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Prävalenz und Risikofaktoren für intramammäre Infektionen bei Färsen

3 Publikation II – Dry Period or Early Lactation – Time of Onset and Associated Risk Factors for Intramammary Infections in

4.2 Prävalenz und Risikofaktoren für intramammäre Infektionen bei Färsen

Eine Assoziation bestand zwischen einem erhöhten SCC in der ersten MLP nach dem Kalben und einer intramammären Infektion mit kuhassoziierten Erregern 17 ± 3 Tage postpartum (OR=1,00; 95 %-Konfidenzintervall=KI95=1-1,002). Bereits in den Studien von EBERHART et al. (1979) und DOHOO und LESLIE (1991) konnte ein Zusammenhang zwischen einem gesteigerten SCC und einem erhöhten Risiko für intramammäre Infektionen auch bei Kühen nachgewiesen werden. Außerdem steigt insbesondere das Risiko für subklinische Mastitiden in der Frühlaktation durch das Vorliegen einer intramammären Infektion mit kuhassoziierten Erregern (PIEPERS et al., 2010;COMPTON et al., 2007). Darüber hinaus konnten RUPP und BOICHARD (2000) zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit einer klinischen Mastitis bei Färsen steigt, wenn ein erhöhter SCC nach dem Kalben vorliegt und laut DE VLIEGHER et al. (2004) und COFFEY et al. (1986) haben Färsen mit einem geringeren SCC nach dem Kalben ein geringeres Risiko für subklinische Mastitiden während der gesamten Laktation. Es scheint zudem kein Störeinfluss zwischen dem erhöhten SCC 17 ± 3 postpartum in dieser vorliegenden Arbeit und einem physiologischen Anstieg des SCC postpartum zu geben. DE VLIEGHER et al. (2004) konnten bei dem Vergleich von SCC von Färsen zeigen, dass der SCC postpartum zwar physiologischerweise ansteigt, jedoch ab Tag

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fünf postpartum wieder abfällt und seinen tiefsten Wert 14 Tage nach dem Kalben erreicht.

Die Milchleistung in der ersten MLP nach dem Kalben ist assoziiert mit dem Auftreten von klinischen Mastitiden (OR=0,63; KI95=0,415-0,941), mit intramammären Infektionen mit umweltassoziierten Erregern (OR=0,88; KI95=0,793-0,983) und mit intramammären Infektionen mit NAS und Coryneformen (OR=1,08;

KI95=1,012-1,162). Eine hohe Einstiegsmilchleistung scheint das Risiko der Milchdrüse für klinische Mastitiden in den ersten 100 Tagen postpartum und intramammäre Infektionen mit umweltassoziierten Erregern zu reduzieren. Auf der anderen Seite scheint die hohe Einstiegsmilchleistung mit intramammären Infektionen mit NAS und Coryneformen vergesellschaftet zu sein. Frühere Studien zeigten bereits einen Zusammenhang zwischen einer hohen Milchleistung bei Kühen und Färsen und einer Infektion mit NAS (PIEPERS et al., 2010; COMPTON et al., 2007;

SCHUKKEN et al., 2009). Eine mögliche Erklärung könnte ein protektiver Effekt der intramammären Infektionen mit NAS gegenüber intramammären Infektionen mit anderen Erregern sein (PIEPERS et al., 2010). PIEPERS et al. (2010) nehmen zudem an, dass Tiere, bei denen eine intramammäre Infektion mit NAS nachgewiesen wurde, eine geringe Inzidenz für klinische Mastitiden haben und in Folge einen geringeren Abfall der Milchleistung, verglichen mit Tieren ohne intramammäre Infektion mit NAS. In einer anderen Arbeit vermuten PIEPERS et al. (2013) weniger klinische Mastitisfälle während der Laktation bei Färsen mit einer intramammären Infektion mit NAS während der Frühlaktation im Vergleich zu Tieren ohne intramammäre Infektion mit NAS. Des Weiteren beschreiben sie eine positive Abweichung der Milchleistung bei der MLP von 2,0 kg Milch pro Tag bei NAS-positiven gegenüber NAS-negativen Färsen infolge der intramammären Infektion. Dem gegenüber nehmen COMPTON et al. (2007) an, dass Kühe mit einer höheren Milchleistung anfälliger für intramammäre Infektionen mit NAS sein könnten, verglichen mit Tieren mit einer geringeren Milchleistung. Im Gegensatz dazu wiesen PICCARD et al.

(2015) eine geringere Milchleistung auf Viertelebene bei Vierteln mit intramammärer

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Infektion mit NAS im Vergleich zu nicht infizierten Vierteln nach, allerdings während der akuten Phase der Entzündung. Unter Berücksichtigung der genannten Studien, scheint es somit einen Zusammenhang zwischen einer Infektion mit NAS und Coryneformen drei Tage postpartum und der Milchleistung in der ersten MLP nach dem Kalben zu geben. Somit kann entweder eine Infektion einen Anstieg der Milchleistung mit sich bringen oder eine höhere Milchleistung wirkt prädisponierend für eine intramammäre Infektion.

