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Resümee der Forschungslage und Präzisierung der eigenen

dem englischsprachigen und skandinavischen Raum in Bezug auf Unterrepräsentanz von Trainerinnen eine längere Tradition haben. Bisher wurde davon ausgegangen, dass die Ergebnisse dieser Untersuchungen schwer auf eigene Studien übertragbar sind, da z.B. in den USA und Kanada andere organisationale Bedingungen und damit

einherge-hend auch andere Formalien in der Trainerausbildung herrschen. Geht es allerdings um den Einfluss von Geschlechterstereotypen bei der Trainerqualifikation, so weisen die Ergebnisse der Studien eine hohe Übereinstimmung auf, so dass dementsprechend durchaus Parallelen und Anknüpfungspunkte zu finden sind. Die vorgestellten Unter-suchungen zeigen, dass die Situation von Frauen in den Sportspielen alltäglich und oft subtil von hierarchisch strukturierten Geschlechterverhältnissen geprägt ist.

Aus den Ergebnissen der im vorangegangenen Abschnitt diskutierten Studien zur Un-terrepräsentanz von Trainerinnen lässt sich eine Vielzahl von Hemmnissen zusammen-fassen:

• Fehlende Akzeptanz von Trainerinnen und das damit einhergehende geringe Me-dieninteresse, schlechte Verdienstmöglichkeiten, traditionelle Rollenbilder und Verhaltenserwartungen an Frauen,

• geringe Verberuflichung, keine soziale Absicherung, Ausschluss aus Machtposi-tionen, Stellenausschreibungen werden auf Männer ausgerichtet,

• Fehlen von formellen Netzwerken, Ablehnung und Infragestellung ihrer fachli-chen Kompetenz durch die jeweiligen Akteure im Verein und Verband,

• Barrieren auf den bisher genannten Ebenen wirken sich auf die individuelle Ent-scheidung aus (Selbstausschluss schon im Vorfeld), Familienkonflikte, „Bur-nout“.

Die vorliegenden Ergebnisse weisen bereits auf Hemmnisse wie Geschlechterstereoty-pen hin, denen Trainerinnen ausgesetzt sind, vor allem aber wenn sie eine solche Tä-tigkeit im Spitzsport aufnehmen. Allerdings geht aus den obigen Ausführungen hervor, dass es diesbezüglich eine Fülle offener Fragen und ungeklärter Zusammenhänge gibt, wenn es um die Bedeutung und Wirkung von stereotypen Zuschreibungen und Erwar-tungen gegenüber Frauen in und vor einer Trainerausbildung geht. Im Folgenden wer-den deshalb die zentralen Forschungsdefizite hervorgehoben:

• In Bezug auf die Erklärung differenter Ursachen für die geringe Teilhabe von Frauen an Trainerqualifikationslehrgängen sind die Studien begrenzt, da weder zuständige Akteure des Verbandes (z.B. Verantwortliche der Trainerausbildung, Vorstand, Mädchen- und Frauenbeauftragte) noch der Vereine (z.B. Vorstand, Trainer, Spielerinnen) in den Befragungen berücksichtigt wurden, obwohl doch

gerade in den Organisationen selbst Gründe zu sein scheinen, weshalb die Trai-nerinnen einer Lizenzausbildung fernbleiben.

• Werden andere Akteure des Sports in die Befragung einbezogen (vgl. Bahlke, Benning & Cachay, 2003), dann legt die Untersuchung ihren Focus insbesondere auf die Situation von Trainerinnen im Spitzensport, also auf diejenigen, die schon Lizenzinhaberinnen sind und widmet sich nicht der Frage nach dem Ein-stieg der Frauen zur Lizenzausbildung.

• Es fehlt eine Analyse der differenzierten Wirkung von Geschlechterstereotypen auf Gesellschafts-, Organisations- und Interaktionsebene und dem damit mögli-cherweise einhergehenden Ausschluss von Frauen aus der Fußballtrainerausbil-dung.

• Geschlechterstereotype als mögliche Ausschlussgründe werden bisher lediglich genannt, dabei wird nur der Aspekt der Stereotype als defiziente Wahrneh-mungsform in den Mittelpunkt gestellt, nicht aber die Wirkmechanismen, die mit der Kommunikation der Stereotype einhergehen.

• Ein Defizit besteht insbesondere auch im Bereich der Darstellung des Trainerli-zenzsystems, auf welches allerdings in keiner Studie explizit eingegangen wird.

• Der Spitzensport steht im Mittelpunkt bisheriger Betrachtungen, dagegen sind die Ebenen der unteren Ligen und deren Trainerinnen im Mädchen- und Frauen-fußball noch kaum wissenschaftlich beforscht worden.

