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Wie der Pakt evaluiert wird,

Im Dokument Die beste der möglichen Welten (Seite 105-108)

Wie der Pakt evaluiert wird, ist auch eine Machtfrage.

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PETER STROHSCHNEIDER

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BAUER Die Bereitschaft zu kooperieren hat meines Erachtens zugenommen, denken Sie etwa an die gemeinsamen Beru-fungen. Beide Systeme haben sich aufeinander zubewegt.

Der Forschungsstandort Deutschland insgesamt hat davon profitiert. An bestimmten Punkten sind wirklich großartige Kooperationen zustande gekommen. In Baden-Württemberg haben mit Heidelberg, Mannheim und Tübingen gleich drei Universitäten mit regional benachbarten Leibniz-Einrichtun-gen erfolgreich einen gemeinsamen WissenschaftsCampus etabliert. Im Fall Tübingen hat das maßgeblich zum Erfolg in der letzten Exzellenzinitiative beigetragen.

Haben Sie denn wirklich den Eindruck, dass die jahrzehntelang beklagte »Versäulung« in der deutschen Forschung durch die beiden Pakte abgebaut werden konnte?

BAUER Natürlich ist da noch viel Luft nach oben. Sorgen macht mir, dass der PFI die Spielräume der Außeruniversitären viel stärker erweitert hat, als wir das in der Republik bei den Universitäten hinbekommen haben. Bei der Weiterentwick-lung des PFI müssen wir auch darüber reden, wie wir beide Seiten auf Augenhöhe halten.

STROHSCHNEIDER Sicherlich gibt es in der Zusammenarbeit zwischen universitärer und außeruniversitärer Forschung immer mal wieder Friktionen. Von einer strukturellen Ver-säulung des deutschen Forschungssystems kann aber tat-sächlich nicht mehr die Rede sein. Dass die Kooperation der verschiedenen Einrichtungstypen derart dicht ist, hat nicht zuletzt mit der Exzellenzinitiative zu tun. Übrigens sind auch die großen Wissenschaftsorganisationen deutlich zusammen-gerückt. Das empfinde ich als Erfolg.

2005 sind auch weitere Wünsche der Politik an die Wissenschaft formuliert worden, die Förde-rung von Frauen, Familienfreundlichkeit, ein intensiveres Werben um herausragende Forscher.

Wurden diese Ziele erreicht oder ist, wie sagten Sie vorhin, noch »Luft nach oben«?

BAUER Wir können bei weitem nicht überall ein Häkchen ma-chen. Beim Werben um die besten Köpfe der Welt sind wir gut aufgestellt, beim Thema Frauenförderung und Familien-freundlichkeit sehe ich großen Handlungsbedarf. Nehmen

ZUKUNFTSPAKT

Bund und Länder hatten 2005 ein klares Ziel vor Augen: das deutsche Wissen-schaftssystem zu stärken. Der Pakt für Forschung und Innovation garantiert der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Leibniz- Gemeinschaft und der Max-Planck-Gesell-schaft finanzielle Planungssicherheit.

Die Budgets der fünf Paktorganisationen steigen im Rahmen der Förderung jährlich um zunächst drei, in der zweiten Phase um fünf und schließlich wieder um drei Prozent. Im Gegenzug verpflichten sie sich unter anderem dazu, Kooperationen — auch international — zu stärken und den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu verbessern. Weitere forschungspolitische Ziele sind die Gewin-nung der besten Köpfe und chancengerechte sowie familienfreundliche Strukturen.

Die Erfolge nach zehn Jahren können sich sehen lassen und tragen bei nachhaltiger Weiterentwicklung auch über die aktuelle Phase hinaus zu einem zukunftsfähigen Wissenschaftssystem in Deutschland bei.

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wir die Zahl der Professorinnen. Und erst recht den Frauen-anteil in Leitungsfunktionen. Gleichwohl signalisieren die Zahlen Fortschritte. Ich finde bemerkenswert, mit welcher Intensität sich etwa die Leibniz-Gemeinschaft in ihren Füh-rungsgremien mit der Frage auseinandersetzt. Gut ist, dass das nicht mehr allein Thema der Gleichstellungsbeauftrag-ten ist, während die Anderen einen Kaffee trinken gehen.

