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2 Derzeitiger Stand des klimagerechten Bauens

5.4 Doppelfassade

5.4.1 Prinzip – Fassade mit Klima und Jahreszeit angepassten

Allgemein

„Doppelfassaden“ sind häufig insofern zu kritisieren, da der Haupteffekt von Doppelfassaden vor allem in der architektonischen Wirkung liegt. Bis Mitte der 90er verging kaum ein architektonischer Wettbewerb ohne Doppelfassadenkonzeption.

Inzwischen wird sie auf unterschiedlichste, teilweise kuriose Weise bezeichnet, so z.

5 Doppelfassade

B. Synergie-Fassade, intelligente Fassade, High-Tech-Fassade, Sol Skin, Twin face, Kristallhaut mit Firmament-Reflektor usw.. Es wurden ständig mehr Doppelfassaden realisiert. In Berlin allein gibt es inzwischen mehr als 15 Projekte. Es ist noch keine Statistik vorhanden, wie viele insgesamt in Deutschland bisher gebaut wurden.

Gegenüber Mitte der 90er stieg die realisierte Zahl allmählich, unabhängig von der Größe des Objekts. Es scheint, dass die Doppelfassaden einen festen Platz in der Baubranche gefunden haben. Trotz dieser steigenden Tendenz muss gesagt werden, dass nur wenige Doppelfassaden tatsächlich positiv bewertet werden können. Von

„schlecht“ bis „sehr gut“ reicht dabei das Spektrum. Es fehlt gegenwärtig noch eine neutrale allgemeingültige Beurteilung im Vergleich zu einschaligen Fassaden.

Konstruktion

Einschalige Fassade Doppelschalige Fassade Abbildung 9: Prinzipieller Konstruktionsunterschied zwischen

ein- und doppelschaligen Fassaden

Konstruktiv besteht eine Doppelfassade prinzipiell aus einer Außen- und einer Innenverglasung mit einem zwischen beiden Verglasungen angeordneten Sonnenschutz. Dank dieser zusätzlichen Außenverglasung kann die gesamte Wirkungsweise gegenüber einer einschaligen Fassade dramatisch verändert werden, weil eine höhere Variabilität bei der Einstellung von Sonnenschutz, Außen- und Innenfenstern gegeben ist. Der Fassadenzwischenraum zwischen beiden Verglasungen bildet eine thermische Pufferzone. Hier liegt der hauptsächliche Unterschied zu einschaligen Fassaden. Während ein unmittelbarer Bezug zwischen innen und außen bei der einschaligen Fassade besteht, haben die Innen- und Außenfassaden einen mittelbaren Bezug durch einen Zwischenraum. Nur bei einigen

Außen Innen

Zwischen

Außen Innen

5 Doppelfassade

wenigen Doppelfassaden kommt ein direkter Bezug zwischen innen und außen Zustande. (Siehe Abbildung 9) Das Innenklima hängt bei Doppelfassaden daher insbesondere von der Ausbildung dieses Zwischenraumes ab.

Bei der einschaligen Fassadenkonstruktion kann lediglich die Sonneneinstrahlung reguliert werden. Eine Doppelfassade ermöglicht eine passive Lüftung durch den Fassadenzwischenraum. Hierin liegt der größte Vorteil der Doppelfassade gegenüber den einschaligen Fassaden. Je nach Ausführung der Doppelfassaden, kann sich dieses Konzept im Winter sehr positiv auswirken.

Die Wirkung der Doppelfassade hängt dabei von Konzeption, Dimensionierung und konstruktiver Ausführung des Fassadenzwischenraumes ab. Die Auslegung der Fassadenparameter, wie z. B. Lage und Größe von Öffnungen, Lage des Sonnenschutzes, Abstand zwischen äußerer und innerer Fassade, spielen eine wesentliche Rolle bei der Konzeption von Doppelfassaden.

Vor- und Nachteile

Für eine optimale Ausnutzung des regionalen Klimas muss die Hülle eines Gebäudes variabel auf die Witterung reagieren können. Nachfolgend sind die bauphysikalischen Vor- und Nachteile von Doppelfassaden aufgelistet.

• Verbesserter Schallschutz gegen Außenlärm trotz freier Lüftung (je nach Öffnungsart - einen Vorteil von 5 bis 10 dB) [32]

• Verlängerung der winterlichen Nutzungsdauer, bzw. der gesamten Nutzungs-zeit der Fensterlüftung. Bei einem Gebäude mit 100m Höhe kann sich die gesamte Nutzungsdauer von Öffnungsflügeln bei Doppelfassaden gegenüber einschaligen Fassaden von 44 % auf 79 % verlängern [33].

