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Die taxonomische Einordnung von Bakterien beruhte ursprünglich auf phänotypischen Analysen wie Untersuchungen zur Morphologie, Biochemie und Antigenität. Die Entwicklung molekularbiologischer Methoden erlaubte später die Etablierung einer molekularen Phylogenie, die auf der Differenzierung bestimmter Gene basiert. Zumeist werden hierfür 16S rRNA-Gene verwendet, über die mittlerweile umfangreiche Datenbanken vorliegen. Diese Gene sind in allen Bakterien vorhanden und besitzen überall die gleiche Funktion, wodurch ein umfassender phylogenetischer Stammbaum aufgebaut werden kann.

Die Analyse von 16S rRNA-Genen bietet viele weitere Vorteile: Innerhalb der 16S rRNA-Gene befinden sich sowohl konservierte Bereiche, wodurch auch bei unbekannten Organismen die Bindung von PCR-Primern möglich ist, als auch variable Bereiche, welche die Unterscheidung der einzelnen Organismen erlauben.

Ein weiterer Vorteil ist, daß 16S rRNA-Gene, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht durch horizontalen Gentransfer an andere Organismen weitergegeben werden (WOESE 1987, OLSEN und WOESE 1993, WANG und ZHANG 2000, WOESE 2000). Die Analyse der 16S rRNA-Gene weist aber auch Nachteile auf: Isolate einer Spezies und manchmal auch eng verwandte Spezies innerhalb einer Gattung können nicht immer eindeutig unterschieden werden. Aus diesen Gründen sollten weitere Gene in die phylogenetischen Untersuchungen mit einbezogen werden.

Diese Gene müssen einerseits einen sehr hohen Konservierungsgrad aufweisen, andererseits aber auch die evolutionären Veränderungen widerspiegeln, die durch verschiedene Formen der Mutation ausgelöst werden (LUDWIG und SCHLEIFER 1994, BALDAUF et al. 1996, SCHNEIDER et al. 1997). Viele in Frage kommenden Gene haben jedoch gegenüber den 16S rRNA-Genen den Nachteil, daß sie nicht ubiquitär verbreitet sind.

In der vorliegenden Arbeit wurden daher die ubiquitär verbreiteten hsp60- und hsp70-Gene auf ihre Eignung für phylogenetische Analysen innerhalb der Mykoplasmen untersucht. Über die Sequenzdaten konnte mit den Programmen „CLUSTAL“ und

„CLUSTTREE“ die taxonomische Position der untersuchten Mykoplasmen- und Bakterienspezies generiert und diese vergleichend beschrieben werden.

Mit Ausnahme von M. genitalium wiesen die hsp60-Gene innerhalb der Mykoplasmenspezies mit einer DNA-Sequenzhomologie zwischen 98 und nahezu 100 % nur eine sehr geringe Heterogenität auf, die annähernd mit der von KWOK et al. (1999) festgestellten Heterogenität von hsp60-Genfragmenten innerhalb verschiedener Staphylococcus aureus-Stämme übereinstimmt. Da die Aminosäuresequenzen eine etwas geringere Homologie als die Basensequenzen aufwiesen, mit Ausnahme von M. genitalium zwischen annähernd 95 und 100 %, war eine Zuordnung der Mykoplasmenspezies auf Grundlage der Aminosäuresequenzen möglich. Diese Werte entsprachen jedoch nicht den Sequenzhomologien von 74 bis

93 %, die KWOK et al. (1999) für 23 verschiedene Staphylokokkenspezies ermittelt hatten.

Eine klare Unterscheidung der Mykoplasmenspezies gelang mit den Basensequenzen und den aus ihnen abgeleiteten Peptiden des Hsp70-Fragmentes mit Sequenzhomologien von annähernd 50 bis 70 % (Abb. 12 und Abb. 13).

