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1. HIV-1

1.2. Replikationszyklus

Der Replikationszyklus von HIV-1 lässt sich in eine frühe und in eine späte Phase unterteilen. Die frühe Phase beginnt mit der Erkennung der Zielzelle durch das reife Virus und umfasst alle Prozesse bis hin zur Integration des viralen Genoms ins Wirtsgenom. Die späte Phase beginnt mit der regulierten Expression der proviralen Gene und beinhaltet alle Vorgänge über die Virusabschnürung bis hin zur Reifung der Viruspartikel (siehe Abb. 3).

Abb. 3: Replikationszyklus von HIV-1. Die frühe Phase (oberer Teil der Darstellung) beginnt mit der Erkennung des CD4-Rezeptors und umfasst alle Ereignisse bis hin zur Integration der proviralen DNA in das Wirtsgenom. Die späte Phase beinhaltet alle Ereignisse von der Transkription der integrierten DNA bis hin zur Virusknospung und Reifung (Structural Biology of HIV; B. G. Turner und M. F.

Summers; J. Mol Biol. (1999) 285, 1 – 32); CA: Capsidprotein (p24); ER: Endoplasmatisches Retikulum; IN: Integrase (p32); MA: Matrixprotein (p17); NC: Nucleoprotein (p7); Pr: Protease (p11);

gp41, gp120: Untereinheiten von Env; RT: Reverse Transkriptase; Gag: Gruppenspezifische Antigene.

1.2.1. Frühe Phase

HIV-1 Partikel binden spezifisch an Zellen, die das CD4 Protein auf ihrer Oberfläche tragen. Die Bindung beruht auf spezifischen Interaktionen zwischen dem externen Haupthüllprotein gp120 und der N-terminalen Immunglobulindomäne des CD4-Proteins. Diese Interaktion ist wichtig für die Bindung, aber nicht für die Penetration und Fusion des Viruspartikels mit der Zielzelle. Anders als andere Retroviren benötigen Lentiviren, die Primaten infizieren, zusätzliche Zelloberflächenproteine um die Fusion der viralen Membran mit der zellulären einleiten zu können. Die Membranfusion bei HIV-1 wird beispielsweise durch Wechselwirkung der V3-Schleife

Nef

von gp120 mit einem Korezeptor aus der Familie der CXCR4- und CCR5- Chemokinrezeptoren eingeleitet 4,5,6,7.

Nach der Membranverschmelzung gelangt das Capsid, das neben den beiden einzelsträngigen RNA-Genomen auch die Enzyme Reverse Transkriptase (RT), Protease und Integrase enthält, ins Zellinnere. Die reverse Transkription, d.h. das Umschreiben der viralen RNA in doppelsträngige DNA, wird im Zytosol durch die RT katalysiert. Das akzessorische Vif-Protein spielt bei diesen frühen Prozessen eine wichtige Rolle, indem es in die initialen Stadien der reversen Transkription unterstützend eingreift. Die RT-abhängige DNA-Synthese wird dann durch das Binden der tRNALys initiiert 8,9,10, 11,12.

Nach der Synthese der viralen DNA wird diese als Bestandteil eines Präintegrationskomplexes, der die viralen Proteine Integrase, p17, RT und Vpr, aber auch das zelluläre Protein HMB-I(Y) 13 umfasst, in den Zellkern transportiert. Das p24 (CA) scheint bei HIV-1 kein Bestandteil des Präintegrationskomplexes zu sein, obwohl es bei anderen Retroviren in dem Komplex enthalten ist 14. Die Kernlokalisation des Komplexes wird durch das Vpr-Protein gesteuert 15, 16, indem es den Präintegrationskomplex mit zellulären Kernimportvorgängen koppelt 17, 18,19. Vpr greift zusätzlich in den Zellzyklus ein, indem es die infizierte Zelle in der G2 Phase arretiert 20. Nach dem aktiven Transport in den Nukleus wird die virale DNA durch die Aktivität der Integrase stabil in das Wirtsgenom integriert.

1.2.2. Späte Phase

Die späte Phase des viralen Lebenszyklus wird mit der Synthese von ungespleißten und gespleißten mRNA-Transkripten und deren Export aus dem Zellkern eingeleitet.

