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Zu A) 1.

3.1. Zur Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst. Zumal im Beschwerdeschriftsatz vom 13.08.2020 Spruchpunkt I. nicht beanstandet wurde, sondern ausschließlich die Spruchpunkte II. bis VII., erfolgt hinsichtlich Spruchpunkt I. keine Befassung durch das Bundesverwaltungsgericht.

3.1.1 Rechtslage

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes – nicht bloß von Nebenumständen – kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs 1 AVG dann vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24.02.2005, 2004/20/0010 bis 0013; VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 20.03.2003, 99/20/0480; VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25.

4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl.

1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend – bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache – entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl.

VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

3.1.2 Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des BF zu Recht gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, d.h. eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da der erste Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 20.07.2006 mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.06.2013 in zweiter Instanz in formelle Rechtskraft erwachsen ist. Durch die die Beschwerde abweisende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.05.2019, GZ I411 2/8E und I411 1314905-3/3E, über den (Folge-)Antrag des BF vom 12.11.2015 auf internationalen Schutz ist (hinsichtlich des Spruchpunktes A.1.) auch der Bescheid der belangten Behörde vom 08.09.2016 in formelle Rechtskraft erwachsen.

Gegenständlich bleibt aufgrund des Beschwerdevorbringens ausschließlich zu überprüfen, ob sich der Sachverhalt bzw. die Rechtslage in Bezug auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verändert haben. Letzteres ist nicht gegeben, auch eine entscheidungswesentliche Änderung der Rechtslage in Bezug auf § 8 AsylG ist nicht eingetreten.

Eine Änderung der Lage in Nigeria ist nicht erfolgt. Es gibt keine Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse). Eine Änderung der Lage in Nigeria wurde auch vom BF nicht substantiiert behauptet. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Gewährung eines Status nach § 8 Abs 1 AsylG voraussetzt, dass die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art 3 EMRK aufgezeigt wird (vgl. zuletzt VwGH, 23.03.2017, Ra 2016/20/0188); die bloße Möglichkeit einer Existenzbedrohung kann diese Schwelle nicht erreichen.

Zu prüfen sind aber auch etwaige Änderungen in der Person des BF, welche eine neue Refoulement-Prüfung notwendig machen könnten. Das Bundesamt hatte im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass der BF abgesehen von den bereits im Vorverfahren geltend gemachten psychischen Problemen an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung leidet und es in der Nigeria eine medizinische Grundversorgung gebe. Dem wurde in der Beschwerde nicht

entgegengetreten und auch aus dem sonstigen Akteninhalt ergeben sich keinerlei Hinweise auf eine seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustandes des BF. Es ist letztlich davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten würde, zumal auch die Tochter des BF sowie seine beiden Schwestern nach wie vor in Nigeria leben. Selbst wenn dem BF kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten würde, sollte er in Anbetracht seiner Arbeitsfähigkeit und auch Berufserfahrung in der Lage sein, sich eine neue Existenz aufzubauen. Der Umstand, dass der BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Nigeria bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, zumal im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände fehlen.

Die einzige Änderung der Gegebenheiten ist das (weltweite) Auftreten des sogenannten COVID-19-Virus. Allerdings besteht für den BF als jungen Mann ohne Vorerkrankungen – wie bereits ausgeführt – selbst im Falle einer Infektion mit COVID-19 eine lediglich im (unteren) einstelligen Prozentbereich liegenden Wahrscheinlichkeit eine Gefahr für sein Leben bzw.

für dauerhafte schwerwiegende gesundheitliche Schäden. In der Mehrzahl der Fälle verläuft solch eine Erkrankung der bisherigen Erfahrung nach sogar weitgehend symptomlos bzw.

heilt binnen kurzer Zeit ohne bleibende Schäden aus. Im Übrigen bleibt auf die Ausführungen unter Punkt II. 2.4. zu verweisen.

Eine neue, umfassende inhaltliche Prüfung wird vom Bundesverwaltungsgericht aus diesen Gründen nicht für notwendig erachtet. Der angefochtene Spruchpunkt II. war sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Im Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde aus, dass dem BF ein "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" (gemeint wohl:

„Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“) gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde.

Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatangehörigen ist gemäß § 57 AsylG von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, wenn der Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt. Eine Erteilung ist weiters

vorgesehen zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von mit diesen in Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere an Zeugen oder Opfern von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel. Die Aufenthaltsberechtigung wird auch an Opfer von Gewalt erteilt, sofern eine einstweilige Verfügung nach § 382b oder 382e EO erlassen wurde oder hätte werden können und die Erteilung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG wurde weder vom BF behauptet noch gibt es dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Hinweise. Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1 Rechtslage:

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG sowie gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 von Amts wegen nicht zu erteilen ist. Diese Bestimmungen sind auch bei der Zurückweisung eines Folgeantrags nach § 68 Abs 1 AVG anzuwenden, da weiterhin eine rechtskräftige abweisende Entscheidung nach §§ 3 und 8 AsylG vorliegt (vgl.

VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082).

