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Kapitel 3 Agentenarchitekturen 66

5.2 REkoS-Glossar

In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Begriffe der REkoS-Dienstewelt ein-geführt, die Gegenstand des agentenorientierten Programmierens sind. Sie lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Interaktionsprotokolle, Skripte, Methoden, Ak-tionen und Sprechakte sind ausführbare Elemente und werden auch als Executables bezeichnet. Demgegenüber zählen die intentionalen Attitüden Variable, Motivation, Ziel, Task und Wahrnehmung zu den passiven, aktivierbaren Behaviours.

5.2.1 Intentionalität

Die Intentionalität dient zur Modellierung deliberativen Verhaltens. Der hier einge-schlagene Weg einer Beschreibung mentaler Zustände mit nur wenigen Begriffen und ohne darunterliegende mächtige Repräsentationsformalismen kommt den BDI-Architekturen recht nahe.

• Ziele, auch Zustandsziele oder goals genannt, sind die Basis für zielgerichtetes Verhalten. Ein Ziel beschreibt einen Zustand, der erreicht werden soll. Dies ge-schieht üblicherweise durch die erfolgreiche Abarbeitung von Diensten (tasks).

Ist der Zielzustand erreicht, erlischt das Ziel.

• Motivationen2 (motivations) steuern die Zielgenerierung. Ihre Aktivierung und Deaktivierung hängt vom Zustand der Wissensbasis ab. Im Gegensatz zu Zielen erlöschen sie nicht automatisch durch Erreichen der abhängigen Ziele. Damit kann ein Agent zu wiederholten ähnlichen Verhaltensmustern angeleitet wer-den.

2. Motivationen wurden im REkoS-Kontext ursprünglich „Intentionen“ genannt. Weil letztgenannter Begriff im übrigen Agentenumfeld mit einer anderen Semantik belegt ist (siehe Abschnitt 2.4.2

„Modallogiken“ auf Seite 59), würde diese Verwendung zu Irritationen führen.

• Normative Ziele (normative goals) lösen keine Handlungen aus, sondern haben steuernden Charakter. Ein normative goal übt Einfluß über die Art und Weise aus, mit der ein Agent Dienste erbringt. So können Agenten zu kostengünstiger oder schneller Diensterbringung gebracht werden.

5.2.2 Interaktivität

• Sprechakte (speech acts) sind KQML-ähnliche (siehe Abschnitt 2.2.1) Nach-richtenprimitive. Mit ihnen kommunizieren Agenten untereinander.

• Wahrnehmungen (sensings) beschreiben Ressourcenänderungen, die in der Umwelt stattgefunden haben. Damit ist dem Agenten eine Möglichkeit zur Kommunikation mit nicht-agentischen Entitäten, wie beispielsweise Datenban-ken gegeben.

• Aktionen (actions) sind das Gegenstück zu sensings. Sie bewirken Änderungen an Ressourcen, die außerhalb des Agenten liegen.

• Interaktionsprotokolle beschreiben zielgerichtete, längerfristige Interaktionen zwischen mehreren Agenten (siehe Abschnitt 2.3.6). Sie erweitern das einfache, auf Nachrichtenaustausch reduzierte Sprechaktmodell um komplexere Dialog-formen.

5.2.3 Aktorische Fähigkeiten

• Aufgaben (tasks) sind der REkoS-Begriff für Dienste. Sie stellen deklarative Beschreibungen von Leistungen dar, drücken also aus, was erbracht werden kann.

• Skripte, auch scripts oder Handlungsskripte genannt, definieren die prozedura-len Fähigkeiten eines Agenten. Sie sind modulare, einfach strukturierte Hand-lungsbeschreibungen zur Implementierung von Tasks, beschreiben also wie etwas getan wird.

• Methoden (methods) realisieren elementare Fähigkeiten von Agenten. Anders als Skripte sind Methoden nicht weiter verfeinerbar.

