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Praktische Vorgehensweise zur Berücksichtigung der Dämmwirkung von Gehörschutz im Hinblick auf die

8 Verfahren zur Bestimmung der individuellen Dämmwirkung von Gehörschutz bei Personen

8.7 Praktische Vorgehensweise zur Berücksichtigung der Dämmwirkung von Gehörschutz im Hinblick auf die

Einhaltung der maximal zulässigen Expositionswerte

Wie in Abschnitt 8.6 bereits beschrieben, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keines der vorgestellten Messverfahren uneingeschränkt geeignet, die individuelle Dämmwirkung von Gehörschutz während des praktischen Einsatzes am Arbeitsplatz eindeutig zu bestimmen. Damit ist es mit den Messverfahren nur bedingt möglich nachzuweisen, ob durch die Anwendung von persönlichem Gehörschutz der Lärm-expositionspegel L*EX oder der Spitzenschalldruckpegel L*pC,peak unterhalb des ma-ximal zulässigen Expositionswertes liegt und somit die Gefährdung des Gehörs be-seitigt ist.

Da die im Abschnitt 8.6 dargestellten Verfahren nur sehr eingeschränkt und nicht uni-versell für die Nachweisführung der individuellen Dämmwirkung von Gehörschutz tauglich sind, wird aus der Sicht der Untersucher alternativ die modifizierte Anwen-dung der Oktavbandmethode nach [53] vorgeschlagen.

Die Oktavbandmethode erlaubt eine direkte Berechnung des Tageslärmexpositions-pegels mit Gehörschutz. Zum Schutz vor Gehörschädigungen muss der individuelle Gehörschutz so ausgewählt werden, dass der Lärmexpositionspegel L*EX kleiner als 85 dB(A) ist, d. h. unter dem maximal zulässigen Expositionswert liegt.

Bei Kenntnis des Oktavspektrums des Geräusches am betroffenen Arbeitsplatz lässt sich einer auf diese Lärmsituation angepasster Gehörschutz aussuchen und der zu erwartende Lärmexpositionspegel L*EX ermitteln. Dazu werden die von den Herstel-lern angegebenen Mittelwerte der Schalldämmungen der Gehörschützer ΔLmf und die Standardabweichungen ΔLσf benötigt. Indem handelsüblicher Gehörschutz der Baumusterprüfung nach EN 352-1/-2 [54], [55] unterliegt, kann von der Korrektheit dieser Werte ausgegangen werden. Da die Schalldämmwerte jedoch unter Laborbe-dingungen bestimmt werden, würden diese die Schutzwirkung für die tägliche An-wendung in der Praxis nicht korrekt abbilden bzw. überschätzen. Nach DIN EN ISO 4869-2 [51] wird deshalb nicht der Mittelwert der Schalldämmung,

son-dern der sogenannte APV-Wert (Assumed Protection Value) ΔLAPVf verwendet. Hier-zu wird der Mittelwert der Schalldämmung ΔLmf um die Standardabweichung ΔLσf

reduziert.

Die so erhaltene Dämmwirkung kann damit für 84 % der Träger für einen durch-schnittlich benötigten Umfang der Schutzwirkung erreicht werden. Für die Berech-nung des ΔLAPVf –Wertes gilt:

ΔLAPVf Wert der angenommenen Schutzwirkung des Gehörschützers in dB für die Mittenfrequenz des Oktavbandes f,

ΔLmf Mittelwert der Schalldämmung des Gehörschutzes in dB für die Mittenfrequenz des Oktavbandes f ,

ΔLσf = Standardabweichung in dB für die Mittenfrequenz des Oktavbandes f . In der Berechnung von ΔLAPVf nach Gl. 8.2 sind verschiedene Unwägbarkeiten, die beim Einsetzen und Tragen des Gehörschutzes auftreten und die Schutzwirkung her-absetzen können, nicht berücksichtigt. Wie aus einer früheren Studie des BGIA aus dem Jahre 1989 [66] bekannt, muss auf Grund der im Abschnitt 8.1 aufgeführten Ur-sachen für die Verminderung der Dämmwirkung von Gehörschutz ein Praxisabschlag auf den ΔLAPVf–Wert vorgenommen werden. Die Verwendung der aus dieser Studie [66] hervorgegangenen Praxisabschläge ist heute üblich. Im Rahmen einer ver-gleichbar angelegten Studie des BGIA aus dem Jahre 2009 [65] werden die Praxis-abschläge im Wesentlichen bestätigt und die verschiedenen Gehörschutzgruppen weiter differenziert. Man kann davon ausgehen, dass die im Rahmen der aktuellen Studie ermittelten Praxisabschläge recht gut die verschiedenen Einflussfaktoren auf die Schalldämmung durch Tragefehler etc. für einen großen Teil der Benutzer abbil-den.

