Satz 6.4. Unter den Voraussetzungen (A1) und (A2) ist Vbn konsistent f¨ur Vn in dem Sinne, dass
Beweis. Bis auf einige Vereinfachungen, die wegen des einfacheren Versuchsplans und der verwendeten zus¨atzlichen Information m¨oglich sind, verl¨auft der Beweis analog zu dem von Satz 5.9 (siehe Seite 65).
6.4 Punkt- und Intervallsch¨ atzer
Entsprechend der Idee aus Abschnitt 6.2 wollen wir uns mit Sch¨atzern der Form
pbγi,ni,n =pbXi,n−γi,n
bpYi,n−1 2
besch¨aftigen. Wir werden versuchen, dieγi,nso zu w¨ahlen, dass die Varianz der nach Satz 6.2 zu √
n pbγi,ni,n−pXi
asymptotisch ¨aquivalenten Zufallsvariablen
√n
m¨oglichst klein wird. Unter Verwendung der Bezeichnungen aus dem letzten Ab-schnitt erhalten wir
Durch Bildung der ersten Ableitung bestimmen wir γi,nmin = σii,nXY
σii,nY = argmin
γi,n∈R
σXii,n−2γi,nσXYii,n +γi,n2 σii,nY .
Mit Hilfe der im vorangehenden Abschnitt definierten Sch¨atzer σbii,nXY und bσii,nY k¨onnen wir γi,nmin durch
bγi,nmin = bσXYii,n bσYii,n
sch¨atzen. Die Varianz σi,nmin2
=σXii,n−2γi,nminσii,nXY + γi,nmin2
σii,nY =σXii,n− σii,nXY2
σYii,n (6.5) sch¨atzen wir kanonisch durch
bσi,nmin2
=σbii,nX −2bγi,nminbσXYii,n + bγi,nmin2
bσYii,n=bσii,nX − bσXYii,n2
σbii,nY . An der Gleichung (6.5) k¨onnen wir ablesen, dass die Varianz σmini,n 2
umso kleiner ist, je gr¨oßer der Betrag der Kovarianz σii,nXY ist. Aus diesem Grund sollten, wie in Abschnitt6.1bereits erw¨ahnt wurde, nach M¨oglichkeit Kovariablen gew¨ahlt werden, die mit den eigentlichen Beobachtungen m¨oglichst stark zusammenh¨angen.
Der folgende Satz zeigt, dass wir mit dem verbesserten Sch¨atzer bpi,nmin=pbbγ
min i,n
i,n
und dem Varianzsch¨atzer bσi,nmin2
asymptotisch so arbeiten k¨onnen, wie wir es in den vorangehenden Kapiteln mit pbis,n und bσ2is,n getan haben.
Satz 6.5. Die Verteilung der Yik sei keine Einpunktverteilung und es seien die An-nahmen (A1) und (A2) erf¨ullt. Dann gilt:
(a) pbi,nmin ist f¨ur alle i∈ {1, . . . , a} ein stark konsistenter Sch¨atzer f¨ur pXi . (b) σbi,nmin2
ist f¨ur alle i∈ {1, . . . , a} ein stark konsistenter Sch¨atzer f¨ur σi,nmin2
in dem Sinne, dass
bσmini,n 2
− σmini,n 2 f.s.
−→0.
(c) Falls zus¨atzlich zu den am Anfang dieses Satzes gestellten Voraussetzungen noch lim infn→∞σi,nmin >0 gilt, so konvergiert
√npbi,nmin−pXi bσmini,n in Verteilung gegen eine Standardnormalverteilung.
Beweis. Siehe Anhang A.18, Seite 117.
Bemerkung. Die in dem obigen Satz formulierte Annahme, die Verteilung der Yik sei keine Einpunktverteilung, stellt f¨ur die Praxis keine relevante Einschr¨ankung dar. Wenn n¨amlich alle Yik identisch sind, besteht ohnehin kein Interesse, die Yik als Kovariablen oder Ausgangswerte zu ber¨ucksichtigen. Wenn aber nicht alle Yik identisch sind, wissen wir bereits, dass keine Einpunktverteilung vorliegt.