5.2.4 Globaler und lokaler Wissenskontext

Für die Verständigung ist es notwendig, daß die Agenten auf derselben Begriffswelt operieren. Dies gilt nicht nur für die Nutzung derselben generellen Konzepte, son-dern teilweise auch für deren konkrete Ausprägungen inklusive Semantik. So nützt es einem Agenten wenig zu wissen, daß ein anderer gerade ein Ziel x verfolgt, wenn er nicht eine Vorstellung von x hat. Auf der anderen Seite besitzen Agenten auch lo-kales Wissen und Fähigkeiten, das anderen Agenten verborgen bleibt.

Eine Differenzierung von lokalen und globalen Wissensstrukturen hat Einfluß auf die Werkzeuggestaltung für die Programmierung. Von mehreren Agenten geteil-tes Wissen und gemeinsam genutzte Konzepte sollten entsprechend global, d.h. nur einmal erfaßt werden. Demgegenüber sind agentenlokale Fähigkeiten für jeden Agenten einzeln zu spezifizieren. Die folgende Tabelle zeigt auf, welche Instanzen der Rekos-Begriffswelt von allen Agenten einer Domäne oder Anwendung geteilt werden müssen und welche Terme rein lokale Bedeutung besitzen.

Von zentraler Bedeutung für REkoS-Dienstanwendungen sind die Begriffe Task, Sprechakt und Interaktionsprotokoll; ihre Bedeutung und Verwendung muß agen-tenübergreifend eindeutig und klar sein. Im Falle des Task-Konzepts ergibt sich die Notwendigkeit einer allgemeinen Semantik aus dem dahinterstehenden Dienstge-danken. Dienste können nur sinnvoll zwischen Agenten vermittelt oder von Agen-ten angeboAgen-ten werden, wenn Einigkeit in Bezug auf die Bedeutung des Dienstes herrscht. Entsprechend wird nicht für jeden Agenten ein eigenes Task-Modell ge-bildet, sondern Task-Spezifikationen werden von mehreren Agenten geteilt. Analo-ges gilt für Sprechakte und Interaktionsprotokolle. Beide Konzepte dienen dem Austausch und der Koordination zwischen Agenten und müssen von allen Beteilig-ten gleichermaßen verstanden werden. Hingegen stellen Skripte, Methoden, Aktio-nen und MotivatioAktio-nen prozedurales bzw. lokales Wissen dar und sind nicht Gegen-stand der Kommunikation. Dementsprechend findet die Modellierung dieser Kon-zepte für jeden Agenten einzeln statt.

TABELLE 2. Sichtbarkeit der REkoS-Begriffswelt

Begriff

lokale Verwen-dung

globale Verwen-dung

Motivation X

Ziel X X

Task X X

Skript X

Methode X

Wahrnehmung X

Aktion X

Sprechakt X

Interaktionsprotokoll X

Einen Sonderfall bilden die Ziele. Oft ist es sinnvoll, wenn sich Agenten gegen-seitig über ihre aktiven oder möglichen Ziele informieren. Ziele stellen gegenüber den Tasks abstraktere und mehr in die Zukunft gerichtete Informationen dar und können zur Erkennung von Konflikten und Synergiepotentialen auf hohem Level herangezogen werden. Auf der anderen Seite bilden Ziele das Bindeglied zwischen lokalem Wissen eines Agenten und dem Handeln. Aktivierung von Zielen und Ab-leiten von Maßnahmen zu deren Erfüllung sind dementsprechend inhärent lokaler Natur. Diese Dualität zwischen eindeutigem, globalem Namensraum und lokalen, intransparenten semantischen Fundierungen schafft ein potentielles Interpretations-problem: Zwar können Agenten Informationen über ihre Ziele austauschen, nicht jedoch über deren Konsequenzen. Hierbei handelt es sich um eine Ausprägung der bekannten Schnittstellenproblematik: Aus Gründen der notwendigen Kapselung, Modularität oder auch nur Übersichtlichkeit erfolgt die Beschreibung einer Schnitt-stelle nur abstrakt auf syntaktischer Ebene und ist von der konkreten Ausgestaltung entkoppelt.