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Welches Potential haben Schweizer Böden (landwirtschaftlich genutzte Böden, Waldböden, städtische

Pflanzen-kohle, ohne die Bodenfruchtbarkeit zu gefährden?

Wie in Kapitel 4.3 dargelegt, ist keine maximale Applikationsmenge für PK zu erkennen, oberhalb derer die Boden-fruchtbarkeit gefährdet würde. Bei jährlichen Applikationsmengen von 0,5 – 1 t pro Hektar und Jahr würden, wenn im Jahr 2021 damit begonnen würde, im Jahr 2050 lediglich Gesamtmengen von 15 bis 30 t/ha erreicht. Dies ent-spräche 0,3 bis 0,6% des durchschnittlichen Oberbodengewichts (oberste 35 cm) und würde bei einem durchschnitt-lichen Gehalt an OBS von 5% bedeuten, dass [0,3% * 70% C / (5%*1,72 C) =] 7 – 14% des Bodenkohlenstoffs pyrogenen Ursprungs wäre.

Geht man davon aus, dass der Bodenkohlenstoff zwar im globalen Durchschnitt zu 14% aus natürlichem pyrogenen Kohlenstoff (PyC) besteht, in Mitteleuropa jedoch nur zu durchschnittlich 6% (Reisser et al., 2016), so würde in der Schweiz die jährliche Applikation von 0,5 – 1 t/ha für 30 Jahre den PyC-Gehalt des Bodenkohlenstoffs lediglich in einem Masse erhöhen, dass er dem globalen Durchschnitt entsprechen würde. Beachtet man ferner, dass Mass-nahmen zum Aufbau der OBS durch die Applikation von PK gefördert werden und der OBS-Gehalt mit pflanzenkohle-basierter Düngung steigt (Kap. 3.8), so würde dementsprechend der prozentuale PyC-Anteil an der OBS weniger stark zunehmen. Der natürliche PyC-Anteil kann bis über 50% des SOC-Gehaltes betragen. Es ist nicht überliefert, dass diese extrem hohen PyC-Anteile sich negativ auf die Produktivität der Fläche ausgewirkt hätten. In Kap. 4.1 wurde dargelegt, dass auf alten Köhlerstandorten Böden in Belgien mit über 100 t PK/ha entstanden sind, deren Produktivität die der Nachbarflächen um über 20% übertrifft (Kerré et al., 2017).

Basierend auf den hier zusammengefassten Daten und basierend auf einem starken wissenschaftlichen Konsens (siehe Kap. 3) kann mit sehr hoher Sicherheit davon ausgegangen werden, dass jährliche Applikationsmengen von 0,5 – 1 t/ha über einen Zeitraum von 30 Jahren oder ein- bis mehrmalige Applikationen von 30 t/ha keine negativen Auswirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit haben würden (siehe Kap. 5). Die Menge von 30 t/ha beinhaltet eine sehr hohe Sicherheitsmarge, da es viele wissenschaftlich gut dokumentierte Beispiele dafür gibt, wie auch grosse Mengen pyrogenen Kohlenstoffs (> 100 t/ha, siehe Kap. 3) die Bodenfruchtbarkeit fördern, auf keinen Fall aber verschlech-tern.

Geht man im Ackerbau, in der Weide- und Almwirtschaft, Forst und im Obst-, Reb-, und Gartenbau von durchschnitt-lichen Applikationsmengen von 1 t pro Hektar und Jahr aus und auf unversiegelten Siedlungsflächen von jährlich 2 t/ha; und nimmt man ferner an, dass nur 30% des Forsts und 70% der Almen und urbanen Flächen, aber 80 bis 90%

des Ackerlands und der Weiden mit pflanzenkohle-basierter Düngung aufgewertet werden, so ergibt sich für die Schweiz ein jährlicher bodenbasierter Aufbau von Kohlenstoffsenken in Höhe von 3,9 Mt CO2eq (Tab. 5b). Um diese Menge zu erreichen, würden allerdings 7,4 Mt Biomasse (TS) benötigt, was, wie oben dargelegt, zwar theoretisch möglich wäre, die derzeitig ökonomisch und legal verfügbaren Biomassen um einen Faktor von 2,5 übersteigt (siehe Kap. 7). Mit den derzeit nach (Thees et al., 2017) verfügbaren Biomassen von 3 Mt könnten nur deutlich weniger Flächen mit geringeren Mengen PK versorgt werden, was ein Gesamtpotential an C-Senken von nur 1,5 Mt CO2eq ergäbe (Tab. 5a)

