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6.1 P4C-Welle-Nabe-Verbindung unter schwellender Torsionsbelastung

6.1.1 Gegenüberstellung der P4C- und P3G-Welle-Nabe-

Die beiden genormten Polygonprofile haben trotz vieler Gemeinsamkeiten einige grundlegend verschiedene Eigenschaften. Bei der Festlegung der Versuchsparameter wurde diese Tatsache berücksichtigt, um einerseits die Praxisrelevanz zu gewährleisten und andererseits eine Vergleichbarkeit zu den untersuchten P3G-WNV herstellen zu können [Rei-94].

Als eine wichtige charakteristische Auslegungsgröße für den Konstrukteur ist der Nenndurchmesser zu sehen. In Analogie zu REINHOLZ’ experimentellen Untersuchungen wurde auch der Nenndurchmesser für die P4C-WNV mit dnenn = 25 mm festgelegt. Die P4C-Profile besitzen jedoch bei gleichem Nenndurchmesser einen kleineren Querschnitt und kleinere Widerstandsmomente als die P3G-Profile. Bei den P4C-WNV ist die axiale Verschiebbarkeit der Welle in der Nabe unter Drehmomentbelastung kennzeichnend. Dieses setzte jedoch voraus, daß die Verbindung mit einer Spielpassung im Gegensatz zu den mit einer Übergangspassung untersuchten P3G-WNV ausgelegt wurde. Weitere Unterschiede liegen in der Fertigung der Naben. Die P4C-Naben wurden geräumt und die P3G-Naben geschliffen. Die Fügelänge war bei den P4C-WNV um einen Millimeter kürzer, damit das Verhältnis von Fügelänge zum mittleren Durchmesser (l/dm) dem der P3G-WNV von REINHOLZ angepaßt war.

Bild 6.1 zeigt die Gegenüberstellung der ertragbaren Torsionsmomentamplituden bei gleicher statischer Torsionsbelastung. Die ertragbaren Torsionsmomentamplituden liegen bei der P3G-WNV um 77% höher als bei der P4C-WNV. Stellt man diesen Tragfähigkeitsvergleich auf der Basis von Nennspannungen an (siehe Bild 6.2), so liegen die ertragbaren Torsionsspannungsamplituden bei der P3G-WNV um 28% höher als bei der P4C-WNV, wobei die statische Torsionsspannung bei der P4C-WNV um 28% größer ist als bei der P3G-WNV. Es wirkt sich deutlich aus, daß die polaren Widerstandsmomente dieser beiden Profile bei gleichem Nenndurchmesser stark unterschiedlich sind:

WP, P3G25mm = 2,56 cm³, WP, P4C25mm = 1,85 cm³.

PB = 10 % PB = 50 % PB = 90 %

0 50 100 150 200 250 300

Ertragbare Torsionsmomentamplitude in Nm

P3G-WNV *) P4C-WNV

Vergleich der Tragfähigkeiten von P4C- und P3G- Welle-Nabe-Verbindungen unter schwellender Torsion

P3G DIN 32711 / P4C DIN 32712 dnenn = 25 mm

Passung: H7/n6 / H7/g6 Werkstoff: 42CrMoS4V Wellenprofil: geschliffen Nabenprofil: geschliffen / geräumt

QA = 0,31 l = 0,72 dm / l = 0,74 dm Tribologie: unbeschichtet +

entfettet Mtm = 294 Nm Grenz-LSZ: 20 Mil.

*) nach Reinholz

Bild 6.1: Gegenüberstellung der ertragbaren Torsionsmomentamplituden der P4C- und P3G-WNV unter schwellender Torsion, Versuchsblöcke VIII [Rei-94] und 1 unter Angabe der Randbedingungen 9

PB = 10 % PB = 50 % PB = 90 %

0 20 40 60 80 100 120

Ertragbare Torsionsspannungsamplitude in N/mm²

P3G-WNV *) P4C-WNV

Vergleich der Tragfähigkeiten von P4C- und P3G- Welle-Nabe-Verbindungen unter schwellender Torsion

*) nach Reinholz P3G DIN 32711 / P4C DIN 32712

dnenn = 25 mm Passung: H7/n6 / H7/g6

Werkstoff: 42CrMoS4V Wellenprofil: geschliffen Nabenprofil: geschliffen / geräumt

QA = 0,31 l = 0,72 dm / l = 0,74 dm Tribologie: unbeschichtet +

entfettet

τtm = 115 N/mm² / τtm = 159 N/mm² Grenz-LSZ: 20 Mil.

Bild 6.2: Gegenüberstellung der ertragbaren Torsionsspannungsamplituden der P4C- und P3G-WNV unter schwellender Torsion, Versuchsblöcke VIII [Rei-94] und 1

9 Die Randbedingungen für die beiden verglichenen Versuchsblöcke sind im rechten Teil des Diagramms stichpunktartig aufgeführt. Sie sind im Kapitel 3 ausführlich beschrieben (vgl. Tab. 3.1).

