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Im nun folgenden abschließenden Kapitel folgt eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit. Es dient dazu, die in der Masterarbeit hervorgebrachten Ergeb-nisse einer Reflexion zu unterziehen und eine Verbindung zum theoretischen Bezugsrah-men zu schaffen. Außerdem erfolgt ein Verweis auf offen gebliebene Fragen, welche in dieser Arbeit nicht behandelt werden konnten, beziehungsweise erst durch diese entstanden sind.

Unter Bezugnahme auf die durchgeführte Untersuchung lässt sich festhalten, dass es bei den Motiven und Erwartungen bei der Aufnahme eines Fernstudiums von Insassen aus Jus-tizanstalten in Österreich und Bayern viele Gemeinsamkeiten gibt. Der eigene bildungsbi-ographische Lebenslauf spielt dabei eine wichtige Rolle, da die Probanden vor der Haft durchwegs positive Bildungserfahrungen gemacht haben. So hatten drei Insassen aus Bay-ern und zwei aus Österreich ein Studium vor der Zeit im Gefängnis begonnen. Eine Matura als höchsten Bildungsabschluss hatten ein Student aus Würzburg und zwei aus Suben.

Zwei deutsche Insassen nannten die mittlere Reife als finalen Teil ihrer Schullaufbahn. In-teresse am Studienfach - welches des Öfteren erst in oder durch die Haft entstanden ist-, eine Verbindung zu vorherigen beruflichen Tätigkeiten und die Strafhaft mit Sinn zu füllen waren als Motiv in den meisten Fällen ausschlaggebend dafür, ein Fernstudium aufzuneh-men.

Bei den Erwartungshaltungen wurde sehr deutlich, dass ein erfolgreich abgeschlossenes Studium die beruflichen Möglichkeiten der Befragten nach der Haft erhöhen könnte, je-doch die Haft zwangsläufig berufliche Einschränkungen bringen wird. Als unumgänglich werden auch Stigmatisierungen im Anschluss an die Haft angesehen. Angst vor Etikettie-rungen werden sowohl privat als auch beruflich von den meisten Interviewpartnern be-nannt. Wenig bis gar keine Bedeutung messen die Fernstudenten der Resozialisierung durch das Studium bei. Vielmehr ist es ihnen wichtig, dass die entsozialisierenden Fakto-ren, welche durch einen Gefängnisaufenthalt nicht zu vermeiden sind, mit persönlichem Engagement und einer positiven Einstellung abgefedert werden können.

Dem Gefängnis als Ort der Bildung wird grundsätzlich viel Positives abgewonnen, wenn-gleich durch die Haftsituation ein Studium hinter Gittern mit vielen Hürden verbunden ist.

Die Barrieren zu diesem Punkt betreffen neben den institutionellen Strukturen mitsamt ih-ren Rahmenbedingungen auch die Mitinsassen und ebenso die Justizbediensteten. Ferner

werden die Ausbildungsabteilungen beider Justizanstalten durchwegs positiv wahrgenom-men und häufig gelobt, da sie sich mit viel Engagewahrgenom-ment und ehrlichem Interesse an den Studenten auszeichnen.

Organisatorisch sind strukturelle Unterschiede in beiden Gefängnissen auszumachen. Wäh-rend in Würzburg die Studentenabteilung als solche klar definiert ist (sowohl räumlich als auch von den gesetzlichen Rahmenbedingungen), ist in Suben der Projektcharakter des Fernstudiums merkbar. In Bayern sind zwei Beamte in der Studentenabteilung beschäftigt, davon ist einer ein ausgebildeter Pädagoge. Dagegen sind zwar in Suben drei Justizwache-beamte tätig, deren Agenden umfassen jedoch die gesamte Aus- und Weiterbildung der Insassen. Die hauptverantwortliche Beamtin für das Fernstudium ist nebenbei auch noch in der Gefängnisbäckerei beschäftigt.