Auf Grundlage von Teil (c) des obigen Satzes k¨onnen wir ohne Schwierigkeiten Konfidenzintervalle f¨ur die relativen EffektepXi konstruieren:
6.4. Punkt- und Intervallsch¨atzer 89
Korollar 6.6. Unter den Voraussetzungen von Teil (c) des obigen Satzes ist umini,n , omini,n
=
pbi,nmin−σbi,nminz1−α/2
√n ,pbi,nmin+ bσi,nminz1−α/2
√n
f¨ur jedes α ∈(0,1) ein asymptotisches (1−α)-Konfidenzintervall f¨ur pXi . Beweis. Nach Teil (c) von Satz 6.5 gilt
P pXi ∈
umini,n, omini,n
= P zα/2 ≤√
npbi,nmin−pXi
bσmini,n ≤z1−α/2
!
→1−α.
Mit dem Ansatz der Varianzreduktion erhalten wir wegen
bσXii,n≥σbii,nX − bσXYii,n2
bσYii,n = bσmini,n 2
immer Konfidenzintervalle, die k¨urzer sind als die ohne Varianzreduktion konstru-ierten Konfidenzintervalle
bpXi,n− q
bσii,nX z1−α/2
√n ,pbXi,n+ q
bσXii,nz1−α/2
√n
.
Erw¨ahnenswert ist auch, dass wir zur Konstruktion der verbesserten Punkt- und Intervallsch¨atzer keine neuen Modellannahmen stellen mussten. Aus diesem Grund erscheint es lohnenswert, die in diesem Kapitel entwickelten Techniken in den Kon-text der Dissertation von Langer (1998) zu ¨ubertragen. Diese befasst sich mit Mo-dellen und Statistiken, die den in der vorliegenden Arbeit behandelten MoMo-dellen und Statistiken ¨ahnlich sind, kommt aber bei der Varianzreduktion nicht ohne eine zus¨atzliche Modellannahme aus (siehe Langer, 1998, Annahme (R2), Seite 31).
Andererseits entsteht durch die Varianzreduktion auch eine neue Schwierigkeit:
W¨ahrend die Punktsch¨atzer pbXi,n bereichserhaltend, also immer im Einheitsintervall [0,1] enthalten sind, trifft diese Eigenschaft nicht mehr auf die Punktsch¨atzer
pbi,nmin =bpXi,n−bγi,nmin
pbYi,n− 1 2
zu. Bei hinreichend großen bγi,nmin liegt im Fall pbYi,n6= 1/2 der Sch¨atzer pbi,nmin außerhalb von [0,1]. Deshalb bietet sich hier schon bei der Konstruktion der Punktsch¨atzer an, die Bereichserhaltung mit Hilfe der Transformationsmethode zu erzwingen. Dies beschreiben wir im abschließenden Abschnitt dieses Kapitels.
6.5 Transformationsmethode
Im Folgenden betrachten wir streng monotone, bijektive Transformationen g : (0,1)→R mit den Eigenschaften, die sich in Abschnitt 5.6 als sinnvoll erwiesen haben. Das heißt, g sei stetig differenzierbar mit nullstellenfreier erster Ableitung und punktsymmetrisch um (1/2,0). Mit einer solchen Funktiong transformieren wir die relativen Effekte pXi auf p∗i =g pXi
und sch¨atzen diese durch pbi,n∗γ∗i =g bpXi,n
−γi∗
g pbYi,n
−g pYi .
Entsprechend der Grundidee dieses Kapitels werden wir versuchen, γi∗ so zu w¨ahlen, dass die asymptotische Varianz von
√n pb∗γ
∗ i
i,n −p∗i
m¨oglichst klein wird. Mit diesem Ansatz erhalten wir Punktsch¨atzer f¨ur die trans-formierten relativen Effekte, k¨onnen aber auch Konfidenzintervalle konstruieren.
Durch Anwendung der Umkehrfunktion g−1 auf die Sch¨atzer ergeben sich wie in Abschnitt 5.6 Sch¨atzer f¨ur die (nicht transformierten) relativen EffektepXi .
