• Keine Ergebnisse gefunden

5. Diskussion

5.2 Adenovirus, RSV, PIV 1-3

5.2.4 Patienten mit mehrfachen viralen IgM-Ak-Nachweisen

Virale Mehrfachinfektionen sind bei akuten AW-Infektionen von Kindern durchaus nicht unüblich (Waner 1994, Huang et al. 1998). So wurden von Freymuth et al.

(1997) bei 18% der Kinder, die wegen akuter AW-Infektionen hospitalisiert wurden, unter Anwendung des direkten IFT, der Virusisolation sowie der PCR virale Mehrfachinfektionen angegeben, wobei ¼ aller RSV-Infektionen von anderen respiratorischen Viren begleitet wurden. Hierbei fanden sich virale Nachweise vor allem in der PCR. Andere epidemiologische Untersuchungen geben Raten von 2-11%

an mehrfachen Virusnachweisen bei UAW-Infektionen von Kindern an (4% Maitreyi et al. 2000, 11% Ekalaksananan et al. 2001, 3% Yun et al. 1995, 2% Weigl et al.

2000).

In unserer Untersuchung wiesen 18% (172/946) der Patienten mehrfache IgM-Ak-Nachweise gegen die getesteten viralen Erreger des Respirationstraktes auf. Hierbei wurden bei diesen 172 Patienten insgesamt 398 IgM-Ak-Nachweise beobachtet, wobei

in den einzelnen Serumproben nicht nur duale sondern zum Teil 3-, 4- oder sogar 5-fache IgM-Ak-Nachweise gefunden wurden. Der höchste Anteil an Mehrfach-IgM-Ak-Nachweisen zeigte sich bei Patienten, bei denen PIV 1-3-IgM-Ak vorhanden waren. Von diesen Patienten wiesen 59% mindestens einen weiteren viralen IgM-Ak auf. Bei Patienten mit RSV-IgM-Ak waren es 52% und bei Patienten mit Adeno-IgM-Ak 46%, bei denen weitere IgM-Adeno-IgM-Ak gefunden wurden. Betrachtete man nur die 172 Patienten mit Mehrfach-IgM-Ak-Nachweise bestanden bei 80% PIV 1-3-IgM-Ak, bei 76% Adeno-IgM-Ak und bei 47% RSV-IgM-Ak. Ähnliche Daten fand Huang et al.

(1998), der sich speziell der Frage nach viralen Mehrfachinfektionen bei UAW-Infektionen von Kindern zuwandte und hierbei bei 60% der Kinder mit Mehrfachinfektionen Adenoviren feststellte, bei 23% RSV, bei 37% PIV 1 und bei 43% PIV 2.

Bei der Beurteilung von simultanen multiplen Virennachweisen bei Patienten mit akuter AW-Infektion muß das Testverfahren kritisch betrachtet werden. Während bei der PCR bzw. den direkten Virusantigennachweisen auch Kontaminationen miterfaßt werden und so scheinbare virale Mehrfachinfektionen gefunden werden, ist es beim serologischen Nachweis von IgM-Ak möglich, daß eine kürzliche Infektion nachgewiesen wird und so scheinbar Mehrfachinfektion vorliegen. Des weiteren kann es im Rahmen eines Infektes auch zu einer polyklonalen B-Zell-Aktivierung kommen, bei der unspezifische IgM-Ak gebildet werden, die zu falsch-positiven Ergebnissen führen, wobei hier der Erfahrung nach die Testergebnisse nur sehr schwach positiv ausfallen.

Eine weitere mögliche Ursache für das besonders häufige Auftreten von mehrfachen IgM-Ak-Nachweisen gerade bei PIV 1-3-IgM-Ak positiven Patienten könnte in einer Kreuzreaktion der verschiedenen Serotypen zu suchen sein. Vor allem für PIV 1 und PIV 3 werden aufgrund der engen Verwandschaftsbeziehung serologische Kreuzreaktionen beschrieben (Vuorinen et al. 1989, Ray et al. 1990). Monto et al.

(1993) sah in seiner Untersuchung einen möglichen Hinweis für serologische Kreuzreaktionen in der zeitlichen Übereinstimmung im Auftreten von PIV-Infektionen. Es gibt aber auch Anhaltspunkte, die eine Kreuzreaktion als mögliche

Ursache für das häufige Auftreten von PIV 1-3-IgM-Ak bei Mehrfachinfektionen eher unwahrscheinlich machen. Kreuzreaktionen von den Serotypen PIV 1 oder 3 mit PIV 2 sind bisher nicht beschrieben worden (Vuorinen et al. 1989, Ray et al. 1990) und in unserer Studie wiesen PIV 1 und PIV 3 deutliche Unterschiede in ihrem epidemiologischen Verhalten auf. Zudem berichtete Vuorinen et al. (1989), daß es bei der Bestimmung von IgM-Ak eher seltener zu Kreuzreaktionen kommt als bei der Bestimmung von IgG-Ak. In unserer Untersuchung wiesen zudem nur 13% der Patienten mit positiven PIV 1-IgM-Ak parallel PIV 3-IgM-Ak auf und umgekehrt nur 11% der Patienten mit PIV 3-IgM-Ak parallel PIV 1-IgM-Ak. Hingegen konnten bei 26% der Patienten mit PIV 1-3-IgM-Ak-Nachweisen PIV 2- und bei 38% Adeno-IgM-Ak gefunden werden. Somit ist es letztlich wahrscheinlich, daß serologische Kreuzreaktionen zwischen PIV 1-3 eher eine untergeordnete Rolle spielen.

