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3. Einleitung

3.6. Prüfmethodik

Der Zweck einer Prüfung des Hörvermögens ist die Klärung der Kausalität so-wie des Ausmaßes einer Hörschädigung. Grundsätzlich sollten zuallererst die klassischen Hörprüfungen in Form von Stimmgabelprüfung nach Rinne und

Weber und die Hörweitenprüfung durchgeführt werden, auf welche im Folgen-den nicht weiter eingegangen wird [7].

Neben der Tonaudiometrie stellt die Sprachaudiometrie in Deutschland einen der Grundpfeiler der quantitativen Bewertung des Hörverlustes dar. In einigen anderen Ländern, wie beispielsweise der Schweiz dient lediglich die Tonaudio-metrie als audiologischer Standard für die Einschätzung des prozentualen Hör-verlustes im Begutachtungsprozess [30]. Des Weiteren sind die obig genannten Testverfahren ein essentieller Bestandteil bei der Überprüfung der Qualität der angefertigten Hörgeräteversorgung. Diese Prüfverfahren zählen zu den objekti-ven Testungen und der grundlegenden Diagnostik in der Audiologie [31].

Zudem werden teilweise Fragebögen zur zusätzlichen subjektiven Beurteilung des Patienten ohne als auch mit der jeweiligen Hörgeräteversorgung angefer-tigt. Hierzu zählt unter anderem der APHAB (Abbreviated Profile of Hearing Aid Benefit) nach Cox und Alexander, das Oldenburger Inventar (OLInv) sowie das Göteborger Profil [32], [33], [34], [35], [36].

Zur Bestimmung der Tonhörschwelle werden die Ohren unabhängig voneinan-der betrachtet. Ebenfalls getrennt voneinanvoneinan-der betrachtet wird die Luft- und Knochenleitung. Notwendig hierfür ist ein schallisolierter Raum oder eine Prüf-kabine. Grundsätzlich wird bei der Hörschwellenmessung mit der Luftleitung auf dem subjektiv besser hörenden Ohr begonnen. Vorgespielt werden der Testper-son Sinusschwingungen bestimmter Frequenzen in zunehmender Lautstärke.

Diese Änderung der Lautstärke kann in unterschiedlich großen Schritten von 1 dB bis zu 5 dB adaptiv erfolgen. Der Proband gibt nun an, wann er den Prüf-Ton zum ersten Mal hört. Dies geschieht mittels Patiententaste. Untersucht werden Frequenzbereiche von 125 Hz bis 10 Kilohertz (kHz) [37]. Die Ergeb-nisse werden direkt in ein digitales Audiogramm eingespeist.

Die Hörschwellen alleine sagen nicht viel über das Ausmaß der Hörstörung des Patienten im Alltag aus. Da es sich bei der Hörschwelle lediglich um akustische Reize in einem Schwellenbereich handelt und nicht, wie im Alltag üblich, um Schallsignale aus einem breiten Frequenzspektrum. Bei der Umgangssprache im normalen Gespräch werden innerhalb von kürzester Zeit deutliche Fre-quenzveränderungen vorgenommen, welche sich zum Teil in den überschwelli-gen Bereich erstrecken [38]. Die Prüftöne werden durch Silben, Wörter oder Sätze, die die verwendete Sprache möglichst breit repräsentieren, ersetzt. Das erzielte Ergebnis nach den verschiedenen Testungen wird mit den Werten von

Normalhörenden verglichen. Bezugspunkt für die Auswertung stellt die Sprach-verständlichkeitsschwelle (SVS) dar, welche per definitionem den minimalen Pegel des Sprachschalls bei dem 50 % der Testeinheiten richtig verstanden werden, ist [39], [40].

