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5. Schlussfolgerungen und Handlungsansätze

5.1 Rahmenbedingungen

tun haben, auch „Senior“ oder „50+“, negativ besetzt sind23. Erfahrungen aus dem Seniorenmarketing zeigen, dass sich Menschen dieser Altersgruppe eher 10 bis 15 Jahre jünger fühlen als sie tatsächlich sind und z.B. in den Bildern der Werbung eine Identifizierung nur mit Personen erfolgt, die deutlich jünger sind. Erforderlich ist damit eine „neue“ Definition von Alter vor dem Hintergrund heutiger physischer und psychischer Leistungsfähigkeit. Auch hochaltrige Menschen verfügen über Potenziale, die sich gegenwärtig hauptsächlich auf die Partner- oder Familienpfle-ge beziehen. Tatsächlich sind jedoch Ressourcen vorhanden, die Familienpfle-gezielt abFamilienpfle-geru- abgeru-fen werden sollten.

Damit verbunden sind grundlegende Umdenkungsprozesse auf allen Ebenen und bei allen Akteuren (Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Gesellschaft), die sich auf eine veränderte Wahrnehmung von und ein verändertes Bewusstsein für ältere Men-schen beziehen. Dies kann auch heißen, wie es der 5. Altenbericht vorschlägt, äl-tere Menschen stärker als „Motoren der Innovation“ zu sehen, entgegen der ge-genwärtig noch überwiegenden Diskussion um die abnehmende Risikobereitschaft und Innovationsfähigkeit einer alternden Gesellschaft. Dazu ist es allerdings auch erforderlich, durch frühzeitige Prävention Potenziale zu erhalten. Dies kann z.B.

über Gesundheitsförderung, Rehabilitation, Bildungsangebote oder eine qualitativ veränderte Nutzung der Potenziale, z.B. andere „Einsatzorte“ in Unternehmen bei körperlich belastenden Berufen, gelingen. Hier sind Unternehmen als Akteure stärker gefordert.

Es ist erforderlich, die Trennung in jung und alt aufzuheben und generationen-übergreifend zu denken und zu handeln. Maßnahmen für Senioren richten sich nicht zwangsläufig gegen jüngere Menschen, jüngere Menschen engagieren sich vielfach für ältere. Der Aspekt des „Zusammenhalts der Generationen“, wie er auch im 5. Altenbericht herausgehoben wird, muss in der Gesamtdiskussion stär-ker berücksichtigt werden. Es fehlt bislang an einer „gemeinsamen Kultur“ für alle Generationen. Problematisch erscheint dabei zusätzlich aus heutiger Sicht, dass der Kontakt zwischen den Generationen außerhalb der Familie stark einge-schränkt ist und dieser fehlende Austausch häufig zu Kommunikationsschwierig-keiten führt. Es sollte daher intensiv überlegt werden, mit Hilfe welcher Strategien diese gemeinsame Kultur, auch im Sinne einer Generationensolidarität, aufgebaut und gefördert werden kann.

Dies können z.B. Initiativen/Strategien sein, die das Miteinander von Jung und Alt fördern, wie etwa das Netzwerk der Generationen in Amtzell, das als Gesamtkon-zept darauf zielt, alle Altersgruppen der Gemeinde einzubinden, generationsüber-greifende Einrichtungen schafft und versucht, ein „Wir-Gefühl“ zwischen Jung und Alt zu entwickeln. Dazu beitragen können ehrenamtliche Aktivitäten, die jeweils die andere Generation in den Mittelpunkt stellen, so z.B. eine Initiative (i. R. eines BMFSFJ-Programms), die ehrenamtliche Tätigkeiten in Familienzentren, Begleit-dienste für Kinder oder die stundenweise Betreuung Pflegebedürftiger in Tandems von einem jungen und einem älteren Menschen (ab 55) durchführen lässt.

Auch in der Wirtschaft und im Erwerbsleben ist ein Umdenken erforderlich. Der bisher noch weit verbreiteten Unternehmenspolitik, ältere Beschäftigte wegen

23 Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Krefeld hat für ihre Initiativen in der Seniorenwirtschaft den Namen „Krefeld Souverän“ gewählt, als Anglizismus für Senior, der jedoch positiv besetzt ist.

geblich nachlassender Belastbarkeit und Aufgabenerfüllung „auszusteuern“, muss entgegengewirkt werden. Es gibt zunehmend Unternehmen, die explizit ältere Mit-arbeiter einstellen und erfahrene Führungskräfte suchen, es gibt altersgerechte Weiterbildungsangebote, „lebenslanges Lernen“ gewinnt in Diskussion und ersten Ansätzen der Umsetzung an Bedeutung. Auch in Unternehmen gibt es, mit dem Ziel der Optimierung des betrieblichen Wissensmanagements, inzwischen öfter Senior-Junior-Partnerschaften. Auch nach der Berufstätigkeit finden sich immer häufiger Formen von „Senioren als Interim-Manager“, „Alt hilft Jung – Wirtschafts-senioren“, Senior Experten Service, also Aktivitäten, die ausdrücklich auf Erfah-rungswissen älterer Menschen und den Know-how-Transfer setzen und damit auch einen Beitrag zu einem anderen Altersbild leisten.

