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Aus den Resultaten der vorhergehenden Kapitel ergibt sich für die Schweiz bis 2050 ein totales Aus-baupotenzial der Wasserkraft von -60 bis 1’560 GWh/a. Ausgehend von der mittleren Nettoproduktion per 1.1.19 von 35‘990 GWh/a ergibt dies eine erwartete Produktion für das Jahr 2050 von 35’930 bis 37’550 GWh/a. Die Tabelle 6 zeigt einen Überblick über die Potenziale.

Heutige (2019)

Nutzungsbedingungen Optimierte (2019) Nutzungsbedingungen

Neue Grosswasserkraft (GWK) 760 1’380

Erneuerungen und Erweiterungen GWK 970 1’530

Kleinwasserkraft (Neu, Ern. u. Erw.) 460 770

Wegfall Kleinwasserkraft -350 -220

Restwasser -1’900 -1’900

Total Wasserkraftpotenzial -60 1’560

Tabelle 7 – Total Wasserkraftpotenzial bis 2050 per 1. Januar 2019 in GWh/a

27/31 In der Studie 2012 resultierte ein totales Wasserkraftpotenzial bis 2050 von 1‘530 bis 3‘160 GWh/a.

Ausgehend von der damaligen mittleren Produktionserwartung (35‘350 GWh/a) ergab dies eine erwar-tete Produktion von 36’880 bis 38‘510 GWh/a.

8 Fazit

Wie aus nachfolgender Tabelle1 ersichtlich ist, hat sich im Vergleich zur Studie 2012 das erwartete Potenzial bis 2050 bei optimierter Nutzungsbedingungen um rund 1’600 GWh/a reduziert, in Folge der von 2012 bis 2019 erreichten Mehrproduktion29 von 640 GWh/a beträgt die effektive Differenz 960 GWh/a. Allerdings konnte das Potenzial, welches aus Projekten resultiert, die aus Vertraulichkeitsgrün-den nicht offengelegt wurVertraulichkeitsgrün-den, bei der Abschätzung nicht berücksichtigt werVertraulichkeitsgrün-den. Es ist zu vermuten, dass das tatsächliche Potenzial um mehrere hundert Gigawattstunden Jahresproduktion höher sein dürfte als die im vorliegenden Bericht ausgewiesenen Zahlen.

Für die Reduktion verantwortlich ist in erster Linie der Wegfall von Potenzial bei der Kleinwasserkraft sowie die Neueinschätzung der Produktionseinbussen durch die Restwasserbestimmungen:

• In der Studie 2012 wurde das Ausbaupotenzial bis 2050 im Bereich der Kleinwasserkraft noch auf 1'600 GWh/a geschätzt. Neu schätzt das BFE das Potenzial unter optimierten Nutzungsbe-dingungen auf 770 GWh/a. Der Grund liegt in der Befristung des Einspeisevergütungssystems.

Diese hat den Effekt, dass viele Kleinwasserkraftvorhaben, die heute auf der Warteliste stehen, aufgrund der jährlich beschränkt zur Verfügung stehenden Fördergelder (Deckelung bei 2.3 Rp/kWh) kaum je umgesetzt werden. Hinzu kommt, dass seit Januar 2018 neue Kleinwas-serkraftanlagen unter einer Leistung von 1 MW nicht mehr gefördert werden.

• Die hochgerechneten Produktionseinbussen infolge Restwasserbestimmungen sind gegenüber 2012 von 1'400 GWh/a um 500 GWh/a auf 1'900 GWh/a angestiegen. Da die Datengrundlage für die aktuelle Analyse mit 107 untersuchten Konzessionen nur einen kleinen Teil der bis 2050 ab-laufenden Konzessionen umfasst, wird eine künftige Analyse zur Minderproduktion belastbarere Aussagen machen können.

