• Keine Ergebnisse gefunden

Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht der erkennenden Richterin die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund, nicht gegeben. Im Verfahren wurde zunächst eine Verfolgung durch den IS behauptet, später eine Verfolgung durch das irakische Militär, doch ist weder glaubhaft, dass der Beschwerdeführer vom IS bedroht oder verfolgt wurde, noch, dass er vom Militär verhaftet wurde.

Eine Verfolgung alleine aufgrund der Zugehörigkeit zur sunnitischen Gemeinschaft entspricht weder den Länderberichten noch der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. VwGH 25.4.2017, Ra 2017/18/0014 und VwGH, 29.06.2018, Ra 2018/18/0138). Dazu stellt das European Asylum Support Office (EASO) fest, dass alleine die Zugehörigkeit zur sunnitischen Gemeinschaft noch nicht ausreicht, um eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zu begründen (EASO, Country Guidance: Iraq, Juni 2019). Auch wenn der Beschwerdeführer als Angehöriger der muslimischen Glaubensgemeinschaft sunnitischer Glaubensrichtung in

Bagdad im Verhältnis zu den Angehörigen der schiitischen Glaubensgemeinschaft in der Minderheit sein mag, kann eine systematische Verfolgung und Diskriminierung der Sunniten im Irak durch staatliche Stellen oder Privatpersonen im Lichte der vorliegenden aktuellen Länderberichte nicht festgestellt werden. Im Parlament, wie auch generell auf politischer Ebene, sind Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft vertreten. Sunniten nehmen, trotz der überwiegenden Präsenz schiitischer Milizen, am gesellschaftlichen und politischen Leben im Irak nach wie vor teil. Auch wenn die Kriegsgeschehnisse der vergangenen Jahre zu starken Ressentiments der Glaubensgruppen untereinander geführt haben, ist es für Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft dennoch möglich, im Irak zu leben, zu arbeiten, staatliche und politische Posten zu besetzen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen (vgl. dazu VwGH, 29.06.2018, Ra 2018/18/0138 und 25.04.2017, Ra 2017/18/0014).

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt A) 2.3. bereits dargelegt, konnte der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung glaubhaft machen. Er ist nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung durch den IS, das irakische Militär oder andere Akteure ausgesetzt.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids gemäß § 3 Abs.

1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 idgF ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach

§ 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174). Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend (vgl.

u.a. VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174). Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 200/01/0443 und zuletzt VwGH, 25.05.2016, Ra 2016/19-0036-5).

In einem aktuellen Erkenntnis hält der Verwaltungsgerichtshof an seiner Rechtsprechung fest, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann (VwGH, 21.05.2019, Ro 2019/19/0006).

Gegenständlich war daher zu klären, ob im Falle der Rückführung des Beschwerdeführers in den Irak Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würden bzw. eine reale Gefahr einer solchen Verletzung besteht oder die Rückführung für den Beschwerdeführer als Zivilperson mit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über familiäre Kontakte in Mossul;

selbst wenn der Kontakt zu seinen dort lebenden Verwandten abgebrochen sein sollte, kann er diesen über seine Schwester wieder herstellen Der Beschwerdeführer verfügt über eine mehrjährige Schulausbildung und Berufserfahrung in den verschiedensten Branchen. Wie bereits ausgeführt, stammt der Beschwerdeführer aus einem östlichen Bezirk der Stadt, ist dort aufgewachsen und kennt sich aus. Die Sicherheits- und Versorgungslage in Ost-Mossul ist im Vergleich zum Westteil der Stadt relativ stabil und ist davon auszugehen, dass der

Beschwerdeführer sich im Falle einer Rückkehr eine grundlegende Existenz wird sichern können.

Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei den Kopf- und Magenschmerzen, der Nasennebenhöhlenentzündung und dem erhöhten Blutdruck des Beschwerdeführers um leichte Krankheitsbilder, die im Irak behandelbar sind bzw. nicht ständiger ärztlicher oder medikamentöser Behandlung bedürfen. Weiters hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2017/20/0038 bis 0040; 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, jeweils mwN). Von einer solchen Verschlechterung seines Zustandes wäre aber auch bei einer Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak nicht auszugehen.

Der Vollständigkeit halber ist aufgrund der aktuellen Situation festzuhalten, dass auch die Ausbreitung des Coronavirus einer Rückkehr nicht entgegensteht. So ist der Beschwerdeführer jung und leidet an keinen schweren chronischen Krankheiten. Selbst bei einer Infektion wäre aufgrund seines Alters und seiner gesundheitlichen Situation davon auszugehen, dass er diese relativ komplikationslos überstehen wird, zeigen doch die notorisch bekannten Statistiken, dass eine Infektion bei jungen, gesunden Personen in den weitaus meisten Fällen ohne schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen überstanden wird beziehungsweise diese Gruppe selbst bei einer Infektion keine Symptome zeigt. Auch wenn einzelne dieser Personengruppe zwar auch schwer erkranken können, besteht nach den derzeit verfügbaren Informationen jedoch jedenfalls keine „reale“ Gefahr hierfür. Eine bloße

Möglichkeit einer Verletzung seiner in der EMRK genannten Rechte ist jedoch für die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausreichend.