Hierbei werden anfangs kurze, gespleißte RNA-Spezies synthetisiert, die für die regulatorischen Proteine Tat, Rev und Nef kodieren. Tat ist ein essentieller Transaktivator, der an das sogenannte TAR-Element (transactivating response element), einer Schleife des naszierenden RNA Transkripts, bindet und die zellulären Proteine Cyclin T und die Cyclin-abhängige Proteinkinase 9 (Cdk9) rekrutiert. Cyclin T bindet direkt an Tat und erhöht damit dessen Affinität und Spezifität für die TAR RNA 21. Cdk9 phosphoryliert dann den RNA-Polymerase II Transkriptionskomplex, wodurch die Elongation der Transkription ermöglicht wird 22,21.

Normalerweise verbleiben ungespleißte zelluläre mRNA-Moleküle im Nucleus bis sie weiter prozessiert oder degradiert werden. Bei HIV hingegen werden aber

ungespleißte bzw. einfach gespleißte mRNA-Spezies im Zytoplasma für die Gag- und Gag/Pol-Synthese oder für die Verpackung in neue Viruspartikel benötigt. Der Transport solcher mRNA-Moleküle wird durch das Rev-Protein vermittelt. Rev bindet an das RRE Element (rev responsive element, Rev Interaktionselement der viralen RNA) von ungespleißten bzw. einfach gespleißten mRNA-Molekülen und rekrutiert das zelluläre Protein Exportin-1 23 und den Kernexportfaktor Ran-GTPase, der mit GTP gebunden ist 24. Dieser Komplex wird dann durch eine Kernpore ins Zytosol transportiert, wo das GTP zu GDP hydrolysiert wird. Daraufhin disaggregiert der Komplex und das Rev-Protein wird aufgrund seines Kernlokalisationssignals wieder zurück in den Kern transportiert 25. Auf diese Art und Weise fungiert Rev als Schalter zwischen der frühen Synthese und dem Export mehrfach gespleißter mRNA-Spezies, die für Tat, Rev und Nef kodieren, und der späten Synthese und dem Export von ungespleißten bzw. einfach gespleißten mRNA-Molekülen, die für Gag und Gag/Pol bzw. für Env, Vpu, Vif und Vpr kodieren.

Das Env-Vorläuferprotein gp160 wird am endoplasmatischen Reticulum (ER) synthetisiert und oligomerisiert zu trimeren Strukturen, die stark glykosiliert sind 26, 27,

28. Env wird posttranslational im ER und im Golgi-Apparat modifiziert und anschließend durch eine Furinprotease gespalten, wobei der gp41-gp120 Glykoproteinkomplex entsteht. Dieser Komplex wird dann zur Zelloberfläche transportiert, wo er für den Zusammenbau der Viruspartikel zur Verfügung steht. Da sowohl das CD4-Protein als auch die HIV Hüllproteine im ER synthetisiert werden, würde eine frühzeitige Bindung von CD4 an Env dessen Translokation zur Zellmembran und die Bildung eines funktionellen gp41-gp120 Glykoproteinkomplexes behindern 29. Das akzessorische Protein Vpu verhindert dies, indem es an CD4-Moleküle bindet und deren Abbau durch Ubiquitinylierung im Proteasom einleitet 30, 31, 32. Gleichzeitig werden CD4-Moleküle, die sich bereits auf der Zelloberfläche befinden, in Endosomen degradiert. Dieser Vorgang wird durch Nef gesteuert, das neben CD4 auch an den AP-2 Adapterkomplex bindet und die Bildung sogenannter clathrin-coated pits stimuliert 33, 34, 35, 36. Die Herabregulierung der CD4-Moleküle auf der Zelloberfläche erschwert eine Überinfektion mit weiteren HI-Viren und zudem wird die T-Helfer Zelle in ihrer Funktionalität eingeschränkt.

Das Pr55Gag-Protein wird von der ungespleißten mRNA-Spezies an den Ribosomen synthetisiert. Durch eine translationelle Leserasterverschiebung werden kleine Mengen des Gag/Pol-Vorläuferproteins gebildet, die zusammen mit Pr55Gag an der

Zellmembran aggregieren. Die N-terminale, myristylierte Domäne des p17 bindet direkt an die Membran 37,38, 39,40,41,42,43,44, 45,46,47,48, 49, 50,51,52 und interagiert mit der zytoplasmatischen Domäne von gp41 41, 43, 48, 49, 53, 54, 55, 56. Schätzungsweise 1500 bis 2000 Gag-Moleküle knospen von der Zelloberfläche und bilden ein unreifes Viruspartikel, das zwei Kopien des viralen Genoms enthält. Nach dem Knospen des Partikels werden die Vorläuferproteine durch die virale Protease in die einzelnen Untereinheiten gespalten. Während des Reifungsprozesses lagern sich die Strukturproteine um und bilden das infektiöse Viruspartikel.