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4.DisKUssion

4.2 onkoide aus der alz: Kleine Ökosysteme in einer Phosphor-limi- Phosphor-limi-tierten Umwelt (übersetzte zusammenfassung der Publikation,

4.2.1 Der organismen-bestand

Die Cyanobakterien sind die dominierende Gruppe im Biofilm der Alz-Onkoide. Die häufigs-ten Cyanobakterien sind Schizothrix calcicola, Calothrix gypsophila, Rivularia haematites, Phormidium incrustatum, Pleurocapsa minor, Aphanothece saxicola und Hyella sp. (Tafel 14B-14G). r (1991) hat zusätzlich Chamaesiphon polymorphus, mehrere Arten von

Ho-Diskussion

moeothrix, Phormidium autumnale, Microcystis anodontae und Schizothrix fasciculata auf der Oberfläche der Alz-Onkoide gefunden. penteCost & riding (1986a) haben festgestellt, dass die zu Rivularia, Phormidium, Schizothrix, Homoeothrix und Scytonema gehörenden Arten oft in die Süßwasser-Kalzifizierung involviert sind und deshalb auch Onkoide produzieren können.

Obwohl auch andere photoautotrophe Organismen im Biofilm der Alz-Onkoide vorkommen, sind die Cyanobakterien bei weitem die meisten und bedeutendsten Produzenten von EPS (Tafel 14A). Die EPS setzt sich aus einer massenhaften Ansammlung von cyanobakteriellen Scheiden zusammen, die aus der erfolgreichen Biomasse-Produktion der Cyanobakterien aufgrund einer effizienten Photosynthese resultieren (Bhaya et al. 2000).

Neben anderen Faktoren, z.B. Freisetzung von cyanobakteriellen Toxinen, das bloße Zu-rechtkommen mit der eigenen Verkalkung und dem Fraßdruck der Metazoa, erklären zwei physiologische Faktoren die Dominanz der Cyanobakterien im Biofilm der Alz-Onkoide.

Erstens haben Cyanobakterien gegenüber anderen Photoautotrophen einen Vorteil in einem Hydrogenkarbonat-reichen, Kohlendioxid-armen Milieu, wie es in der Alz der Fall ist, weil die Cyanobakterien mit einer activen DIC-Pumpe ausgestattet sind, die es ihnen ermöglicht, im Zellinneren anorganischen Kohlenstoff in höheren Konzentrationen zu akkumulieren, als im aquatischen Medium außerhalb der cyanobakteriellen Zelle (karagouni et al. 1990, kapLan et al. 1991, 1994). Zweitens verfügen Cyanobakterien offenbar über ein Karboanhydrase-ähnliches Enzym in der Zellwand. Dieses Enzym nutzt sowohl Hydrogenkarbonat (HCO3-) als auch Koh-lendioxid (miLLer & CoLman 1980, Badger et al. 1985, espie et al. 1989, merZ 1992). Diese physiologischen Merkmale verschaffen den Cyanobakterien einen Vorteil gegenüber anderen photoautotrophen Organismen, die ausschließlich CO2 als Kohlenstoffquelle nutzen können.

Die höhere Biomasseproduktion der Cyanobakterien gegenüber der Biomasseproduktion der anderen photoautotrophen Organismen ist entscheidend im Hinblick auf das Onkoid-Wachstum.

