• Keine Ergebnisse gefunden

Repressive und präventive Bekämpfungsansätze und -methoden

5. Bekämpfung

5.1 Repressive und präventive Bekämpfungsansätze und -methoden

5.1.2 Hinweise für die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder bei der Be-arbeitung von herausragenden Fällen länderübergreifender Wirtschaftskrimi-nalität

Diese dienen der Koordination und Zusammenführung sachlich miteinander verbu dener, jedoch zunächst dezentral geführter Ermittlungsverfahren. Sie sollen Anwe n-dung finden bei Fä llen,

⇒ bei denen Ermittlungsschwerpunkte in mindestens drei Bundesländern liegen und

⇒ eine schnelle und erfolgreiche Strafverfolgung nur im Wege eines einheitlichen und koordinierten Vorgehens der Strafverfolgungsbehörden erreicht werden kann und

⇒ von mehreren, organisiert, gewerbsmäßig oder fortgesetzt handelnden Tätern auszugehen ist oder

⇒ ein hoher Schaden bereits vorliegt oder zu erwarten ist oder

⇒ eine erhebliche Beeinträchtigung des Wirtschaftslebens oder des Sicherheitsg e-fühls der Bevölkerung bereits vorliegt oder zu erwarten ist.

Die Feststellung eines solchen Falles erfolgt auf Vorschlag einer Staatsanwaltschaft oder einer Polizeibehörde in Abstimmung mit der zuständigen Staatsanwaltschaft oder durch das Bundeskriminalamt aufgrund eigener Erkenntnisse. Das BKA steht bei einem solchen Vorschlag in der Pflicht, alle relevanten Daten zu erheben und einen Auswertebericht zu fertigen. Stellen die beteiligten Justiz- und Polizeibehörden auf dieser Erkenntnisgrundlage einen herausragenden Fall der Wirtschaftskriminalität fest, wird entweder ein zentrales Sammelverfahren bei einer Staatsanwaltschaft und

5.1.3 "Richtlinie über den Kriminalpolizeilichen Nachrichtenaustausch bei Wirt-schaftsdelikten"

Eine effektive Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ist wesentlich davon abhängig, dass Wirtschaftskriminalität mit ihren spezifischen Erscheinungsformen, überregi o-nalen und internatioo-nalen Bezügen durch zentrale Sammlung und Auswertung aller Erkenntnisse frühzeitig erkannt wird. Überregionale Tat- und Täterzusammenhänge oder neue deliktische Entwicklungen erschließen sich häufig erst durch die Zusa m-menführung und ganzheitliche Betrachtung von Informationen, die auf örtlicher Eb e-ne lediglich regional bedeutsam und zusammenhangslos erscheie-nen. Mit diesem Ziel wurde die "Richtlinie über den Kriminalpolizeilichen Nachrichtenaustausch bei Wir t-schaftsdelikten" überarbeitet und zu Beginn des Jahres 2000 von der AG Kripo b e-schlossen.

5.1.4 Vermögensabschöpfung/Finanzermittlungen

Eine wesentliche Triebfeder für die Begehung vieler Straftaten ist das Bestreben der Täter nach möglichst hohen Gewinnen. Dies gilt insbesondere für Fälle der Wir t-schaftskriminalität. Die Reinvestition illegaler Gewinne in den legalen Wirtschaft s-kreislauf birgt zum einen die Gefahr, dass die legale Wirtschaft unterwandert wird.

Zum anderen befinden sich legal arbeitende Wirtschaftsunternehmen in einem u n-gleichen Wettbewerb mit „Konkurrenten“, die einen illegal erzielten Wettbewerbsvo r-teil besitzen. Dies kann in bestimmen Wirtschaftszweigen zu Verzerrungen der Marktstruktur bis hin zu Monopolstellungen führen. Für eine wirksame Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität muss daher den Tätern ihre finanzielle Basis entzogen werden. Dazu bedarf es der Ausbildung und des Einsatzes spezieller Vermögense r-mittler und -abschöpfer. Die Vermögensaufspürung umfasst in der Regel die Ermit lung des gesamten Vermögens des Täters, wie Grundstücke, Sparguthaben, Wer t-papiere, Gesellschaftsanteile im In- und Ausland. Die Vermögensabschöpfung b a-siert auf den Vorschriften des Strafgesetzbuches über den Verfall (§§ 73ff. StGB), die Einziehung (§§ 74 ff StGB) sowie der Vermögensstrafe (§ 43 a) StGB). Diese Vo r-schriften ermöglichen es in Verbindung mit den Regelungen der Strafprozessor d-nung, Gewinne aus kriminellen Taten bereits während der Ermittlungen gegen die Täter sicherzustellen. Im Rahmen des Urteils wird über die gesicherten Vermögen s-werte entschieden.