Eine breite Kommunikation über die sich abzeichnenden Veränderungen ist unverzichtbar.

Gute Beispiele können einen Beitrag zu einer stärkeren Sensibilisierung, für ein differenziertes Altersbild und erste Schritte in Richtung Umdenken leisten. Unver-zichtbar ist eine breite Kommunikation über sich abzeichnende Veränderungen.

Auf Bundes- und Länderebene finden hier inzwischen vielfältige Aktivitäten statt und es werden Projekte initiiert. Diese Prozesse müssen fortgesetzt und intensi-viert werden. Das gilt insbesondere für die Verwaltung auf kommunaler Ebene selbst und zwischen Verwaltung und Rat, aber auch für die Kommunikation mit dem Bürger und der lokalen Wirtschaft. So gehört z.B. zum Handlungskonzept

„Demographischer Wandel“ und der Zwei-Wege-Strategie im Landkreis Osna-brück eine breit angelegte Kommunikationsstrategie mit einer Auftaktveranstal-tung, mit Ausstellungen, mit regelmäßigen Vorträgen bei Wirtschaft, Kirchen, Par-teien, Räten, mit einer Zeitungsserie und einer Schülerprojekt-Werkstatt. Ein wich-tiges Element ist darin allerdings auch, die Menschen über Themen anzusprechen und weniger, die Angebote auf spezifische Altersgruppen zuzuschneiden. Dieses Vorgehen (z.B. auch Ansprache über Lebensstiltypen) erleichtert die Ansprache, eine Erfahrung, die auch aus anderen Fallstudien und Projekten bestätigt wird.

Sensibilisierung und Umdenken sind langwierige Prozesse, die Zeit erfordern, trotz der Notwendigkeit relativ schnell umzusteuern.

Das Handlungsfeld „demographischer Wandel“ – und damit auch „Alte-rung“ – ist eine Querschnittsaufgabe. Sie sollte in den (Kommunal-)Verwaltungen – über Ressortorientierungen hinweg – entsprechend or-ganisiert werden.

Kaum thematisiert ist bislang die Frage, in welchem Bereich einer (Kommunal-) Verwaltung „demographischer Wandel“ oder „Alterung“ (nicht i.S. der „klassischen“

kommunalen Altenhilfe) als Themen ressortieren könnten. In der Organisation ei-ner Verwaltung sind „demographischer Wandel“ oder „Alterung“ Querschnittsthe-men, es sind verschiedene Dezernate, Ämter und Fachbereiche betroffen, die ihre Aktivitäten koordinieren sollten. Die Ressortorientierung der Verwaltung erschwert eine integrierte Bearbeitung. Hier gilt es zu klären, ob neue, effizientere Organisa-tionsstrukturen Abhilfe schaffen und diesem Querschnittscharakter eher gerecht werden können, oder ob die Bearbeitung des Themas in den bisherigen

Struktu-ren zu leisten ist. Diese StruktuStruktu-ren müssen zugleich nachhaltig und dauerhaft sein, es wird nicht ausreichen, nur kurz- oder mittelfristige Lösungen von Proble-men zu entwickeln. Dabei werden auch Fragen der Finanzierung dieser Aktivitäten an Gewicht gewinnen. Immer stärker wird es dabei darauf ankommen, neben ei-ner internen Koordination, die Aktivitäten exterei-ner Organisationen und Einrichtun-gen als Partner in übergreifende Konzepte einzubinden.

Ein erster Schritt kann z.B. die Einrichtung einer Stabsstelle „Demographischer Wandel“ bei der politischen Spitze sein, wie es die Stadt Bielefeld im Jahr 2004 getan hat. Im Landkreis Osnabrück ist das Referat für Strategische Steuerung und Kreisentwicklung mit der Umsetzung des Handlungskonzepts zum schen Wandel befasst. In der Stadt München ist das Thema des demographi-schen Wandels beim Referat für Stadtplanung und Bauordnung angesiedelt, mit einem klaren Auftrag, referatsübergreifend tätig zu werden. Mit der Überarbeitung der „Perspektive München“ wird eine „Stadtentwicklungsplanung im Prozess“ rea-lisiert, um auf die sich ändernden sozioökonomischen und demographischen Rahmenbedingungen reagieren zu können. Zugleich ist dieser Prozess mit einer

„Fortbildung“ der Verwaltung zum Thema verbunden.

In verschiedenen Städten sind inzwischen ressortübergreifende Arbeitsgruppen zum Thema in den Verwaltungen eingerichtet worden. Die Einbeziehung politi-scher Vertreter wird unterschiedlich gehandhabt. Die Arbeitsgruppen haben den Auftrag, den demographischen Wandel in seinen verschiedenen Aspekten für die jeweilige Stadt aufzuzeigen und aktive und reaktive Strategien mit unterschiedli-chen Zeithorizonten zu entwickeln (z.B. Stadt Osnabrück, Heidelberg).