Jedoch kalzifizieren nicht alle Cyanobakterien (merZ 1992). Die cyanobakterielle Kalzifizierung ist in erster Linie mit der Polysaccharid-Scheide und geeigneten Umweltbedingungen verbun-den (penteCost & riding1986). Verschiedene Mechanismen führen zu einer Kalzifizierung der Cyanobakterien-Scheide (penteCost & riding 1986, merZ & ZankL 1993, merZ-preiss 2000). Erstens bildet die gallertige Cyanobakterien-Scheide einen diffusionslimitierten Raum, in dem ein steiler chemischer Gradient aufgebaut werden kann (BorowitZka 1989, merZ 1992, merZ-preiss 2000). Zweitens besitzen die Polysaccharide der cyanobakteriellen Scheide ihre höchste Ca2+-Bindungsfähigkeit bei einem pH-Wert um 8 (deCho 1990). CO32--Ionen gehen dann mit den Ca2+-Ionen, die an den Polysacchariden der cyanobakteriellen Scheiden fixiert sind, eine chemische Bindung ein. Jedoch gibt es im Organismen-Bestand der Alz-Onkoide auch Cyanobakterien, die keine Scheide besitzen. Ihre Rolle bei der Onkoid-Bildung bleibt bis auf Weiteres ungelöst.

Die Karbonat-Fällung filamentöser Cyanobakterien hinterlässt charakteristische Muster (Tafel 12, Tafel 13C, 13D). Das wurde auch von LeinfeLder & hartkopf (1988) an Phormidium-Onkoiden und von rott (1991) an den Alz-Onkoiden festgestellt. Die Verkalkungsmuster von Schizothrix calcicola (Tafel 12E, 12F), Calothrix gypsophila (Tafel 12A, 12B,Tafel 13B, 13D) und Rivularia haematites (Tafel 12C, 12D, Tafel 13A, 13C) sind über die gesamte Onkoid- Querschnittsfläche verteilt. Auch in jurassischen Süßwasser-Onkoiden weisen verschiedene Mikrostrukturen deutlich auf die Tätigkeit kalzifizierender Cyanobakterien hin (LeinfeLder 1985). In den Alz-Onkoiden gibt es jedoch Karbonat-Bereiche, die nicht auf die Tätigkeit fila-mentöser Cyanobakterien zurückzuführen sind (Tafel 12G, 12H). Diese Bereiche können aus (1) der Kalzifizierung coccoidaler Cyanobakterien, möglicherweise Pleurocapsa minor (Tafel 14G); (2) Organomineralisation; (3) aufgrund von Wasserströmung, Grazing oder Bioturbation durcheinandergeratene und neu zusammengesetzte Karbonat-Kristallen resultieren.

Diskussion

Ein sehr interessantes Charakteristikum ist das Vorkommen der dominanten cyanobakteriellen Taxa in mehrstöckiger Anordnung. Es ist eine deutliche vertikale biologische Stratifizierung erkennbar, die den weichen, äußeren Biofilm und den darunterliegenden kalzifizierten Biofilm (bis zu 8 mm tief) betrifft (Abb. 31). Die dominanten kalzifizierenden Cyanobakterien des weichen, äußeren Biofilm sind Phormidium incrustatum, Schizothrix calcicola, Pleurocapsa minor, Aphanothece saxicola und Rivularia haematites. Hyella sp. siedelt endolithisch, extrem dicht und genau an der Schnittstelle zwischen weichem und kalzifiziertem Biofilm. Hyella ist im Allgemeinen für eine bioerosive Tätigkeit bekannt. Das ist ein klarer Hinweis darauf, dass bei der Bildung der Alz-Onkoide auf- und abbauende Prozesse gleichzeitig stattfinden. Die dominanten Cyanobakterien-Arten bis zu einer Tiefe von 8 mm unterhalb dieser Hyella-Lage sind Calothrix gypsophila und Schizotrix calcicola. In diesem Bereich ist Calothrix gypsophila besonders häufig und sogar im Querschnitt makroskopisch als grüne Fäden zu identifizieren (Tafel 13B).