Steht in den Zeilen jeweils nur ein Merkmal/Wert, so gilt dieses/dieser für die beide verglichenen Versuchsblöcke. Sofern zwei Merkmale/Werte nebeneinander geschrieben sind, gilt das/der linke für den links dargestellten und das/der rechte für den rechts dargestellten Versuchsblock.

Im einzelnen sind folgende Randbedingungen von oben nach unten aufgeführt:

1. Profilform, 2. Nenndurchmesser, 3. Passung der WNV, 4. Werkstoff der Welle und Nabe, 5. Fertigung des Wellenprofils, 6. Fertigung des Nabenprofils, 7. Nabendurchmesserverhältnis, 8. Fügelänge, 9. Tribologischer Zustand, 10. Statische Vorspannung, 11. Grenzlastspielzahl

Ein weiterer Grund für die niedrigere Tragfähigkeit der P4C-WNV ist in den unterschiedlichen Passungen zu sehen. Eine Übergangspassung mit leichtem Festsitz induziert Druckspannungen in der Kontaktzone. Die Traganteile der Fügeflächen werden größer und gleichmäßiger verteilt als bei einer Spielpassung. Dadurch sind die lokalen Beanspruchungsmaxima geringer. Ferner werden die für den Verschleiß und damit auch für die Tragfähigkeit einer Verbindung mitentscheidenden Relativbewegungen zwischen Welle und Nabe reduziert, so daß sich die Übergangspassung mit Festsitz bei den P3G-WNV positiv auswirkt. Weiterhin konnten die P4C-Naben nicht geschliffen werden - sie wurden geräumt. Dadurch sind sowohl die Oberflächenrauheiten und auch die Profilabweichungen der P4C-Naben größer als bei den P3G-Naben. Beide Randbedingungen fördern lokale Spannungsüberhöhungen.

Bezieht man die ermittelten Tragfähigkeitswerte auf die Werkstoffestigkeitskenngrößen, so ist eine deutliche Reduzierung infolge der komplexen Spannungsverhältnisse zwischen Welle und Nabe erkennbar. Bild 6.3 zeigt das Haigh-Diagramm des verwendeten Werkstoffes.

Haigh Diagramm für 42CrMoS4V

P3G- und P4C-WNV unter schwellender Torsion

0 100 200 300 400

0 200 400 600

Mittelspannung τm in N/mm² Spannungsamplitude τa in N/mm²

τtW

1) Block VIII nach Reinholz

2) Block 1 P3G1)

P4C2)

theoretisch ertragbare Ausschlagspannung des ungekerbten Stabes3)

3) nach DIN 743

Bild 6.3: Gegenüberstellung der experimentell ermittelten Tragfähigkeiten der P3G- und P4C-WNV zu den theoretisch ertragbaren Ausschlagspannungen des ungekerbten Stabes nach DIN 743 bei Pü = 90%, Block VIII [Rei-94] und 1

Die notwendigen Torsionsspannungsverläufe zur Konstruktion eines Haigh-Diagramms wurden nach DIN 743 berechnet und in das Diagramm eingetragen. Dabei diente die für die verwendete Werkstoffcharge experimentell ermittelte Zugfestigkeit als Berechnungsgröße, so daß der Größeneinfluß nicht gesondert berücksichtigt werden muß. Die Reibkerbwirkungszahlen βkc10 für diese beiden Versuchsblöcke liegen bei βkct P4C (Pü=90%) = 4,6 bzw. βkct P3G (Pü=90%) = 3,2. Neben einem möglichen Profileinfluß

10 Die Reibkerbwirkungszahl βkc ist definiert als die Tragfähigkeitsminderung der Bauteilverbindung unter Reibdauerbeanspruchung gegenüber dem glatten ungekerbten Stab unter reiner Dauerbeanspruchung.

wird damit auch quantitativ deutlich, daß sich die oben diskutierten Parameter bei den P4C-WNV nachteilig auf die Tragfähigkeit auswirken. Diese Aussage ist um so beachtenswerter, als die resultierenden Kräfte pro Flanke infolge des Drehmomentes bei gleichen Bedingungen bei den P3G-WNV um das 1,9-fache größer als bei den P4C-WNV sind (vgl.

Bild 6.4).

α φ β

hN hR

φ

α

β

F

N

F

N

hN M h

F

R

F

R R

t Mt

Bild 6.4: Maßstäbliche Gegenüberstellung der Kraftverhältnisse beim P3G- und P4C-Polygon unter Torsionsbelastung [WiBe-98b]

Ein Vergleich der auftretenden Flächenpressungen nach den in DIN 32711 und DIN 32712 angegebenen Näherungsformeln allein gibt keinen sinnvollen Bewertungsansatz. Es ergibt sich für die P4C-WNV mit pP4C = 257 N/mm² ein nicht mal halb so großer Wert bei gleicher Überlebenswahrscheinlichkeit wie für die P3G-WNV mit pP3G = 660 N/mm². Der entscheidende Punkt liegt darin, daß insbesondere die Reibbeanspruchungen und die Passungsverhältnisse keine Berücksichtigung in diesen Formeln finden.