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Räumliche Nähe von CSR-Aktivitäten zu Konsumenten

Die Wissenschaft bezüglich Cause-Related Marketing (CRM) geht davon aus, dass Konsu-menten lokale gemeinnützige Taten von Unternehmen den nationalen vorziehen.81 So ist es nicht verwunderlich, dass die Akzeptanz von CRM mit der räumlichen Nähe zunimmt. Da CRM als eine der konkreten CSR-Aktivitäten gilt82, kann die Literatur zu CRM für das hier untersuchte Konzept der CSR herangezogen werden. P. Rajan Varadarajan und Anil Menon definieren CRM in dem Sinne, dass ein Unternehmen einen Beitrag zu einem designierten wohltätigen Zweck (Cause) leistet, wobei dieser Beitrag direkt mit einer umsatzfördernden Transaktion des Kunden mit dem Unternehmen (Austausch von Gütern und Dienstleistungen gegen Geld) in Verbindung steht.83 Diese These steht im Einklang mit Luckes Behauptung, dass soziale Nähe und räumliche Distanz auf der Bezugsgruppenebene akzeptanzrelevante Einflussvariablen sind.84 Auf Unternehmensseite gilt, dass mit zunehmender geographischer Nähe des Rezipienten zum Spender die Wahrscheinlichkeit des Zeigens eines prosozialen Verhaltens beim potentiellen Spender wächst.85 Prosoziales Verhalten wird als Helfen, Teilen und jegliches anderes, scheinbar absichtliches und freiwilliges Verhalten mit unspezifischen, unbekannten oder nicht-altruistischen Motiven bezeichnet.86 Gleichwohl der Tatsache, dass sowohl CRM als auch CSR nicht striktes prosoziales Verhalten darstellen, kann die For-schung zu prosozialem Verhalten dennoch hier angewandt werden. Bei einer CRM-Kam-pagne wird zwischen lokaler, regionaler und nationaler Reichweite unterschieden.87 In dieser Arbeit werden die CSR-Maßnahmen in regionale, nationale und internationale Aktivitäten untergliedert, da CSR meist von internationalen Unternehmen und daher oftmals auch international ausgerichtet betrieben wird.

Der theoretische Hintergrund für diese These liegt in den Austauschtheorien und in der Equity-Theorie begründet.88 Soziale Interaktionen gelten im Rahmen der Austauschtheorien89 als interpersoneller Austausch von Belohnungen und Bestrafungen. Es wird angenommen, dass jede Interaktion auf ihre Ausgewogenheit und ihre Gerechtigkeit hin beurteilt wird. Diese

81 Vgl. Drumwright, Minette E. (1996), S. 72.

82 Vgl. Abbildung 1: Deskriptives Modell der Unternehmensverantwortung

83 Vgl. Varadarajan, P. Rajan, Menon, Anil (1988), S. 60.

84 Vgl. Lucke, Doris (1995), S. 383 f..

85 Vgl. Ross, John K., Stutts, Mary Ann, Patterson, Larry T. (1991), S. 59.

86 Vgl. Burnett, John J., Wood, Van R. (1988), S. 14.

87 Vgl. Ross, John K., Patterson, Larry T., Stutts, Mary Ann (1992), S. 94.

88 Vgl. Ross, John K., Stutts, Mary Ann, Patterson, Larry T. (1991), S. 59 f..

89 Vgl. Fischer, Lorenz, Wiswede, Günter (2002), S. 413-419.

Konzepte sind sowohl mit zentralen lerntheoretischen Annahmen als auch mit nutzen- und spieltheoretischen Ansätzen kompatibel. Die Ressourcen-Theorie90, in Anlehnung an die Exchange-Theorie, ist eine Austauschtheorie, die genauer auf die spezifischen Inhalte der Interaktion eingeht. Laut dieser Theorie ist eine Interaktion durch Geben und/oder Vorent-halten bzw. Wegnehmen von materiellen und immateriellen bzw. symbolischen Ressourcen gekennzeichnet. Diese Theorie beschäftigt sich mit den Interaktionen von Menschen im Rahmen dynamischer sozialer Prozesse, in welchen die interaktiven Teilnehmer Ressourcen wie Liebe, Status, Informationen, Geld, Güter oder Dienste austauschen, um ihre Erträge bzw.

Belohnungen zu maximieren und ihre Bestrafungen bzw. Kosten zu minimieren. Die zugrunde liegende Exchange-Theorie weist Ähnlichkeiten zur ökonomischen Spieltheorie auf.