Der Wunsch, welcher von den Insassen beider Anstalten bezüglich des Studiums am häu-figsten genannt wurde, betrifft jenen nach einem PC oder Laptop, um auf diesem auch am Abend und am Wochenende im Haftraum arbeiten zu können. Andere Wünsche, Rahmen-bedingungen und Anstaltsstrukturen betreffend, wurden zwar genannt, hatten im Vergleich dazu nicht die gleichen Prioritäten.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass durch den gewählten qualitativen Zu-gang sichtbar wird, welche Motive und Erwartungen vordergründig für die Aufnahme ei-nes Studiums hinter Gittern verantwortlich sind. Erst die in den Interviews hervorgebrach-ten biographischen Details, lassen individuelle Wünsche nach einer Hochschulbildung im Kontext nachvollziehbar erscheinen und zeigten die Mehrdimensionalität solcher Bestre-bungen. Vergleicht man die in Kapitel 1.3 vorgestellten Studien aus dem nichtdeutschspra-chigem Raum mit der vorliegenden Arbeit, zeigen sich einige Gemeinsamkeiten: Insbe-sondere den tristen Haftalltag mit etwas Sinnvollem zu füllen, ist ein häufig genanntes Mo-tiv für die Aufnahme eines Studiums. Nach den Aussagen der Interviewpartner verbessert ein Studium durch die engere Kooperation mit dem Personal die Beziehungen zu diesem und erhöht auch das eigene Selbstwertgefühl. Der Stellenwert von Familie und eigenen Kindern wird mehrheitlich als sehr motivierend das Fernstudium betreffend gesehen. Als problematisch wird die Angst vor einer Stigmatisierung nach der Entlassung von den In-terviewpartnern genannt, sowohl am Arbeitsmarkt, als auch im privaten Umfeld. Der fi-nanzielle Faktor war in allen Untersuchungen ein großes Thema, da ein Studium in Haft schwer realisierbar ist, wenn von außen keine Unterstützungszahlungen für Gebühren,

Bü-cher und Sonstiges einfließen. Als größtes Problem wird jedoch das Fehlen von Computern und Internet bezeichnet.

Schließlich wird an dieser Stelle der Arbeit nun ein Ausblick gegeben, um sowohl auf Kri-terien, die nicht in dieser Arbeit untersucht werden konnten zu verweisen, als auch, die Er-kenntnisse der Arbeit als Grundlage für weitere Forschungsvorhaben zu diskutieren. Inte-ressant wäre es gewesen, das Sample auf weibliche Insassinnen zu erweitern, da in dieser Masterarbeit ausnahmslos männliche Strafgefangene befragt wurden. Dies war in dieser Forschungsarbeit nicht realisierbar, da in Österreich und Bayern nur männliche Strafgefan-gene an der Fernuniversität Hagen studieren. Das hängt mit der Tatsache zusammen, dass das Gefängnis eine Männerdomäne ist, da der Frauenanteil an der Gesamtpopulation aller Inhaftierten in Österreich bei nur 5% liegt (vgl. Gratz 2008, 178). In Bayern liegt der Pro-zentsatz von Insassinnen bei knapp über 7% (vgl. www.destatis.de, online). Trotzdem wäre es wünschenswert, zukünftig auch Frauen in der Statistik hinsichtlich studierender In-sass_innen zu finden. Zudem wäre von Interesse, wie der weitere biographische Verlauf, sowohl in Bezug zum Studium, als auch privat, der interviewten Insassen verläuft. Dazu wäre eine neuerliche Untersuchung (und damit ein Langzeitsetting der Forschung) in eini-gen Jahren notwendig, um zu sehen, ob die Erwartuneini-gen der österreichischen und bayeri-schen Insassen durch die Aufnahme eines Fernstudiums erfüllt wurden. Zum einen wäre es interessant zu erfragen, ob sie das Studium auch abgeschlossen haben und zum anderen, ob durch die höhere Qualifikation die beruflichen Möglichkeiten erweitert wurden. Des Wei-teren könnten sich an diese Forschungsarbeit anknüpfende Studien mit den Bediensteten von Haftanstalten, in denen ein Fernstudium für Insassen angeboten wird auseinanderset-zen, um auch der anderen Seite der Medaille Gehör zu verschaffen.