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4. Methodik

4.8 Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring

Die Datenauswertung wurde mittels der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring durchgeführt. Der Hauptzweck dieser Methode ist die gezielte Prüfung der Transkripte nach festgelegten Gesichtspunkten. Dabei werden die Texte in kleinere Bestandteile zerlegt und schrittweise bearbeitet. Im Fokus der Analyse steht währenddessen ein deduktiv und induktiv entwickeltes Kategoriensystem, mit dessen Hilfe festgesetzte Analyseaspekte im transkribierten Material aufgedeckt werden sollen.168 Für die Bearbeitung lassen sich drei Formen der Analyse unterscheiden: Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung.169

Diese definiert Mayring wie folgt:

• „Zusammenfassung: Ziel […] ist es, das Material so zu reduzieren, daß die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben, durch Abstraktion einen überschaubaren Corpus zu schaffen, der immer noch Abbild des Grundmaterials ist.

• Explikation: Ziel […] ist es, zu einzelnen fraglichen Textteilen […] zusätzliches Material heranzutragen, das das Verständnis erweitert, das die Textstelle erläutert, erklärt, ausdeutet.

• Strukturierung: Ziel […] ist es, bestimmte Aspekte aus dem Material herauszufiltern, unter vorher festgelegten Ordnungskriterien einen Querschnitt durch das Material zu legen oder das Material aufgrund bestimmter Kriterien einzuschätzen.“170

166 Vgl. Dresing, Pehl (2013) S. 17.

167 Vgl. Dresing, Pehl (2010) S. 726 nach Dresing, Pehl (2013) S. 28.

168 Vgl. Mayring (1999) S. 91.

169 Vgl. Mayring (2008) S. 58.

170 Mayring (2008) S. 58.

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Explikation und Strukturierung können zudem in weitere Unterformen differenziert werden.171 Da bei der Auswertung der gewonnenen Informationen die Ermittlung und Gruppierung bestimmter Inhalte und Auffassungen im Vordergrund steht, wird die Methode der inhaltlichen Strukturierung gewählt. Mayring stellt die einzelnen Schritte, die mit dieser Methode verbunden sind, und ihre Reihenfolge in der Bearbeitung in Form eines Ablaufmodells (Anlage 11) dar.172 Das Modell beinhaltet 15 Schritte, nach denen die Analyse durchgeführt wird und die im Folgenden näher beschrieben werden.

Schritt 1: Festlegung des Materials

Im ersten Schritt soll das für die Auswertung verwendete Material aus Gründen der späteren Nachvollziehbarkeit konkret bestimmt und festgelegt werden.173

Das verwendete Material umfasst 13 Interviewtranskripte, wobei diese in drei Gruppen, entsprechend den befragten Personen, eingeteilt werden: Heimbewohner, selbstständige Senioren und Experten. Eine genaue Aufschlüsselung der Stichprobe (Tab. 8) soll Auskunft über soziodemographische Daten sowie weitere Charakteristika der Befragten geben.

Tabelle 8: Beschreibung der gesamten Stichprobe

Gruppe Teil-nehmer

Alter Wohnsituation Besonderheit Interview dauer

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Frau C4 75 J. Eigene Wohnung / 20 Min.

Herr C5/

Frau C6 77 J.

77 J. Eigene Wohnung Ehepaar,

gemeinsames Interview 25 Min.

Um eine Beantwortung der Forschungsfragen zu gewährleisten bzw. die formulierten Forschungshypothesen verifizieren oder falsifizieren zu können, wurde ein entsprechender Interviewleitfaden entwickelt, mit Hilfe dessen gezielt ausgewählte Personen befragt wurden.

