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1.2 Mikrobiom der Mundhöhle

1.2.2 Orales Mikrobiom bei Kindern

Betrachtet man die mikrobielle Zusammensetzung der Mundhöhle bei Kindern, so ist zu sehen, dass sich diese mit dem Alter verändert. Dazu wurde 2015 in einer Studie in Schweden von Holgerson et al. untersucht, wie sich das orale Mikrobiom bei drei Monate alten Kinder zusammensetzt und wie es sich später bei den gleichen Kindern im Alter von drei Jahren verändert hat. Es wurde herausgefunden, dass die Artenvielfalt in den ersten Lebensjahren deutlich zunimmt. Die meisten Bakterienarten, die bei drei Monate alten Kindern die Mundhöhle besiedeln, sind auch bei den dreijährigen Kindern zu finden, wenige verschwinden und eine große Anzahl neuer Arten kommt in dieser Zeit hinzu. Bei keinem der drei Monate alten Kinder wurde S. mutans entdeckt. Es wurden sechs verschiedene Stämme identifiziert, wozu Bacteroidetes, Firmicutes, Proteobacteria, Actinobacteria, Fusobacteria und TM7 gehören. Im Alter von drei Jahren wurde zusätzlich der Stamm SR1 gefunden. In der Studie wurden die Gattungen Actinomyces, Bergeyella, Camphylobacter, Granulicatella, Kingella, Leptrotrichia und Streptococcus bei gesunden dreijährigen Kindern identifiziert (Holgerson et al. 2015).

Auch Dzidic und Kollegen untersuchten die Entwicklung des oralen Mikrobioms während der Kindheit. Dazu nahmen sie Speichelproben im Alter von drei, sechs, zwölf und 24 Monaten, sowie sieben Jahren. Als frühe Besiedler konnten Streptococcus und Veillonella identifiziert werden. Andere Gattungen wie Neisseria kamen nach ein bis zwei Jahren dazu. Die Entwicklung von Karies konnte mit einer abweichenden mikrobiellen Zusammensetzung über die Zeit assoziiert werden. Streptococcus cristatus zeigte sich dabei im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung von Karies und könnte eine Rolle als potenzieller Biomarker bekommen. Kinder, die per Kaiserschnitt geboren wurden, zeigten initial einen verzerrten bakteriellen Inhalt, was sich jedoch mit dem Alter regenerierte. Kürzeres Stillen und Antibiotikagabe während der ersten zwei Lebensjahre wurden mit einer verschiedenen bakteriellen Zusammensetzung zu späterem Alter assoziiert (Dzidic et al. 2018).

Santigli und Kollegen machten eine umfangreiche Mikrobiom-Analyse bei gesunden Kindern. Es wurden Proben aus dem subgingivalen Sulcus, von der Mukosa und aus dem Speichel entnommen. Zu den Stämmen, die dabei am häufigsten gefunden wurden, gehören Firmicutes, Proteobacteria, Actinobacteria, Bacteroidetes und Fusobacteria (Santigli et al. 2017).

In einer weiteren Studie wurden Plaque- und Speichelproben von Kindern zwischen drei und sechs Jahren mit und ohne Karies untersucht. Als kariesassoziierte Gattungen in den Plaqueproben konnten Streptococcus,

Veillonella, Actinomyces, Granulicatella, Leptotrichia und Thiomonas identifiziert werden. Es wurde jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen kariesaktiven und kariesfreien Speichel-Mikrobiomen gefunden (Ling et al. 2010).

Eine andere Studie beschäftigt sich mit der mikrobiellen Zusammensetzung von Zahnplaque bei Kindern, die jünger als 30 Monate alt sind. Es wurden fünf vorherrschende Stämme (Firmicutes, Fusobacteria, Proteobacteria, Bacteroidetes und Actinobacteria) und sieben vorherrschende Gattungen (Leptotrichia, Streptococcus, Actinomyces, Prevotella, Porphyromonas, Neisseria und Veillonella) gefunden, unabhängig von dem Vorhandensein von Karies. Als kariesassoziierte Gattungen konnten Streptococcus und Veillonella herausgestellt werden, wohingegen die Gattungen Leptotrichia, Selenomonas, Fusobacterium, Capnocytophaga und Porphyromonas vermehrt in den kariesfreien Proben gefunden wurden (Xu et al. 2014).