Mit den durch die Studie [65] validierten Praxisabschlägen ist es möglich, eine prakti-kable und ausreichend genaue Bestimmung des Tages-Lärmexpositionspegels L*EX,8h der unterhalb des Gehörschutzes am Ohr des Arbeitsnehmers zu erwarten ist, vorzunehmen. Man kann deshalb davon ausgehen, dass die individuelle Dämmwir-kung des Gehörschutzes des Arbeitnehmers durch den Praxisabschlag ΔLAbschlag gut abgebildet wird und der auf dieser Grundlage ermittelte Lärmexpositionspegel L*EX

geeignet ist, die sichere Einhaltung der maximal zulässigen Expositionswerte nach-zuweisen.

Die Praxisabschläge ΔLAbschlag nach [65] sind im Folgenden aufgeführt:

- vor Gebrauch zu formende Gehörschutzstöpsel 9 dB

- fertig geformte Gehörschutzstöpsel 5 dB

- Bügelstöpsel 5 dB

- Kapselgehörschutz 5 dB

- Otoplastiken (mit regelmäßiger Funktionskontrolle) 3 dB

- Otoplastiken (ohne Funktionskontrolle) 6 dB

- Kombination aus Kapselgehörschutz und Gehörschutzstöpseln 9 dB

Unter Berücksichtigung des Praxisabschlages wird vorgeschlagen, den am Ohr wirk-samen Lärmexpositionspegel L*EX nach folgender Formel zu berechnen:

=

L*EX am Ohr unter dem Gehörschutz wirksamer Lärmexpositionspegel, LAf A-bewerteter Oktavband-Schalldruckpegel (LAoct) des Geräusches

in dB im Oktavband f, ΔL*APVf ΔLAPVf - ΔLAbschlag in dB,

ΔLAPVf Wert der angenommenen Schutzwirkung des Gehörschützers in dB für die Mittenfrequenz des Oktavbandes f nach Gl. 8.2,

ΔLAbschlag Praxisabschlag für den gewählten Gehörschutz in dB nach [65].

Folgendes Beispiel soll die Berechnung verdeutlichen. Es wird das Lärmspektrum für einen Arbeitsplatz in einer Papiermaschinen-Halle verwendet. Als Gehörschutz wer-den Bügelstöpsel benutzt.

Tab. 8.9 Bestimmung des Lärmexpositionspegels L*EX nach der Oktavbandme-thode unter Berücksichtung des ΔLAPVf -Wertes sowie des Praxisab-schlages ΔLAbschlag

Oktavmittenfrequenz in Hz

63 125 250 500 1000 2000 4000 8000 Summe

Geräuschspektrum LAf 71 78 82 85 86 86 84 81 92 dB(A)

Die Bestimmung des Lärmexpositionspegels L*EX nach der Oktavbandmethode unter Berücksichtung des ΔLAPVf-Wertes sowie eines Praxisabschlages ΔLAbschlag für die entsprechenden Gehörschutztypen kann nach derzeitigem Kenntnisstand als die Me-thode mit der größten Praxistauglichkeit sowie Sicherheit angesehen werden.

Nach der Lärm- und Vibrationsarbeitsschutzverordnung [1] ist bei Impulslärm neben der Einhaltung des oberen Auslösewertes von 85 dB(A) sicherzustellen, dass auch der obere Auslösewert für den Spitzenschalldruckpegel von LpC,peak = 137 dB(A) unter Berücksichtigung der Dämmwirkung von Gehörschutz unterschritten wird.

Für Impulslärm ist die oben beschriebene Oktavbandmethode prinzipiell auch geeig-net, jedoch wird in der Regel bei Impulslärm nur der Spitzenschalldruckpegel LpC,peak

gemessenund nicht dessen Schallspektrum. Daher sollte für die Beurteilung von Im-pulslärm weiterhin die Methode nach Anhang B der DIN EN 458 [53] verwendet wer-den.

9 Kriterien für den Vergleich mit den