Der Freiburger Sprachverständlichkeitstest, aufgeteilt in Wörter und Zahlen, nach Hahlbrock, zählt zu den gängigsten Tests zur Ermittlung des Sprachver-stehens in Ruhe [41], [42]. Durch die 1973 festgelegte DIN Norm 45621-1 gilt dieser als exakt standardisiert und ist schon seit Ende der 1950er Jahre in Ge-brauch [41]. Einige Kritik ist jedoch schon in den 1980er Jahren an diesem Test aufgekommen, da die Testreihen als unterschiedlich komplex eingestuft wer-den. So zeigen auch Studien von Alich [43], Bangert [44], Kießling [45] und Kollmeier [46], dass die Testreihen nicht ausgewogen in Bezug auf ihre Ver-ständlichkeit sind. Im Detail wird beispielsweise kritisiert, dass die Aussprache als unnatürlich gilt, durch mundartlich und regionale Sprachbesonderheiten zu-sätzlich erschwert, das Testverfahren technisch veraltet ist und sich der Test aus mehreren Gründen nicht für die Untersuchung insbesondere von Zahlwör-tern im Störschall eignet [44], [47], [45]. Winkler et al. fassen 2016 in einer selbst durchgeführten Studie zusammen, dass der FBE nur dann ein zuverläs-siges Diagnostikum darstellt, wenn mehrere Testlisten verwendet werden da die Anzahl der Testwörter pro Liste recht gering sind und dadurch in sich recht hohe Messungenauigkeiten bergen [41]. Der Ablauf des Freiburger Sprachtests ist wie folgt gegliedert. Die Tests bestehen aus jeweils zehn Gruppen mit zehn zweistelligen Zahlen, diese entsprechen Mehrsilbern sowie aus 20 Gruppen mit jeweils 20 einsilbigen Testwörtern. Diese Wörter und Zahlen werden pro Gruppe so zusammengestellt, dass sie den mittleren Frequenzinhalt der deutschen Sprache widerspiegeln [40]. Nachdem die Zahlen/Wörter der Testperson vorge-spielt wurden, soll diese das jeweils gehörte Wort oder die Zahl nachsprechen.

Von dem Versuchsleiter werden die jeweiligen Ergebnisse als richtig oder falsch notiert. Der Versuchsablauf bedarf einer anwesenden prüfenden Person und ist nicht automatisierbar. Das Ergebnis ergibt sich direkt aus der Rate der jeweils richtig wiederholten Zahlen und Wörter, wobei eine Zahl mit zehn Prozent zur Erkennungsrate beiträgt und ein Wort mit jeweils fünf Prozent. Hieraus ist der direkte Vorteil dieses Verfahrens abzuleiten. Es ist leicht in der Anwendung so-wie in der Auswertung, bedarf jedoch immer einer testenden Person. Der Nach-teil dieses Testverfahrens ist zusätzlich zu den oben genannten Problemen,

dass das Ergebnis lediglich auf einer Testreihe aus zwanzig unterschiedlich gut verständlichen Testwörtern besteht und somit statistisch begrenzt aussagekräf-tig ist. Diese Problematik beschrieb schon Thornton im Jahr 1978. Er wies dar-auf hin, dass eine „Sprachverständlichkeitsmessung mit n Testwörtern und k korrekt verstandenen Wörtern statistisch als eine Binomialverteilung B (n, p, k) interpretiert werden kann.“ (E.Mallinger, 2011) [48]. Hierbei entspricht p der tat-sächlichen Verständlichkeit. Wenn diese zum Beispiel bei 50 % liegt, so liegt das Ergebnis bei einem Sprachtest mit 20 zu testenden Wörtern in 95 % der Fälle zwischen 20 und 80 %. Interpretiert man nun diese Schlussfolgerung zeigt sich, dass eine Veränderung im Testergebnis um 20 % durchaus auch aus rein statistischen Gründen zustande kommen kann. Die inzwischen zur Verfügung stehenden modernen Verfahren erlauben zusätzlich eine zuverlässige Messung von Sprachverstehen im Störgeräusch. Dies ist für die valide und reliabel Be-wertung des Erfolgs von Hörgeräteversorgungen sowie von Cochlea Implant (CI) Versorgungen von Nöten [49], [50].

Allerdings ergibt sich nur aus dem Gesamtbild der Testreihen in Ruhe und in Sprache ein klares und zielführendes Ergebnis für eine qualitativ hochwertige Therapie. Eine Kontrolle im Störschall wird allerdings noch nicht allgemein an-gewendet. Wie Niemeyer im Jahr 2000 in einem Artikel beschreibt, wäre dies jedoch gerade bei Patienten mit Hochtonsteilabfall wünschenswert, da laut ihm der Sprachverständnistests dieser Patientengruppe in Ruhe keine auffälligen Ergebnisse liefern werden, die im Störgeräusch jedoch durchaus [51].

Grundsätzlich wird bei Sprachtests im Störgeräusch die sogenannte „L50“ defi-niert. Diese entspricht der 50%-Sprachverständlichkeitsschwelle, das heißt dem Signal-Rausch-Abstand in dB SNR, bei welchem noch 50 % der Sprache ver-standen werden. Bei einem normalhörenden Probanden liegt diese Schwelle im negativen Bereich, ergo kleiner als 0 dB SNR. Das bedeutet, dass ein negativer Testwert konträr eine positive Verstehensleistung darstellt. Auch bei diesen Sprachtests ist das Ergebnis individuell bedeutend abhängig vom verwendeten Sprachmaterial und dem jeweiligen Störgeräusch [31].