• Reduzierung der Lüftungswärmeverluste durch die passiven Nutzung der vorerwärmten Außenluft im Fassadenzwischenraum

• Sichere Nachtkühlungsmöglichkeit der Gebäudemassen im Sommer

• Reduzierung der Druckbeiwerte infolge Wind – daher wird eine Fensterlüftung auch an windigen Tagen möglich und die Türöffnungskraft bleibt unter der Komfortgrenze (40-60 N), deren oberer Grenzwert bei 100 N liegt [34].

• Geringere Kühllast gegenüber einschaligen Fassaden mit ausschließlichem Innensonnenschutz bei geschlossenem Fenster infolge der niedrigeren Transmissionsrate

• Anwendbarkeit eines Außensonnenschutzes auch bei hohen Gebäuden

• Platzangebot für Tageslichtlenksysteme im Fassadenzwischenraum

5 Doppelfassade

Nachteile sind:

• Reduzierung der Nutzungsdauer der Fensterlüftung im Sommer bzw.

manchmal auch in der sonnigen Übergangsjahreszeit infolge der Überhitzung im Fassadenzwischenraum

• Sowohl horizontale als auch vertikale Schallübertragungsgefahr durch die Fensterlüftung bei nicht richtig abgetrennter Abschottung

• Zeitweise Gefahr von unzureichender Außenluftzufuhr bei Fensterlüftung

• Gefahr der horizontalen und vertikalen Übertragung von kontaminierter Luft

• Erhöhung der Baukosten gegenüber einschaligen Fassaden

• Höhere Betriebskosten durch aufwendige Reinigung infolge der doppelten Glasscheiben

Trotz dieser Aufteilung von Vor- und Nachteilen sind die Eigenschaften je nach Doppelfassadentyp sehr unterschiedlich. Daher muss der Aufbau einer Doppelfassade gemäß den unterschiedlichen Randbedingungen differenziert betrachtet werden.

Thermischer Auftrieb bei einer Doppelfassade

Dichteunterschied in der Luft verursacht den thermischen Auftrieb. Bei entsprechenden Öffnungen entsteht eine Luftströmung im Fassadenzwischenraum.

Da die Luft im Fassadenzwischenraum durch die Sonnenstrahlung eine höhere Temperatur als außen hat, ist sie leichter als die Außenluft. Der Druckunterschied zwischen Fassadenzwischenraum und außen wird durch Strömung ausgeglichen.

Beim unteren Zuluftschlitz entsteht Überdruck, der die kalte Außenluft über den unteren Schlitz hinein drückt. An der Innenseite am oberen Abluftschlitz entsteht ebenfalls ein Unterdruck, der die erwärmte Luft durch die Sonnenstrahlung über den oberen Schlitz nach außen hinaus drückt [35]. Durch den Druckunterschied zwischen oberen und unteren Schlitzen im Fassadenzwischenraum entsteht der thermische Auftrieb, so dass sich die Luft nach oben bewegt. Diese Auftriebsgröße ist abhängig von der Höhe zwischen Zu- und Abluftöffnung und dem Temperaturunterschied zwischen innen und außen. Diese Größe ergibt sich nach der folgenden Gleichung (7).

h g p=∆ρ× ×

(siehe Kapitel 4-2-2) (7)

Bei geöffneter Innenfassade ändert sich die Strömung durch den thermischen Auftrieb aufgrund der Sonneneinstrahlung in der Fassade. Bei Windstille ohne Sonneneinstrahlung tritt die in den Fassadenzwischenraum strömende Außenluft im

5 Doppelfassade

unteren Fensterbereich des Raumes ein und bildet eine Raumwalze, die etwa in der Raummitte wieder zur Fassade gerichtet abströmt und den Raum verlässt. Mit steigender Sonneneinstrahlung auf die Fassade wandelt sich die Lichtstrahlung an der im Fassadenzwischenraum angeordneten Sonnenschutzeinrichtung in Wärme um. Als Folge erwärmt sich die Luft im Zwischenraum und es entsteht eine Konvektionsströmung von unten nach oben. Wenn die Temperatur im oberen Fassadenzwischenraum höher als die Raumlufttemperatur ist, fließt die im Fassadenzwischenraum erwärmte Luft in den oberen Raumbereich ein, und strömt in der Raummitte wieder nach außen ab [36]. (siehe Abbildung 10)

Abbildung 10: Luftströmung bei Windstille ohne und mit Sonneneinstrahlung, Quelle [36]