Mathematische Grundlage f¨ur die Transformationsmethode ist der multivariate Delta-Satz. Um diesen bequem anwenden zu k¨onnen, ersetzen wir in diesem Ab-schnitt die Bedingung (A2) durch die st¨arkere Annahme
(A2)’ n/ni →ci ∈R f¨ur allei∈ {1, . . . , a}.
Aus dieser Annahme ergeben sich die Vereinfachungen σXuu0,n = n
An Stelle von Satz 6.3 und Satz 6.4 erhalten wir die folgenden beiden st¨arkeren Resultate.
Satz 6.7. Unter den Voraussetzungen (A1) und (A2)’ gilt
√n
Beweis. Siehe Anhang A.19, Seite 120.
6.5. Transformationsmethode 91
Satz 6.8. Unter den Voraussetzungen (A1) und (A2)’ ist Vbn ein stark konsistenter Sch¨atzer f¨ur V und es gilt
Beweis. Der Beweis ergibt sich sofort aus Satz 6.4 und Vn→V. Der multivariate Delta-Satz liefert
Satz 6.9. Unter den Annahmen (A1) und (A2)’ gilt f¨ur jede stetig differenzierbare Funktion g : (0,1)→R und alle i∈ {1, . . . , a} mit 0< pXi <1
Beweis. Siehe AnhangA.20, Seite 120.
Korollar 6.10. Unter den Annahmen (A1) und (A2)’ konvergiert f¨ur jede stetig differenzierbare Funktion g : (0,1)→R und alle i∈ {1, . . . , a} mit 0< pXi <1 und
schwach gegen eine Standardnormalverteilung.
Beweis. Der Beweis ergibt sich sofort aus dem obigen Satz und dem Satz von der stetigen Abbildung.
Die asymptotische Varianz σi∗γi∗2
sch¨atzen. Die Varianz
sch¨atzen wir kanonisch durch bσ∗i,nmin2
Der folgende Satz zeigt, dass wir mit dem verbesserten Sch¨atzer pbi,n∗min =pb∗γb
∗min i,n
i,n
und dem Varianzsch¨atzer bσ∗i,nmin2
asymptotisch so arbeiten k¨onnen, wie wir es in Abschnitt 5.6 mit pbis,n∗ und bσis,n∗ 2
getan haben.
Satz 6.11. Die Verteilung der Yik sei keine Einpunktverteilung, g : (0,1) → R sei eine streng monotone, stetig differenzierbare Bijektion mit nullstellenfreier erster Ableitung und, es seien die Annahmen (A1) und (A2)’ erf¨ullt. Dann gilt f¨ur alle i∈ {1, . . . , a} mit 0< pXi <1:
(a) pbi,n∗min ist ein stark konsistenter Sch¨atzer f¨ur p∗i. (b) bσ∗i,nmin2
ist ein stark konsistenter Sch¨atzer f¨ur σi,n∗min2
.
(c) Falls zus¨atzlich zu den am Anfang dieses Satzes gestellten Voraussetzungen noch σ∗imin >0 gilt, so konvergiert
√npbi,n∗min−p∗i σbi,n∗min in Verteilung gegen eine Standardnormalverteilung.
Beweis. Siehe Anhang A.21, Seite 121.
Durch Anwendung der inversen Transformation g−1 erhalten wir bereichserhal-tende Punkt- und Intervallsch¨atzer:
Korollar 6.12. Unter den am Anfang des obigen Satzes formulierten Bedingungen gilt f¨ur alle i∈ {1, . . . , a} mit 0< pXi <1:
(a) g−1 bpi,n∗min
∈(0,1)ist ein stark konsistenter Sch¨atzer f¨ur pXi . (b) Unter der zus¨atzlichen Bedingung σ∗imin >0 ist
uTi,nmin, oTi,nmin
6.5. Transformationsmethode 93
Beweis. Behauptung (a) ergibt sich aus obigem Satz und der Stetigkeit von g−1. Teil (b) folgt sofort aus
P pXi ∈
uTi,nmin, oTi,nmin
= P
zα/2 ≤√
n bpi,n∗min−p∗i
bσ∗i,nmin ≤z1−α/2
→1−α.
