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Redoxisomerisierung hochsubstituierter und prochiraler Allylalkohole

3.5 Katalysen

3.5.2 Katalytische Redoxisomerisierung von Allylalkoholen

3.5.2.3 Redoxisomerisierung hochsubstituierter und prochiraler Allylalkohole

einfachen Allylalkoholen grundsätzlich belegt ist, stellt sich nun die Frage, ob während der Katalyse chirale Information auf die Substrate übertragen werden kann.

Dazu wurden zwei prochirale Allylalkohole in den Katalyseexperimenten eingesetzt.

Diese beiden prochiralen Substrate zeigen bei Beispielen aus der Literatur eine sehr geringe Reaktivität, so daß alle folgenden Reaktionen bei 110°C in Toluol durchgeführt wurden. Als prochirale Substrate dienten bei dieser Studie Geraniol und 3-Methyl-2-cyclohexen-1-ol. Zusätzlich wurden noch zwei bei 70°C unreaktive, weil an der Doppelbindung hochsubstituierte, Substrate Prenol und Crotylalkohol bei 110°C in Toluol untersucht (siehe Abbildung 3.20). Als Produkte werden dann in dieser Reihenfolge Citronellal, 3-Methylcyclohexanon, Isovaleraldehyd und Butyraldehyd erhalten.

ALLGEMEINER TEIL

OH

OH OH

Geraniol 3-Methyl-cyclohexen-1-ol

Crotylalkohol Prenol

OH

Abb. 3.20: Hochsubstituierte und prochirale Substrate

Die zusätzlich im Molekül vorhandene, isolierte Doppelbindung des Terpenalkohols Geraniol kann als Katalysatorgift wirken, indem sie die freien Koordinationstellen im Katalysatorkomplex belegt. Deshalb ist gerade Geraniol, ein in industrieller Hinsicht interessantes Substrat, bei bisherigen Publikationen nur mit schlechtem Katalyseergebnissen vertreten[105-107,207].

Geraniol 110°C

(23) (24) (25) (26) (27)

t [h]

Ausbeute (ee) [%]

60 7 (24)

49 60 (53)

50 8 (74)

50 25 (40)

46 7 (---) Tabelle 3.26: Isomerisierung von Geraniol

In allen Fällen belegt die sehr lange Reaktionsdauer die geringe Reaktivität des Substrats. Gleichermaßen wird die Reaktion durch die Komplexverbindungen (23)-(27) auch nur mit geringen bis moderaten Ausbeuten katalysiert. Nach der angegebenen Zeit ist keine weitere Reaktion mehr zu beobachten. In der Literatur

ALLGEMEINER TEIL

finden sich nur selten Beispiele mit Ausbeuten von mehr als 20%. Damit sind die mit den Komplexverbindungen (24) und (26) erzielten Ausbeuten deutlich höher als vergleichbare Literaturbeispiele[105-107,207].

Betrachtet man zusätzlich die erzielten Enantiomerenüberschüsse, so wurden außer bei Komplexverbindung (27) durchweg moderate Werte erreicht. Eine Übertragung der chiralen Information des Katalysators auf die Substrate hat also stattgefunden.

Gleichzeitig ist die hier vorgestellte Katalyse eines der wenigen Beispiele für eine asymmetrisch geführte Redoxisomerisierung von Geraniol zu Citronellal. Die meisten der o. g. Literaturstellen beziehen sich ausschließlich auf die Katalyse zum racemischen Produkt. K. Tani et al. beschreibt bisher als einziger die Darstellung von Citronellal mit 37% ee auf diesem Wege. Dazu verwendete er einen [(BINAP)Rh(COD)]+-Komplex als Katalysator[104]. Um zu besseren Enantioselektivitäten zu gelangen, mußte er einen Umweg über Geranylamin einschlagen, welches redoxisomerisiert wurde und anschließend in Citronellal überführt wurde[209].