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Unter „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff). Allerdings ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 17.12.2007, 2006/01/0126, mit weiterem Nachweis).

Gemäß der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist die Integration von Asylwerbern stärker zu berücksichtigen, wenn – anders als in Fällen, in denen die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte – diese während eines einzigen Asylverfahrens erfolgt ist und von den Asylwerbern nicht schuldhaft verzögert wurde (vgl. VfGH 7.10.2010, B 950/10 u.a., wonach es die Verantwortung des Staates ist, die Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren so effizient führen zu können, dass nicht bis zur ersten rechtskräftigen Entscheidung – ohne Vorliegen außergewöhnlich komplexer Rechtsfragen und ohne, dass den nunmehrigen BF die lange Dauer des Asylverfahrens anzulasten wäre – 7 Jahre verstreichen). Diese Judikatur wurde durch die Einführung der lit. I in § 10 Abs 2 Z 2 AsylG im Rahmen der Novelle BGBl. I Nr.

38/2011 umgesetzt und findet sich nunmehr in § 9 Abs 2 Z 9 BFA-VG.

In seiner aktuellen Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof im Fall eines mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthaltes eine Rückkehrentscheidung infolge einer Abwägung nach § 9 BFA-VG für zulässig erachtet, da dieser langjährige Aufenthalt nur auf Grund der festgestellten Täuschungshandlungen des Revisionswerbers durch absichtlichen Gebrauch einer – die Ausstellung eines Heimreisezertifikates vereitelnden – Aliasidentität ermöglich worden war (vgl. zur Bedeutung unrichtiger Identitätsangaben zuletzt etwa den Beschluss des VwGH vom 17.10.2016, Ro 2016/22/0009, Rz 15, mwN) (VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0183). Darüber hinaus können auch ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer

aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden.

Dazu zählen das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 10. November 2015, Ro 2015/19/0001; B 3. September 2015, Ra 2015/21/0121; B 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften (zB AuslBG, E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062; B 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), eine zweifache Asylantragstellung (vgl. B 20. Juli 2016, Ra 2016/22/0039; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165), sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. E 31.

Jänner 2013, 2012/23/0006) (VwGH 18.12.2019, Ra 2019/14/0461).

Im Fall Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich erachtete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Ausweisung einer ugandischen Asylwerberin aus dem Blickwinkel des Art 8 EMRK als zulässig, obwohl die BF, die erfolglos Asyl begehrt hatte, in der Zwischenzeit bereits fast 10 Jahre in Großbritannien aufhältig gewesen war: Ihrem Hinweis auf ihr zwischenzeitlich begründetes Privatleben, nämlich dass sie sich mittlerweile an einer Kirchengemeinschaft beteiligt habe, berufstätig geworden und eine Beziehung zu einem Mann entstanden sei, hielt der Gerichtshof entgegen, dass die BF keine niedergelassene Einwanderin und ihr vom belangten Staat nie ein Aufenthaltsrecht gewährt worden sei. Ihr Aufenthalt im Vereinigten Königreich während der Anhängigkeit ihrer verschiedenen Asylanträge und Menschenrechtsbeschwerden sei immer prekär gewesen, weshalb ihre Abschiebung nach Abweisung dieser Anträge durch eine behauptete Verzögerung ihrer Erledigung durch die Behörden nicht unverhältnismäßig werde (EGMR 8.4.2008, 21.878/06, NL 2008, 86, Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich).

Im Fall Omoregie u.a. gegen Norwegen, der die Ausweisung eines ehemaligen (nigerianischen) Asylwerbers betraf, erkannte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ebenfalls keine Verletzung von Art 8 EMRK, obwohl der BF während seines Asylverfahrens eine Lebensgemeinschaft mit einer norwegischen Staatsangehörigen gegründet hatte und Vater einer gemeinsamen Tochter geworden war, da sich der BF, der seine Lebensgefährtin (nach Abweisung des Asylantrages) geehelicht hatte, über die Unsicherheit seines fremdenrechtlichen Aufenthaltsstatus in Norwegen bereits zu Beginn der Beziehung im Klaren sein habe müssen (EGMR 31.7.2008, 265/07, Darren Omoregie u.a.

v. Norwegen). In derartigen Fällen könne die Ausweisung eines Fremden nach Ansicht des Gerichtshofes (wie er im Fall da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande hervorhob) nur unter außergewöhnlichen Umständen eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen (EGMR 31.1.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande mwN).

Unter Berufung auf diese Judikatur hatte der Verfassungsgerichtshof etwa in VfSlg.

18.224/2007 keine Bedenken gegen die Ausweisung eines kosovarischen Staatsangehörigen trotz seines 11-jährigen Aufenthaltes, da sich der Aufenthalt (zunächst) auf ein für Studienzwecke beschränktes Aufenthaltsrecht gegründet hatte und vom BF nach zwei Scheinehen schließlich durch offenkundig aussichtslose bzw. unzulässige Asylanträge verlängert wurde.

