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Die Analysen zur Raumbedeutsamkeit und -wirk-samkeit (s. Kap. 3) bilden eine erste Grundlage für die Bewertung von Vorhaben zur Erkundung und Gewin-nung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten in Nordrhein-Westfalen aus raumplanerischer Sicht.

Nachfolgend sind auf dieser Basis in zeitlich und in-haltlich aufeinander aufbauenden Untersuchungs-, Planungs- und Genehmigungsphasen im Hinblick auf die weiteren Bearbeitungsschritte (s. Abb. 11-1) verschiedene Aspekte zu klären:

Standortunabhängig ist die Raumbedeutsamkeit von Vorhaben zur Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten sowie deren Übereinstimmung mit der Leitvorstellung nachhaltiger Raumentwicklung vertieft rechtlich zu prüfen. Diese Prüfung sollte sowohl oberirdische als auch unterirdische Aspekte der Raumplanung beinhalten. Insbesondere ist unter Bezug auf die Betriebsphasen A bis C zu klären, welcher

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lenwert eine Raumbedeutsamkeit entsprechender Vorhaben auslöst.

Da die Raumbedeutsamkeit und Raumverträglich-keit nicht ausschließlich mit der Flächengröße oder Fördermenge korreliert, sondern vielmehr abhängig vom Standort, dessen Nutzung und infrastruktu-reller Einbindung ist, wird empfohlen, die Schwel-lenwerte für die Raumbedeutsamkeit nicht unter Berücksichtigung der Fördermengen festzulegen, sondern in Anlehnung an Anlage 2 und 4 des UVPG Kriterien zugrunde zu legen, die auf erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hinweisen können.

Darüber hinausgehend erscheint eine inhaltliche und rechtliche Prüfung sinnvoll, in welcher Art und Weise einerseits raumbedeutsame Vorhaben der Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen La-gerstätten in Raumordnungsplänen darstellbar sind (auch in der 3. Dimension unter Berücksichtigung der unterirdischen Raumplanung) bzw. wie anderer-seits entsprechende Nutzungen in schutzbedürfti-gen Bereichen ausgeschlossen werden können.

Aufbauend auf den zuvor genannten Darstellungs-vorschlägen wird in Abhängigkeit von der Festlegung der Kriterien und Schwellenwerte möglicherweise bereits vor Eintritt in die Phase B1 (Fracken zur Er-kundung) eine Änderung von Raumordnungsplänen empfohlen, die eine Definition textlicher Ziele zur räumlichen Steuerung im Sinne von Ausschlussge-bieten für Vorhaben unkonventioneller Gasgewin-nung beinhaltet. Hierzu ist ein Abgleich mit anderen, in erster Linie vorrangigen Raumnutzungsansprü-chen durchzuführen. Bei der Aufstellung und Ände-rung der Raumordnungspläne ist eine strategische Umweltprüfung durchzuführen (§ 9 ROG).

Es wird weiterhin empfohlen, nach Festlegung der Schwellenwerte für die Raumbedeutsamkeit zur räumlichen Steuerung und Umsetzung raumbe-deutsamer Vorhaben der Gasförderung aus un-konventionellen Lagerstätten ein obligatorisches Raumordnungsverfahren mit integrierter Raumver-träglichkeitsprüfung durchzuführen.

In diesem Raumordnungsverfahren sind die raum-bedeutsamen Auswirkungen der Planungen / Maß-nahmen (einschließlich Standortalternativen) im Abgleich mit anderen Raumfunktionen und -nut-zungen zu prüfen. Ergebnis der Prüfung ist eine Ent-scheidungsgrundlage für die Träger der Regionalpla-nung zur Änderung von Regionalplänen.

Die planerischen kommunalen Entscheidungen von Gemeinden müssen mit den Zielen der Raumord-nung in Übereinstimmung gebracht werden.

Inso-weit folgt aus möglichen Festlegungen der Raum-ordnungspläne für die Förderung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten unmittelbar eine Anpassungspflicht für die Gemeinden.

Monitoring

Für die Phasen der Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten (Phasen A, B1, B2 und C) dient das Monitoring vor allem der Kontrolle (Einhaltung der Genehmigungskriterien), der Früherkennung und Bewertung von Abweichun-gen von den vereinbarten Zielen sowie der Steue-rung des Vorhabens gemäß den jeweiligen Hand-lungsoptionen.

Um die o.g. Ansprüche zu erfüllen, benötigt ein Mo-nitoring vier Kernelemente:

1. Ziele, Zielerreichung und Informationsbedarf

→ Aus den Zielen ergibt sich Informationsbe-darf, der das Monitoring steuert. Erst auf dieser Basis wird das Monitoring konzipiert (Strategie, Messnetze, Parameter, Indikatoren, Auswerte-methoden, etc.).

2. Monitoringstrategie und Indikatoren

Umweltmedienübergreifende, auf der System-kenntnis basierte Strategie zur Erfassung der systemrelevanten Parameter und Verände-rungen anhand aussagekräftiger Indikatoren.

→ Eindeutige Erfassung und Beurteilung des Prozesses.

3. Bewertungssystem

→ Nachvollziehbare, schnelle und eingängige Vermittlung der Entwicklungen und Bewertun-gen (z. B. Ampelsystem).