Unter diesen Voraussetzungen sind die 74% ee, welche mit Komplexverbindung (25) erzielt wurden, das bisher beste Ergebnis einer direkten Isomerisierung von Geraniol zu Citronellal. Allerdings kann die relativ geringe Ausbeute an gewünschtem Produkt keinesfalls befriedigen. Tabelle 3.27: Isomerisierung von 3-Methyl-cyclohexen-2-ol

Wie schon für Geraniol sind die erhaltenen Ausbeuten auch für 3-Methyl-cyclohexen-2-ol gering bis moderat bei ähnlich langen Reaktionszeiten von jeweils zwei bis drei Tagen. Es kann jedoch in fast allen Fällen eine asymmetrische Induktion beobachtet werden, wenn auch mit geringeren Enantiomerenüberschüssen als im Falle von Geraniol. Das ist insofern bemerkenswert, da bei 3-Methyl-cyclohexen-2-ol durch das

ALLGEMEINER TEIL

Fehlen weiterer Doppelbindungen im Substratmolekül eine größere Aktivität als bei Geraniol zu erwarten ist. Hier verhindert wohl die sterische Wechselwirkung des starren Sechsrings des Substratmoleküls mit der katalytisch aktiven Spezies größere Reaktionsgeschwindigkeiten bzw. höhere asymmetrische Induktionen. Für Komplexverbindung (27) wird wieder keinerlei asymmetrische Induktion beobachtet.

Mit dieser Komplexverbindung, welche in der Diels-Alder-Reaktion die höchsten Ausbeuten und Enantiomerenüberschüsse erzielt, ist bei der Redoxisomerisierung in keinem der Fälle eine asymmetrische Induktion zu beobachten. Trotz der strukturellen Ähnlichkeiten der Komplexverbindungen (23)-(27) untereinander sind je nach gewählter Katalysereaktion deutliche Unterschiede bezüglich Reaktivität und asymmetrischer Induktion zu verzeichnen.

Anhand der folgenden beiden Substrate Prenol und Crotylalkohol wird der Einfluß des Substitutionsmusters auf die Reaktivität dieser Substrate in der Redoxisomerisierung deutlich. Tabelle 3.28: Redoxisomerisierung von Prenol und Crotylalkohol

Auch für diese beiden Substrate sind die Reaktionszeiten erwartungsgemäß sehr lang. Dabei sind die erzielten Ausbeuten für Crotylalkohol in allen Fällen deutlich höher als für Prenol. Der Grund hierfür liegt in dessen niedrigerer Substitution an der Doppelbindung begründet. Daraus ergibt sich eine geringere sterische Interaktion mit der katalytisch aktiven Spezies und damit eine größere Reaktionsgeschwindigkeit[109].

ALLGEMEINER TEIL

Bei allen vier Substraten, die in diesem Abschnitt vorgestellt wurden, konnte in der Reaktionslösung nach beendeter Katalyse kein Edukt mehr detektiert werden. Außer dem gewünschten Produkt der Katalysereaktion traten in jeder Reaktion jeweils zwei Nebenprodukte auf. Sie konnten in allen Fällen identifiziert werden und müssen während der Reaktionen alle nach einem analogen Schema entstanden sein. In der Tabelle 3.29 sind für das Beispiel Geraniol → Citronellal die Nebenprodukte exemplarisch aufgeführt.

Edukt: Geraniol Produkt:

Nebenprodukte:

Citronellal

3,7-Dimethyl-2,6-octadienal 3,7-Dimethyl-6-octen-1-ol

Tabelle 3.29: Identifizierte Nebenprodukte am Beispiel der Redoxisomerisierung von Geraniol

Die beiden Nebenprodukte entstehen jeweils im Verhältnis 1 : 1 und werden, verglichen mit den Ausbeuten an Isomerisierungsprodukt der obigen Reaktionen, bevorzugt gebildet. Sie können nur durch einen intermolekularen H2-Transfer entstanden sein. Diese Transfer-Hydrierung wurde unter den Bedingungen der Redoxisomerisierung von Allylalkoholen bisher weder mit diesen Substraten noch mit anderen Allylalkoholen als Nebenreaktion beobachtet. Das folgende Schema 3.22 verdeutlicht diese Reaktion.

ALLGEMEINER TEIL

OH

O

OH

Geraniol

3,7-Dimethyl-6-octen-1-ol 3,7-Dimethyl-2,6-octadienal H2-Transfer

Schema 3.22: Beobachteter intermolekularer H2-Transfer

Quellen für den H2-Transfer sind in der Regel billige Reagenzien wie Ameisensäure oder Isopropanol. Als Substrate werden häufig aromatische Ketone verwendet, welche zu den entsprechenden Alkoholen reduziert werden. Sind demnach die Komplexverbindungen (23)-(27) potentiell gute Katalysatoren für die Transfer-Hydrierung? Um diese Frage zu klären, wurden die folgenden Untersuchungen durchgeführt.

ALLGEMEINER TEIL

3.5.3 Asymmetrische Transfer-Hydrierung von aromatischen Ketonen