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2. Chemischer Teil

3.1 Pharmakologische Parameter

3.1.1 Pharmakologische Gleichungen64

Zur Charakterisierung der Antagonisten in den funktionellen Assays dient die Schild-Gleichung: logKb = log [B] – log(r-1)

bzw. pA2 = -log [B] + log(r-1)

Kb: Antagonist-Rezeptor Dissoziationskonstante [B]: Molare Konzentration des Antagonisten r: „concentration ratio“; antilog(ΔpEC50)

ΔpEC50: Differenz aus den pEC50-Werten des Agonisten in An- und Abwesenheit des Antagonisten

EC50: Molare Konzentration eines Agonisten, die 50% des Maximaleffekts auslöst A2: Molare Konzentration des Antagonisten, die eine zweifache Rechtsverschiebung

der Konzentration-Wirkungskurve des Agonisten herbeiführt; gute Abschätzung des Kb-Wertes bei Nichtkenntnis des Hemmmechanismus

Die Schild-Gleichung gilt nur, wenn es sich um einen rein kompetitiven und reversiblen Antagonismus handelt. Experimentell bestimmbar ist dies durch Vermessen des Antagonisten über einen weiten Konzentrationsbereich. Ergibt die Steigung des Schild-Plots 1 und erreicht der eingesetzte Agonist immer wieder den maximal möglichen Effekt, handelt es sich um einen rein kompetitiven, reversiblen Antagonisten.

Ist die Steigung des Schild-Plots ungleich 1 und/oder ist eine Depression der Konzentrations-Wirkungskurve des Agonisten zu beobachten, wird die Dissoziations-konstante des Antagonist-Rezeptor-Komplexes durch den pA2-Wert beschrieben.

Dadurch wird ersichtlich, dass die Dissoziationskonstante angegeben wird, ohne eine Aussage über den Mechanismus der Inhibition des Antagonisten zu machen. In den folgenden Kapiteln sind teilweise zwei pA2-Werte angegeben. Ist die Steigung nicht signifikant von 1 verschieden, wird sie gleich 1 gesetzt. Für die Fälle, bei denen die Steigung signifikant von 1 verschieden ist, ermittelt durch den t-Test, findet man in der

Tabelle zwei pA2-Werte, ersterer errechnet mit der Steigung 1, der zweite Wert ist mit der tatsächlich vorgefundenen Steigung errechnet (pAx).

Die Auswertung der Radioligand-Kompetitons-Bindungsassays erfolgt über die Cheng-Prusoff-Gleichung: 65

Ki = IC50/([A]/KD + 1)

Ki: Gleichgewichts-Dissoziations-Konstante eines Liganden an Membranfragmenten in Konkurrenz mit einem Radioliganden (genähert)

KD: Gleichgewichts-Dissoziations-Konstante eines Liganden, hier Radioligand

IC50: Molare Konzentration eines Antagonisten, der den Effekt des Agonisten um 50%

reduziert

[A]: Molare Konzentration des Agonisten

Diese Gleichung, wiederum abgeleitet vom Massenwirkungsgesetz, ergibt eine Abschätzung für die Dissoziationskonstante des Antagonisten unter folgenden Annahmen: Agonist wie Antagonist verhalten sich beide in einer reversiblen, kompetitiven Weise an der gleichen Bindungsstelle. Des weiteren wird eine Gleichgewichtsreaktion vorausgesetzt und die Konzentrationen an freiem Agonist wie freiem Antagonist sind bekannt und konstant während des Experiments. Der KD-Wert des Radioliganden muss ebenfalls bekannt sein (KD = 4,49 ± 0,35 nM für [3H]Mepyramin am hH1R66, KD = 10,8 ± 5,4 nM für [3H]Histamin am hH4R67).

3.1.2 Molekulare Mechanismen der Hemmung durch Antagonisten68, 69

Die Bestimmung des Hemmmechanismus eines Antagonisten ist eine durchaus nicht triviale Aufgabe. Im Rahmen dieser Arbeit wurde dies auch nicht ermittelt, die verschiedenen Möglichkeiten sollen hier aber kurz diskutiert werden.