Hierbei enthält die Matrix die Erwartungswerte bezüglich der Stabilität einer sozialen Bezie-hung, die Zufriedenheit der Interaktionspartner, deren Interdependenz sowie deren wechsel-seitige Kontrollmöglichkeiten. Laut Richard Bagozzi lassen sich Marketing-Austausche in die folgenden drei Kategorien einteilen: utilitaristisch, symbolisch oder gemischt.91 Bei einer CRM-Kampagne findet ein komplexer utilitaristischer ökonomischer Austausch zwischen Konsument, Unternehmen und dem guten Zweck statt. Darüber hinaus kann ein symbolischer sozialer Austausch zwischen allen drei involvierten Parteien existieren, der den wahrge-nommenen Wert des Austauschs im Sinne von Synergieeffekten noch erhöht. Ein Unter-nehmen bietet Spenden für einen guten Zweck an, wenn der Konsument sich am Austausch-prozess beteiligt, wodurch der wahrgenommene Wert des Austauschs bzw. die Einstellung gegenüber CRM bei keinen weiteren wahrgenommenen Kosten für den Konsumenten gestei-gert bzw. verbessert wird. Die Equity-Theorie92 ähnelt den Austauschtheorien in der Ansicht, dass Individuen versuchen, ihre Ressourcen zu maximieren. Diese Theorie ist sowohl mit diversen Lerntheorien, kognitiven Konsistenztheorien und psychoanalytischen Theorien als auch mit hedonistischen Ansätzen kompatibel.93 Im Unterschied zu den Austauschtheorien postuliert die Equity-Theorie, dass es zu einer kognitiven Dissonanz kommt, wenn eine der involvierten Parteien im Rahmen des Austauschs das Gefühl hat, zu viel oder zu wenig zu bekommen. Kognitive Dissonanz wird als „eine psychische Spannung, die als unbequem empfunden wird und die auf einem psychologischen Widerspruch zwischen Kognitionen

90 Vgl. Foa, Edna B., Foa, Uriel G. (1980), S. 77-94.

91 Vgl. Bagozzi, Richard P. (1975), S. 36.

92 Vgl. Burnett, John J., Wood, Van R. (1988), S. 1-47.

93 Vgl. Fischer, Lorenz, Wiswede, Günter (2002), S. 439 f..

beruht, welche füreinander relevant und gleichzeitig resistent sind“94, definiert. Es wird angenommen, dass Individuen dann einen CRM-Kauf betätigen, wenn (1) sie den Kauf in der Vergangenheit als ungerecht empfunden haben und die Spende des Unternehmens als Aus-gleich dieser Ungerechtigkeit betrachten, (2) sie den Kauf und die Spende als Instrument zum Ausgleich der Ungerechtigkeit zwischen ihnen selbst und dem Empfänger der Spende be-trachten oder (3) beide Wahrnehmungen gleichzeitig existieren.95 Demnach ist die Akzeptanz von CRM größer, wenn Ungerechtigkeiten und der Ausgleich zur Gerechtigkeit unmittelbar durch die Konsumenten wahrgenommen werden. Daraus kann man nun ableiten, dass mit einer geringer werdenden räumlichen Distanz zwischen den Konsumenten und den gemein-nützigen unternehmerischen Taten die Wahrnehmung der Auswirkungen und die Kontroll-möglichkeiten des Austauschs durch die Konsumenten zunehmen, was die Wahrscheinlich-keit einer Akzeptanz von CRM erhöht. Dies wird nun auf das Konzept und die CSR-Maßnahmen übertragen, da sowohl deren Erträge und Kosten als auch die Möglichkeit, diese zu kontrollieren, mit größerer geographischer Nähe verstärkt wahrgenommen werden.

Dieser Zusammenhang wurde im Bereich des CRM bereits für den US-amerikanischen Markt belegt.96 In Deutschland führte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Jahr 2008 eine Studie bezüglich CSR durch, aus der hervorging, dass die Deutschen es präferieren, wenn die hiesigen Arbeitgeber in erster Linie Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und Zulieferern aus der Region zeigen. Verantwortliches Handeln gegenüber sozial Bedürftigen und in Not Geratenen in Entwicklungsländern wurde als eher weniger relevant in Bezug auf CSR beurteilt.97 Dies deutet auf eine regionale Präferenz von CSR bei Konsumenten in Deutschland hin.

Folglich lautet die dritte Hypothese H3:

H3: Je größer die räumliche Nähe von CSR-Aktivitäten zu Konsumenten ist, desto größer ist die Akzeptanz von CSR.

94 Berndt, Ralph (1996), S. 77.

95 Vgl. Ross, John K., Stutts, Mary Ann, Patterson, Larry T. (1991), S. 59 f..

96 Vgl. Smith, Scott M., Alcorn, David S. (1991), S. 25 u. passim sowie Ross, John K., Stutts, Mary Ann, Patterson, Larry T. (1991), S. 62.

97 Vgl. GfK, (2008).