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2.6 Physik mit IceCube

Der Ursprung kosmischer Strahlung ist bisher ungekl¨art. Ihre Energiever-teilung ist allerdings im Bereich von einigen GeV bis zu mehreren 100 EeV vermessen und folgt einem Potenzgesetz

dN/dE =E−γ. (2.7)

Abweichungen gibt es, wie in Abbildung 2.6 zu sehen ist, bei 107 GeV dem sogenannten Knie und f¨ur Energien ab etwa 1011 GeV entweder durch den GZK-Effekt oder durch eine Energiebegrenzung kosmischer Beschleuniger.

Beim Knie der kosmischen Strahlung ¨andert sich γ leicht von etwa 2.7 auf 3 und flacht bei etwa 109 GeV wieder ab [7]. Mit dem Nachweis hochenergetis-cher kosmishochenergetis-cher Neutrinos soll IceCube weitere Aufschl¨usse ¨uber die Quellen dieser Strahlung liefern und das Spektrum dieser Neutrinos vermessen.

Des weiteren ist es m¨oglich mit IceCube Themen wie die Suche nach Dunkler Materie und die Suche nach Physik außerhalb des Standartmodells ab zu decken. Das folgende Kapitel soll einen groben ¨Uberblick ¨uber die Forschung mit IceCube geben.

2.6.1 Messung des diffusen Neutrinoflusses

Modelle f¨ur kosmische Beschleuniger sagen das Auftreten von hochenergetis-chen Neurtinos voraus. Die diffuse Analyse versucht diesen Neutrinofluss zu messen oder Limits f¨ur die Existenz solcher Neutrinoenergien zu setzen. Es wird erwartet, dass das Energiespektrum ¨ahnlich wie das der geladenen kos-mischen Strahlung einem Potenzgesetz mit einemγ von etwa 2,0 folgt. Bisher konnten nur Limits auf den Neutrinofluss angegeben werden [9]. Den gr¨oßten Untergrund f¨ur diese Messung bilden abw¨artslaufende Myonen und Neutri-nos, die durch Wechselwirkung kosmischer Strahlung mit der Atmosph¨are entstehen.

2.6.2 Neutrinos aus extragalaktischen Punktquellen

Neben Zerf¨allen sehr schwerer Teilchen (Top-Down Szenario), die als Ursache kosmische Strahlung gr¨oßtenteils experimentell ausgeschlossen sind [10], kom-men als Quellen f¨ur hochenergetische kosmische Teilchen auch relativistis-che Schockfronten in Frage. In diesen k¨onnen die Teilrelativistis-chen an Magnetfeldern gestreut und dadurch beschleunigt werden. Dieser Prozess heißt Fermibeschle-unigung [11]. H¨ochste Energien werden nur durch die FermibeschleFermibeschle-unigung erster Ordnung erreicht. Schockfronten, die dazu energiereich genug sind, kommen nach heutigem Wissensstand nur bei folgenden Objekten vor:

Abbildung 2.6:Spektrum der auf der Erde messbaren kosmischen Strahlung.

[8]

• AGN (Active Galactic Nuclei) [12] [13] sind zentrale schwarze L¨ocher von Galaxien, die umgebende Materie aufnehmen. Diese supermassiv-en schwarzsupermassiv-en L¨ocher habsupermassiv-en Masssupermassiv-en in der Gr¨oßsupermassiv-enordnung von 106 bis 109 Sonnenmassen. Bei der Aufnahme von Materie entsteht um das schwarze Loch herum eine Scheibe aus heißer Materie und ein Jet der senkrecht dazu verl¨auft. In diesen relativistischen Jets sollte Fermi Beschleunigung zweiter Ordnung m¨oglich sein.

• GRB (GammaRayBurst) [14] sind einige Sekunden lange sehr heftige Gammastrahlungsausbr¨uche, deren Ursache noch nicht gekl¨art ist. Eine m¨ogliche Ursache w¨aren Supernovae massereicher Sterne (M >= 20M), die direkt zu einem schwarzen Loch kollabieren.

2.6 Physik mit IceCube 13

W¨ahrend Neutrinos aus GRB aufgrund ihrer begrenzten Dauer nur in Ver-bindung mit der Messung der von den GRB ausgehenden Gammastrahlung nachgewiesen werden k¨onnen, bilden die meisten AGN eine zeitlich konstante Punktquelle am Himmel, die mit IceCube nachweisbar sein sollte. Bei AGN kann es aber auch zu sogenannten ”Flares” kommen, bei denen sich deren Helligkeit f¨ur kurze Zeit verst¨arkt. F¨ur den Nachweis dieser Punktquellen ist die Winkelaufl¨osung des Detektors und somit auch die Richtungsrekon-struktion der einkommenden Neutrinos von besonderer Bedeutung, da die Richtung der Neutrinos f¨ur die Zuordnung zu einer einzelnen Punktquelle entscheidend ist und Atmosph¨arischer Untergrund bei guter Kenntnis der Spurrichtung besser erkannt werden kann.