Die Stichprobe kann nicht als repräsentativ gelten, da sie nicht auf einer Zufallsauswahl basiert, allerdings ist dies in der qualitativen Forschung weniger von Bedeutung als bei quantitativen Erhebungen.174

Schritt 2: Analyse der Entstehungssituation

Bei der Betrachtung der Entstehungssituation wird besonders Wert auf die Art und Weise der Interviewdurchführung gelegt, folglich „von wem und unter welchen Bedingungen das Material produziert wurde“.175

Teilbereiche der Interviewsituation, bspw. der Zeitraum der Durchführung, Rahmenbedingungen und die verwendete Interviewform, wurden bereits in Kapitel 4.6 beschrieben. Hinzu kommt bei der Darstellung, dass es bei drei Heimbewohnern zu Unterbrechungen durch Reinigungs- oder Pflegepersonal und bei der Pflegeberaterin durch Telefonanrufe kam, da sie während der Öffnungszeiten stets erreichbar sein muss.

Dennoch fanden sich die Befragten nach einer knappen Zusammenfassung des Gesagten vor der Störung rasch wieder in die Thematik hinein. Die Dauer der Interviews (Tab. 8, S. 37) liegt zwischen 15 und 78 Minuten, demnach im Durchschnitt bei ca. 35 Minuten.

Ein weiteres bedeutendes Detail bezieht sich darauf, dass ausschließlich eine Person als Interviewer an der Erstellung des Datenmaterials beteiligt war, welche lediglich im Rahmen des Studiums Erfahrungen mit Interviewführung vorweisen kann. Dessen ungeachtet kann fehlende Erfahrung dadurch ausgeglichen werden, dass der Interviewer ruhig, aufmerksam und konzentriert ist und den Befragten weder beeinflusst noch zum Erzählen drängt.176 Zudem wird es als Vorteil angesehen, dass die Durchführung aller Interviews durch die gleiche Person gewissermaßen konstante Denkprozesse und Reaktionen seitens des Interviewers und einen gleich bleibenden Umgang mit den Befragten gewährleistet.

174 Vgl. Lamnek (2010) S. 350.

175 Mayring (2008) S. 47.

176 Vgl. Morse, Field (1998) S. 91f.

39 Schritt 3: Formale Charakteristika des Materials

Die Interviews wurden mit einem Diktiergerät aufgezeichnet und die Qualität der Aufnahmen bei Bedarf, z.B. bei der Rauschentfernung, mit dem Programm Audacity nachträglich bearbeitet. Desweiteren wurden sie mit dem Programm f4 transkribiert und für die weitere Verwendung als RTF-Datei abgespeichert. Bei der Transkription wurden die einfachen Transkriptionsregeln nach Dresing und Pehl (Anlage 10) angewendet.

Schritt 4: Richtung der Analyse

Hierbei ist es von hoher Bedeutung genau zu beschreiben, hinsichtlich welcher Fragestellung das erhaltene Datenmaterial interpretiert werden soll. „Ohne spezifische Fragestellung, ohne die Bestimmung der Richtung der Analyse ist keine Inhaltsanalyse denkbar.“177 Mit Hilfe der Interviews soll erforscht werden, nach welchen Kriterien ältere Menschen ein Pflegeheim auswählen. Die Ausrichtung auf die Forschungsfragen ist gegeben, da die Interviewleitfäden für diesen Zweck entwickelt wurden. Die befragten Heimbewohner wurden angeregt über die Situation der Heimauswahl zu sprechen und sich mit dem Erlebten kognitiv und emotional auseinanderzusetzen. Die selbstständigen Senioren hingegen sollten sich in den Umstand einer möglichen Pflegebedürftigkeit hineindenken und ihre Gedanken dazu erläutern. Die Reaktionen der Befragten auf die Thematik differierten stark zwischen Gruppe A und C und ebenso innerhalb Gruppe C, was zeigt, dass unterschiedliche Sichtweisen zwischen den Teilnehmern bestehen.