Beobachtungen unter geringer Vergrößerung zeigen, dass die aktive Wachstumsschicht nicht tiefer als 8 mm unterhalb der äußeren verkalkten Oberfläche reicht. winsBorough & goLuBiC (1987) haben mexikanische Süßwasser-Stromatolithe gefunden, deren aktive mikrobielle Wachstumsschicht bis zu 10 mm im Durchschnitt in die Tiefe reicht. Offensichtlich liegt der Aufenthaltsort der aktiven Wachsstumsschicht im Milimeter-Bereich, wohingegen die älteren kalzifizierten Laminae unterhalb der aktiven Wachstumsschicht eine Mächtigkeit von mehreren Zentimetern erreichen. Deshalb ist es plausibel, dass dynamische und komplexe Kalzifizie-rungsprozesse der biotoischen Gemeinschaft und ihre nach außen oder nach innen gerichtete Verschiebung die Karbonat Laminae der Onkoide produzieren und gestalten.

abbildung 31. Die aktive Wachstumszone der Alz-Onkoide ist stockwerkartig aus stratifizierten, lebenden Cyanobakterien aufgebaut.

Der weiche Biofilm ist besiedelt mit Pleurocapsa minor, Schizothrix calcicola, Rivularia haematites, Phormidium incrustatum und Aphanothece saxicola. Hyella sp. siedelt an der Schnittstelle zwischem weichem und kalzifiziertem Biofilm. Schizothrix calcicola und Calothrix gypsophila leben in tieferen Zonen bis zu einer maximalen Tiefe von 8mm.

Diskussion

In fossilen Süßwasser-Onkoiden wurden wechselnde Laminae mit verschiedenen Karbonatmus-tern dokumentiert und als Produkte verschiedener cyanobakterieller Gemeinschaften gedeutet, die im Laufe der Zeit aus feinen Änderungen in den umgebenden Wasserparametern resultieren (LeinfeLder 1985). Jedoch die vertikale Schichtung, die die Alz-Onkoide charakterisiert, de-monstriert, dass verschiedene Cyanobakterien-Kolonien nebeneinender in verschiedenen Tiefen innerhalb und außen auf den Onkoiden leben. Das zeigt die Existenz von vertikal angeordneten, gleichzeitigen, vielstöckigen Mikronichen innerhalb der Alz-Onkoide.

woodruff et al. (1999) untersuchten die Effekte eines photosynthetisch aktiven Biofilms auf chemische Stoffflüsse an der Sediment-Wasser-Schnittstelle mit Hilfe von Mikroelektroden.

Sie fanden heraus, dass die Biofilm-Entwicklung einen großen Einfluss auf die vertikalen Kon-zentrationsgradienten von Lösungen auf das darunterliegende Sediment hatte. Neben anderen Umweltbedingungen, wie die Intensität und Qualität des Lichtes, Sauerstoffgradient, Konkurrenz u.a. kann dieser vertikale Konzentrationsgradient von Lösungen und Nährstoffen zumindestens teilweise verantwortlich für das vertikal stratifizierte Besiedlungsmuster der Onkoid-Organismen sein. Auf diese Weise kann die vertikale Stratifizierung der Organismen als Antwort auf eine Adaption an ein heterogen gegliedertes Habitat erklärt werden. Jeder Organismus siedelt in der Mikronische, die die optimalen ökologischen Bedingungen für diesen Organismus bereitstellt.

Diese Mikronischen können zur vertikalen Statifizierung des Habitates der äußeren Millimeter der Onkoide führen (Abb. 31). Die folgende Verknüpfung von Ereignissen kann während des Onkoid-Wachstums stattfinden: (1) die Besiedlung einer EPS-produzierenden Organismen-gemeinschaft um einen Nukleus; (2) Kalzifizierung der gallertigen EPS-Scheiden lebender Cyanobakterien (Tafel 13A); (3) das Verlassen einiger Cyanobakterien und die Freisetzung von Reproduktionseinheiten (Hormogonien), um die Bildung einer neuen lebenden Oberfläche zu begünstigen; (4) die Besiedlung anderer Cyanobakterien-Arten unterhalb der neuen Oberfläche (Tafel 12E), (5) die Veränderung des Biofilms in Form einer mehrstöckigen Anordnung von Organismen und (6) Ausdehnung der Kalzifizierungsprozesse. Es sind jedoch weiterführende Untersuchungen notwendig, um Entstehung und Merkmale der Mikronischen und die Rolle der daraus folgenden ineinandergeschobenen, stratifizierten Besiedlung der Onkoid-Organismen für das Onkoid-Wachstum besser erklären zu können. Die Verdichtung und weitere Verfesti-gung der Kalzifizierungen kann während der späteren Organomineralisation stattfinden. Das Dominieren der radialen Karbonat-Strukturen (Tafel 12A-12F) und die beibehaltene Porosität in den Karbonaten unterhalb der aktiven Wachstumsschicht (Tafel 13C, 13D) zeigen, dass eine frühe und direkte Kalzifizierung der filamentösen Cyanobakterien eine größere Rolle im Onkoid-Wachstum spielt als die spätere Organomineralisation.

