (Sharon u. a. 1997a)

erreicht werden. Im Vordergrund stehen dabei besonders schmalbandige Trans-missionsfilter (Sharon u. a. 1996b; Levy-Yurista und Friesem 2000, 2001) und deren Durchstimmbarkeit (Glasberg u. a. 1998; Dudovich u. a. 2001). In einer umfassenden Arbeit mit theoretischem und experimentellem Inhalt aus dem Jahr 1997 werden die extreme Schmalbandigkeit (Ångström-Bereich) sowie die elektro-optischen Schalt- bzw. Modulationseigenschaften einer DWG auf Halblei-terbasis noch einmal betont (Rosenblatt u. a. 1997). In der Konsequenz melden Friesem und Sharon 1999 Patent an, wobei die ursprüngliche Funktion dieser DWG-Form als aktiver Spiegel eines Laserresonators dabei stets weiterentwickelt und auf andere Forschungsgebiete (wie z. B. Biosensorik) ausgedehnt wird (Frie-sem u. a. 2002). Zeitgleich wird die Forschung an der bereits in früheren Arbeiten erwähnten DWG auf Polymerbasis ausgedehnt, so dass mit hybriden Strukturen aus halbleitenden und organischen Materialien Reflektivitäten bis 72 % erreicht werden (Donval u. a. 2001;Katchalski 2002).

Neben einer Anwendung als Resonatorspiegel in der Halbleiter-Lasertechnologie (Avrutsky und Rabady 2001), wo ein Einsatz der DWG in einem moden-gekoppelten Halbleiterlaser mit Wellenlängendurchstimmbarkeit geprüft wird (Weber und Pawlowski 2000; Pawlowski u. a. 2000), ist auch eine Verwen-dung in der Nachrichtentechnik als optischer Filter gegeben (Stockermans1998;

Weber u. a. 2004). Zunehmend wird auch eine Kombination mit nichtlinearen Merkmalen untersucht (Nevière u. a. 1995, 2000), bei der z. B. mithilfe eines nicht-linearen Polymerwellenleiters bei geeigneter intensiver Bestrahlung eine Än-derung der Brechzahl erzeugt wird, wodurch wie bei den Halbleiterstrukturen eine Resonanzverschiebung (Durchstimmbarkeit) und/oder ein Schalteffekt möglich er-scheint (Boye u. a. 1999; Bader 2001, 2003).

Mit der Nutzung des Gitters zur Lichteinkopplung in den Wellenleiter (Dakss u. a.

1970) werden die durch die Anregung der Schwingungsmoden auftretenden propa-gierenden und evaneszenten Wellen – auch am Koppelgitter (Tiefenthaler und Lukosz 1989;Kunzu. a. 1996) – zur optischen Charakterisierung von chemischen oder biochemischen Stoffen zunehmend interessant, woraufhin in der Biosensorik innerhalb kurzer Zeit patentierte Verfahren zur Verfügung stehen (Budach und Neuschaefer 2001; Duveneck u. a. 2001a). Wie sich zeigt, stellt die DWG bei resonanter Anregung im Vergleich zu konventionellen Methoden ein um zwei

1.3 Motivation, Aufgabenstellung und Aufbau der Arbeit