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G-CSF die signifikant höhere NB1-Expression bedingt. Der signifikant höhere Anteil NB1+ Neutrophiler bei PV-Patienten könnte auch hierauf zurückgeführt werden, da eine G-CSF-Gabe über mehrere Tage an Gesunde ebenfalls zu einem höheren Anteil NB1+ Neutrophiler führt [Stroncek et al. 1998b], so daß G-CSF möglicherweise vermehrt auf NB1+ (Vorläufer)Zellen wirkt.

Bei RA-Patienten wurde eine vermehrte NB1-Expression gemessen mit normalen CSF-Spiegeln. Da G-CSF im Serum und v.a. auch in der Synovialflüssigkeit nachgewiesen werden kann [Nakamura et al. 2000], G-CSF eine Exazerbation der RA verursachen kann [Snowden et al. 1998] und Zytokine wie TNF-a, IL-1 die Bildung von G-CSF sowie GM-CSF durch synoviale Fibroblasten und Chondrozyten anregen können [Leizer et al. 1990; Campbell et al. 1991; Choy und Panayi 2001], könnte auch hierbei G-CSF eine vermehrte NB1-Expression bedingen. Ein weiterer Hinweis für die Bedeutung von G-CSF bei der RA ist, daß im Tiermodell die Blockade von G-CSF-Rezeptoren oder G-CSF-Defizienz zu einer weniger schweren Manifestation der Arthritis führte, am ehesten bedingt durch eine geringere Infiltration mit Neutrophilen [Lawlor et al. 2004]. Zu bedenken ist aber auch die bei allen Patienten gleichzeitig bestehende Therapie meist mit Glukokortikoiden, deren Einfluß auf die NB1-Expression noch nicht bekannt ist.

Da G-CSF sowohl bei kurzfristiger als auch längerfristiger Anwendung Änderungen in der NB1-Expression verursachen kann, muß ein Effekt sowohl auf zirkulierende Neutrophile als auch auf Vorläuferzellen im Knochenmark bestehen. Die rasche Hochregulation der Expression nach Gabe von G-CSF oder bei Infektionen kann zum einen durch Verlagerung von in sekundären Granula gelagertem NB1 an die Zelloberfläche [Goldschmeding et al. 1992], zum anderen durch eine vermehrte Bildung erklärt werden, wie dies an der höheren Menge von NB1-mRNA [Wolff et al. 2003, Wolff 2005] zu sehen ist. Da NB1 ab der Reifungsstufe des Myelozyten auf einem etwa gleichbleibendem Anteil Neutrophiler exprimiert wird [Stroncek et al. 1998a] und bei PV-Patienten und Patienten mit schweren bakteriellen Infektionen eine Zunahme der NB1+ Subpopulation beobachtet wird, handelt es sich hierbei wahrscheinlich um neugebildete Neutrophile. Da ein Genexpressionsdefekt die Ursache für die NB1-Defizienz ist [Kissel et al. 2002; Wolff et al. 2003], kann man annehmen, daß G-CSF im Knochenmark vorwiegend Stammzellen und Zellen des Teilungspools stimuliert, die fähig zur Bildung von NB1 sind. Ein ähnliches Expressionsverhalten mit rascher Hochregulation und vermehrter Expression auf einem größeren Anteil der Neutrophilen wurde auch für den FcγRI beschrieben [Repp et al. 1991; Kerst et al. 1993b], so daß die Expression beider Proteine ähnlich reguliert sein könnte.

Neutrophile aus Nabelschnurblut ähnlich wie Neutrophile bei PV-Patienten auf geringe Konzentrationen von Wachstumsfaktoren reagieren, oder aber bereits maximal stimuliert sind und es im Sinne einer Regulation zu einer geringeren Expression kommt. Die Proliferationsrate von CFU-GM ist im Nabelschnurblut bei gesunden Kindern signifikant höher als bei Erwachsenen [Christensen et al. 1986], was auf eine bereits bestehende erhöhte Stimulation Neutrophiler und deren Vorläuferzellen hindeutet.