Direkt auf der cyanobakteriellen Gemeinschaft siedelt eine diverse Gemeinschaft benthischer Diatomeen. winsBorough (2000) stellte fest, dass benthische Diatomeen in mikrobiellen Süßwasser-Karbonaten dieselbe ökologischen Niche mit derselben Funktion einnehmen wie Cyanobakterien. In Anbetracht der hier geschilderten Mikronischen ist das eine zu grobe Ge-neralisierung.

Dennoch sind die Fähigkeiten, EPS zu produzieren und Sedimente zu binden, auffallende Eigenschaften sowohl von Cyanobakterien als auch von benthischen Diatomeen. Diatomeen leben oft als Epiphyten auf den Cyanobakterien-Scheiden der Alz-Onkoide und sind sehr häufig und divers. Bis auf die Tatsache, dass die Diatomeen immer oberhalb der Cyanobakterien-Ge-meinschaft siedeln, zeigen die Diatomeen undeutliche Besiedlungsmuster. Aus diesem Grund ist eine weitere Stratifizierung als die relative Position zur Cyanobakterien Gemeinschaft nicht möglich. penteCost (1990) beobachtete mengenmäßig ähnliche Akkumulationen von

Diskussion

Diatomeen auf anderen Süßwasser-Mikrobialithen. Die EPS-Produktion von Diatomeen kann auch zur Kalzifizierung führen und so zum Onkoid-Wachstum beitragen. winsBorough

& goLuBiC (1987) fanden Kalziumkarbonat-Partikel in der Matrix zwischen den Diatomeen und in der EPS der Diatomeen innerhalb der Laminae von Süßwasser-Stromatolithen. In den Alz-Onkoiden jedoch konnten keine Anzeichen für eine Diatomeen-Kalzifizierung gefunden werden. Daraus ergibt sich, dass die Diatomeen der Alz-Onkoide zwar einen physiologischen Beitrag leisten, jedoch keine dauerhaften strukturellen Komponenten darstellen, die zum On-koid-Wachstum beitragen.

Die EPS, ob nun von Diatomeen oder mikrobiell produziert, kann eine beträchtliche Menge von Sedimentpartikeln aus der Wassersäule einfangen (vos et al. 1988, CharaCkLis & marshaLL 1990, winsBorough 2000, deCho 2000). Diese Sedimentpartikel werden in die Onkoid-Lami-nae eingebaut und tragen auf diese Weise zum Wachstum der Alz-Onkoide bei. Der moderate Beitrag allochthoner Partikel an der Mineralogie der Alz-Onkoide zeigt sich im Vorkommen von Dolomit, detritischem Quarz und anderen untergeordneten mineralischen Komponenten (Abb. 5). Der Dolomit und der detritische Quarz stammt aus den Kalksteinen und Sandsteinen des angrenzenden alpinen Bereiches, wird durch Flüsse in das Alpenvorland transportiert und ein Teil als Chiemsee-Sediment abgelagert. Davon gelangt ein kleiner Teil in die Alz und kann von der EPS-Matrix der Alz-Onkoide eingefangen werden.