In allen Bundesländern und im BKA wurden spezielle Organisationseinheiten g e-gründet, die sich ausschließlich mit dieser komplexen Materie befassen. Die Erfolge sind messbar. Während noch 1997 nur rund 150 Millionen DM gesichert werden konnten, wurden im Jahr 1999 ca. 440 Millionen DM und im Jahr 2000 ca.

eine Milliarde DM durch Finanzermittlungen in Deutschland vorläufig eing ezogen.

Um den nationalen Nachrichtenaustausch zu optimieren, wurde d ie zentrale polizeil i-che "Geldwäsi-che - Datei / Hinweisbearbeitung Geldwäsi-che" im Juli 2000 im BKA eingerichtet und ihr Wirkbetrieb in den Ländern ab 01. September 2000 aufgeno m-men. Die Datei dient der Vorabklärung geldwäscherelevant erscheinender Sachve r-halte, die im Rahmen von Ermittlungen, des Schriftverkehrs oder aufgrund von Geldwäsche-Verdachtsanzeigen erlangt werden. Sie stellt somit einen wesentlichen Baustein für die Verbesserung der nationalen Informationszusammenführung und -auswertung im Bereich der Geldwäschebekämpfung dar und bietet auch eine Basis für den internationalen Nachrichte naustausch.

5.1.5 Zusammenarbeit der Bundesaufsichtsämter mit Ermittlungs- und Straf-verfolgungsbehörden

Wie bereits festgestellt, ist eine effektive Strafverfolgung und Straftatenverhütung von einer verbesserten Nutzung aller verfügbaren Daten - im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten abhängig. Dazu ist neben dem polizeilichen Nachrichtenaustausch -die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen (institutionalisierten) Information s-quellen und der Austausch sowie die Zusammenführung der vorhandenen Informat i-onen weiter zu verbessern. Im Rahmen ihrer gesetzlichen Kontroll-, Überwachungs-und Genehmigungsaufgaben erlangen eine Vielzahl von Behörden auf BÜberwachungs-undes-, Landes- oder kommunaler Ebene Kenntnis über im Zusammenhang mit Wirtschaf t-straftaten stehende, relevante Informati onen.

Mit dem Ziel der aktiven und eigeninitiativen Benachrichtigung der Bundesaufsicht s-ämter für das Kreditwesen beziehungsweise den Wertpapierhandel durch die nati o-nalen Strafverfolgungsbehörden über das unerlaubte Betreiben von Bank- oder F i-nanzdienstleistungen haben Vertreter der Bundesaufsichtsämter sowie des BKA die Möglichkeiten und Grenzen der Zusammenarbeit der Behörden erörtert. Ein gemei n-samer Verfahrensvorschlag wurde erarbeitet. Dieser befindet sich zur Zeit in der A b-stimmungsphase. Weiterhin wurde ein Mindestkatalog aufgestellt, dessen Umse t-zung - auch im Hinblick auf die aktuelle Rechtslage - problemlos ist. Die Vorschläge zum künftigen koordinierten Vorgehen bei der Bekämpfung des "Grauen Kapita l-markts" der Behörden stehen im Einklang mit dem Bericht der Bundesregierung zum

"Grauen Kapitalmarkt".

Hiernach ist es erklärtes Ziel, in einem so schwer zu durchschauenden Bereich wie dem "Grauen Kapitalmarkt" die Zusammenarbeit der Gewerbeüberwachungsbehö r-den, der Bundesaufsichtsbehörr-den, der Strafverfolgungsbehörden sowie der Verbraucherverbände weiter zu fördern und zu verbessern.

5.1.6 Strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen

Das deutsche Strafrecht basiert auf der individuellen Schuld einer Einzelperson.

Deshalb können nur natürliche Personen strafrechtlich verantwortlich sein. Dies führt gerade bei Fällen der Wirtschaftskriminalität zu Unzulänglichkeiten in strafprozess u-aler Sicht, da z.B. in Unternehmen individuelle Verantwortlichkeiten häufig nicht oder nicht mehr feststellbar sind und gegen juristische Personen nicht ermittelt werden kann. Es steht zu erwarten, dass ein im März 2000 vorgelegtes EU-Ratspapier zu dieser Problematik eine Lösung vorantreibt. In diesem Papier wird die EU-Kommission aufgefordert, möglichst bis Ende 2001 einen Vorschlag vorzubereiten, der die strafrechtliche Verantwortlichkeit von juristischen Personen mit Rechtspe r-sönlichkeit für Delikte, die in Ausübung ihrer Tätigkeit begangen wurden, vorsieht, sofern sie in Fälle der Organisierten Kriminalität verwickelt sind. Eine ähnliche Initi a-tive in Deutschland ist von der "Kommission zur Reform des strafrechtlichen Sankti o-nierungssystems" des Bundesministeriums der Justiz abgelehnt worden.