Zusammengefasst kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer in keine die Existenz bedrohende Notlage geraten wird oder um sein Leben fürchten muss, wenn er nach Mossul zurückkehrt.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 (erster Teil des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides - im Umfang des ersten Spruchteiles - gemäß § 57 AsylG abzuweisen.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (zweiter Teil des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 Abs 2 BFA-VG lautet wie folgt:

„(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl.

etwa VwGH, 05.06.2019, Ra 2019/18/0078; 25.04.2018, Ra 2018/18/0187; 06.09.2017, Ra 2017/20/0209; 30.08.2017, Ra 2017/18/0070 bis 0072; 20.06.2017, Ra 2017/22/0037). Zuletzt sprach der Verwaltungsgerichtshof bei einem Aufenthalt von fast fünf Jahren von einer

„langen Aufenthaltsdauer“ (VwGH, 18.05.2020, Ra 2019/18/0356, Rz 16). Der Beschwerdeführer befindet sich seit fünfeinhalb Jahren im Bundesgebiet; die lange Verfahrensdauer ist dem Beschwerdeführer nicht anzulasten, wirkte er doch stets am Verfahren mit.

Dennoch wäre alleine angesichts seiner in Österreich gesetzten Integrationsschritte noch nicht von einem Überwiegen seiner privaten Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Er besuchte zwar im Jahr 2017 einige Deutschkurse, doch trat er erst kurz vor der mündlichen Verhandlung zu einer A2-Prüfung an, deren Ergebnis noch nicht vorliegt. Er kann sich in Deutsch jedenfalls grundsätzlich verständigen. Der Beschwerdeführer ist an einigen Tagen im Monat für die Gemeinde XXXX tätig, bezieht aber dennoch Grundversorgung und kann von einer beruflichen Verankerung im Bundesgebiet noch nicht ausgegangen werden.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer aber über ein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) ist das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Bindungen ("marriage-based relationships") beschränkt, sondern erfasst auch andere faktische Familienbindungen ("de

facto family ties"), bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (vgl.

VwGH 23.2.2011, 2011/23/0097, und 8.9.2010, 2008/01/0551, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR). Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK begründet, stellt der EGMR auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen - etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder - äußern können (vgl. VwGH 24.6.2019, Ra 2019/20/0101 mit Verweis auf das Urteil des EGMR 2.11.2010, Serife Yigit gegen die Türkei, Große Kammer, Beschwerde Nr. 3976/05, Rn. 93 und 96). Nachdem der Beschwerdeführer seit etwa zwei Jahren mit seiner Lebensgefährtin und deren minderjährigen Sohn zusammenlebt und sich auch im Alltag um diesen kümmert, ist von einer Lebensgemeinschaft auszugehen, die von Art. 8 EMRK geschützt wird (VwGH, 17.12.2019, Ro 2019/18/0006). Es ist zwar zu berücksichtigen, dass beiden beim Eingehen der Beziehung bewusst sein musste, dass der Beschwerdeführer in Österreich kein Aufenthaltsrecht hat, doch stellt der Beschwerdeführer für den minderjährigen Sohn seiner Lebensgefährtin eine Vaterfigur dar und wäre eine Trennung aus Sicht des Kindeswohls problematisch.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nun nicht, dass grundsätzlich ein hohes öffentliches Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen besteht (VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023), dass das Privat- und Familienleben während des unsicheren Aufenthaltsstatus entstand, der Beschwerdeführer sich dessen auch bewusst sein musste und der Umstand, dass er nicht straffällig geworden ist, keine Erhöhung des Gewichts der Schutzwürdigkeit der persönlichen Interessen bewirkt (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112). Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt (zuletzt VwGH, 27.04.2020, Ra 2020/21/0121) darauf hingewiesen, dass ein Unterschied darin liegt, ob die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basiert oder während eines einzigen, ohne schuldhafte Verzögerung durch den Fremden lange dauernden Asylverfahrens erfolgt ist. Zugunsten des Beschwerdeführers war die ohne sein Verschulden unangemessen lange Dauer des gegenständlichen Verfahrens von mehr als fünf Jahren unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs.

2 Z 9 BFA-VG zu berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund überwiegen die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Familien- und Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als unverhältnismäßig qualifiziert werden muss. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher,

dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Irak einen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt und aufzuheben ist.

Der Beschwerde war daher in Hinblick auf den zweiten Teil des Spruchpunkt III. und die darauf aufbauenden Spruchpunkte stattzugeben und diese zu beheben.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß §55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Erfüllt der Drittstaatsangehörige überdies das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG) oder übt er zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit aus, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 ASVG erreicht wird, so ist nach dem ersten Absatz des § 55 AsylG 2005 eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ auszustellen, andernfalls nach dem zweiten Absatz dieser Bestimmung nur eine „Aufenthaltsberechtigung“, mit der (auf beschäftigungsrechtlicher Ebene) ein geringerer Berechtigungsumfang verbunden ist.

Nachdem der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 AsylG 2005 nicht erfüllt, war ihm eine „Aufenthaltsberechtigung“ auszustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Asylgründen und zur Relevanz des Privat- und Familienlebens und der Aufenthaltsdauer bei Rückkehrentscheidungen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

ÄHNLICHE DOKUMENTE