Zudem konnte gezeigt werden, dass die Risiken einer Infektion mit umweltassoziierten Erregern 17 ± 3 Tage postpartum und einer klinischen Mastitis in den ersten 100 Tagen nach dem Kalben geringer ist bei Tieren mit einer höheren Milchleistung in der ersten MLP nach dem Kalben. Eine Erklärung könnte laut COMPTON et al. (2007) ein, bei hoher Milchleistung ebenfalls erhöhter, Flushingeffekt sein, der die Anzahl Erreger in der Milchdrüse reduziert und klinischen Mastitiden vorbeugt.

Es konnte zudem gezeigt werden, dass ein über den siebzehnten Tag nach dem Kalben anhaltendes Euterödem mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten einer intramammären Infektion mit NAS und Coryneformen drei Tage postpartum assoziiert ist (OR=4,27; KI95=1,392-13,093). 2011 konnten PIEPERS et al. ein moderat bis stark ausgeprägtes Euterödem als einen bedeutenden Risikofaktor für intramammäre Infektionen mit kuhassoziierten Erregern bei Färsen identifizieren und auch in den Arbeiten von SLETTBAKK et al. (1995), WAAGE et al. (2001) und COMPTON et al. (2007) konnte bei Färsen ein Zusammenhang zwischen Euterödemen und klinischen Mastitiden gezeigt werden. Eine mögliche Erklärung ist ein durch das Ödem hervorgerufener Defekt in der lokalen Blutzirkulation, einhergehend mit einer Beeinträchtigung der Immunantwort im Drüsengewebe des Euters. Auch die Entzündung selber stört die Zirkulation im Gewebe und verursacht ihrerseits ein Ödem. WAAGE et al. (2001) vermuten zudem ein steigendes Risiko für klinische Mastitiden aufgrund einer durch das Euterödem verursachten Milchleckage.

KRÖMKER et al. (2012) nehmen an, dass Färsen mit Euterödem ein erhöhtes Risiko für

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offene Zitzenkanäle vor der Kalbung haben. Hierdurch steigt das Risiko für intramammäre Infektionen an (KRÖMKER et al., 2009). HEINRICHS et al. (2009) konnten einen Zusammenhang zwischen Euterödemen um den Zeitpunkt der Kalbung herum und fütterungsbedingten Einflussfaktoren herstellen. COMPTON et al. (2007) zeigten eine erhöhte β-Hydroxybutyrat(BHBA)-Konzentrationen und einen höheren BCS-Verlust als Risikofaktoren für das Entstehen von Euterödemen auf. Auch in der aktuellen Arbeit konnte bei Färsen mit langanhaltendem Euterödem ein stärkerer Verlust an Körperkondition nach dem Kalben nachgewiesen werden als bei Tieren ohne Euterödem. CONSTABLE et al. (2018) haben einen erhöhten Blutfluss zur Milchdrüse kurz vor dem Kalben als den wichtigsten Faktor beim Entstehen von Euterödemen beschrieben. Je höher die Einstiegsmilchleistung nach dem Kalben ist, desto höher ist das Risiko für das Entstehen eines Ödems. Eine längere Zeitspanne, die die Gefäße zur Anpassung an den erhöhten Blutfluss mit Beginn der Milchproduktion brauchen, mündet in einem länger anhaltenden Ödem.

Ein Zusammenhang scheint zudem zwischen Erstkalbealter und intramammären Infektionen mit NAS und Coryneformen 17 ± 3 Tage postpartum (OR=1,25;

KI95=1,058-1,471) zu bestehen. Bereits WAAGE et al. (1998) wiesen diesen Zusammenhang zwischen steigendem Erstkalbealter und dem erhöhten Risiko für das Entstehen einer Mastitis nach. Zudem konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass mit steigendem Erstkalbealter auch der BCS der Färsen anstieg, verglichen mit Tieren, die mit einem jüngeren Alter gekalbt haben. Diese Ergebnisse stimmen mit einer Studie überein, die einen Zusammenhang zwischen einem hohen BCS vor dem Kalben bei Kühen und einem erhöhten Risiko für intramammäre Infektionen postpartum aufzeigen konnten (LEELAHAPOGSATHON et al., 2016). VALDE

et al. (2007) beschreiben zudem, dass Herden mit einem geringeren durchschnittlichen BCS in den letzten Monaten vor dem Kalben eine geringere Mastitisinzidenz hatten. In der aktuellen Arbeit wiesen Färsen mit einem höheren BCS vor dem Kalben einen größeren Verlust an Körperkondition nach dem Kalben auf als Tiere mit einem geringeren BCS vor dem Kalben. HILLREINER et al. (2016)

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führen eine erhöhte BHBA Konzentration während einer Phase mit negativer Energiebilanz als eine mögliche Ursache für eine erhöhte Mastitisanfälligkeit in der Frühlaktation bei Kühen an. Grund hierfür ist die Beeinträchtigung der angeborenen Immunantwort in der Milchdrüse.