Dennoch können bereits heute Sanktionsmaßnahmen auch gegen juristische Pers o-nen zur Anwendung kommen. So ist zum Beispiel durch den mit dem 2. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2.WiKG) eingeführten § 30 OWiG die Gel d-buße gegen juristische Personen möglich geworden. Danach kann gegen eine juri s-tische Person eine Geldbuße festgesetzt werden, wenn deren vertretungsberechti g-tes Organ eine Straftat begangen hat, durch die Pflichten, welche die juristische Pe son oder Personenvereinigung treffen, verletzt worden sind oder die juristische Pe r-son oder die Perr-sonenvereinigung bereichert worden ist oder werden sollte.

Diese Möglichkeiten bestehen auch in der Europäischen Union. So können nach A

r-5.1.7 Initiativen der Wirtschaft

Es sollte jedoch auch berücksichtigt werden, dass von Seiten der Wirtschaft Bestr e-bungen bestehen, sich gegen die Auswirkungen von Wirtschaftskriminalität zu schü t-zen. Erwähnt seien hier die zahlreichen Selbstschutzorganisationen der verschied e-nen Wirtschaftsbereiche im Bereich der Produkt- und Markenpiraterie, wie zum Be i-spiel

⇒ Aktionskreis Deutsche Wirtschaft gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM),

⇒ Börsenverein des deutschen Buchhandels e.V.,

⇒ Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. BDI,

⇒ Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V. IFPI,

⇒ Gesellschaft für musikalische Aufführung und mechanische Vervielfältigung s-rechte GEMA,

⇒ Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen GVU.

So hat der APM im August 2000 einen "Leitfaden für Ermittlungen im Bereich der Produktpiraterie für Polizei und Staatsanwaltschaft" erarbeitet, der nützliche Inform a-tionen zu rechtlichen Bestimmungen und Ansprechpartnern enthält. Dieser wurde den Schwerpunktstaatsanwaltschaften Wirtschaftskriminalität und den Fachdiens t-stellen Wirtschaftskriminalität der Landeskriminalämter durch das Bundeskriminalamt zur Verfügung g estellt.

5.1.8 Prävention

Neben den geschilderten repressiven Ansätzen besteht in Forschung und Praxis E i-nigkeit darüber, dass die umfangreichen Möglichkeiten des Strafrechts im Bereich der Wirtschaftskriminalität in hohem Maße durch präventive Ansätze ergänzt werden müssen. Die Polizei nutzt ihre rechtlichen und faktischen Möglichkeiten zum frühze i-tigen Erkennen betrügerisch agierender natürlicher und juristischer Personen derzeit jedoch nur eingeschränkt. Polizeirechtliche Handlungsspielräume bleiben weitg e-hend ungenutzt. Bei den Polizeibehörden ist schwerpunktmäßig ein tatorientiertes Vorgehen feststellbar.

Aufklärungsmaßnahmen, Maßnahmen der Selbstkontrolle und des Selbstschutzes müssen aber gleichberechtigt neben einer intensiven Nutzung zivilrechtlicher und polizeirechtlicher Handlungsspielräume stehen. Konzeptionelle Überlegungen zur präventiven Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, die zumindest die Früherke nung möglicher Gefahren und Deliktsfelder anstreben, werden derzeit in den zustä n-digen Gremien zwischen Bund und Ländern abgestimmt. Das Bundeskriminalamt erarbeitete mit den Landeskriminalämtern derzeit ein Konzept zur "Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität im Vorfeld" mit dem Ziel, polizeirechtliche Handlungsspielrä u-me besser als bisher zu nutzen, um frühzeitig betrügerisch handelnde Personen e r-kennen zu können.

Durch diese "Vorverlagerung" polizeilichen Handelns soll das bislang weitgehend repressiv ausgerichtete Handlungsspektrum um Elemente der Gefahrenabwehr e gänzt und damit eine noch effizientere Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität e r-reicht werden. Diese Erweiterung soll die Polizei insbesondere die Lage versetzen,

5.2 Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit anderen Behörden und