Schritt 5: Theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung

Nach Mayring ist ein Kennzeichen der Inhaltsanalyse die Theoriegeleitetheit. Das bedeutet, dass die Betrachtung der gewonnenen Informationen einer theoretisch fundierten Fragestellung folgt, welche vor der Durchführung der Studie konkret bestimmt werden muss. Zudem soll die Forschungsfrage an aktuelle Forschungsergebnisse anknüpfen und wird häufig in mehrere Teilfragen aufgespalten.178 Die Fragestellung, die das Fundament dieser Studie bildet, weist das geforderte Kriterium der Theoriegeleitetheit auf, da sie aktuelle Studienergebnisse zum Gegenstand hat (Kapitel 2.3) und aus der Theorie heraus Forschungshypothesen entwickelt wurden (Kapitel 4.3).

Schritt 6: Bestimmung der Analysetechnik

Da die Forschungsfrage einen speziellen Aspekt einer Thematik, nämlich die Kriterien bei der Auswahl eines Pflegeheims, in den Vordergrund rückt, wurde das fokussierte Interview als Methode gewählt. Dem entsprechend sollte dieser Aspekt ebenfalls im

177 Mayring (2008) S. 50.

178 Vgl. Mayring (2008) S. 52.

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Zentrum der Analyse stehen, weshalb sich die Datenanalyse am Ablaufmodell der inhaltlichen Strukturierung (Anlage 11) orientiert.179

Schritt 7: Definition der Analyseeinheiten

Im siebten Schritt des Ablaufmodells werden die Analyseeinheiten festgelegt, weil sie einerseits Art und Umfang der einzuordnenden Texteinheiten beschreiben und andererseits die Genauigkeit der Inhaltsanalyse steigern.180

Die Kodiereinheit bezeichnet den kleinsten Textbestandteil, der kategorisiert werden darf und wird für diese Analyse als mindestens ein Wort festgelegt, durch das der Befragte seine Sichtweise ausdrückt. Die Kontexteinheit bezeichnet den größten Textbestandteil, der kategorisiert werden darf und kann mehrere Sätze, aber maximal einen vollständigen Absatz bzw. Sprecherbeitrag umfassen. Die Auswertungseinheit bezeichnet alle Textteile, die analysiert werden. Dies betrifft in der vorliegenden Studie die Transkripte der 13 Interviews, die den vorgegebenen Gruppen entsprechend nacheinander ausgewertet werden.181

Schritt 8, 9 und 10: Entwicklung eines Kategoriensystems

Die Schritte acht bis zehn werden in einem Absatz zusammengefasst, da sie die Entwicklung eines ersten deduktiv abgeleiteten Kategoriensystems zum Ziel haben, welches in den darauf folgenden Schritten systematisch optimiert wird. Zunächst sollen die inhaltlichen Hauptkategorien, also die Grundstruktur des Kategoriensystems, festgelegt werden. Damit dies dem Merkmal der Theoriegeleitetheit weiterhin entspricht, werden den Hauptkategorien die Schwerpunkte der Interviewleitfäden zugrunde gelegt (Abb. 2, S. 40). Im weiteren Vorgehen werden diese, wenn möglich, ausdifferenziert und zu einem Kategoriensystem zusammengefasst. Im zehnten Schritt werden die Kategorien definiert (Abb. 3, S. 40, Anlage 12) und mit Ankerbeispielen versehen, sodass die Auswertung unabhängig vom Forscher durchführbar ist. Dabei wird entschieden, unter welcher Voraussetzung eine Texteinheit einer bestimmten Kategorie zugeordnet werden kann.182 Die Berücksichtigung dieser Regeln in Form von Definitionen und Ankerbeispielen und das systematische Vorgehen nach Ablaufmodellen sichert und erhöht gleichsam die Güte qualitativer Erhebungen.183