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass plausible Begründungen fehlen, die zum einen geschlechterstereotype Vorstellungen und Erwartungen der beteiligten Ak-teure analysieren und zum anderen die damit möglicherweise verbundenen Aus-schlussmechanismen von Frauen aus der Trainerinnenausbildung erklären. An dieser Stelle zeigen sich Anknüpfungspunkte für die vorliegende Untersuchung, denn diese soll die benannten Forschungslücken schließen, indem sie

• nicht nur die Trainerinnen selbst befragt, sondern auch die Perspektiven weiterer Akteure des Fußballs mit einbezieht. So werden sowohl Spielerinnen, Funktionä-rinnen und Funktionäre in den jeweiligen Vereinen als auch Verantwortliche für die Trainerausbildung im Verband befragt;

• Frauen (Spielerinnen und Trainerinnen) befragt, die sich am Einstieg in die Trai-nerinnentätigkeit befinden und im Breitensport tätig sind;

• die aufgrund der Ergebnisse bisheriger Studien zwar differenzierte, aber immer noch sichtlich vorhandene Persistenz der Geschlechterstereotype auf unter-schiedlichen Ebenen (Interaktion, Organisation, Gesellschaft) genauer analysiert;

• die Umstände in dem jeweiligen Verband und den dazugehörigen Vereinen ge-nauer analysiert;

• das bestehende Trainerausbildungssystem beschreibt, um die formalen Aufnah-mekriterien, die für einen Lizenzlehrgang benötigt werden, darzulegen.

Auf Grund der Ergebnisse von Studien zur Unterrepräsentanz von Trainerinnen liegt die Vermutung nahe, dass speziell auf der Organisationsebene, Frauen und Männern bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden, die mit den traditionellen Geschlech-terstereotypen einhergehen und mögliche Hinweise für den Ausschluss aus der Fuß-balltrainerausbildung liefern können. Dabei kreisen die Eigenschaften, die den Frauen in den Studien zugeschrieben werden, um die Dimension Familie und nicht vorhandene Führungskompetenz, während die Männlichkeit mit den Erwartungen, die an eine Trainerrolle im Sport gebunden sind, übereinstimmen.

Es wird nun differenzierter der Frage nachgegangen, in welcher Art und Weise diese aus den Ergebnissen bisheriger Studien generierten Geschlechterstereotype die Erwar-tungshaltungen an Verhaltensweisen prägen, wie sie das Auftreten und die Wahrneh-mung von männlichen und weiblichen Personen bedingen und damit möglicherweise auch Einfluss auf den Zugang zu einer Trainerqualifikation haben.

Diesbezüglich wird folgende Frage im Zentrum der Arbeit stehen:

Inwieweit beeinflussen Geschlechterstereotype die Partizipation von Frauen an der Fußballtrainerausbildung?

II Deskription der Fußballtrainerausbildung unter

Berücksichtigung der Partizipation von Trainerinnen

Zur Bearbeitung der zentralen Fragestellung werden zunächst formale Zugangsvoraus-setzungen zur Fußballtrainerausbildung beschrieben. Darauf aufbauend wird die Ent-wicklung des Frauenfußballs dargestellt, um die bisherigen Grenzen und Möglichkei-ten für Trainerinnen im Fußballsport darzulegen.

3 Zum Konzept der Fußballtrainerausbildung in Deutschland

Da bisher noch keine Studie existiert, die sich explizit mit Frauen in der Fußballtrai-nerausbildung beschäftigt, stellt sich zunächst die grundlegende Frage, wer für die Ausbildung verantwortlich ist und welche Fußballtrainerqualifikationsmöglichkeiten es in Deutschland gibt. Dies ist auch dahingehend erforderlich, um zu sehen, welche formalen Vorgaben, Abhängigkeiten und Ansprüche dort existieren.

Im Folgenden werden die Strukturen des DFB und des SFV beschrieben. Dabei wird das Hauptaugenmerk auf die Organisation der Fußballtrainerausbildung gelegt. Es wird genau dargelegt, wer sich wie, wofür und in welchem Umfang qualifizieren kann. Zu-dem gilt es zu klären, welche formalen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um an einem Lizenzlehrgang teilzunehmen bzw. die nächstmögliche Qualifikation anzustre-ben. Abschließend wird beleuchtet, in welchen Abhängigkeitsverhältnissen die Trai-nerausbildung im DFB und im SFV steht. Für die Bearbeitung dieses Abschnitts wur-den hauptsächlich die Satzungen und Statistiken des DFB und des SFV untersucht.

Daneben wurden Verbandszeitschriften, Jahrbücher und Werbebroschüren der Verbän-de herangezogen. Die Auswertung dieser Dokumente geschah in mehreren Durchgän-gen.

Bevor dann auf die Qualifikation der Trainerinnen im Fußball eingegangen wird, ist die Situation des Frauenfußballs im SFV zu erläutern. Dieser Teil des Kapitels bezieht sich auf Forschungsergebnisse zur Situation von Trainerinnen im HFV (vgl. Sinning, 2006) und des SFV (vgl. Weigelt, 2004).