• Weiter geht das BFE davon aus, dass nach Ablauf der Vergütungsdauer der Einspeisevergütung sowie der Investitionsbeiträge für die Kleinwasserkraft bis 2050 weitere 220 GWh/a wegfallen werden, da diese Werke ohne Unterstützung nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Unter anderem fehlen ihnen die Mittel, um umfassende Erneuerungsinvestitionen zu finanzieren.

Bei der Grosswasserkraft ergibt sich folgendes Bild:

• Das Ausbaupotenzial der Neubauten bei der Grosswasserkraft wurde anhand einer Liste von 27 konkreten Projekten abgeschätzt, die bereits 2012 bekannt waren. Für die Berechnung des Po-tenzials unter optimierten Nutzungsbedingungen wurde unter Berücksichtigung aller Rückmel-dungen der relevanten Akteure (Kantone, Umweltverbände, Wasserwirtschaft) die Realisierungs-wahrscheinlichkeit jedes einzelnen Projektes auf der Liste um 25 Prozentpunkte angehoben. Ins-gesamt ergibt sich damit bis 2050 unter optimierten Nutzungsbedingungen ein Potenzial in der Grössenordnung aus der Studie 2012 (2012: 1'430 GWh/a; 2019: 1'380 GWh/a).

29 Die Mehrproduktion resultiert aus Erneuerungen und Erweiterungen von bestehenden Anlagen und aus neu erstellten Anlagen in der Zeit von 1.1.2012 bis 1.1.2019.

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• Das Potenzial im Zusammenhang mit Erweiterungen und Erneuerungen bestehender Grosswas-serkraftwerke hat sich gegenüber dem Jahr 2012 nicht verändert (1'530 GWh/a).

Optimierte (2012)

Nutzungsbedingungen Optimierte (2019) Nutzungsbedingungen

Neue Grosswasserkraft (GWK) 1’430 1’380

Erneuerungen und Erweiterungen GWK 1’530 1’530

Kleinwasserkraft (Neu, Ern. u. Erw.) 1’600 770

Wegfall Kleinwasserkraft 0 -220

Restwasser -1’400 -1’900

Total Wasserkraftpotenzial 3’160 1’560

Zubau Wasserkraftproduktion zwischen

1.1.2012 und 1.1.2019 640

Neue Gletscherseen30 700

Tabelle 8 – Vergleich Total Wasserkraftpotenzial bis 2050 in den Studien 2012 und 2019 (in GWh/a). Ein Vergleich der Potenziale zeigt unter Berücksichtigung des Zubaus seit 1.1.2012 einen Rückgang um 960 GWh/a. Weiter ist zu beachten, dass das Potenzial von neuen Gletscherseen (siehe Kap. 7.8 Klimawandel und neue Gletscherseen) von rund 700 GWh/a in der Darstellung «Optimierte (2019) Nutzungsbedingungen» nicht berücksichtigt wurde.

Ebenfalls nicht berücksichtigt wurde das Potenzial, welches aus Projekten resultiert, die aus Vertraulichkeitsgrün-den nicht offengelegt wurVertraulichkeitsgrün-den. Es ist zu vermuten, dass das oben ausgewiesene Potenzial 2019 um mehrere hun-dert Gigawattstunden Jahresproduktion höher sein dürfte.

Aufgrund der voranstehenden Ausführungen und unter Vorbehalt des von der Branche nicht ausgewie-senen Potenzials lässt sich damit folgendes Fazit ziehen:

1. Weitere Anstrengungen sind unabdingbar.

Zur Erreichung der Ausbaurichtwerte ist es zum einen wichtig, dass die Strombranche ihre Ver-antwortung für die Versorgungssicherheit wahrnimmt und mittels Investitionen in neue Projekte und der Modernisierung bestehender Anlagen ihren Teil zum Umbau des Schweizer Energiesys-tems beiträgt. Zum anderen sind weitere Anstrengungen in der Lösung des Interessenkonflikts zwischen der Nutzung der Wasserkraft und dem Schutz der Gewässer zu unternehmen, so dass ein nachhaltiger Ausbau der Wasserkraft erfolgen kann.