Anhang A Beweise
In diesem Anhang befinden sich die Beweise zu den Ergebnissen des Hauptteils dieser Arbeit, deren Umfang ¨uber wenige Zeilen hinausgeht. Dementsprechend sollte dieses Kapitel nicht f¨ur sich allein gelesen werden, sondern es sollte w¨ahrend der Lekt¨ure des Hauptteils bei Bedarf zum Nachschlagen verwendet werden. Um das Suchen der Beweise zu erleichtern, ist f¨ur jeden Beweis ein eigener Abschnitt angelegt worden.
Bei allen Beweisen in dieser Arbeit werden die grundlegenden Regeln der Maß-und Wahrscheinlichkeitstheorie, wie zum Beispiel die Monotonie Maß-und die Linearit¨at des Erwartungswerts, stillschweigend verwendet. Eine kurze und pr¨azise ¨Ubersicht zu den wichtigsten Ausgangspunkten der asymptotischen Statistik findet man in den Kapiteln 2 und 3 des Lehrbuchs von van der Vaart(1998).
A.1 Beweis von Satz 3.3
Beweis von Satz 3.3. (a) Falls F1 =F2 ist, X11 also die gleiche Verteilung wie X21
hat, so ergibt sich aus Symmetriegr¨unden p1 = P(X21< X11) + 1
2 P(X21=X11)
= P(X11< X21) + 1
2 P(X11=X21) = p2. Mitp1+p2 = 1 folgt sofort p1 =p2 = 12.
FallsX11undX21symmetrisch um das gleiche Symmetriezentrumµverteilt sind, so gilt
Xi1−µ∼µ−Xi1, i= 1,2, und deshalb
p1 = P(X21< X11) + 1
2 P(X21=X11)
= P(X21−µ < X11−µ) + 1
2 P(X21=X11)
= P(µ−X21< µ−X11) + 1
2 P(X21=X11)
= P(X11< X21) + 1
2 P(X11=X21) =p2. 95
Der zweite Teil der Behauptung aus Teil (a) des Satzes ergibt sich also wieder aus p1+p2 = 1.
(b) Sei o. E. d. A. µ1 < µ2. Da die Verteilungsfunktion F2(·+µ2 −µ1) das Symmetriezentrum µ1 hat, folgt aus Teil (a)
Z
F2(x+µ2−µ1)dF1(x) = 1 2. Wegen F2 ≤F2(·+µ2−µ1) erhalten wir
p1 = Z
F2(x)dF1(x)≤ Z
F2(x+µ2−µ1)dF1(x) = 1 2.
(c) Sei o. E. d. A.F1 stochastisch gr¨oßer alsF2, das heißt, es gelte F1(x)≤F2(x) f¨ur allex∈Rund es existiere einx0 mitF1(x0)< F2(x0). Aus Teil (a) dieses Satzes und der Integraldarstellung relativer Effekte ergibt sich
Z
F1dF1 = 1 2. Deshalb gen¨ugt es
Z
(F2−F1)dF1 =p1− Z
F1dF1 >0 zu zeigen.
Nach Voraussetzung gilt
F2(x0)−F1(x0) = >0.
Wegen F1(x)→1 f¨urx→ ∞ erhalten wir y0 = supn
y:y≥x0, F2(x0)−F1(y)≥ 2
o
<∞.
Wir unterscheiden nun zwei F¨alle in Abh¨angigkeit davon, ob F1 in y0 stetig ist.
Sei zun¨achst F1 stetig in y0. Daraus folgt F2(x0)−F1(y0) = /2 und deshalb F1(y0)−F1(x0) = /2. F¨ur alle x ∈ [x0, y0] gilt F2(x)− F1(x) ≥ /2. Insgesamt erhalten wir
Z
(F2−F1)dF1 ≥ Z y0
x0
(F2−F1)dF1 ≥ Z y0
x0
2dF1 ≥ 2 ·
2 = 2 4 >0.
Sei nunF1 nicht stetig iny0, das heißt,F1 habe eine Sprungstelle mit einer H¨ohe δ >0 in y0. Wegen
F2−(y0)−F1−(y0) = lim
x↑y0(F2(x)−F1(x))≥ 2 und
F2+(y0)−F1+(y0) = lim
x↓y0(F2(x)−F1(x))≥0