Basierend auf den 16S rRNA-Sequenzen werden die Mykoplasmen in fünf unterschiedliche phylogenetische Gruppen eingeordnet: die Pneumoniae-, Hominis-, Spiroplasma-, Anaeroplasma- und Asteoleplasma-Gruppe (Abb. 36). Innerhalb dieser Gruppen können wiederum verschiedene „Cluster“ und „Subcluster“ differenziert werden (WEISBURG et al. 1989, PETTERSSON et al. 2000). In Übereinstimmung mit der auf Analyse der 16S rRNA beruhenden Zuordnung konnten die in der vorliegenden Arbeit untersuchten Mykoplasmenspezies, durch Analyse des Hsp70-Fragmentes, ebenfalls der Pneumoniae-Gruppe (M. pneumoniae), der Hominis-Gruppe (M. arthritidis, M. bovis, M. agalactiae und M. hyopneumoniae) und der Spiroplasma-Gruppe (M. capricolum) zugeordnet werden. Wie von WEISBURG et al.

(1989) und JOHANSSON et al. (1998) auf Grundlage der 16S rRNA-Analysen beschrieben, zeigte sich auch hier eine engere Beziehung zwischen den Spezies der Spiroplasma- und Pneumoniae-Gruppe als zwischen jenen und den Spezies der Hominis-Gruppe.

Abb. 36: Phylogenetischer Stammbaum der Mykoplasmen basierend auf 16S rRNA-Sequenzen.

Vertreter der nah verwandten Gattungen Clostridium (C.) sind in dem Stammbaum eingeschlossen. Streptococcus (St.) pleomorphus und Eubacterium (E.) biformans repräsentieren Vertreter außerhalb des Mykoplasmenstammbaums stehender Gruppen von Bakterien (aus JOHANSSON et al. 1998).

Die zweifelsfreie Differenzierung der eng verwandten und früher einer Spezies zugeordneten Mykoplasmenarten M. bovis und M. agalactiae ist mit morphologischen, biochemischen und serologischen Untersuchungen nicht möglich.

Eine Differenzierung kann jedoch mit vergleichsweise aufwendigen molekularbiologischen Methoden durchgeführt werden (MATTSSON et al. 1991, GUMMELT 1995, GUMMELT et al. 1996, SUBRAMANIAM et al. 1998). Durch die Analyse des Hsp70-Fragmentes konnten diese beiden Spezies mit verhältnismäßig geringem Aufwand klar voneinander unterschieden und zugeordnet werden (Abb. 13). Im Vergleich zu dem Stammbaum, der auf Grundlage der 16S rRNA-Sequenzen erstellt wurde, konnte durch Analyse des Hsp70-Fragmentes für die Spezies M. bovis und M. agalactiae sogar ein größerer pylogenetischer Abstand ermittelt werden (WEISBURG et al. 1989, JOHANSSON et al. 1998). Auch die Ergebnisse von FALAH und GUPTA (1997) zur Taxonomie von M. capricolum und von SULAIMAN et al. (2000) zur Differenzierung von Cryptosporidien bestätigen die Eignung des Hsp70 für phylogenetische Analysen.

Seit einigen Jahren wird bei phylogenetischen Untersuchungen vermehrt eine Ergänzung der bis heute üblichen Analyse der 16S rRNA-Gene gefordert. Hsp sind wegen ihrer ubiquitären Verbreitung und ihrem hohen Konservierungsgrad ideale Moleküle zur Untersuchung von Verwandtschaftsbeziehungen (FALAH und GUPTA 1997, KWOK et al. 1999). AHMAD et al. (1999) verwendeten dagegen zur Erstellung eines phylogenetischen Stammbaumes, anstelle von Hsp, Aminosäure-sequenzhomolgien des zum dnaK-Operon gehörenden, ubiquitär in grampositiven Bakterien verbreiteten Transkriptionsfaktors hrcA.

Die Ergebnisse der vorliegenden taxonomischen Untersuchungen von Mykoplasmen auf der Basis der Hsp zeigen eine dem 16S rRNA-System gleichwertige und in Bezug auf die Differenzierung von M. agalactiae und M. bovis sogar überlegene Möglichkeit der phylogenetischen Analyse auf und stellen daher eine sinnvolle und erfolgversprechende Ergänzung zu den 16S rRNA-Sequenzanalysen bei Mykoplasmen dar. Die Überprüfung verschiedener geeigneter Gene und Proteine auf dem Gebiet der Taxonomie würde eine differenziertere Spezieseinordnung für zeitlich begrenzte Evolutionsperioden ermöglichen.