G-CSF und der G-CSF-Rezeptor können während der gesamten Schwangerschaft auf Deziduazellen der Plazenta und auf Trophoblastenzellen nachgewiesen werden und sind beim Amnioninfektionssyndrom vermehrt [Demetri und Griffin 1991; Calhoun et al. 2001]. Auch werden bereits ab der frühen Schwangerschaft in NK-Zellen der Dezidua Zytokine, u.a. G-CSF, GM-CSF, M-CSF und IFN-γ gebildet [Saito et al. 1993a]. Zusätzlich wird in verschiedenen Zellarten der Plazenta (Makrophagen, Drüsenzellen, Throphoblasten, Lymphozyten) M-CSF und GM-CSF gebildet [Saito et al. 1993b; Jokhi et al. 1994].

Diskutiert wird eine relevante Funktion dieser Zytokine für die Entwicklung und Funktion der Plazenta [Saito et al. 1993a,b; Jokhi et al. 1994]. Die vermehrte NB1-Expression bzw. die verminderte Expression des FcγRIIIb während der Schwangerschaft bzw. in Nabelschnurblut ließe sich somit durch Einfluß der Zytokine und hämatopoetischen Wachstumsfaktoren erklären.

4.5.2 Weitere mögliche Faktoren zur Regulation der NB1-Expression

Ein Zusammenhang der Neutrophilenzahl mit der NB1-Expression wurde untersucht. Bisher konnte weder bei gesunden Spendern [Matsuo et al. 2000] noch bei Patienten mit schweren bakteriellen Infektionen ein Einfluß der Neutrophilenzahl auf die Fluoreszenzintensität oder den Anteil NB1+ Zellen gezeigt werden. Bei PV-Patienten liegen verschiedene Angaben vor: Johansson et al. [2003] konnten keine Assoziation von Granulozytenzahl und Überexpression von PRV-1-mRNA nachweisen, während Passamonti et al. [2004]

bei myeloproliferativen Erkrankungen (PV, essentielle Thrombozythämie, Osteomyelofibrose) eine Korrelation von Leukozytenzahl und Menge an PRV-1-mRNA fanden.

Bei Schwangeren ist eine vermehrte NB1-Expression und Zunahme des NB1-exprimierenden Anteils der Neutrophilen sowie eine Zunahme der Neutrophilenzahl beschrieben [Taniguchi et al. 2004], doch der Schluß, daß die Neutrophilenzahl die NB1-Expression reguliert, kann daraus nicht gezogen werden. Beide Phänomene sind eher als Folge einer veränderten Aktivitätslage durch andere regulierende Faktoren wie Zytokine und Wachstumsfaktoren aufzufassen. So konnte bei bakteriellen Infektionen und der aplastischen Anämie eine Korrelation von G-CSF-Konzentration und Neutrophilenzahlen gezeigt werden [Bux et al.

1999c]. Dies zeigt, daß die gesteigerte NB1-Expression und Neutrophilenzahl am ehesten beide wiederum auf den Effekt von G-CSF zurückzuführen sind. Auch andere Paramenter wie CRP, Körpertemperatur, Krankheitserreger zeigen in dieser Arbeit keinen Zusammenhang mit der NB1-Expression.

Insbesondere bei Patienten mit schweren Infektionen und Sepsis wurde in vielen Studien der Einfluß verschiedenster Zytokine auf Neutrophile untersucht, da man sich durch Kenntnis der Entzündungskaskade therapeutische Optionen erhofft. Neben G-CSF wurde eine gesteigerte Konzentration von IFN-γγγγ im Serum bei Sepsis gemessen [Barth et al. 2001], so daß möglicherweise auch IFN-γ die NB1-Expression beeinflußt.

Da es bei PV-Patienten unter der Therapie mit Interferon-a zu einer Reduktion der NB1-mRNA auf das Niveau gesunder Kontrollpersonen innerhalb von 6 Monaten kam, wird ein langfristiger gegenregulatorischer Effekt, wahrscheinlich auf Stammzellebene, vermutet, der die Überempfindlichkeit gegenüber G-CSF vermindert [Fruehauf et al. 2003].