Die Analyse der Speichel- und Plaqueproben von drei- bis vierjährigen chinesischen Kindern zeigte deutliche Unterschiede in der bakteriellen Zusammensetzung bei Kindern mit S-ECC und Gesunden. Als Gattungen konnten Streptococcus, Porphyromonas und Actinomyces mit Karies assoziiert werden. Die Anzahl an S. mutans war sowohl in den Plaque- als auch in den Speichelproben bei Kindern mit S-ECC erhöht. Die Speichelproben wiesen eine höhere mikrobielle Diversität als die Plaqueproben auf (Ma et al. 2015).

Neves und Kollegen verglichen das Speichelmikrobiom von sieben Kindern mit ECC und sieben gesunden Kindern. Dabei kam heraus, dass die ECC-Gruppe eine höhere Anzahl an S. mutans und Lactobacillus spp. aufwies. Die beiden Gruppen unterschieden sich nicht in der Gesamtzahl der Mikroorganismen und der Anzahl an Candida spp. (Neves et al. 2015).

Auch in einer weiteren Studie wurde in Speichel- und Plaqueproben von Kindern mit S-ECC eine deutlich höhere Menge an Lactobacillus gefunden als bei gesunden Kindern. Die Anzahl an gramnegativen Anaerobiern war bei der S-ECC-Gruppe geringer als bei der gesunden Gruppe (Ledder et al. 2018).

In einer Übersichtsstudie von Hemadi und seinem Team wurden Mikroorganismen im Speichel (und Speichelproteine) herausgestellt, die als potentielle Biomarker für das ECC-Risikomanagement dienen können. Die Mehrzahl der Studien unterstützt eine positive Korrelation zwischen der Menge an Mutans Streptococci im Speichel und ECC. Zudem könnte die Anzahl an Lactobacilli im Speichel indirekt mit dem Fortschritt der Karies zusammenhängen. Viele Studien zeigten einen Zusammenhang zwischen Candida spp. und dem Fortschritt von ECC. C. albicans im Speichel könnte somit als Risikovorhersage für ECC dienen (Hemadi et al. 2017).

Eine aktuelle Übersichtsstudie über das orale Mikrobiom bei ECC, bei der insgesamt 27 Studien mit Plaque- und Speichelproben miteinbezogen wurden, liefern Fakkruddin und Kollegen. Dabei wurden als neue Arten und Stämme Scardovia wiggsiae, Slackia exigua, Granulicatella elegans und Firmicutes im Plaquebiofilm bei Kindern mit ECC entdeckt. Im Gegensatz dazu waren Bakterien wie S. cristatus, S. gordonii, S. sanguinis, Corynebacterium matruchotii und Neisseria flavescens häufig verbreitet auf gesunden, nichtkariösen Zahnflächen bei Kindern mit ECC (Fakkruddin et al. 2018).

Das Vorhersagepotenzial von Speichelmikrobiomen für das Wiederauftreten von ECC wurde von Zhu und Kollegen untersucht. Dazu wurden von 28 Kindergartenkindern für ein Jahr lang alle sechs Monate Speichelproben entnommen, sodass insgesamt 84 Proben analysiert werden konnten. Bei sieben Kindern kam es zum Wiederauftreten von ECC, bei sechs Kindern trat ECC nicht erneut auf und 15 Kinder waren und blieben kariesfrei. Die relative Menge der Gattungen Fusobacterium, Prevotella, Leptotrichia und Capnocytophaga unterschied sich deutlich zwischen der Gruppe, bei der ECC erneut auftrat und der Gruppe ohne Wiederauftreten von ECC. Somit können diese Gattungen mit der Pathogenese und Progression von Wiederauftreten von ECC assoziiert werden (Zhu et al. 2018).

Einen Vergleich vom Speichel- und Zahnmikrobiom bei Kindern mit S-ECC und dem Speichelmikrobiom bei gesunden Kindern liefern Hurley und Kollegen. Sie fanden deutliche Unterschiede zwischen dem kariösen Dentinmikrobiom und den Speichelmikrobiomen bei Kindern mit und ohne S-ECC, wobei das Kariesmikrobiom eine geringere Diversität als die Speichelmikrobiome aufwies.

Die Hauptstämme der kariesaktiven Dentinmikrobiome waren Firmicutes (33,5

%) und Bacteroidetes (23,2 %), wobei Neisseria (10,3 %) und Prevotella (10 %) als Gattungen am häufigsten vertreten waren. Die kariesaktiven Speichelmikrobiome wurden von Proteobacteria (38,2 %) und Bacteroidetes (27,8 %) dominiert. Die häufigsten Gattungen waren Neisseria (16,3 %) und Porphyromonas (9,5 %). Kariesaktive Mikrobiome zeigten einen hohen relativen Reichtum an S. mutans, Prevotella spp., Bifidobacterium und Scardovia spp.

(Hurley et al. 2019).