Bei den pädiatrischen Patienten mit einer zugrundeliegenden chronischen pulmonalen Vorerkrankung wie Asthma bronchiale oder CF ergab sich in unserer Untersuchung mit 26% bzw. 33% eine besonders hohe Rate an mehrfachen IgM-Ak-Nachweisen.

Drews et al. (1997) beschrieb einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Mehrfachinfektionen und einer vorbestehenden chronischen Lungenerkrankung, die in seiner Untersuchung bei 85% der Patienten mit einer dualen respiratorischen Infektion zugrunde lag. In unserer Studie wiesen 26% (45/172) der Patienten mit mehrfachen IgM-Ak-Nachweisen eine chronische Lungenerkrankung wie Asthma oder CF auf. Möglicherweise prädisponieren die Lungenveränderungen dieser Patientengruppe zu Verlaufsformen einer chronischen oder latenten Virusinfektionen, wie sie von Marin et al. (2000) bei Patienten mit Asthma bronchiale beschrieben wurden. Interessanterweise weisen in unserer Untersuchung die Patienten mit spastischer Bronchitis die niedrigste Rate an mehrfachen IgM-Ak-Nachweisen auf.

Auch dem Alter der Patienten kommt eine Bedeutung bei der Entwicklung einer Mehrfachinfektion zu. Drews et al. (1997) beschrieb bei 5% der Patienten mit einer akuten AW-Infektion in einem Alter von 0-79 Jahre eine duale respiratorische Infektion, wobei 42% dieser Patienten ≤ 4 Jahre alt waren. In unserer Studie waren vergleichend 51% (88/172) der Patienten mit mehrfachen IgM-Ak-Nachweisen (0-24

Jahre alt) ≤ 4 Jahre alt, wobei sich Mehrfach-IgM-Ak-Nachweise relativ homogen in jedem Lebensalter wiederfanden, wenn auch erst ab den 2 jährigen mehr als nur duale Mehrfach-IgM-Ak zu finden waren. Eine Begründung für den höheren Anteil von mehrfachen IgM-Ak-Nachweisen bei Kleinkindern liegt eventuell in der deutlich höheren Inzidenz von AW-Infektionen und somit zwangsläufig engeren Abfolge der Infektionen (Monto 1995), da die Kinder durch Krabbelgruppe, Kindergarten und Schule zunehmend gesellschaftlichen Kontakten und damit Infektionsrisiken aussetzen. Da in unserem Studiendesign, wie oben dargelegt, auch kürzlich zurückliegende Infektionen erfaßt werden, können bei zeitlich enger Abfolge der Infektionen mehrfache virale IgM-Ak-Nachweise nachgewiesen werden, obwohl nicht zwangsläufig ein Zusammenhang zwischen den einzelnen Infektionen bestehen muß.

Andererseits führen gerade schwerwiegende AW-Infektionen von Kleinkindern mit einer Beteiligung mehrerer unterschiedlicher viraler Erreger bzw. superponierter Infektionen zum Aufsuchen eines Krankenhauses (Drews et al. 1997) und dies hätte somit zur Folge, daß in unserer Untersuchung eine höhere Nachweisrate an Mehrfach-IgM-Ak zu finden ist durch tatsächliche Mehrfachinfektionen, als dies im ambulanten Bereich der Fall wäre. Letztlich läßt sich aber im Rahmen dieser Studie nicht klären, in welchem Prozentsatz es sich um echte virale Mehrfachinfektionen des Respirationstraktes handelt oder inwieweit es scheinbare Mehrfachinfektionen sind.

Nachdem eine Vielzahl an weiteren Studien (Maitreyi et al. 2000, Ekalaksananan et al.

2001, Yun et al. 1995, Weigl et al. 2000) mit unterschiedlichen viralen Nachweismethoden, wie z.B. PCR, EIA oder der Virusisolation aus nasopharyngealen Aspiraten Mehrfachinfektionen nachgewiesen haben, kann zusammenfassend der Schluß gezogen werden, daß es wohl durchaus vorkommt, daß primäre virale AW-Infektionen dazu führen, daß weitere respiratorische Viren eventuell aufgrund der geschädigten oder aufgrund des lokal alterierten Immunsystems superponiert Folgeinfektionen bewirken können. Die hohe Rate an Mehrfachinfektionen beim Asthma bronchiale und bei der CF legt auch hier die Bedeutung eines intakten und funktionsfähigem respiratorischen Epithels als wichtige Infektionsbarriere nahe (Folkerts et al. 1998).