2.6.3 Neutrinos aus galaktischen Punktquellen

Auch in der Galaxis gibt es Beschleuniger, die Teilchen bis in die PeV Region beschleunigen k¨onnen. Kandidaten daf¨ur sind

• Supernova ¨Uberreste [15]: Die bei einer Supernova abgestoßene H¨ulle bewegt sich mit einer h¨oheren Geschwindigkeit als die Schallgeschwin-digkeit im interstellaren Medium und bildet damit eine Schockfront in der Fermibeschleunigung statt finden kann. Diese kann Teilchen auf Energien bis zu 100 TeV bringen.

• Mikroquasare [16,17]: Mikroquasare sind stellare schwarze L¨ocher oder Neutronensterne, die in direkter N¨ahe einen Partnerstern besitzen, wel-cher ihnen konstant Masse zuf¨uhrt. Dies f¨uhrt zur Bildung einer Akkre-tionsscheibe und einem dazu senkrechten Jet. Deren Intensit¨at h¨angt von der Akkretierungsrate des Quasars ab. Innerhalb des Jets k¨onnen Teilchen auf mehrere TeV beschleunigt werden.

• Neutronensterne [18], [19] :Innerhalb von jungen Supernova ¨Uberresten in deren Kern sich ein Neutronenstern befindet k¨onnen Teilchen durch magnetische Dipolstrahlung auf Energien von bis zu 1 PeV beschleu-nigt werden. Außerdem erzeugen diese Pulsare ein starkes elektrisches Feld, in dem Teilchen ebenfalls auf h¨ochste Energien gebracht werden k¨onnen.

Der Neutrinofluss, der von diesen Quellen ausgeht, sollte mit dem bereits gemessenen Teilchenfluss korreliert sein und ebenfalls einem Potenzgesetz folgen.

2.6.4 Suche nach Dunkler Materie

Auch wenn es viele Hinweise auf die Existenz dunkler Materie durch den Gravitationslinseneffekt [20], den kosmischen Mikrowellenhintergrund [21]

und den Rotationskurven von Galaxien [22, 23] gibt, existiert bisher noch kein teilchenphysikalischer Nachweis. Handelt es sich bei dunkler Materie um Teilchen die schwach wechselwirken k¨onnen, die man auch als WIMPs (Weakly Interacting Massive Particles) bezeichnet, sind diese in der Lage durch Wechselwirkungen Teilchen des Standardmodells zu bilden und somit nachweisbar. Einer der wichtigsten Kandidaten ist dabei das Neutralino, dass von supersymmetrischen Modellen als eine Linearkombination der metrischen Partner des Photons, der W und Z Bosonen sowie der supersym-metrischen Higgsbosonen vorhergesagt wird. Neutralinos sind somit neutrale Fermionen und die leichtesten supersymmetrischen Teilchen. Bei supersym-metrischen Modellen, die Neutralinos als dunkle Materie vorhersagen, wird supersymmetrischen Teilchen eine R-Parit¨at von −1 und Standardmodell-teilchen von 1 zugeordnet. Die Erhaltung der R-Parit¨at setzt voraus, dass ein supersymmetrisches Teilchen durch Zerf¨alle immer auch eine ungerade Zahl an supersymmetrischen Teilchen erzeugen m¨ussen. Neutralinos k¨onnen daher nicht in Standartmodellteilchen zerfallen, k¨onnen diese aber durch An-nihilation erzeugen. In IceCube wird vor allem nach WIMP-Zerf¨allen in der Sonne und dem galaktischen Zentrum gesucht, da dort eine verh¨altnism¨aßig hohe dunkle Materie Dichte zu erwarten ist [24].

2.6.5 Suche nach exotischer Physik

Die Suche nach bisher unentdeckten schweren Teilchen aus dem fr¨uhen Uni-versum bezeichnet man als die Suche nach ”exotischer Physik”. Ein Beispiel sind magnetische Monopole. Hierbei handelt es sich um magnetische Elemen-tarladungen [25]. Die Existenz magnetischer Monopole wird von allen vere-inheitlichten Theorien vorhergesagt [26]. W¨ahrend relativistische Monopole Cherenkov-Licht erzeugen, k¨onnen nicht relativistische Monopole auf ihrem Weg Protonzerf¨alle und somit hadronische Kaskaden induzieren.