Die beiden fundamentalsten Unterscheidungen gehen auf Sir John Gaddum aus dem Jahre 1957 zurück, der Antagonisten in kompetitive bzw. reversible (surmountable) und nichtkompetitive bzw. irreversible (insurmountable) unterteilte. Streng genommen können die Begriffe kompetitiv/nichtkompetitiv nur für Antagonisten verwendet werden, die im Experiment gleichzeitig mit dem Agonisten inkubiert wurden. Im klassischen Organbadexperiment wird der Antagonist jedoch präinkubiert, also wird hier von reversiblem bzw. irreversiblem Antagonismus gesprochen. Ersterer führt zu einer Rechtsverschiebung der Agonistenkurve in Anwesenheit des Antagonisten, wobei der maximale Effekt stets wieder erreicht wird. Schild lieferte dazu die Standardmethode zur

Bestimmung der Potenz eines reversiblen Antagonisten (Kap. 3.1.1). Wird nun der maximale Effekt in Anwesenheit des Antagonisten nicht mehr erreicht, spricht man von irreversiblem Antagonismus und verschiedene Ursachen bzw. Hemmmechanismen können dem zugrundeliegen. Zuerst ist die Frage zu klären, ob es sich um einen orthosterischen (Konkurrenz mit dem Agonisten um die gleiche Bindungsstelle) oder einen allosterischen Antagonisten (Besetzung einer separaten Antagonisten-Bindungsstelle, die einen Konformationswechsel des Rezeptors nach sich zieht, der wiederum das Verhalten des Agonisten verändert) handelt.

Genauer sollen nun die möglichen Abläufe des orthosterischen Antagonismus besprochen werden. Extremfälle sind irreversible und pseudo-irreversible Antagonisten, was bedeutet, dass sie, innerhalb eines vernünftigen Zeitrahmens, durch Agonistenzugabe überhaupt nicht mehr verdrängt werden können. In diesem Sinne bedeutet irreversibel, dass eine kovalente Bindung zwischen Antagonist und Rezeptorprotein geknüpft wurde und pseudo-irreversibel, dass der Antagonist durch andere Wechselwirkungen oder extrem langsame Kinetik so stark an das Rezeptorprotein gebunden ist, dass er nicht mehr verdrängbar ist.

Oft, wie auch mit den im Rahmen dieser Arbeit ermittelten, pharmakologischen Daten ersichtlich wird, beobachtet man den Bereich zwischen den beiden Extremfällen des rein reversiblen und rein irreversiblen Antagonismus. Beeinflusst wird dies durch zwei Größen: Rezeptorreserve und Zeit. Im Experiment ist es häufig nicht möglich, die Zeit bis zur Aufnahme des agonistischen Effekts zu verlängern, obwohl dies nötig wäre, da die Reäquilibrierung zwischen Antagonist- und Agonist-Bindung im Rezeptor noch nicht erreicht ist. Oft liegt das am langsamen Offset, d. h. der langsamen Kinetik der Dissoziation des Antagonisten. Man spricht dann auch von Halb-Gleichgewichtsbedingungen. Ist dieses Zeitfenster zu eng, kommt es zur Depression der Agonistenkurve in Anwesenheit des Antagonisten. Das Maß der Depression hängt nun wieder von der Größe der Rezeptorreserve ab. Die Rezpetorreserve stellt ein Maß für die Zahl an Rezeptoren dar, die aktiviert werden müssen, um den maximalen Effekt auszulösen. Abhängig ist diese Zahl von der Rezeptorendichte, der Effizienz der Kopplung des Rezeptors in diesem Gewebe und schließlich der intrinsischen Aktivität des Agonisten. Verfügt das Gewebe über eine große Rezeptorreserve, kommt es erst bei höheren Antagonist-Konzentrationen zur Depression der Kurve. Würde man das gleiche Experiment an einem Gewebe ohne Rezeptorreserve durchführen, müsste es bei allen Antagonistenkonzentrationen zu einer Depression der Agonistenkurve führen.

3.2 Durchführung der organpharmakologischen Untersuchung am