Im folgenden soll der Göttinger Satztest (GöSa) mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen genauer beleuchtet werden. Konzipiert wurde der GöSa durch Wes-selkamp et al. [52] und stellt eine Weiterentwicklung des Marburger Satztests dar [53]. Der Göttinger Satztest im Störschall erfolgt mit ganzen Sätzen. Er be-steht aus 20 Testlisten mit je zehn kurzen Sätzen. Die Sätze stimmen in

Pho-nem- und Wortzahl ungefähr überein und orientieren sich an Alltagssätzen.

Beim GöSa werden die Testsätze, auch als Nutzsignal bezeichnet, von vorne an den Probanden getragen. Der Störschall erscheint auf das schlechter hören-de Ohr, ergo im 90° Winkel zum Nutzsignal. Diese Anordnung von Nutzsignal und Störschall entspricht der festgelegten Norm. Eine aktuelle und exakte Kali-brierung der Lautsprecher beziehungsweise Kopfhörer in dB SPL ist unabding-bar. Prüfer und Proband befinden sich im gleichen, akustisch abgeschirmten Raum. Der Störpegel ist auf 65 dB SPL eingestellt. Verwendet wird in der Regel ein stationäres, sprachsimulierendes Rauschen, das aus einer Überlagerung der Sätze erstellt wurde. Dieses Rauschen wird auch „goenoise“ genannt. Ziel dieses Tests ist es, wie auch bei den anderen Sprachverständlichkeitstests, die Sprachverständlichkeitsschwelle zu ermitteln. Um eine exakte Abstufung des Störschalls zu garantieren, ist ein zweikanaliges Audiometer mit einer Pegelre-gulierung von je 1 dB Schritten von Nöten. Der Proband soll direkt im Anschluss an einen Satz, den jeweiligen Satz wiederholen. Der Prüfer notiert das Ergebnis direkt als richtig oder falsch. Je nach Verstehensleistung im vorangegangenen Satz erfolgt ein adaptives Vorgehen zur Einstellung des Sprachpegels. Vorteile dieses Verfahrens sind unter anderem die hohe Reproduzierbarkeit beim adap-tiven Verfahren sowie ein Wegfall von Trainingslisten und Übungssequenzen.

Hiermit zeigt sich der allgemeine Vorteil, dass dieser Test für den klinischen All-tag besser geeignet ist als beispielsweise der Oldenburger Satztest, welcher einer vorherigen Übung bedarf [54], [55]. Des Weiteren beschreiben Thiele et al. (2011), dass der GöSa bei 65 dB SPL eine Differenzierung des Hörvermö-gens bei unterschiedlich gut hörenden Probanden zulässt und durch seine hohe Genauigkeit besticht [31]. Allerdings ist dies auch ein Nachteil des Tests, da dieser eine hohe Präzision bei der Bestimmung der L50 Schwelle fordert, da schon geringe Änderungen der SNR einen großen Effekt auf die Verstehens-leistung haben [31]. Nachteilig ist anzusehen, dass die Ergebnisse aus den ver-schiedenen Sprachtests nicht direkt miteinander verglichen werden können und eine gewisse Kenntnis der Bezugswerte der jeweiligen Tests notwendig ist. Ne-ben dem Göttinger Satztest gibt es unter anderem noch den Oldenburger test sowie den HSM-Satztest (Hochmair Schulz Moser) [37]. Auf weitere Satz-tests soll hierbei im Detail nicht weiter eingegangen werden.

Abschließend ist zu sagen, dass der heute in Deutschland standardmäßig ein-gesetzte Freiburger Sprachtest nicht mehr aktuell und überholt ist. Er entspricht

zwar im Versuchsaufbau einer DIN Norm, allerdings gibt es inzwischen deutlich besser geeignete Sprachtests zur Feststellung einer Schwerhörigkeit. Die Er-neuerung der Vorschrift und somit der Austausch des Freiburger Einsilbertests ist wünschenswert. Ein neuer Test sollte ebenfalls durch eine DIN Norm stan-dardisiert sein und zudem sollte eine einfache Vergleichbarkeit mit anderen Tests möglich sein, ob direkt oder über eine Vergleichstabelle ist hierbei zweit-rangig.