STROHSCHNEIDER Zielzahlen bei der Gleichstellung sind ein wichtiges Instrument. Sie müssen aber durch andere Instru-mente ergänzt werden. Dazu gehören die Forschungsorien-tierten Gleichstellungsstandards, mit denen die DFG orientiert an den Gegebenheiten und den Rekrutierungspotenzialen der einzelnen Fächer und Einrichtungen den Anteil von Wis-senschaftlerinnen auf allen Qualifizierungsstufen erhöhen will. Dazu gehören aber auch die Instrumente der Personen- und Projektförderung selbst, die die DFG daraufhin überprüft, ob sie bei der Erreichung der Gleichstellungsziele helfen.

Wann wäre denn der Zeitpunkt gekommen für eine Evaluierung des Pakts 2020? Sie könnte den Druck auf die Politik, so etwas fortzusetzen, doch durchaus erhöhen.

STROHSCHNEIDER Beim PFI handelt es sich um ein wissen-schaftspolitisches Förderprogramm, politisch ausgehandelt sowohl in den Finanzierungsmodalitäten als auch bei den Zielen. Die Frage, wie evaluiert wird, ist also auch eine Macht-frage: Wer darf die Gutachter wählen? Und was sollen die eigentlich bewerten? Es geht ja hier nur mittelbar um die wis-senschaftlichen Ergebnisse, um die Qualität der Forschung selbst. Es geht zunächst um einige Strukturfragen des deut-schen Forschungssystems. Und die müssen vor allem wis-senschaftspolitisch bewertet werden.

Frau Bauer, haben Sie Verständnis dafür, dass die Wissenschaft jetzt mahnt und ruft, es muss auch finanziell so weiter gehen, darf keinen Stillstand geben?

BAUER Ja, unbedingt. Und ich bin die Erste, die mitruft. Wenn man unsere Weltlage anschaut, kann es Fortschritt nur durch wissenschaftsbasierte Erkenntnisse geben: In der aktuellen Welt kämpfen wir nicht nur um ein liberales gesellschaftliches Demokratiemodell, Vielfalt und Toleranz, sondern auch um unsere Fähigkeit zu Reflektion und Innovation — und damit auch um die Kraft, neue Lösungen für die großen Mensch-heitsfragen durch Wissenschaft im globalen Kontext zu er-arbeiten. Die Antwort auf die aktuellen politischen Entwick-lungen ist: mehr Wissenschaft!

STROHSCHNEIDER Das will ich unterstreichen. Man könnte sa-gen, Wissenschaft, Forschung und Lehre werden — und jetzt werde ich mal pathetisch — in ihrer zivilisatorischen Funk-tion herausgefordert, denn die pluralistische Gesellschaft und der demokratische Verfassungsstaat sind, wie ich glau-be, in einer ziemlich risikoreichen Lage.

BAUER Wenn ich mir die Tendenzen in Großbritannien oder in den USA anschaue, dann ist der Auftrag für Deutschland völlig klar: Wir dürfen jetzt nicht nachlassen. Und wir sind in der Verantwortung — auch für Europa. Wir blicken zurück auf Zeiten mit wachsenden Spielräumen in der Forschung.

Diese Dynamik dürfen wir gerade jetzt nicht abwürgen, ganz im Gegenteil: Wir setzen auf mehr freie Wissenschaft, auf mehr Offenheit für Neues und auf eine dadurch größere ge-sellschaftliche Reflektions- und Innovationskraft. Wir brau-chen starke Forschung und eine lebendige Kooperationskul-tur, gerade auch international.

Als Wissenschaftsministerin konkurrieren Sie mit Ihren Kollegen im Kabinett um Gelder.

Schließlich gibt es auch andere Ausgabenforde-rungen: mehr Geld für Integration, für Polizei, für die Sanierung von Schulen. Sind weitere Steigerungen da überhaupt möglich?

BAUER Wir steuern auf schwierige Zeiten zu, ohne Zweifel. Die Frage der internationalen Verantwortung oder der Aufwen-dungen für Sicherheit wird sich für Deutschland und Euro-pa in Zukunft anders stellen. Bund wie Länder werden ange-sichts der Schuldenbremse härter um die Verteilung der begrenzten Ressourcen ringen, da sollte man sich keine Il-lusionen machen. Argumentativ kommt man nicht sehr weit, wenn man erklären soll, warum die Ausstattung der Polizei oder der Ausbau unseres Schulwesens jetzt weniger

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