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2.5 Aviäres Stress Syndrom (ASS)

2.5.6 PSE-Inzidenzen und Transportverluste

Das Kürzel PSE hat seinen Ursprung in den englischen Worten pale, soft, exudative, was im Deutschen blass, weich und wässrig bedeutet und eine unerwünschte Veränderung des Fleisches darstellt (SOSNICKI et al. 1998; SOLOMON et al. 1998).

Diese Eigenschaften sind auf partielle Denaturierungen von Muskelproteinen zurückzuführen. Sie beruhen primär auf der deutlich höheren Laktatanhäufung, als es bei normalem Fleisch der Fall ist, sowie auf einer vergleichsweise hohen Gewebetemperatur.

Folgen der Denaturierungsvorgänge sind erhöhte Farbhelligkeit und Gewebswasserverlust des Fleisches.

In der Literatur werden folgende Ursachen für das Auftreten von PSE-Fleisch genannt:

- Züchterisch bedingte Zunahme an weißen Muskelfasern über das physiologische Maß hinaus,

- dauerhafte, unzureichende Sauerstoffversorgung der Mitochondrien in Folge zu großer Faserdurchmesser der weißen Muskelfasern sowie eine geringe

Kapillardichte,

- Unzureichender oxidativer Stoffwechsel in von weißen Muskelfasern geprägten Muskeln,

- Energiedefizit, verursacht durch Belastung kurz vor dem Schlachten, welche durch erhöhte anaerobe Glycolyse nur unvollständig kompensiert wird,

- dadurch erfolgt eine erhöhte Laktatanhäufung, - Erhöhte Schlachtkörpertemperatur durch Belastung,

- Muskeleiweißdenaturierung infolge des pH-Wertabfalls unter 5,8 bei Fleischtemperaturen um 40°C innerhalb 1 h p.m.(SIELAFF,1996).

Das Auftreten von PSE – Fleisch ist schon vor längerer Zeit beim Schwein beschrieben worden. Beim Geflügel hingegen sind erst seit 1993 (BARBUT) zuverlässige Untersuchungen zum Auftreten von PSE veröffentlicht. OWENS et al.

(2000) berichtet von 40 % PSE – Puten in üblichen Herden. Wahrscheinlicher sind da eher die Zahlen von MCCURDY et al. (1996), der in amerikanischen Putenherden von einem PSE – Anteil zwischen 5 und 30 % spricht. Diese Angaben decken sich auch mit denen BARBUTs (1997b), welcher in seinen Untersuchungen 5 % bis zu 40

% PSE – Tiere in kommerziellen Putenherden fand. FRAQUEZA et al. (2001) beschrieben einen PSE - Anteil von 11,2 % bei 223 Putern, gemessen an einem portugiesischen Schlachthof.

ZHANG und BARBUT (2005) legten 6-12 h p.m. hinsichtlich der L* - und pH – Werte Gruppeneinteilungen für PSE - , Normal – und DFD – Fleisch (Hühnerbrust) fest (Tab.11).

Tab. 11 Einteilung von Hühnerbrustfleisch in PSE-, Normal-, und DFD – Fleisch 6 – 12 h p.m.

(ZHANG und BARBUT, 2005)

Fleisch L* pH

PSE - Fleisch L* > 53,0 pH < 5,7 Normal - Fleisch 46 < L* < 53 5,9 < pH < 6,1 DFD - Fleisch L* < 46 pH > 6,1

MOLETTE et al. (2005) belegten in einem Versuch an 34 B.U.T. 9 Hähnen, dass es viele Faktoren beim Putenfleisch gibt, welche das Auftreten des PSE – Syndroms begünstigen. Am aussagekräftigsten hinsichtlich der PSE – Beurteilung sei aber die Stärke des pH – Wertabfalls 20 min p.m. zu nennen. Dieser Umstand wird damit begründet, dass 20 min p.m. zwischen den zwei aufgeführten Versuchsgruppen ein pH - Wertunterschied von 0,43 bestand, welcher in dieser Intensität 24 h p.m., also dem End - pH – Wert, nicht mehr nachweisbar war. Für diesen Versuch hatten MOLETTE et al. (2005) 34 B.U.T. 9 Hähne in zwei Gruppen aufgeteilt. Die 17 Tiere mit dem höchsten pH Wert 20 min. p.m. kamen in die „Normal glycolysierende Gruppe“ (NG, pH 6,47 ± 0,01), jene mit dem niedrigsten pH Wert 20 min p.m. in die

„schnell glycolysierende Gruppe“ (FG, pH 6,04 ± 0,09).

Hinsichtlich der L* - Werte konnte bei den über den pH – Wertabfall bestimmten PSE – Tieren im Vergleich zu Normaltieren von verschiedenen Autoren (MOLETTE et al.