Es konnte gezeigt werden, dass ein häufiger Abfall des Melkzeugs, verursacht durch Abtreten seitens der Färse, mit damit verbundenem plötzlichem Vakuumeinbruch, mit Neuinfektionen zwischen Tag drei und Tag siebzehn postpartum assoziiert ist (OR=2,63; KI95=1,091-6,350). Auch THOMPSON et al. (1978) haben die Folgen eines plötzlichen Vakuumverlust während des Milchentzugs bereits als Risikofaktor für intramammäre Infektionen beschrieben. Sie haben Zitzen während des Melkens durch das Abziehen des langen Milchschlauches von der Melkmaschine hohen Vakuumschwankungen und plötzlichen Vakuumverlusten ausgesetzt. Zusätzlich haben sie an den Zitzen starke Erregerkontaminationen während des Melkens erzeugt. In der Folge kam es bei diesen Vierteln zu einem Anstieg der intramammären Infektionen im Vergleich zu den Kontrollvierteln. Als mögliche Erklärung geben sie einen durch den plötzlichen Vakuumverlust entstehenden schnellen Luftstrom in Richtung der Zitzenspitze an. Eine mögliche Ursache für das Abtreten des Melkzeugs ist das individuelle Temperament der Färsen. Dieses kann durch die Gewöhnung der Tiere an den Melkstand und die Melkroutine beeinflusst werden. KUTZNER et al. (2015) haben Färsen für mindestens zehn Tage vor dem Kalben an die Melkroutine gewöhnt und diese Tiere zeigten postpartum weniger Schritte und Tritte während der Vorbereitung des Euters im Vergleich zu Tieren, die nicht an die Prozedur gewöhnt wurden. Frühere Studien von SZENTLÉLEKI et al. (2015) bestätigten diese Unterschiede zwischen den individuellen Temperamenten von Milchkühen und ihrem Melkverhalten und kategorisierten das Verhalten basierend auf Schritten, Tritten und Beinbewegungen, sodass diese Reaktionen als individuelles Melktemperament beschrieben werden kann. Auch das Melkpersonal nimmt einen großen Einfluss auf das Abschlagen des Melkzeugs und den Verlust einzelner Zitzenbecher oder des gesamten Melkzeugs.

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Dies ist auf die unterschiedlichen Verhaltensweisen der Tiere als eine Reaktion auf die Art der Behandlung durch das Melkpersonal zurückzuführen (HOFFMANN et al., 2016). HICKMAN (1964) beschrieb zudem einen Zusammenhang zwischen Zitzenform und –durchmesser und der Mastitisinzidenz. Er konnte eine positive Korrelation zwischen zylindrischen Zitzen und Zitzen mit einem größeren Durchmesser und der Mastitisinzidenz aufzeigen. In der vorliegenden Studie konnten Zusammenhänge zwischen Euterödemen, Abfallen des Melkzeugs und Neuinfektionen nachgewiesen werden. Da ödematöse Zitzen zylindrisch erscheinen und einen größeren Durchmesser verglichen mit nichtödematösen Zitzen haben, könnten sie aufgrund dessen bei einem Treten der Färsen gefährdeter für einen Abfall des Melkzeugs sein, was in vermehrten Infektionen der Milchdrüsen mündet. Allerdings füllen ödematöse Zitzen das Zitzengummi besser aus als nicht ödematisierte Zitzen, was ein Abfallen des Melkzeugs erschwert.

Um die Eutergesundheit von Färsen im geburtsnahen Zeitraum zu verbessern, sollte durch ein optimales Management im Betrieb ein geringeres Erstkalbealter angestrebt werden. Je älter die Färsen bei der ersten Kalbung sind, desto höher ist das Risiko, eine intramammäre Infektion mit NAS und Coryneformenen 17 ± 3 Tage nach dem Kalben zu entwickeln. Da es einen Risikofaktor für Neuinfektionen der Milchdrüse zwischen Tag 3 ± 1 und Tag 17 ± 3 postpartum darstellt, sollte zudem das Abschlagen des Melkzeugs während des Milchentzuges vermieden werden. Dies ist durch angepasste Melktechnik und einen ruhigen Umgang mit den Tieren zu erreichen. Eine hohe Einstiegsmilchleistung steht im Zusammenhang mit einer Verringerung intramammärer Infektionen mit umweltassoziierten Erregern und klinischen Mastitiden. Jedoch fördert eine hohe Einstiegsmilchleistung auch die Entwicklung von Euterödemen und somit erhöht sich das Risiko intramammärer Infektionen mit NAS und Coryneformen. Somit muss hier ein Mittelweg gefunden werden. Eine hohe Einstiegsmilchleistung ohne das Ausbilden von Ödemen sollte erzielt werden. Treten verstärkt Ödeme auf, kann über eine Anpassung der Anfütterung die Leistung der Tiere reduziert werden. So wird den Gefäßen die

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benötigte Zeit zur Anpassung an den gesteigerten Blutfluss zur Milchdrüse verschafft. Ein erhöhter SCC in der ersten MLP nach dem Kalben steigert das Risiko für intramammäre Infektionen mit kuhassoziierten Erregern 17 ± 3 Tage postpartum.