• Keine Ergebnisse gefunden

Relevanz des Themas „Sanieren im Gebäudebestand“

„Sanieren im Gebäudebestand“

Bei der Gebäudesanierung stehen

die Behebung von aufgelaufenen Instandhaltungsdefiziten,

die Anpassung der Gebäude an neue Umweltstandards sowie

der aus gesellschaftlichen Veränderungen resultierende Wandel der Nutzerbedürfnisse

im Vordergrund. Dies gilt sowohl für öffentliche Gebäude (Verwal-tungsgebäude, Schulen usw.) als auch für Wohngebäude (Einfami-lien-, Zweifamilien- und Mehrfamilienhäuser).

Im Rahmen eines Energie-Tischs zum Thema „Gebäudesanierung“

sollte eine Einschränkung des Themenfelds auf Wohngebäude vor-genommen werden. Grundsätzlich gelten die im folgenden be-schriebenen Maßnahmen zur Gebäudesanierung zwar auch für öf-fentliche Gebäude, gleichzeitig gibt es jedoch deutliche Unter-schiede, z.B. im Zusammenhang mit der Finanzierung von Sanie-rungsmaßnahmen, dem Aufbau von Beratungsstrukturen und dem gezielten Einsatz ausgewählter Instrumente. Hinzu kommt, daß die Entscheidung über Sanierungsmaßnahmen im kommunalen Gebäu-debestand allein der Kommune obliegt. Das Ziel des Energie-Tischs – und seine Stärke – besteht jedoch darin, durch kooperative Projek-te CO2-Minderungspotentiale außerhalb des kommunalen Bestands zu erschließen, was konkret heißt: Es geht um die Sanierung von Gebäuden, die sich im privaten Besitz oder im Besitz von Woh-nungsunternehmen befinden.

Im Durchschnitt wird in den Haushalten doppelt soviel Energie für Heizung und Warmwasserbereitung verbraucht, als nach dem heu-tigen Standard notwendig wäre. Langfristige Prognosen gehen da-von aus, daß sich auch noch im Jahr 2020 etwa 75 % der Wohnflä-che in vor 1985 gebauten Häusern befinden. Somit ist es notwen-dig, das Hauptaugenmerk auf den Gebäudebestand zu richten und die dortigen Potentiale zu erschließen. Mit Hilfe marktgängiger Techniken zum verbesserten Wärmeschutz im Wohngebäudebe-stand wäre allein in diesem Bereich ein maximales technisches Energieeinsparpotential von 70 % und ein wirtschaftlich vertretbares Einsparpotential von über 50 % erschließbar (Feist 1995).

Etwa 70 % des Gebäudebestands machen zentralbeheizte Mehrfa-milienhäuser aus. Bei jedem zehnten Gebäude liegt der Verbrauch um 200 % über den Werten moderner, effizienter Bauten. Allein durch die Sanierung dieser Hochverbraucher könnte der CO2 -Ausstoß in diesem Bereich um 10 % gesenkt werden. Außerdem ist hier der ökonomische und ökologische Nutzen von Investitionen in

Ziele der

Gebäudesanierung

Keine Betrachtung öffentlicher Gebäude

Einsparpotentiale

Zentralbeheizte Mehrfamilienhäuser

moderne Heiz- und Wärmedämmtechnik besonders groß (UBA 1999).

Diese Einsparpotentiale können aber nicht alle umgesetzt werden.

Am Beispiel der Raumwärme soll kurz erläutert werden, was unter welchen Bedingungen tatsächlich erwartet werden kann: Da die meisten energiesparenden Maßnahmen in der Regel nur im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen sinnvoll durchführbar sind, können z.B.

– bei einem angenommenen Sanierungszyklus von durchschnittlich 40 Jahren – in einem Betrachtungszeitraum von 20 Jahren nur etwa die Hälfte der dämmtechnischen Maßnahmen zur Entscheidung stehen. Durch Restriktionen (z.B. Denkmalschutz) verringert sich das Potential weiter, so daß z.B. vom wirtschaftlichen Potential im Raumwärmebereich innerhalb von 20 Jahren maximal die Hälfte umgesetzt werden kann.

Deutlich wird der verfügbare Handlungsspielraum im Gebäudebe-stand auch, wenn beispielsweise der Heizwärmebedarf eines Mehr-familienhauses aus den siebziger Jahren mit dem der heute nach Stand der Technik realisierbaren Gebäude verglichen wird.

Die Abbildung 1 zeigt, welche Energiekennwerte (Heizwärmebedarf bezogen auf die Nutzfläche) für das Gesamtgebäude in den einzel-nen Kategorien für ausgeführte Bauvorhaben standardmäßig reali-siert werden können.

Abbildung 1: Mittlerer Energiebedarf pro m² Wohnfläche pro Jahr*

WSchV O1978 WSchV O1984 WSchV O1995 geplante EnEV Niedrig- energie- haus Passivhaus

0 50 100 150 200 250 300

Mittlerer Energiebedarf in kWh/(m²a) vor 1978

*Quelle: Zusammenstellung des Deutschen Instituts für Urbanistik.