2002, MOLETTE et al. 2005; HAHN et al., 2002; RATHGEBER et al., 1999;

PIETRZAK et al., 1997) kein signifikanter Unterschied abgesichert werden. Generell formulierten MOLETTE et al. (2005) aufgrund ihrer Untersuchungen, dass sämtliche Helligkeits- und Farbwerte keine Rückschlüsse auf einen raschen pH – Wertabfall zulassen.

Damit unterstützten Sie die Aussagen von BERRI et al. (2001), welche ebenfalls an eigenen Untersuchungen bei Broilern belegen konnte, dass es keinen zwingenden Zusammenhang zwischen blassem Fleisch und dem PSE – Syndrom gibt. Sie begründeten die Ergebnisse mit der Tatsache, dass die blasseren Fleischtypen einen geringeren Blutpigment Anteil aufwiesen, als das bei den unselektierten Kontrollgruppen der Fall war. Ferner wiesen die blassen Tiere in den untersuchten Teilen keine auffälligen Tropfsaftverluste auf.

Die Entwicklung von PSE – Fleisch kann durch postmortale Faktoren, wie Beispielsweise das Vorgehen bei der Kühlung beeinflusst werden (HONIKEL und FISCHER, 1977; OFFER, 1991). ALVARADO und SAMS (2002) belegten, dass Putenschlachtkörper, welche nach dem Schlachten langsam heruntergekühlt wurden, eher zu PSE-Erscheinungen neigten, als bei schnell gekühlten. MOLETTE et al.

(2003b) konnten durch thermischen Einfluss (40°C für 6 h) PSE – ähnliches Putenbrustfleisch generieren. Schon 1994 hatten FERNANDEZ et al. auf die PSE-fördernde Wirkung hoher postmortaler Temperatur bei Schweinefleisch hingewiesen.

Der bei Schweinen zur Identifizierung von stressanfälligen Tieren (aus denen PSE – Fleisch zu erwarten ist) verwendete Halothantest ist bei Puten nicht anwendbar (OWENS et al., 2000; WHEELER et al., 1999). Es gibt allerdings Hinweise dahingehend, dass das Auftreten von PSE nicht ausschließlich von externen Faktoren induziert wird, sondern auch von der Genetik der Tiere abhängt. CHIANG et al. 2002 konnten eine Mutation im Genom des Ryanodine Rezeptors α (α RyR) nachweisen. Bei Schweinen sorgt eine Mutation im vergleichbaren Rezeptorgen für eine hohe Calciumfreisetzung, was eine schnelle Glycolyse und damit einen schnellen pH – Wertabfall zur Folge hat.

Schon 1987 hatten ROCK und KOZAK-REISS eine genetisch bedingte Unzulänglichkeit im Aufbau des Sarkolemms vermutet, dessen Beziehung zum pH – Wert er an folgendem Schaubild verdeutlicht (Abb.8):

Abb. 8. Schema zum Ablauf der Aktivierung des schnellen Kohlenhydratstoffwechsels post mortem in PSE – Muskulatur (ROCK und KOZAK-REISS, 1987)

Genaue Kenntnisse über Ursache und Wirkung von PSE sind deshalb von Bedeutung, da PSE – Fleisch weder vom Endverbraucher, noch von der weiterverarbeitenden Industrie geschätzt wird. Insbesondere der Endverbraucher nimmt Anstoß an blassem Fleisch, welches in der Verpackung im eigenen Saft (bedingt durch hohe Tropfsaftverluste) schwimmt (FERKET und FOEGEDING, 1994;

DRANSFIELD und SOSNICKI, 1999). HAHN (2001) gab hinsichtlich der PSE – Problematik zu bedenken, dass der Zusammenhang zwischen den Parametern Wasserbindungsvermögen, Textur und Fleischfarbe/-helligkeit, welche beim Schwein als PSE – Qualitätsabweichung gelten, nicht ohne Weiteres mit denen der Pute gleichgesetzt werden können. Gründe dafür wurden nicht genannt.

Schon 1945 wiesen MC SHERRY et al. bei intensiver Selektion auf Wachstumsleistung auf die steigende Gefahr von Aortenrupturen hin, welche zu plötzlichen Todesfällen bei Stress, ja sogar schon bei Beunruhigung der Tiere führen kann. Das Verladen und der Transport der Puten bedeutet erheblichen Stress für die Tiere und es muss mit Transportverlusten gerechnet werden.

ERBLICH BEDINGTE STÄRKERE FREISETZUNG VON CALCIUM IN DAS ZELLPLASMA

AUS DEM SARKOLEMM

ERHÖHTE FREISETZUNG VON CALCIUM AUS DEM SARCOPLASMATISCHEN RETICULUM

VERSTÄRKTER ABBAU VON GLYKOGEN ZU GLUCOSE