2. Der im Artikel 2 EnG festgelegte Richtwert bis 2035 ist Stand heute erreichbar.

Allerdings muss dazu fast das gesamte bis 2050 ausgewiesene Potenzial bereits bis 2035 reali-siert werden. Gemäss Monitoring-Bericht zur Energiestrategie 2050 des BFE betrug 2017 der Nettoausbau gegenüber dem Vorjahr 55 GWh, seit 2011 lag er im Durchschnitt bei 87 GWh pro

30 Rechnet man die zurzeit geeignetsten Gletscherseen beziehungsweise Wasserkraftanalagen an Gletscherrückzugsorten dazu, erhöht sich das Potenzial um weitere ca. 700 GWh/a. Teilweise liegen die Standorte aber in Schutzgebieten, weshalb hier eine proaktive Schutz-Nutzungsplanung sinnvoll wäre.

29/31 Jahr. Um den Richtwert im Jahr 2035 zu erreichen, ist in den kommenden Jahren ein Netto-Ausbau von durchschnittlich 85 GWh pro Jahr nötig.

3. Der in der Botschaft zur Energiestrategie 2050 postulierte Aus- bzw. Zubau bei der Wasserkraft bis 2050 bleibt aufgrund der vorliegenden Analyse unklar.

In der Analyse nicht berücksichtigt wurde einerseits das Potenzial von neuen Gletscherseen (rund 700 GWh/a) sowie das Potenzial von Projekten, die aus Vertraulichkeitsgründen nicht offengelegt wurden. Das ausgewiesene Potenzial bis 2050 könnte dadurch um mehrere hundert Gigawattstunden Jahresproduktion höher sein. Der Ausbau dieses Potenzials wird jedoch massgeblich von der Entwicklung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die heimische Wasserkraft abhängen. Steigende Strom- und CO2-Preise an den internationalen Börsen und Emissionshandelssystemen erhöhen die Rentabilität der Wasserkraftanlagen und ermöglichen die nötigen Investitionen in den Zu- und Ausbau der Produktionskapazitäten.

Positiv tragen dazu die seit 2016 gestiegenen Marktpreise für die Wasserkraft sowie die bis 2030 zur Verfügung stehenden Investitionsbeiträge für den Ausbau der Schweizer Wasserkraft von insgesamt 700 Millionen Franken bei.

4. Im Vergleich zur Studie 2012 fallen Potenziale bei der Kleinwasserkraft weg.

Dies aufgrund des neuen Fördersystems, das seit Inkrafttreten des revidierten Energiegesetzes im Jahr 2018 gültig ist. Hier sind Kantone und Gemeinden sowie die Branche gleichermassen gefordert, Lösungsvorschläge zu erarbeiten bzw. Investitionen zu tätigen, damit das vorhandene Potenzial bei der Kleinwasserkraft abgeholt werden kann.

5. Die zu erwartenden Produktionseinbussen infolge Restwasserauflagen haben sich gegenüber 2012 erhöht.

Die Auswertung des gegenüber 2012 grösseren Datensatzes zeigt um 500 GWh/a höhere hoch-gerechnete Produktionseinbussen. Potenzielle Produktionseinbussen auf Grund der Sanierung Wasserkraft (Schwall-Sunk, Fischgängigkeit und Geschiebe) sind zudem noch nicht in die Beur-teilung eingeflossen.

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9 Literatur

BAFU (2019, in Vorbereitung): Effektive Auswirkungen 1992 – 2017 der Restwasservorschriften auf die Produktion

BFE (2007). Elektrizität aus Wasserkraft. In: Die Energieperspektiven 2035 – Band 4, Exkurse, S. 101-115.

BFE (2012). Wasserkraftpotenzial der Schweiz, Abschätzung des Ausbaupotenzials der Wasserkraft-nutzung im Rahmen der Energiestrategie 2050.

Ehrbar, D., Schmocker, L., Vetsch, D., & Boes, R. (2018). Hydropower potential in the periglacial envi-ronment of Switzerland under climate change. Sustainability, 10(8), 2794.