Wärmebedarfs- reduzierung

Während für ein vor 1978 und damit vor der ersten Wärmeschutz-verordnung (WSchVO) errichtetes Gebäude der durchschnittliche Heizwärmebedarf bei etwa 280 kWh/(m²a) lag, sieht die derzeit gül-tige WSchVO von 1995 für Neubauten verbindliche Grenzwerte von 100 kWh/(m²a) vor, die voraussichtlich mit der neuen Energie-einsparverordnung (geplant für Anfang 2001) auf 70 kWh/(m²a) ab-gesenkt werden und sich damit dem Niedrigenergiehaus-Standard (55 kWh/m²a) annähern. Passivhäuser benötigen sogar weniger als 15 kWh/(m²a). Diese Werte verdeutlichen, daß für den Altbaube-stand, für den derzeit durchschnittlich 200 kWh/(m²a) Heizwärme-bedarf gemessen werden, theoretisch ein hohes Energieeinsparpo-tential erschlossen werden kann.

Die WSchVO setzt jedoch nur Grenzwerte für Neubauten. Zwar sind mit der Novelle 1995 erstmals Auflagen zur Sanierung des Ge-bäudebestands bei genehmigungspflichtigen An-, Aus- und Umbau-ten erlassen worden, jedoch ist daraus keine generelle Verpflich-tung zur Sanierung des bestehenden Gebäudebestands nach ener-gieökologischen Gesichtspunkten erwachsen. Die WSchVO greift nur, wenn mehr als 20 % der Gesamtfläche der jeweiligen Bauteile betroffen sind. Hier besteht also Handlungsbedarf, der nur durch freiwilliges und kooperatives Engagement, z.B. an einem Energie-Tisch, in die Praxis umgesetzt werden kann.

Neben der wärmetechnischen Sanierung sind größere Energieein-sparpotentiale auch im Bereich Strom und Wasser oder durch Ener-gieträgersubstitution zu erschließen. Zu nennen sind hier beispiels-weise eine energiesparsame Warmwasserversorgung, der Einsatz von energieeffizienten Haushaltsgeräten oder die Umstellung von Kohleheizung auf Erdgasversorgung. Nicht zu unterschätzen sind auch die Effekte, die durch ein energieeffizientes Nutzerverhalten zu erzielen sind. So können durch ein angemessenes Lüften, durch eine auf die Nutzung abgestimmte Raumtemperatur und das Ver-meiden unnötigen Stromverbrauchs von Lampen und elektrischen Geräten bis zu 10 % CO2 eingespart werden.

Das Besondere an der Energieeinsparung im Gebäudebestand liegt auch darin, daß sie für alle Akteure mit Vorteilen verbunden ist.

Energetische Sanierungen eröffnen durch ihren hohen Bedarf an sorgfältiger handwerklicher Ausführung ein großes Arbeitsplatzpo-tential. Für die Gebäudenutzer sind durch eine günstigere Vertei-lung von Wärme in den Räumen Verbesserungen der Lebensqualität zu erwarten, und nicht zuletzt können langfristige Kostenvorteile durch dauerhaft geringere Betriebskosten erzielt werden.

Ein besonders großer Handlungsbedarf besteht zur Zeit im Gebäu-debestand der neuen Bundesländer. Als „Sorgenkind“ werden die zahlreichen Großwohnsiedlungen betrachtet, deren wärmetechni-scher Zustand sowie deren Wärmeversorgung stark

erneuerungsbe- Wärmeschutz-verordnung 1995

Einsparpotentiale durch weitere Maßnahmen

„Win-Win“-Potentiale

„Sorgenkind“

Großwohnsiedlungen

dürftig sind. Die wichtigsten Maßnahmen zur Energieeinsparung und CO2-Minderung bestehen neben der Wärmedämmung in der Umstellung der Wärmeerzeugung auf Kopplungsprozesse, in der Umstellung auf CO2-arme Brennstoffe und in der Verbesserung der Energieeffizienz der Heizsysteme. Bei einer umfassenden Verbesse-rung der energetischen Qualität der Gebäude kann eine Reduzie-rung des Heizwärmebedarfs um 50-60 % erzielt werden. In Kombi-nation mit Heizungsumstellungen liegt ein CO2-Reduktionspotential von etwa 70 % vor (Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphä-re“ des Deutschen Bundestages 1995).

Um die beschriebenen Handlungsspielräume ausschöpfen und Po-tentiale erschließen zu können, ist ein kooperatives und abgestimm-tes Handeln aller von der Sanierung Betroffenen notwendig. Der Energie-Tisch ist ein Instrument, diesen Prozeß positiv zu befördern.

Service

Zur weiteren Vertiefung einzelner Fragestellungen wird auf folgende Literatur verwiesen:

Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre“ des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Mehr Zukunft für die Erde. Nachhaltige Energiepolitik für dauerhaften Klimaschutz, Bonn 1995.

Feist, Wolfgang, Energiebewußte Neubauplanung, in: Umweltpoli-tik: Kommunaler Klimaschutz in der Bundesrepublik Deutsch-land, hrsg. vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bonn 1995.

Umweltbundesamt, Kommunaler Heizspiegel für sieben ausgewähl-te Standorausgewähl-te, Berlin 1999 (UBA-Texausgewähl-te Nr. 68/99).

Kooperatives Handeln

Literatur

2. Hemmnisse für die Ausschöpfung vorhandener Energiesparpotentiale

Informationsdefizite ... 15

Investor-Nutzer-Dilemma ... 15

Wirtschaftliche Aspekte ... 15

Standard und Bezahlbarkeit von Wohnraum ... 16

Unsichere Entwicklungen ... 17

Nutzerverhalten ... 17

Energie-Tisch: Strategien entwickeln ... 17

2. Hemmnisse für die Ausschöpfung vorhandener