179 Vgl. Mayring (2008) S. 89.

180 Vgl. Mayring (2008) S. 53.

181 Vgl. Mayring (2008) S. 53.

182 Vgl. Mayring (2008) S. 83.

183 Vgl. Mayring (1999) S. 120.

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Schritt 11 und 12: Materialdurchlauf: Bezeichnung und Bearbeitung der Fundstellen Die Analyse der Transkripte wurde mit dem Programm f4analyse durchgeführt, welches übersichtlich gestaltet ist und die systematische Arbeitsweise der Qualitativen Inhaltsanalyse unterstützt. Praktische Hinweise zur Vorgehensweise geben dabei Dresing und Pehl in ihrem Handbuch zum Programm f4analyse. Die Transkripte wurden den drei Gruppen entsprechend in Projekten gespeichert und nacheinander zeilenweise durchgelesen. Geeignete Textstellen wurden in Hinsicht auf die Forschungsfragen und Hypothesen codiert und eigene Überlegungen zu den Personen und deren Aussagen in Memos festgehalten. Die interessanten Passagen wurden von der Software in der Farbe des Codes markiert.184

Über die Funktion Einzelansicht konnten nach Beendigung des ersten Materialdurchlaufs alle Textstellen, die einer Kategorie zugeordnet waren, eingesehen werden. Es folgte einer Wiederholung der Schritte neun bis zwölf, um das Kategoriensystem weiterzuentwickeln. Diese Vorgehensweise wird als Induktion bezeichnet, weil vom Datenmaterial ausgehend das Kategoriensystem überarbeitet und vervollständigt wird, demnach vom Speziellen auf das Allgemeine geschlussfolgert wird.185 Die erhaltenen Kategoriensysteme (Anlage 13, 14 & 15) wurden demzufolge sowohl deduktiv als auch induktiv entwickelt und unterscheiden sich zudem unter den drei Gruppen. Dennoch überschneiden sie sich in den für die Beantwortung der Forschungsfragen bedeutendsten Kategorien.

184 Vgl. Dresing, Pehl (2013) S. 36f.

185 Vgl. Bortz, Döring (2006) S. 300.

Abbildung 2: Inhaltliche Hauptkategorien Gruppe A

Abbildung 3: Beispiel für eine Kategoriendefinition

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Schritt 13 und 14: Paraphrasierung, Generalisierung und Reduktion

Mit der Umsetzung der Paraphrasierung, Generalisierung und Reduktion (Anlage 16) wird eine weitere Analysetechnik der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring, die Zusammenfassung, durchgeführt. Zuerst werden alle einer Kategorie zugeordneten Texteinheiten paraphrasiert. Das bedeutet, dass sie in eine Kurzform umformuliert werden, die ausschließlich inhaltlich bedeutende Textbestandteile aufweist. Im nächsten Schritt werden diese Paraphrasen weiter verkürzt und verallgemeinert. Schließlich wird die Reduktion durchgeführt, indem identische und sinnverwandte Paraphrasen gestrichen werden und die verbliebenen Paraphrasen zu einer Thematik gebündelt werden.186

Schritt 15: Ergebnisaufbereitung

Der letzte Schritt besteht darin die mittels der Inhaltsanalyse erhaltenen Ergebnisse zu interpretieren und in Bezug zu den Forschungsfragen und Hypothesen zu setzen, was im Ergebniskapitel dieser Arbeit erfolgt.

Dabei werden geeignete Zitate aus den Interviews verwendet, um darzustellen woraus die Ergebnisse herrühren.187 Ziel ist es, dass der Leser Einsicht in die Erfahrungen der Befragten erlangt. Außerdem soll die Verständlichkeit und Glaubhaftigkeit der gebildeten Kategorien erhöht werden. Je nach Notwendigkeit kann in der Interpretation wörtlich zitiert werden, um diese lebendiger zu gestalten. Lange Zitate hingegen sollten paraphrasiert und somit nur der wesentliche Inhalt erörtert werden.188

186 Vgl. Mayring (2008) S. 61f.

187 Vgl. Holloway, Wheeler (1997) S. 214.

188 Vgl. Sandelowski (1994) nach Holloway, Wheeler (1997) S. 214.

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