Die C-Senken-Werte von 3,9 Mt bzw. 1,5 Mt CO2eq entsprechen knapp 8,2% bzw. 3,3% der CO2eq-Emissionen der Schweiz vom Jahre 2017. Werden die Emissionen der Schweiz bis 2050 wie geplant um 90% gesenkt, so könnte die C-Senken-Leistung der jährlichen PK-Applikation in der Land- und Forstwirtschaft sowie auf urbanen Flächen 82% bzw. 33% der gesamten noch verbleibenden CO2eq-Emissionen kompensieren (Tab. 5).

Agroscope Science | Nr. 112 / 2021 44 Die Biomasse, die für den jährlichen Aufbau dieser C-Senkenleistung benötigt würde (7,4 bzw. 3 Mt TS) könnte, wie in Kap. 7 dargelegt, aus landwirtschaftlichen Sekundär- und Biorecyclingprodukten in der Schweiz gewonnen wer-den. Die tatsächlich verfügbaren Biomassemengen hängen von den in Kap. 7 beschriebenen wirtschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen ab.

Würde allerdings nicht nur das feste Pyrolyseprodukt (PK), sondern auch das entstehende Pyrolyseöl für geologische Senken oder für Materialien wie z.B. Asphalt verwendet, so dass der enthaltene Kohlenstoff sequestriert bleibt, so erhöht sich die Kohlenstoffeffizienz der Pyrolyse auf bis zu 70% (Schmidt et al., 2019a, Werner et al., 2018). In dem Fall könnten zusätzlich zur agronomischen Anwendung der PK zusätzliche C-Senken durch Nutzung in Materialien (Ersatz von fossilem C) oder in geologischen Lagerstatten geschaffen werden. Diese Methode wird «pyrogenic car-bon capture and storage», kurz PyCCS, genannt (Schmidt et al., 2019a). Das schweizerische PyCCS-Gesamtpo-tential liegt zwischen 3,9 und 9,5 Mt CO2eq je nach den verfügbar gehaltenen Biomassen (Tab. 5).

Agroscope Science | Nr. 112 / 2021 45 Tab. 5: C-Senken-Potential für landapplizierte PK und Gesamt-PyCCS-Potential für sekundäre Biomassen in der Schweiz. Das obere Szenario (5a) basiert auf den nach Thees et al. (2017) verfügbaren Biomassen der Schweiz. Das untere Szenario (5b) ist ein Maximal-Szenario, das auf maximal verfügbaren Biomassen nach Tab.

4 beruht. Die Flächendaten basieren auf Daten des Statistischen Bundesamts (Statistischen Atlas der Schweiz 2009-2020). Die Flächenanteile und mittlere Applikati-onsmengen sind Expertenschätzungen. Das C-Senken-Potential beruht auf Durchschnittswerten des EBC für vergleichbare PKn. Das PyCCS-Potential wurde berech-net nach Schmidt et al. (2019a). Die Senken-Emissions-Verhältnis) ist das Verhältnis der CO2eq-Emissionen zur Gesamtmenge der geschaffenen CO2eq-Senke im Vergleichszeitraum (2020 bzw. 2050), bezogen hier auf die CO2eq-Emissionen von 47,2 Millionen t pro Jahr für 2020 und 10% dieses Wertes für 2050 (entsprechend den Klimazielen des Bundesrates).

PyCCS-Szenario Schweiz basierend auf einer Biomasse-Verfügbarkeit von 3 Mt(TS) pro Jahr

Fläche in ha

Schweiz 2'890'600 671'292 3'038'363 3'020'814 1'550'889 46'526'663 3'899'233

Agroscope Science | Nr. 112 / 2021 46 Maximum PyCCS-Szenario basierend auf einer Biomasse-Verfügbarkeit von 7,4 Mt(TS) pro Jahr

Fläche in ha

Gesamt 2'890'600 1'663'633 7'429'180 7'486'348 3'882'764 116'482'915 9'534'114

Agroscope Science | Nr. 112 / 2021 47

8.2 Welches weitere Einsparungspotential an landwirtschaftlichen