4. Handlungsoptionen und Steuerung

→ Erprobte und definierte Handlungen, die zur Steuerung unerwünschter Entwicklungen ge-eignet sind.

Ein Monitoring verläuft in einem Kreislaufprozess und ist fortlaufend den hinzukommenden Erkennt-nissen und Anforderungen anzupassen.

Bereits in der Betriebsphase A – und fortgesetzt in den eventuell anschließenden Betriebsphasen – sind für die fachlich abgeleiteten Genehmigungskri-terien geeignete Monitoringindikatoren abzuleiten, mit deren Hilfe das Vorhaben – bzw. die jeweils ge-nehmigten Teile – überwacht und gesteuert werden können.

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Nach den Erfahrungen aus anderen großräumigen Eingriffen (z.B. Braunkohlentagebau Garzweiler) sollte das Monitoring auf Basis einer breiten Betei-ligung der jeweiligen Akteursgruppen (Behörden, Bergbautreibender, Kommunen, Wasserversorger, Naturschutzverbände, etc.) abgestimmt und trans-parent kommuniziert werden.

Hierbei ist es wichtig, mit dem Konzept des Monito-rings frühzeitig (weit im Vorfeld der geplanten Vor-haben) zu beginnen, um beispielsweise im Hinblick auf die aktuelle Grundwasserbeschaffenheit und Gasgehalte im oberflächennahen Grundwasser ge-eignete Nullmessungen zu haben. Das Monitoring ist dann im Laufe der Zeit fortlaufend zu konkretisieren.

Aufbau und Organisation eines funktionierenden Monitorings sind komplexe Aufgaben. Mit den ent-sprechenden Arbeiten sollte frühzeitig begonnen werden. Vor dem Hintergrund der fast 15-jährigen Erfahrungen des Monitorings „Braunkohlentagebau Garzweiler II“, der durch das MKULNV initiert wur-de und begleitet wird, empfehlen wir folgenwur-den Pro-zessablauf zum Aufbau eines Monitorings:

1. Klärung der möglichen Beteiligten für einen be-gleitenden Monitoringarbeitskreis

2. Verständigung über die Ziele des Monitorings 3. Aufbau einer fachlichen Struktur des

Monito-rings (u.a. Festlegung der Arbeitsfelder, Struk-turierung und Zuordnung der Themen zu Ar-beitsfeldern). Zum derzeitigen Zeitpunkt sehen wir hier i.W. die Arbeitsfelder:

• Grundwassersystem / Grund- und Oberflä-chengewässer,

• unterirdische Gasausbreitung,

• Gefährdungspotenziale Stoffe (Frack-Fluide, Formationswässer und Flowback) / Fracking-Technologie,

• Seismizität,

• Anlagensicherheit / Bohrlochintegrität,

• Bergschäden.

4. Aufbau von organisatorischen Strukturen des Monitorings (u.a. Zusammensetzung der Ar-beitsgruppen, Kommunikationsprozesse und -regeln, Kriterien für die Offenlegung von Daten, Entscheidungsstrukturen, Schnittstellen zum Betreiber und den Genehmigungs- und Fachbe-hörden).

5. Dokumentation von allen fachlichen, organisa-torischen und sonstigen Vereinbarungen in ei-nem Projekthandbuch und dessen regelmäßige Aktualisierung.

6. Dokumentation von Verfahren, Auswertemetho-den, Ableitung von Indikatoren etc. in Metho-denhandbüchern.

7. Regelmäßige Zusammenstellung und Bewer-tung der Ergebnisse aller Arbeitsfelder in zu-sammenfassenden Monitoringberichten (z.B.

Jahresberichte).

Abb. 9-2: Monitoringkreis

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Einleitung

Der Großteil der ausgewerteten Fachliteratur stammt aus den USA, da dort bereits jahrzehntelan-ge Erfahrunjahrzehntelan-gen mit dem Einsatz der Fracking-Tech-nologie vorliegen und insbesondere in den letzten Jahren die Forschungsanstrengungen in Bezug auf die Umweltauswirkungen intensiviert wurden. Dar-über hinaus wurden im Wesentlichen noch Studien und Berichte aus Australien und einzelnen europä-ischen Staaten (Großbritannien, Niederlande, etc.) berücksichtigt.

In der aktuellen Diskussion zum Einsatz der Fra-cking-Technologie werden immer wieder Verweise auf Fallbeispiele oder Studien in den USA gemacht.

Dabei gibt es in der Regel je nach Argumentations-standpunkt zwei grundsätzlich verschiedene Reak-tionsmuster: Der Verweis auf die USA wird entweder abgelehnt, „weil dort die Verhältnisse ganz anders sind als bei uns“ oder es wird ausdrücklich auf die dortigen (positiven oder negativen) Erfahrungen verwiesen: „seit 40 Jahren ist dort nichts passiert“

oder „dort brennen die Wasserhähne“.

Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen des Gut-achtens zu ausgewählten Themen eine Einschät-zung zur Übertragbarkeit der Darstellungen und Studien aus dem Ausland, vor allem den USA, auf die heimische Region vorgenommen.