Hänggi, P., & Weingartner, R. (2011). Auswirkungen der Klimaänderung auf die Wasserkraftnutzung in der Schweiz 2021-2050-Hochrechnung. Wasser Energie Luft, 103(4), 300-307.

Kummer, M. (2002). Energieminderproduktion bei Wasserkraftwerken aufgrund der Restwasserbestim-mungen im Gewässerschutzgesetz/GSchG.

Molinari, P., & Bernegger, W. (2011). Alternative Wege zur Erhöhung der Produktion aus Wasserkraft:

Überlegungen zu Potenzial und Kosten einer Vergrösserung von Druckstollen am Beispiel von Ova Spin – Pradella. In: Bulletin SEV/VSE, 12/2011, S. 8-11.

Pfammatter, R., Semadeni Wicki, N. (2018) Energieeinbussen aus Restwasserbestimmungen – Stand und Ausblick. SWV, Wasser Energie Luft – 110(4), 233-246.

Schaefli, B., Manso, P., Fischer, M., Huss, M. & Farinotti, D. (2019). The role of glacier retreat for Swiss hydropower production. Renewable energy, 132, 615-627.

Schleiss, A. (2012). Talsperrenerhöhungen in der Schweiz: energiewirtschaftliche Bedeutung und Randbedingungen.

UREK-S (2008). Parlamentarische Initiative Schutz und Nutzung der Gewässer, Vorentwurf und erläu-ternder Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates, vom 18. April 2008 (07.492).

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Heutige (2018)

Nutzungsbedingungen Optimierte (2018) Nutzungsbedingungen Projektbezeichnung Kanton GWh/a RWK

Erwartungs-wert RWK Erwartungs-wert

1 Wynau 2. Etappe AG/BE/SO 44 31% 14 56% 25

2 KW Koblenz* AG/D 155 0% 0 25% 39

3 Jaberg-Kiesen / Aare Thun-Bern BE 58 0% 0 25% 15

4 Trift BE 145 50% 73 75% 109

5 Schiffenen–Murten FR 158 25% 40 50% 79

6 Barrage de Conflan* GE 60 13% 8 38% 23

7 (Sils)-Rothenbrunnen-Reichenau GR 150 13% 19 38% 56

8 Ilanz-Reichenau GR 150 13% 19 38% 56

9 Küblis-Landquart (Chlus) GR 214 88% 187 100% 214

10 Litzirüti-Pradapunt GR 63 38% 24 63% 39

11 Martina-Prutz* GR 58 100% 58 100% 58

12 Naz-Bergün GR 64 13% 8 38% 24

13 Roveredo GR 101 13% 13 38% 38

14 Überleitung Lugnez GR 80 38% 30 63% 50

15 Val Curciusa GR 34 13% 4 38% 13

16 Ems-Mastrils GR/SG 150 13% 19 38% 56

17 Rhein-KW Oberriet-Widnau* SG (A) 115 0% 0 25% 29

18 KW am Alpenrhein* SG/FL 81 13% 10 38% 30

19 Rheinfallkraftwerk Neuhausen* SH/ZH 60 38% 23 63% 38

20 Val d'Ambra TI 135 63% 84 88% 118

21 Massongex-Bex-Rhône VD/VS 75 63% 47 88% 66

22 Adduction de Zinal VS 90 0% 0 25% 23

23 Palier d'lllarsaz VS 90 0% 0 25% 23

24 Oberaletsch / Gebidem VS 103 38% 39 63% 64

25 Lavey+ VS 75 38% 28 63% 47

26 EES+ VS 35 13% 4 38% 13

27 GD – Gornera supérieure VS 100 13% 13 38% 38

Total Projekte 2'643 761 1'380

RWK = Realisierungswahrscheinlichkeit

* Bei Grenzkraftwerken ist jeweils nur der Schweizer Produktionsanteil berücksichtigt.