3.3.2 Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ergibt sich für den gegenständlichen Fall Folgendes:

Die belangte Behörde hat sich zutreffend auf § 52 Abs 2 Z 2 FPG gestützt, da das Asylverfahren negativ abgeschlossen wurde. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ergibt auch eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des BF durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann, dies aus folgenden Erwägungen:

Erstmalig wurde bereits mit der Entscheidung des [damals] Bundesasylamtes vom 19.09.2007, Zl. XXXX , binnen eines Jahres über den Antrag des BF entschieden. Obgleich der Zeitraum bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Asylgerichtshofes dem BF nicht anzulasten ist, wurden in der Folge wiederholt gegen den BF bestandskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahmen verhängt, welchen der BF jedoch nicht nachgekommen ist. Dabei wird ersichtlich, dass sich die außerordentlich lange Aufenthaltsdauer vielmehr aus der mittlerweile dreimaligen Asylantragstellung des BF und dem Umstand, dass er sich beharrlich geweigert hat, das Bundesgebiet zu verlassen, begründet liegt, als überlangen Verzögerungen seitens österreichsicher Behörden. Der Umstand, dass der Inlandsaufenthalt überwiegend unrechtmäßig war, ist gegenständlich jedenfalls zu berücksichtigen (Hinweis E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 11. November 2013, 2013/22/0072) (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005). Seine offensichtlich unbegründeten Folgeanträge auf internationalen Schutz stellte er, um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet weiterhin zu legalisieren. Dafür sprechen geradezu die Ausführungen des BF zuletzt vor der belangten Behörde: „Ich habe meinen Asylantrag gestellt, weil ich eine Lösung für mein Problem wollte. Ich lebe seit Jahren unter Druck, ich möchte eine Lösung für mein Problem.“

Damit kann dem Umstand des 14 Jahre langen Aufenthaltes im Bundesgebiet keine hervorgehobene Bedeutung zugemessen werden, sondern liegt die diesbezügliche Verantwortung zum überwiegenden Teile in der Person des BF.

In Zusammenhang mit seiner Integration gilt es bereits vorab im Allgemeinen anzumerken, dass der BF seinen langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet – wie auch bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren ausgeführt – in nur geringem Maße genutzt hat, um eine nachhaltige Integration zu erwirken.

Im Detail erschöpfen sich seine Integrationsschritte im Erwerb von – in Relation zu seiner langen Aufenthaltsdauer – als gering zu wertenden Deutschkenntnissen auf dem Niveau A2, einer ehrenamtlichen Tätigkeit beim XXXX , welche der BF bereits im Jahr 2018 wieder beendet hat, dem Erwerb eines Führerscheins, einer Tätigkeit als Trommellehrer, einer Anmeldung vom 28.03.2014 für den Vorbereitungskurs für die Taxilenker-Prüfung (eine Urkunde zur Ablegung der Prüfung legte der BF bis dato nicht vor) und einer Teilnahme an einem Brückenkurs zur Vorbereitung auf den Pflichtschulabschlusslehrgang, wobei der BF selbigen seit September 2020 besucht. Auch die von ihm vorgebrachten privaten Kontakte entsprechen, selbst wenn sie objektiv vorhanden und für ihn subjektiv von Bedeutung sind, nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privat- und Familienleben im Sinne der EMRK und waren auch keine zusätzlichen Merkmale der Abhängigkeit erkennbar, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 08.09.2016, Ra 2015/20/0296). Während der gesamten Dauer seines Aufenthaltes ging der BF lediglich einen Monat lang einer Tätigkeit als gewerblich selbständig Erwerbstätiger nach sowie insgesamt 9 Monate einer geringfügigen Beschäftigung. Eine berufliche Integration ist damit während seines gesamten Aufenthaltszeitraums nicht erfolgt und ist der BF nach wie vor nicht selbsterhaltungsfähig.

Zu der angeführten Einstellungszusage ist auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach der Ausübung einer Beschäftigung sowie einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323). Im Übrigen stellt ein Arbeitsvorvertrag keine Garantie dafür dar, dass tatsächlich daraus ein – auch unter dem Aspekt, dass der BF nie über einen längeren Zeitraum hinweg einer Tätigkeit nachgegangen ist – längerfristiges Arbeitsverhältnis entsteht.

Der seit 20.07.2006 andauernde Aufenthalt des BF beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. Es gilt dabei zu erwähnen, dass sämtliche integrationsbekundenden Momente erst zu einem Zeitpunkt gesetzt wurden, zu dem dem BF sein unsicherer Aufenthaltsstatus ob der negativen Entscheidung seitens des [damals] Bundesasylamtes bereits bewusst gewesen war. Der

überwiegende Teil der integrationsbekundenen Maßnahmen wurde überdies gesetzt, nachdem der negative Bescheid seine Bestätigung durch die Entscheidung des [damals]

Asylgerichtshofes vom 28.06.2013, Zl. D11 314905-1/2008/7E, erfahren hat. Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov).

Im gegenständlichen Fall verfügt der BF darüber hinaus auch über kein Familienleben in Österreich. Seine beiden Kinder und die Lebensgefährtin leben als britische Staatsangehörige

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