Für die Funktion Neutrophiler sind auch Mastzellen relevant, da über die Degranulation und Freisetzung von Histamin, IL-8, NCF (Neutrophilenchemotaktischer Faktor) es u.a. zu einer Aktivierung und verbessertem Rolling Neutrophiler kommt [Kubes und Kanwar 1994; Perretti 1998]. Somit könnte auch z.B.

Histamin die NB1-Expression beeinflussen.

Verschiedene Autoren vermuten einen Einfluß von Östrogenen auf die NB1-Expression. Bei Frauen wird eine höhere NB1-Expression im Vergleich zu Männern beschrieben, die im Alter abnimmt [Matsuo et al.

2000]. Bei schwangeren Frauen ist sowohl der Anteil der NB1+ Neutrophiler als auch die NB1-Expression pro Neutrophilem im Vergleich zu gesunden Frauen und Männern signifikant erhöht. Zudem ist eine zusätzliche Expression von NB1 auf Monozyten während der Schwangerschaft beschrieben [Caruccio et al.

2003; Taniguchi et al. 2004]. Bei Neutrophilen aus Nabelschnurblut läßt sich eine signifikant gesteigerte NB1-Expression und eine vermehrte Menge an mRNA im Vergleich zu gesunden Erwachsenen nachweisen [Stroncek et al. 1998a; Matsuo et al. 2000; Caruccio et al. 2003; Taniguchi et al. 2004; Wolff 2005; Wolff et al. 2006], wobei bei Mädchen mehr NB1-mRNA als bei Jungen vorliegt [Wolff 2005; Wolff et al. 2006].

Diese gesteigerte Expression während der Schwangerschaft und bei Frauen wird von vielen Autoren mit dem veränderten Hormonhaushalt erklärt, wobei insbesondere Östrogene als relevant gelten [Matsuo et al.

2000; Caruccio et al. 2003; Taniguchi et al. 2004; Wolff 2005; Wolff et al. 2006]. Dies würde auch die Abnahme der NB1-Expression bei Frauen mit zunehmendem Alter erklären. Da Östrogene während einer Schwangerschaft erhöht sind, kann die vermehrte NB1-Expression während der Schwangerschaft und auf Neutrophilen aus Nabelschnurblut als konstitutionell und proliferationsbedingt angesehen werden. Die bei weiblichen Neugeborenen im Vergleich zu männlichen höhere NB1-Expression könnte auf ein vermehrtes Ansprechen z.B. auf Östrogene zurückgeführt werden. Östrogene scheinen daher eine langfristige

Zusammenfassend ist von einer komplexen und multifaktoriellen Regulation der NB1-Expression auszugehen, wobei G-CSF eine wesentliche Rolle zukommt. Eine vermehrte Expression auf Protein- und /oder mRNA Ebene wurde für PV, CML, essentielle Thrombozythämie, myelodysplastische Syndrom, Infektionen, sekundäre Leukozytosen, Gabe von G-CSF und Niereninsuffizienz beschrieben [Stroncek et al.

1998b; Matsuo et al. 2000; Klippel et al. 2001; Pahl 2002; Teofili et al. 2002, Klippel et al. 2003; Tefferi et al. 2003; Wolff et al. 2003; Florensa et al. 2004; Göhring et al. 2004; Passamonti et al. 2004; Zhang et al.

2004; Wolff 2005], wobei allen gemeinsam ist, daß entweder eine erhöhte G-CSF-Konzentration oder eine erhöhte Empfindlichkeit für G-CSF vorliegt. Man kann von einer genetisch festgelegten basalen NB1-Expression ausgehen [Matsuo et al. 2000; Wolff et al. 2003; Göhring et al. 2004], die von verschiedenen Faktoren modifiziert und der aktuellen Situation angepaßt werden kann. Die Expressionsänderungen scheinen durch veränderte Genexpression und Proteinprozessierung und weniger durch genetische Polymorphismen bedingt zu sein [Caruccio et al. 2003].